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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.09.2001
Aktenzeichen: 20 U 186/00
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 6 II
VVG § 61
Für die Repräsentanteneigenschaft des Mieters einer gegen Feuer versicherten gewerblichen Halle kommt es maßgeblich darauf an, ob der Vermieter ihn dazu befugt hat, die Risikoverwaltung in einem gewissen, nicht ganz unbedeutendem Umfang oder die Vertragsverwaltung eigenverantwortlich wahrzunehmen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn der Mieter im Rahmen der Risiko- oder Vertragsverwaltung gelegentlich nach außen tätig wird, dabei aber stets mit Wissen und im Auftrag des nicht am Ort des vers. Objekts wohnhaften Vermieters handelt.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 186/00 OLG Hamm

Verkündet am 12. September 2001

In dem Rechtsstreit

Repräsentantenstellung

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg sowie die Richter am Oberlandesgericht Rüther und Meißner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird -- unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen -- das am 07. September 2000 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

a)

an den Kläger 84.593,00 DM nebst Zinsen

- aus 1.500.000,00 DM in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 %, für die Zeit vom 01. April 1997 bis zum 16. Juli 1997,

- aus 500.000,00 DM in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 %, für den 17. Juli 1997 und in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4,78 % und höchstens 6 %, für die Zeit vom 18. Juli 1997 bis 18. Dezember 1997

- aus 84.593,00 DM in Höhe von 4 % seit dem 01. April 1997 zu zahlen;

b)

die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts Münster, Grundbuch von H. Bl. ... Abt. III, unter dem 02. Juni 1998 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 1.000.000,00 DM zu bewilligen.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 235.000,00 DM abzuwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger -- ein in R. ansässiger Arzt -- ist Eigentümer des Grundstücks G. in M. H. Dieses Grundstück, das mit einer Halle bebaut ist, in der seinerzeit eine Autowerkstatt betrieben worden war, hatte er durch notariellen Kaufvertrag vom 17.03.1993 aus einer Konkursmasse vom Konkursverwalter erworben. Später ist auf dem Grundstück zusätzlich ein Wohnhaus (sog. Betriebsinhaberwohnhaus) errichtet worden.

Für die Halle bestand bei der Beklagten bereits seit 1986 eine Gebäudeversicherung unter Einschluß des Feuerrisikos, die nach § 69 VVG auf den Kläger übergegangen und gemäß Versicherungsschein vom 16.07.1993 (Bl. 11f. d.A.) und Nachtrag 2 vom 11.04.1995 (Bl. 13ff. d.A.) modifiziert worden ist. Zwischen den Parteien gelten die AFB 87.

Mieter des versicherten Objekts ist seit dem 01.05.1993 (vgl. Mietvertrag vom 30.04.1993 -- Bl. 76ff. d.A.) der Bruder M. des Klägers, der seit dem 01.08.1995 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in dem Betriebsinhaberwohnhaus wohnt und in der Halle, die er als kombinierte Ausstellungs- und Werkstatthalle mit Büro nutzt, einen Restaurationsbetrieb für klassische Automobile (hochwertige Oldtimer) betrieb.

Am Ostersamstag, 30.03.1997, kam es durch vorsätzliche Brandstiftung zu einem Brand, bei dem die Halle nahezu vollständig zerstört wurde. Im Rahmen eines von den Parteien vereinbarten Sachverständigenverfahrens wurde der Neuwertschaden mit 1.604.834,00 DM und der Zeitwertschaden mit 1.524.593,00 DM ermittelt, die Aufräumungs-/Abbruchkosten mit 96.645,00 DM (vgl. Sachverständigengutachten Kn.../Ki... 17.06.1997 -- Bl. 17ff. d.A.).

Die Beklagte hat aus Anlass des Versicherungsfalls an die Sparkasse N. als im Grundbuch eingetragene Hypothekengläubigerin gemäß §§ 102, 107 b VVG insgesamt 1.500.000,00 DM gezahlt (1.000.000,00 DM mit Wertstellung 16.07.1997; 500.000,00 DM mit Wertstellung 18.12.1997). Der Grundschuldübergang zugunsten der Beklagten wurde am 02.06.1998 im Grundbuch eingetragen. Die Darlehensforderung in Höhe von 1.500.000,00 DM hat die Sparkasse N. mit Zustimmung des Klägers an die Beklagte abgetreten.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung von weiteren 84.593,00 DM an sich. Dieser Betrag ergibt sich aus der Summe des Zeitwertschadens und der vertraglich auf 60.000,00 DM begrenzten Aufräumungs-/Abbruchkosten abzüglich gezahlter 1.500.000,00 DM.

