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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.03.2000
Aktenzeichen: 20 U 95/99
Rechtsgebiete: BUZ
Vorschriften:
BUZ § 2 |
Verweisung eines "selbständigen" Fenster- und Türenmonteurs auf eine ausgeübte Tätigkeit als Tiefdruckhelfer (Arbeiter in einer Druckerei) ist zulässig.
OBERLANDESGERICHT HAMM
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
20 U 95/99 OLG Hamm 2 O 407/97 LG Dortmund
Verkündet am 08. März 2000
Knott, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
des Oberlandesgerichts
In dem Rechtsstreit
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 08. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann und die Richter am Oberlandesgericht Rüther und Meißner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. März 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu erbringen.
Tatbestand:
Der heute 27 Jahre alte Kläger unterhält bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Vertragsbeginn war der 01.05.1994. Das Vertragsende ist der 30.04.2023.
Die Versicherungsbedingungen regeln den Tatbestand der Berufsunfähigkeit in § 2 entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Es heißt dort:
§ 2
Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
1.
Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
2.
Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind.
3.
Ist der Versicherte 6 Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit. Bei Vereinbarung einer Karenzzeit für die Berufsunfähigkeitsrente wird diese vom Ende des Monats, in dem der Zustand eingetreten ist, berechnet.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung Bl. 173 f. d.A. verwiesen.
Im Jahre 1994 war der Kläger als Monteur für industriell vorgefertigte Tür- und Fensteranlagen tätig. Dabei hatte er den Status eines selbständigen Unternehmers und war als sogenannter Subunternehmer im Auftrag eines Generalunternehmers tätig, insoweit aber verpflichtet, die Aufträge persönlich auszuführen. Diese arbeitete er mit einem Kollegen ab, der den gleichen Status wie der Kläger hatte. Bevor er diese Tätigkeit übernommen hat, war der Kläger bereits in einer Reihe anderer Berufe tätig gewesen: Er hatte bis 1979 die Schule besucht und nach der "mittleren Reife" eine Lehre als Raumausstatter begonnen, die er im Jahre 1982 erfolgreich mit der Gesellenprüfung abgeschlossen hatte. In diesem Beruf, wo er auch zu Malerarbeiten herangezogen wurde, arbeitete er bis April 1984 und - nach Unterbrechung durch seinen Wehrdienst - wieder ab Juni 1985 bis 1987. Danach war er zwei Jahre lang als Lkw-Fahrer tätig und weitere drei Jahre als Landschaftsgärtner.
In den Jahren 1994 und 1995, als er als selbständiger Subunternehmer in der Montage von Tür- und Fensterelementen tätig war, erzielte er unterschiedliche Einkünfte:
Nach den Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre, wegen deren vollständigen Inhalts auf die Ablichtungen Bl. 66 bis 69 d.A. verwiesen wird, hatte er im Jahre 1994 bei Einkünften aus Gewerbebetrieb von insgesamt 67.166,00 DM ein zu versteuerndes Einkommen von 53.630,00 DM. Im Jahre 1995 hatte er bei Einkünften aus Gewerbebetrieb von insgesamt 30.539,00 DM ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 17.164,00 DM. Seine Tätigkeit als Subunternehmer übte er in diesem Jahr nur bis August aus.
