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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.01.2002
Aktenzeichen: 20 U 58/01
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 67
ZPO § 565 II
Der Regreßverzicht des Gebäudefeuerversicherers gegenüber dem leicht fahrlässig handelnden Mieter besteht nach der dem Senat bindenden Rechtsprechung des BGH (§ 565 II ZPO) unabhängig davon, ob der Mieter haftpflichtversichert ist.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES Urteil

20 U 58/01 OLG Hamm

Verkündet am 09. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lücke und die Richter am Oberlandesgericht Betz und Rüther

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. November 1997 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Dortmund vom 22.07.1997 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 22.07.1997 entstanden sind. Diese werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000,00 € abzuwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien können die Sicherheit auch durch unbefristete Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Gebäudeversicherer Regreßansprüche gegen die Beklagte als Mieterin einer Wohnung in einem bei der Klägerin versicherten Gebäude geltend.

Am 25. April 1996 brach ein Brand im Kinderzimmer der von der Beklagten gemieteten Wohnung aus. Die Klägerin leistete an den Hauseigentümer Ersatz in Höhe von mehr als 150.000,00 DM.

Das Landgericht hat der auf Zahlung eines Teilbetrages von 100.000,00 DM gerichteten Klage stattgegeben. Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dieses Urteil unter Herabsetzung der geltend gemachten Zinsen im übrigen bestätigt und ausgeführt, die Beklagte habe nicht bewiesen, daß sie die Beschädigung der Mietsache nicht zu vertreten habe.

Auf die Revision der Beklagten hat der VIII. Senat des Bundesgerichtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Senat verwiesen. Auf den Inhalt des am 14.02.2001 verkündeten Urteils des Bundesgerichtshofs wird Bezug genommen (VersR 01/856).

Die Beklagte beruft sich darauf, daß der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 08.11.2000 (IV ZR 298/99 - NJW 2001, 1353 = VersR 01, 94), der sich der VIII. Zivilsenat in vollem Umfang angeschlossen hat, im Wege konkludenter Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrages zwischen dem Vermieter und dem Versicherungsunternehmen zu einem Regreßverzicht des Versicherers bei fahrlässig herbeigeführtem Brandschaden gelange; dieser Regreßverzicht hänge nicht von der Existenz einer Haftpflichtversicherung ab.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts vom 22.07.1997 sowie unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 18.11.1997 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend, der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs habe offengelassen, welche Auswirkungen der Umstand habe, daß die Beklagte eine auch den Brandschaden des Vermieters erfassende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Sie ist der Ansicht, jedenfalls in Fällen, in denen der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe, sei kein Raum für eine konkludente Regreßbeschränkung auf Fälle grob fahrlässiger Brandverursachung, da dann das Verhältnis von Vermieter und Mieter durch einen Regreß nicht belastet werde.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet; sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Der Senat hat gemäß § 565 Abs. II ZPO davon auszugehen, daß im Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Vermieter der Beklagten ein Regreßverzicht zugunsten der jeweiligen Mieter für Fälle leichter Fahrlässigkeit konludent vereinbart ist mit der Folge, daß sich die Haftung der Beklagten als Mieterin auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt und daß die Klägerin die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Regresses obliegt.

Auch hinsichtlich der zwischen den Parteien kontrovers diskutierten Streitfrage, ob bei Vorliegen eines Haftpflichtversicherungsvertrages eine andere Auslegung des zwischen der Klägerin und dem Vermieter geschlossenen Gebäudeversicherungsvertrages geboten und eine Einbeziehung des Mieters in diesen Vertrag abzulehnen sei, sieht sich der Senat gebunden (§ 565 Abs. II ZPO).

Der VIII Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seiner zurückverweisenden Entscheidung vom 14.02.2001 den Erwägungen des IV. Senats in der Entscheidung vom 08.11.2000 (IV ZR 298/99, aaO.) in vollem Umfang angeschlossen. In dieser zuletzt zitierten Entscheidung hat der IV. Zivilsenat ausgeführt, die ergänzende Vertragsauslegung des Gebäudeversicherungsvertrages mit dem Ergebnis eines Regreßverzichts könne nicht davon abhängen, ob ein Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Damit hat der IV. Senat einen Regreßverzicht für Fälle leichter Fahrlässigkeit auch dann bejaht, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. An diese rechtliche Beurteilung ist der Senat gebunden, da sie der VIII. Senat ausdrücklich auch zur Grundlage seiner Entscheidung vom 14.02.2001 gemacht hat (vgl. UA 2c).

Offengelassen hat der IV. Senat in der Entscheidung vom 08.11.2000 lediglich die Frage, ob in Fällen, in denen ein Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, ein Ausgleich zwischen dem Haftpflicht- und dem Feuerversicherer in Betracht kommen kann. Diese Frage, mit der sich der Senat in dem Verfahren 20 U 177/99 zu befassen hat, ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.

Die Klage hätte nach diesen den Senat bindenden Vorgaben nur dann Erfolg haben können, wenn die Beklagten ein grob fahrlässiges Verhalten oder gar Vorsatz zur Last zu legen wäre. Eine vorsätzliche Brandstiftung steht nach dem übereinstimmenden Parteivortrag nicht im Raum.

Die insoweit darlegungspflichtige Klägerin hat auch keine Umstände aufgezeigt, aus denen sich ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten herleiten ließe; auch in der mündlichen Erörterung vor dem Senat hat die Klägerin nicht behauptet, die Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Regreßanspruch sind daher nicht festzustellen: die Klage ist unbegründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 344, 708 Nr.10, 711 ZPO, § 543 ZPO n.F..

Ende der Entscheidung

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