Außerdem will er die Löschung der nach Grundschuldübergang gemäß §§ 107 b, 104 VVG zugunsten der Beklagten eingetragenen Grundschuld erreichen.

Die Beklagte verweigert dem Kläger Versicherungsschutz. Sie hat mit ausführlicher Begründung behauptet, die Brandstiftung sei durch den Bruder M. des Klägers vorsätzlich erfolgt oder zumindest veranlaßt worden (§ 61 VVG). Dieses Fehlverhalten seines Mieters müsse der Kläger sich zurechnen lassen, weil -- wie ebenfalls näher dargelegt wird -- M. S. als sein Repräsentant anzusehen sei.

Der Kläger hat eine Beteiligung seines Bruders an der Brandlegung bestritten. Er hat darauf hingewiesen, daß durch rechtskräftigen Beschluß der 8. Strafkammer des Landgerichts Münster vom 24.03.1999 (Bl. 66ff. d.A.) die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen M. S. wegen des Vorwurfs u. a. der vorsätzlichen Brandstiftung mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt worden ist.

Zumindest -- so die Auffassung des Klägers -- sei sein Bruder nicht als sein Repräsentant anzusehen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 84.593,00 DM nebst 7,24 % Zinsen aus 1.500.000,00 DM seit dem 01.04.1997 bis zum 16.07.1997, aus 500.000,00 DM seit dem 17.07.1997 bis zum 18.12.1997, aus 84.593,00 DM seit dem 01.04.1997 in Höhe von 4 % zu zahlen;

2.

die Beklagte zu verurteilen, die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts Münster, Grundbuch von H., Blatt ... Abt. III, unter dem 02.06.1998 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 1.000.000,00 DM zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Außerdem hat sie im Wege der Widerklage beantragt,

den Kläger zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in das Grundstuck lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs des Amtsgerichts Münster von H. Blatt M. Gemarkung H. Flur ... Flurstücke ... und ... aus der Grundschuld Abt. III Nr. 1 in Höhe von 1.000.000,00 DM nebst 18 % Jahreszinsen seit dem 15.06.1993 zu dulden, hinsichtlich der Zinsen aber nicht wegen eines höheren Gesamtbetrages als insgesamt 525.000,00 DM nebst 6 % Jahreszinsen aus 1.500.000,00 DM seit dem 19.12.1997.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird (Bl. 534ff. d.A.), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Nach beweismäßiger Verwertung der Ermittlungsakten 46 Js 264/97 StA Münster hat es sich von einer Täterschaft des M. S. den es als Repräsentanten des Klägers angesehen hat, überzeugt gezeigt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein Klagebegehren und die Abwehr der Widerklage mit vertiefender Begründung weiterverfolgt.

Er rügt die landgerichtliche Beweiswürdigung und beanstandet, das Landgericht habe umfangreiche Beweisangebote übergangen. Außerdem sei das Urteil eine Überraschungsentscheidung, weil das Landgericht nicht zu erkennen gegeben habe, daß es den Inhalt der Ermittlungsakten anders würdigen wolle als die Strafkammer.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1.

die Beklagte zu verurteilen,

a)

an ihn 84.593,00 DM nebst 7,24 % Zinsen aus 1.500.000,00 DM seit dem 01. April 1997 bis zum 16. Juli 1997 und aus 500.000,00 DM seit dem 17. Juli 1997 bis zum 18. Dezember 1997 sowie 4 % Zinsen aus 84.593,00 DM seit dem 01. April 1997 zu zahlen;

b)

die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts Münster, Grundbuch von H., Bl. ..., Abt. III, unter dem 02. Juni 1998 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 1.000.000,00 DM zu bewilligen;

2.

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, indem auch sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend beruft sie sich nunmehr auch auf Leistungsfreiheit nach § 7 AFB 87 wegen Verletzung behördlicher Sicherheitsvorschriften bei der Lagerung zweier Fässer mit Nitroverdünnung durch M. S.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Anhörung des Klägers nach § 141 ZPO durch den Senat (Bl. 1056ff. d.A.) verwiesen.

Die informationshalber beigezogenen Ermittlungsakten 46 Js 637/95 StA Münster lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist ihm gemäß §§ 1, 49 VVG, 1 Nr. 1 lit. a) AFB 87 zur Entschädigung des Brandschadens vom 30.03.1997 verpflichtet. Eine Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG ist nicht eingetreten.