Im selben Jahr traten beim Kläger Rückenschmerzen auf. Im Dezember 1995 suchte er deswegen seines Hausarzt Dr. M in auf. Dieser stellte schwere degenerative Veränderungen, insbesondere der kleinen Zwischenwirbelgelenke LWK 4/5 und LWK 5/S 1 und zusätzlich einen linksbetonten Bandscheibenvorfall LWK 4/5 mit Wurzelreiz L 5 bei Belastung fest. Dem Rat seines Arztes folgend sah sich der Kläger nach einer anderen beruflichen Tätigkeit um. Er war in der Folgezeit ab Mai bis Oktober 1996 als Bierfahrer im Kurzstreckenverkehr beschäftigt und belieferte im Auftrage eines Bierverlegers Festzelte und Biergärten. Während dieser Tätigkeit, die von vornherein als Saisontätigkeit vorgesehen war, verdiente der Kläger ein monatliches Nettofixgehalt von 3.000,00 DM. In der Folgezeit bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Eine Vermittlung in eine andere Tätigkeit durch das Arbeitsamt erfolgte aber schon deshalb nicht, weil der Kläger dort mitteilte, daß er sich bei einem Unternehmen als Tiefdruckhelfer beworben und diese Stelle auch in Aussicht habe. Diese Beschäftigung trat er am 25.05.1997 an. Auch heute ist er dort noch beschäftigt. Im Jahre 1997 bezog er ausweislich des entsprechenden Einkommensteuerbescheides, wegen dessen vollständigen Inhalts auf die Ablichtungen Bl. 74 und 75 verwiesen wird, bei Einkünften von insgesamt 28.757,00 DM ein zu versteuerndes Einkommen von 16.343,00 DM.
Bei der Beklagten beantragte er am 22.08.1996 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Zunächst holte sie eine ärztliche Stellungnahme des Hausarztes des Klägers Dr. M. Diese bescheinigte dem Kläger eine 70 %ige Berufsunfähigkeit wegen schwerer degenerativer Veränderungen. Dazu ergänzte er, daß diese Diagnose sich aufgrund einer Kernspintomographie aus Januar 1996 ergeben habe. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten Prof. Dr. P ein, das dieser am 07. Februar 1997 erstattete. Er nahm eine ambulante klinische Untersuchung vor und fertigte Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule in zwei Ebenen an, konnte aber keinen wesentlichen auffälligen Befund feststellen. Die Kernspintomographie aus Januar 1996 berücksichtigte er nicht. Die Beklagte lehnte daraufhin die Leistung ab, weil der Kläger nicht berufsunfähig sei. Auch erstinstanzlich hat sich die Beklagte darauf berufen und den Kläger außerdem auf verschiedene Berufe konkret und abstrakt verwiesen. Das Landgericht hat nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Orthopäden Priv.-Doz. Dr. N aus welches diese am 06.05.1998 erstattete, die Beklagte im wesentlichen antragsgemäß.
Soweit der Kläger weitergehend bereits ab dem 01.05.1996 eine monatliche Rente in Höhe von 1.500,00 DM klageweise verlangt hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Gutachten des Sachverständigen stehe fest, daß der Kläger wegen deutlicher degenerativer Veränderungen im Sinne einer Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule auf nicht absehbare Zeit zumindest zu 50 % nicht mehr in der Lage sei, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Subunternehmer im Bereich der Fenster- und Türelementmontage auszuüben. Die Beklagte könne den Kläger auch nicht mit Erfolg verweisen. Die von ihm derzeit ausgeübte Tätigkeit eines Tiefdruckhelfers sei mit der eines selbständigen Unternehmers unter dem Gesichtspunkt der sozialen Wertschätzung nicht vergleichbar. Für den Verweisungsberuf des Hausmeisters fehle dem Kläger die notwendige Ausbildung und Erfahrung, dasselbe gelte für den Beruf eines Malers und Lackierers. Im übrigen würde sein Monatsverdienst bei den Verweisungsberufen in unzumutbarer Weise herabsinken. Ein Antrag sei allerdings erst im August 1996 festzustellen, weshalb der Kläger für die Zeit davor keinen Anspruch habe.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie bestreitet nach wie vor unter näherer Darlegung die Berufsunfähigkeit des Klägers und verweist ihn mit näherer Begründung konkret und abstrakt auf die Berufe als Tiefdruckhelfer, Lkw Fahrer, Hausmeister, Raumausstatter, Fachberater am Baumarkt und Maler und Lackierer.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß für den Zeitraum bis zum 30.09.1997 lediglich ein Betrag von 21.000,00 DM nebst Zinsen beansprucht werde.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den Berichterstattervermerk vom 08.03.2000 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
Nach den dem Vertrage zugrundeliegenden Bedingungen hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Rente, wenn er berufsunfähig ist. Berufsunfähigkeit liegt nach § 2 Nr. 1 dieser Bedingungen vor, wenn er infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnis und Fähigkeit ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Der Beruf im Sinne dieser Bestimmung ist die Tätigkeit, welche der Versicherungsnehmer zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt hat, im konkreten Fall also die Tätigkeit des Klägers als selbständiger Subunternehmer in der Montage von industriell vorgefertigten Tür- und Fensteranlagen. Diese Tätigkeit übte der Kläger ab 1994 aus.