1)

Es kann offenbleiben, ob -- wie das Landgericht angenommen hat -- der Bruder M. des Klägers als Mieter des versicherten Objekts den Brand selbst vorsätzlich gelegt oder die Brandstiftung zumindest veranlaßt hat. Selbst wenn man dies zugunsten der Beklagten unterstellen wollte, wäre sie dadurch nicht nach § 61 VVG leistungsfrei geworden. Daß die Brandstiftung mit Wissen und Wollen des Klägers erfolgt ist, behauptet die Beklagte nicht. Dann aber müßte der Kläger sich die Täterschaft seines Bruders nur dann zurechnen lassen, wenn dieser als sein Repräsentant anzusehen wäre. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Fall. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat die Voraussetzungen der Repräsentantenstellung des M. S. nicht bewiesen.

Nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (VersR 1993, 828) ist Repräsentant, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des VN getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht hierbei nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den VN zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, daß der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (Vertragsverwaltung).

Risikoverwaltung des versicherten Objekts

Im Streitfall geht es allein um das Risiko "Feuer".

Nach der einschlägigen Entscheidung des BGH (VersR 1989, 737; ebenso Senat r+s 1992, 59) ist der Mieter oder Pächter eines Gebäudes in der Feuerversicherung im allgemeinen nicht Repräsentant des Vermieters oder Verpächters. Daß dem Mieter/Pächter durch den Vertrag Instandhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten auferlegt worden sind, reicht zur Begründung einer Repräsentantenstellung regelmäßig nicht aus. Maßgeblich ist allein, ob der Vermieter/Verpächter sich im Hinblick auf die Feuergefahr "einer ordnungsgemäßen Risikoverwaltung begeben" hat, wenn er dem Mieter/Pächter die Obhut über die versicherte Sache überläßt.

Vor diesem Grundverständnis der Repräsentantenstellung, die voraussetzt, daß der VN als Vermieter/Verpächter die alleinige Obhut über das versicherte Objekt und darüber hinaus auch die alleinige Verantwortlichkeit für das hier in Rede stehende Feuerrisiko dem Mieter/Pächter überläßt, erweist sich die Argumentation der Beklagten zur Repräsentantenstellung des M. S. als unzutreffend. Unwiderlegt trägt der Kläger nämlich vor, er habe die Verantwortlichkeit für die Ausstellungshalle keineswegs eigenverantwortlich auf seinen Bruder übertragen.

In rechtlicher Hinsicht ist dies nachweislich zutreffend, weil der zwischen den Brüdern S. unter dem 30.04.1993 geschlossene Mietvertrag (Bl. 76ff. d.A.) nebst Hausordnung (Bl. 80 d.A.) hinsichtlich der Risikoverwaltung ohne Besonderheiten ist. Es handelt sich um übliche vertragliche Vereinbarungen für die Vermietung gewerblicher Räume. Eine Verlagung der Verantwortlichkeit für das Risiko Feuer auf den Mieter M. S. ergibt sich daraus nicht. Dies wird auch von der Beklagten nicht anders gesehen.

Daß die Brüder S. die Risikoverwaltung tatsächlich anders gehandhabt haben, hat der Senat nicht festzustellen vermocht. Unwiderlegt trägt der Kläger vor, das Mietverhältnis sei so abgewickelt worden, wie es üblich sei, wenn der Vermieter nicht am Ort des Mietobjekts wohne und deshalb notwendigerweise den Mieter stärker in seine Dispositionen einbeziehen müsse. Die Entscheidungsbefugnis und Verantwortlichkeit sei jedoch immer bei ihm als Vermieter verblieben. Lediglich wegen der Präsenz seines Bruders M. am Ort des versicherten Objekts habe er sich gelegentlich dessen Hilfestellung bedient.

Im einzelnen:

- Unwiderlegt trägt der Kläger vor, er habe im Zeitraum von Februar 1993 bis 10.02.1997 mindestens 13 x seinen Bruder M. in M. besucht und dabei regelmäßig auch die Betriebsräume begangen. Die Beklagte bestreitet diese Besuche nicht, meint aber, es habe sich eher um "normale Verwandtenbesuche" gehandelt. Das mag sein. Auch der Kläger räumt ein, selbstverständlich sei er niemals mit der alleinigen Absicht der Gebäudekontrolle nach M. gefahren. Entscheidend ist aber sein plausibles, jedenfalls unwiderlegtes Vorbringen, er habe die Verwandtenbesuche stets mit Begehungen der Betriebsräume der M. S. GmbH -- "eine Art Automuseum" -- und Besichtigungen der dort ausgestellten Fahrzeuge verbunden.

- Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger sei zu Beginn des Mietverhältnisses an der Einholung der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die mit dem Gewerbebetrieb seines Bruders zusammenhängen, nicht beteiligt gewesen, ist das zwar zutreffend. Nicht zu Unrecht weist der Kläger demgegenüber aber darauf hin, er habe die Halle, deren Nutzungsart vertraglich festgelegt sei, ohne Einrichtung vermietet; die Einholung der behördlichen Genehmigungen sei deshalb allein Sache des Gewerbebetriebs und seines Leiters M. S. gewesen. Für die hier in Rede stehende Risikoverwaltung ist das deshalb kein taugliches Indiz.

- Gleiches gilt hinsichtlich des von M. S. am 15.11.1996 bei der Stadt M. gestellten und Anfang 1997 positiv beschiedenen Bauantrags für den von ihm ins Auge gefaßten Neubau einer Ausstellungshalle auf dem Grundstück G.. Diese Neubaupläne haben -- zumindest im Planungsstadium -- in erster Linie mit den unternehmerischen Überlegungen des M. S. zu tun und nicht mit dem Feuerrisiko für das vorhandene versicherte Objekt.

Im übrigen hat der Kläger unwiderlegt vorgetragen, sein Bruder habe ihm seinerzeit den Plan, eine neue Halle zu bauen, vorgetragen und mit ihm wiederholt ausführlich erörtert. Man sei übereingekommen, zunächst die behördlichen Voraussetzungen in Form einer Baugenehmigung zu klären. Der Zeitpunkt der Realisierung des Bauvorhabens und die Art der Finanzierung seien zum Zeitpunkt des Brandes noch nicht festgelegt gewesen.

Dies deckt sich mit der Äußerung des Klägers vor der Polizei (Bl. 780 d.A.):

"Ich weiß von dem Bauvorhaben meines Bruders, einer Glashalle. Das plant er aber schon seit zwei Jahren. Ich habe mit der Planung nichts zu tun."

- Auch der von M. S. veranlaßte Einbau einer Alarmanlage im Jahre 1993 gibt keinen Anhaltspunkt für die tatsächliche Überlassung der Risikoverwaltung auf den Mieter. Unstreitig war diese Alarmanlage vom Geschäftsversicherer (Inventarversicherer) der M. S. GmbH als Voraussetzung für das Entfallen einer versicherungsvertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung von 20 % im ED-Schadenbereich verlangt worden. Die Beklagte und die von ihr zugunsten des Klägers versicherten Risiken hatten damit nichts zu tun. Im übrigen -- auch das hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht -- soll M. S. den Kläger über die Installation der Einbruchmeldeanlage telefonisch informiert haben.

- Ob, worüber die Parteien streiten, der zwischen den Brüdern S. vereinbarte Mietzins marktgerecht war oder nicht, bedarf einer Klärung nicht. Der Kläger hat eingeräumt, seinem Bruder die Gründung und Führung des Gewerbebetriebs ermöglicht zu haben. Dazu habe er den Kfz-Betrieb in H. zu einem Kaufpreis von 1.495.000,00 DM bei vollständiger Fremdfinanzierung erworben und an seinen Bruder vermietet. Außerdem habe er noch für einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 350.000,00 DM gebürgt. Es steht außer Frage, daß M. S. ohne die Leistungen des Klägers seinen Betrieb nicht hätte betreiben können.

Dies und eine möglicherweise auf familiärer Verbundenheit beruhende günstige Mietzinsgestaltung zugunsten M. S. besagt indes nichts darüber, ob und inwieweit der Kläger als Vermieter sich um die hier allein interessierende Risikoverwaltung gekümmert hat.

- Schließlich vermag der Senat auch aus den von der Beklagten zitierten Äußerungen des Klägers bei seiner polizeilichen Zeugenvernehmung (Bl. 780 d.A.) nichts Gegenteiliges abzuleiten.

Dort ist folgendes protokolliert:

"Was auf dem Gelände passiert und wie die Rechtsform der Firma meines Bruders ist, damit habe ich nichts zu tun, das ist Sache meines Bruders.

...

Mein Bruder hat noch in die Halle investiert. Ich habe ihm dafür keinen Kredit gewährt. Ich habe lediglich das Gelände mit der Halle gekauft. Alles weitere hat mein Bruder gemacht. ...