Rückenbeschwerden, die der Kläger zum Anlaß genommen hat, diesen Beruf aufzugeben, traten erst im Laufe des Jahres 1995 auf, konkret im Dezember 1995. Dies entspricht jedenfalls seinem schriftsätzlichen erstinstanzlichen Vortrag. Zwar weicht sein zweitinstanzlicher Sachvortrag hierzu etwas ab. Danach will er bereits im Laufe des Jahres 1995 erhebliche Rückenprobleme und -schmerzen gehabt haben, die ihm seine Tätigkeit erschwert hätten. Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung hat er dies aber. wieder relativiert und seinen erstinstanzlichen Sachvortrag insoweit bestätigt, als er erstmals im Dezember 1995 konkret wegen dieser Rückenschmerzen einen Arzt aufgesucht habe. Vorher habe er nur gelegentlich eines anderen Besuches beim Arzt aus Anlaß einer Grippe erwähnt, daß er es "im Kreuz" habe. Die vom Arzt vorgeschlagene Behandlung durch eine Spritze habe er aber abgelehnt. Diesem Sachverhalt legt der Senat seine Beurteilung zugrunde. Dann aber haben die Beschwerden des Klägers auch aus seiner subjektiven Sicht erst im Dezember 1995 ein solches Ausmaß angenommen, daß der Kläger es als behandlungsbedürftig empfunden hat, während er zuvor gelegentlich aufgetretene Rückenschmerzen möglicherweise durchaus zutreffend einer momentanen Überanstrengung zugeordnet hat, die bei seiner Berufstätigkeit, die mit dem Hantieren zum Teil sehr schwerer Tür- und Fensteranlagen verbunden war, durchaus naheliegt.
Der Senat hat nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere nach dem vorliegenden schriftlichen Gutachten des Facharztes für Orthopädie Priv.-Doz. Dr. N vom 06.05.1998 keinen begründeten Zweifel daran, daß der Kläger diesen Beruf zumindest teilweise nichtmehr ausüben kann. Der Sachverständige hat dargelegt, daß beim Kläger eine chronische Lumbalgie mit intermittierendem, sensiblem Wurzelreizsyndrom L 5 links, eine degenerative LWS-Veränderung im Sinne einer Bandscheiben Protrusion LWK 4/5, Spondylarthrose LWK 4/5 und lumbosacral sowie Bandscheibendegeneration LWK 3/4, LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 vorliege. Diese degenerativen Veränderungen seien irreversibel und deshalb von Dauer. Diese objektiven, insbesondere radiologisch faßbaren Befunde und auch die klinischen Zeichen entsprächen den subjektiven Beschwerden des Klägers und seien insbesondere mit dessen Schilderung von seinem Tätigkeitsgebiet in Einklang zu bringen. Diese Tätigkeit, die mit stärkerer körperlicher Belastung und schwerem Heben und Tragen verbunden sei, führe zu einer erheblichen vermehrten Belastung und sei dem Kläger überwiegend nicht mehr zuzumuten. Die weiteren Ausführungen des Gutachtens ergeben, daß der Sachverständige seinem Gutachten das Tätigkeitsbild zugrundegelegt hat, das der Kläger auch dem Senat gegenüber in seiner mündlichen Anhörung angegeben hat. Außerdem hat der Sachverständige die medizinischen Anknüpfungstatsachen seiner Beurteilung zugrundegelegt und die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren, die er ausgewertet habe, beschrieben. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf das vorliegende Gutachten des von ihr als Sachverständigen herangezogenen Orthopäden Prof. Dr. vom 07.02.1997 die Beurteilung des Sachverständigen in Zweifel zieht, schließt sich der Senat dem nicht an. Denn Prof. P wertet in seinem Gutachten eine wesentliche Anknüpfungstatsache nicht aus, die sowohl der gerichtlich hinzugezogene Sachverständige Priv.