... Ich habe keinen Einblick in die Geschäfte der Firma. Ich weiß auch nichts über das Geschäftsgebaren meines Bruders.

..."

Der Kläger erklärt dies damit, er habe lediglich zum Ausdruck bringen wollen, daß er -- da nicht Mitinhaber der Firma seines Bruders -- auf die geschäftlichen Belange des Unternehmens von M. S. keinen Einfluß besitze. Im übrigen sei er gegenüber der Polizei darauf bedacht gewesen, nichts zu sagen, was seinen Bruder hätte belasten können; deshalb habe er "abgeblockt".

Auch das ist plausibel, zumindest nicht zwingend gegenteilig dahin zu verstehen, daß der Kläger sich um seine Vermieterpflichten -- insbesondere hinsichtlich des Feuerrisikos -- überhaupt nicht gekümmert hat.

Vertragsverwaltung

Der Mieter M. S. war auch nicht -- jedenfalls nicht zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles -- vertragsverwaltender Repräsentant des Klägers. Auch insoweit läßt sich nicht feststellen, daß der Kläger seinem Bruder die Verwaltung des Versicherungsverhältnisses eigenverantwortlich übertragen hat.

Zwar ist bei der Neuordnung des Versicherungsvertrages im Jahre 1993 gegenüber der Beklagten allein M. S. der auch den Versicherungsantrag vom 16.06.1993 unterschrieben bat, in Erscheinung getreten.

M. S. war es auch, der mit Schreiben vom 31.08.1993 an den Agenten A. (Bl. 127 d.A.) einen Verrechnungsscheck über die Einlösungssumme von 4.558,30 DM übersandte und bat, die Folgerechnungen an seine Firmenadresse zu schicken. Mit Schreiben vom 20.10.1993 (Bl. 129 d.A.) und 02.11.1993 (Bl. 130 d.A.) rügte er den von der Beklagten zur Berechnung der Erstprämie ausgewiesenen Berechnungszeitraum.

Der Kläger erklärt dies nachvollziehbar, jedenfalls unwiderlegt, damit, er sei seinerzeit beruflich derart stark in Anspruch genommen worden, daß er sich selbst nicht unmittelbar um diese Vertragsangelegenheiten haben kümmern können. Deshalb habe er seinen Bruder -- zumal dieser am Ort des versicherten Objektes und des Sitzes des Versicherers wohnhaft gewesen sei -- beauftragt, sich darum zu kümmern.

Dies gelte auch für die Beanstandung der Erstprämie, die er inhaltlich nicht verstanden und deshalb seinen Bruder mit der Klärung beauftragt habe. Kopien des von M. S. mit der Beklagten geführten Schriftverkehrs seien ihm von seinem Bruder jeweils zugesandt worden.

Die von M. S. an die Beklagte gerichtete Bitte um zukünftige Adressierung der Prämienrechnungen an seine Geschäftsadresse sei vor dem Hintergrund geschehen, daß aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung der Mieter M. S. im Innenverhältnis der Mietparteien zur Tragung der Gebäudeversicherungskosten ohnehin verpflichtet gewesen sei. Gleichwohl -- so der letzte Vortrag des Klägers dazu (Bl. 915 d.A.) -- sei er mit diesem Vorgehen seines Bruders nicht einverstanden gewesen und habe dies auch beanstandet, weil er dadurch keine eigene Kontrolle über die rechtzeitigen Prämienzahlungen gehabt habe. Diese Befürchtung habe sich jedoch erledigt, nachdem er am 14.11.1993 einen Versicherungsmakler mit der Betreuung und Verwaltung des Versicherungsverhältnisses beauftragt habe.

Dieser unstreitige Maklervertrag des Klägers mit der M. GmbH, der -- so die unbestrittene Darstellung des Klägers -- die weitere Verwaltung und Betreuung des Gebäudeversicherungsvertrages und die regelmäßige Überprüfung des Versicherungsschutzes zum Gegenstand hat, weist unmißverständlich darauf hin, daß der Kläger keineswegs gewillt war, die Vertragsverwaltung eigenverantwortlich an seinen Bruder zu übertragen. Zumindest gilt dies für die Zeit ab 14.11.1993.

Dementsprechend war es auch die M. GmbH, die für den Kläger aus Anlaß eines Leitungswasserschadens im November 1993, der dem Kläger von seinem Bruder telefonisch gemeldet worden war, der Beklagten die Schadenanzeige und Rechnungen der bei der Reparatur beteiligten Handwerker übermittelte. Daß -- wie die Beklagte hervorhebt -- die Regulierungsleistung an M. S. ausgezahlt werden sollte und ausgezahlt worden ist, hat der Kläger nachvollziehbar damit erklärt, dies sei mit seiner Zustimmung erfolgt, weil er seinen Bruder beauftragt habe, sich um die Beseitigung des Wasserschadens selbst zu kümmern.

Auch aus Anlaß des hier in Rede stehenden Brandschadens vom 30.03.1997 ist die M. GmbH in ihrer Eigenschaft als Versicherungsmakler des Klägers unstreitig gegenüber der Beklagten tätig geworden.

Nach alledem läßt sich eine risiko- und/oder vertragsverwaltende Repräsentantenstellung des M. S. zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht begründen. Die vom Senat feststellbaren Umstände reichen dazu nicht -- auch nicht im Wege einer Gesamtschau -- aus. Es läßt sich dem Kläger nicht widerlegen, daß er sich stets eine eigene Kontrolle und Entscheidungsbefugnis vorbehalten und diese auch ausgeübt hat, so daß er sich -- wenn auch nach außen teilweise nur mittelbar und nicht unmittelbar handelnd -- zu keinem Zeitpunkt seiner eigenen Verantwortlichkeit für die Risiko- und Vertragsverwaltung begeben hat.

Mangels Repräsentantenstellung des M. S. kann die Beklagte sich weder auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles (§ 61 VVG) noch auf die erstmals in der Berufungserwiderung gerügte Verletzung von Sicherheitsobliegenheiten (§ 6 Abs. 2 VVG) berufen.

2)

Der in Höhe von 84.593,00 DM gestellte Zahlungsantrag ist rechnerisch zutreffend und sachlich gerechtfertigt.

Aufgrund des Ergebnisses des Sachverständigenverfahrens schuldet die Beklagte eine Zeitwertentschädigung von 1.524.593,00 DM zuzüglich Aufräumungs- und Abbruchkosten in Höhe des vertraglichen Höchstbetrages von 60.000,00 DM, insgesamt also 1.584.593,00 DM. Davon hat sie vorprozessual an die Sparkasse N. insgesamt 1.500.000,00 DM gezahlt, so daß eine offene Forderung in der beantragten Höhe von 84.593/00 DM verblieben ist.

3)

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist demgegenüber nicht uneingeschränkt begründet.

Nach § 16 Nr. 2 der vereinbarten AFB 87 schuldet die Beklagte Vertragszinsen in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 %, seit Anzeige des Schadens (= 01.04.1997).

Auf ein zeitweises Leistungsverweigerungsrecht nach § 16 Nr. 5 lit. b) AFB 87 kann die Beklagte sich nicht berufen, weil gegen den Kläger als VN aus Anlaß des Versicherungsfalles ein behördliches oder strafgerichtliches Verfahren nicht eingeleitet worden ist und der Zeuge M. S. nicht sein Repräsentant ist.

Zahlungsverzug der Beklagten, der einen die Vertragszinsen nach § 16 Nr. 2 AFB 87 übersteigenden Zinsanspruch begründen könnte, ist aufgrund des anwaltlichen Mahnschreibens vom 07.07.1997 (Bl. 62ff. d.A.) mit Fristsetzung zum 17.07.1997 erst ab 18.07.1997 eingetreten.

Deshalb kommt ein Verzugsschadenersatzanspruch für die Zeit vom 01.04.1997 bis 17.07.1997 nicht in Betracht. Soweit ab 18.07.1997 ein auf 500.000,00 DM bezogener Verzugsschadenersatzanspruch gegeben ist, ist der beantragte Zinssatz von 7,24 % überhöht. Der Kläger hatte zwar ein Finanzierungsdarlehen über 1.500.000,00 DM aufgenommen (vgl. Darlehensvertrag vom 06.04.1993 -- Bl. 98 d.A.). Zu Recht weist die Beklagte jedoch darauf hin, daß ein Zinssatz von 7,24 % dem Effektivzinssatz entspricht. Der maßgebliche Festzinssatz -- das im Effektivzinssatz enthaltene Disagio muß außer Betracht bleiben -- beträgt demgegenüber nur 4,78 %.

Da die Beklagte ihm gegenüber für den Brandschaden einstandspflichtig ist, kann der Kläger auch die Löschung der zugunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragenen Grundschuld verlangen.

Dementsprechend ist die auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus dieser Grundschuld gerichtete Widerklage der Beklagten unbegründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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