-Doz. Dr. N, aber auch schon der Hausarzt des Klägers, ihren Beurteilungen zugrundegelegt haben, nämlich die Kernspinaufnahme aus Januar 1996. Diese Aufnahmen wurden wegen chronischer Lumbalgien ohne. Schmerzausstrahlung, die Beine wegen der damals akut vorliegenden Beschwerden angefertigt. Im Befund wird in Höhe LWK 4/5 eine Spondylarthrose mit Facettenhypertrophie mit geringem Erguß der kleinen Zwischenwirbelgelenke beschrieben. In Höhe LWK 5/SWK 1 befinde sich ebenfalls eine Spondylarthrose. Der Befund schließt mit der Beurteilung, aus kernspintomographischer Sicht seien die Lumbalgien des Patienten durch die degenerativen Veränderungen, insbesondere der kleinen Zwischenwirbelgelenke LWK 4/5 und LWK 5/S 1 zu erklären. Zusätzlich bestehe in Höhe LWK 4/5 eine linksbetonte Bandscheibenprotrosion. Der gerichtlich hinzugezogene Sachverständige hat die Originalkernspinaufnahmen eingesehen und ausgewertet und ist im wesentlichen zur gleichen Bewertung gelangt, führte aber aus, daß die dort in der Tat nur als Bandscheibenprotrusion LWK 4/5 beschriebene Veränderung in aufrechter Körperposition unter achsialer Belastung der Bandscheibe durch das Körpergewicht sowie gegebenenfalls zusätzlich noch durch Hebearbeit oder ungünstige Position zu einer weiteren Vortreibung der Bandscheibe führen könne und dann möglicherweise auch einen Nervenwurzelreiz herbeiführen könne, weshalb schweres Heben oder Tragen zu vermeiden sei. Vor diesem Hintergrund kommt der Tatsache, daß die von Prof. P angefertigten Röntgenaufnahmen möglicherweise unauffällig sind, keine Bedeutung zu. Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. N erscheint es sogar eher naheliegend, daß auch Prof. zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, hätte er die Kernspinaufnahmen eingesehen und gewürdigt. Nach alledem überzeugt auch die Folgerung des Sachverständigen, daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen die mit schwerem Heben und Tragen verbundene Tätigkeit der Montage von Tür- und Fensterelementen aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer jedenfalls überwiegend nicht mehr ausführen könne. In diesem Beruf ist der Kläger damit zumindest teilweise berufsunfähig.
Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit setzt aber voraus, daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auch keine andere Tätigkeit ausüben kann, die er aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Daran fehlt es hier. Die Klägerin kann den Beklagten nämlich mit Erfolg auf eine andere Tätigkeit verweisen, nämlich zumindest konkret auf die derzeit ausgeübte Tätigkeit als Tiefdruckhelfer. Dies ist eine Tätigkeit, die der Kläger nach seiner Ausbildung und seinen Erfahrungen, aber auch von der gesundheitlichen Seite her ausüben kann und die er seit Jahren auch ausübt. Das ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der Kläger hält sich aber nicht für verweisbar, weil diese Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung nicht entspreche. Er sei jetzt abhängig beschäftigt, während er früher als Selbständiger sein eigener Herr gewesen sei. Er übe jetzt eine reine Hilfsarbeitertätigkeit aus. Auch wirtschaftlich stehe er sich schlechter. Deshalb entspreche die Tätigkeit als Tiefdruckhelfer nicht seiner bisherigen Lebensstellung, was nach den Bedingungen aber Voraussetzung für eine Verweisung sei.
Dieser Argumentation folgt der Senat nicht.
Die Tatsache, daß der Kläger zuvor selbständig und jetzt in abhängiger Stellung beschäftigt sei, ist kein entscheidendes Kriterium. Eine Verweisung eines Selbständigen auf eine abhängige Tätigkeit ist der Klägerin nicht schon aus Rechtsgründen verwehrt (BGH NJW 1988, 973 (974)). Maßgeblich ist, ob nach einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Kriterien ein sozialer Abstieg festzustellen ist. Das ist hier nicht der Fall. Seine frühere Tätigkeit in der Montage von industriell vorgefertigten Tür- und Fensteranlagen hat der Kläger lediglich formell selbständig ausgeführt.
In tatsächlicher Hinsicht unterschied sich seine damalige Tätigkeit aber nicht von einer Arbeitnehmerposition. Es bestand ein Rahmenvertrag, der den Kläger verpflichtet, sämtliche Aufträge persönlich auszuführen. Es war ihm schon deshalb nicht möglich, sich eines Angestellten zu bedienen. Die entsprechenden Aufträge wurden ihm zugeteilt. Auch existierten entsprechende Ausführungsfristen. Vor dem Hintergrund, daß er mit einem in gleicher Position tätigen "Kollegen" zusammenarbeitete, war auch für eine wirklich freie Zeiteinteilung hinsichtlich der einzelnen Gewerke kein Raum. Er war der typische scheinselbständige Subunternehmer, der um den möglichen Vorteil eines geringfügig besseren Verdienstes willen ein höheres Haftungsrisiko trug und zudem eine geringere soziale Absicherung genoß. Sich um seine Altersversorgung zu kümmern oder gegen Krankheit zu versichern, oblag ihm selbst. Auf eine Arbeitslosenversicherung mußte er verzichten. Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld hatte er nicht. Dafür war er faktisch in gleicher Weise wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden. Aus diesem Grunde ist der Senat überzeugt, daß die formale Stellung als Selbständiger gegenüber der Stellung eines abhängig Beschäftigten im konkreten Falle, auch in den Augen der Öffentlichkeit, keinen Verlust von Ansehen darstellen. Die Verweisung scheitert also nicht schon daran.
Der Kläger hat dargelegt, daß die Tätigkeit bei der Montage vorgefertigter Tür- und Fensterelemente eine Anlerntätigkeit gewesen sei. Er sei im Unternehmen drei Monate lang angelernt worden. Danach habe er seine Tätigkeit als selbständiger Subunternehmer begonnen. An dieser erforderlichen Qualfikation ist auch der Vergleichsberuf zu messen. Die Tatsache, daß der Kläger früher einmal einen Lehrberuf erlernt und ausgeübt hat, ist nicht von Bedeutung. Maßgeblich ist die Tätigkeit, die er zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt hat. Auch die jetzt ausgeübte Tätigkeit ist eine Anlerntätigkeit, vom Kläger als "Hilfsarbeitertätigkeit" bezeichnet. Auch insoweit wird der Kläger deshalb nicht auf einen qualitativ "schlechteren" Beruf verwiesen. Der Kläger hat keinen Beruf ausgeübt, der eigentlich ein Lehrberuf ist und den er mit Ausnahme der Prüfung, die er aus irgendwelchen Gründen nicht abgelegt hat, seit Jahren zur Zufriedenheit ausgeübt hat, sondern eine von vornherein als Anlerntätigkeit ausgestalteten Beruf.
Der Verweisungsberuf eines Tiefdruckhelfers ist schließlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbar. Dem Kläger wird nämlich keine unzumutbar hohe Einkommenseinbuße zugemutet (dazu Senat, NVersZ 99, 517 m.w.N.).
Insoweit kann nicht allein auf die Gehaltsabrechnung für den Monat Februar 1992 abgestellt werden, die der Kläger eingereicht hat und die nur ein Schlaglicht auf diesen einzelnen Monat wirft. Weitere Verdienstabrechnungen hat er insoweit nicht eingereicht. Es liegt aber sein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 vor, der insoweit eine sicherere Beurteilungsgrundlage bietet. Dieser weist ein zu versteuerndes Einkommen von 28.750,00 DM aus. Der Betrag bezieht sich auf die Monate Juni bis Dezember 1997, mithin auf sieben Monate. Daraus resultiert ein durchschnittliches monatliches zu versteuerndes Einkommen von 4.100, 00 DM.
Es liegen ferner die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1994 und 1995 vor, mithin für die Jahre, in denen der Kläger mit der Montage von vorgefertigten Tür- und Fensterelementen berufstätig war. Diese sind hinsichtlich der Erträge zwar recht unterschiedlich. Für das Jahr 1994 ergibt sich nämlich noch ein zu versteuerndes Einkommen von 53.630,00 DM, während das Jahr 1995 dem Kläger nur ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 13.060,00 DM bescherte. Dabei ist aber zum einen zu berücksichtigen, daß der Kläger im Jahre 1995 nur insgesamt acht Monate lang in diesem Beruf tätig war. Was er in den folgenden Monaten bei der Firma verdient hat, vermochte er auch im Senatstermin nicht darzulegen, insbesondere nicht, ob der Erlös in den Einkommensteuerbescheid eingeflossen ist. Legt man die Einkommensverhältnisse für das Jahr 1995 zugrunde, was konsequent ist, wenn man den Kläger an seiner ersten Erklärung festhält, daß seine Rückenprobleme erst im Dezember 1995 aufgetreten seien, errechnet sich ein durchschnittliches monatliches zu versteuerndes Einkommen von 1.632,50 DM. Das ist deutlich weniger als das, was er später als Tiefdruckhelfer verdiente. Selbst aber für den Fall, daß man unterstellte, daß er im Jahre 1995 aufgrund bereits bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht voll habe arbeiten können, so daß die Einkommensverhältnisse für das Jahr 1994 zugrundezulegen wären, ergibt sich im Ergebnis kein anderes Bild. Denn für 1994 errechnet sich ein durchschnittliches monatliches zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 4.470,00 DM und damit nur rund 8 % und deshalb unerheblich mehr, als er als Tiefdruckhelfer verdient hat. Diese rein rechnerische Differenz ist nämlich insbesondere auch deshalb dem Kläger zumutbar, weil sie, was per Saldo auch zu berücksichtigen ist, mit einer deutlich besseren sozialen Abbesserung verbunden ist, die die nominelle Einkommensdifferenz aufwiegt. Dem zu versteuernden Einkommen, welches er als Tiefdruckhelfer verdient, ist noch der Betrag zuzuschlagen, der dem Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung entspricht, die im Ergebnis dem Kläger zugute kommt. Entsprechende Zulagen bezog er nämlich, als Selbständiger nicht. Vor diesem Hintergrund dürfte sich der Kläger im Ergebnis bei seiner Tätigkeit als Tiefdruckhelfer wirtschaftlich sogar besser gestanden haben, als auch in seinem erfolgreichsten Jahr als Subunternehmer 1995.
Auf die Frage, ob die Beklagte den Kläger außerdem noch auf den Beruf eines Lkw-Fahrers verweisen kann, den der Kläger auch ausgeübt hat und bei der er ein monatliches Nettogehalt von 3.000,00 DM bezogen hat, kommt es deshalb nicht an. Das Urteil des Landgerichts war nach alledem antragsgemäß abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,00 DM.
Ende der Entscheidung
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