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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.09.1999
Aktenzeichen: 22 U 139/98
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 433 | |
BGB § 434 | |
BGB § 439 | |
BGB § 440 | |
BGB § 326 |
Zur Anwendbarkeit von § 439 Abs. 1 und 2 BGB, wenn das gekaufte unversteuerte Mineralöl vom Hauptzollamt gemäß § 76 Abgabenordnung beschlagnahmt war.
OLG Hamm Urteil 30.09.1999 - 22 U 139/98 - 2 O 85/98 LG Bielefeld
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dreher und die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. August 1998 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 76.685,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Januar 1998 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägern durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Die Beschwer des Beklagten beträgt 76.685,20 DM.
Der Beklagte ist Konkursverwalter über das Vermögen der ... . Die Klägerin verlangt Ersatz der von ihr gezahlten Steuer auf Mineralöl, das sie vom Beklagten erworben hatte. Am 20. 09. 1996 schloß die Klägerin mit dem Beklagten einen Kaufvertrag über das aus der Konkursmasse stammende Grundstück ... . Der Vertrag betitelt sich in Kapitel I als "Grundstückskaufvertrag nebst Auflassung". Im Kapitel I Ziffer 2 heißt es:
"Der Verkauf der Grundstücke mit allen aufstehenden Gebäuden und Anlagen sowie Einrichtungen (Tankeinrichtungen, Tanklager usw.) erfolgt in dem Käufer bekannten heutigen Zustand, ohne jede Gewährleistung für offene oder verborgene Mängel.
Käufer ist bekannt, das es sich bei dem Grundstück in Brackwede um ein Tankstellengrundstück handelt, auf dem Grundstück in ... befindet sich ein Tanklager. Verkäufer übernimmt deshalb auch keine Gewähr für bestehende Kontaminationen oder sonstige Altlasten, was bei der Bemessung der nachstehend vereinbarten Kaufpreise Berücksichtigung gefunden hat."
Als Tag des Besitzüberganges war der 01. 11. 1996 vereinbart worden. In Kapitel I Ziffer 2 Absatz 8 bestimmt:
"Verkäufer haftet bis zu diesem Tage für alle etwa noch rückständigen öffentlichen Abgaben oder privaten Lasten, soweit sich aus diesem Vertrage nicht etwas anderes ergibt."
Kapitel I Ziffer 5 lautet:
"In dem auf dem Kaufgrundstück ... befindlichen Tank befinden sich noch Restbestände an Mineralöl. Diese werden hiermit zu Eigentum an Käuferin übertragen, worüber sich die Vertragschließenden einig sind.
Für das Tanklager fallen andererseits Reinigungskosten für den aufstehenden Tank an. Käuferin übernimmt die Kosten für die Reinigung des Tanks und der Tankanlage. Soweit diese Reinigungskosten durch den aus den vorhandenen Restmengen an Mineralöl zu erzielenden Erlös nicht gedeckt sind, erstattet der Konkursverwalter aus der Konkursmasse Käuferin den nicht gedeckten Teil dieser Reinigungskosten bis zu einem Betrage von DM 20.000,00.
Der erzielte Erlös aus den Mineralölrestbeständen - deren Verwertung im Belieben der Käuferin steht - und die entstandenen Reinigungskosten sind durch entsprechende Belege nachzuweisen. Die Abwicklung hat spätestens bis zum 31. Januar 1997 zu erfolgen; danach besteht kein Anspruch der Käuferin gegen die Konkursmasse mehr."
Als Kaufpreis für beide Grundstücke waren 200.000,00 DM vereinbart. Der Beklagte trat gemäß Kapitel II des Vertrages in teilweiser Erfüllung von Rentenansprüchen der Eltern der Klägerin, des Zeugen ... und Frau ... seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung an den Zeugen ... und seine Frau ab, die die Abtretung annahmen. Diese erklärten sich damit gleichzeitig in Höhe des Kaufpreises von 200.000,00 DM hinsichtlich ihrer letztfälligen Leibrentenansprüche, die durch eine Grundschuld gesichert waren, für befriedigt.
Wegen des weiteren Inhalts des schriftlichen Kaufvertrages vom 20. 09. 1996 wird auf die vorgelegte Kopie, Blatt 7 ff. der Akten Bezug genommen.
Die vorausgegangenen Vertragsverhandlungen hatte unter anderem auf Seiten der Klägerin deren Vater, der Zeuge ... geführt. Dieser war bis Ende 1990 Komplementär der ... KG gewesen. Der Zeuge ... hatte sein Mineralölunternehmen zum 01. 01. 1991 veräußert. Er und seine Ehefrau schieden aus der KG aus. Das auf dem Kaufgrundstück ... befindliche Tanklager hatte die im Mineralölgroßhandel tätige Gemeinschuldnerin auf Grund einer entsprechenden Erlaubnis des Hauptzollamtes ... als Steuerlager für noch nicht versteuertes Mineralöl genutzt. Nachdem im Januar 1994 das Konkursverfahren über die Firma ... beantragt worden war, beschlagnahmte die Zollbehörde am 04. 02. 1994 die im Mineralöllager befindliche unversteuerte Mineralölmenge gem. § 76 Abs. 3 Abgabenordnung. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens im Januar 1996 war dem Beklagten als Konkursverwalter vom Hauptzollamt ... eine Lagererlaubnis erteilt worden. Neben geringfügigen Ölmengen in einigen Erdtanks lagerte im Zeitpunkt des Kaufvertrages in einem Hochtank das beschlagnahmte unversteuerte Mineralöl.
Ob die Klägerin bzw. der Zeuge ... bei Abschluß des Vertrages davon ausgingen, daß dieses Öl unversteuert und beschlagnahmt war, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist, daß der Vater der Klägerin im Februar 1997 das Umpumpen der Mineralölbestände zwecks Überprüfung ihrer Qualität veranlaßte. Mit Schreiben vom 12. 03. 1997 genehmigte das Hauptzollamt ... die Lagerung des unversteuerten Mineralöls in einem Zwischenlager, das der späteren Versendung der Ölmengen an andere Steuerlagerinhaber dienen sollte. Beim Umpumpen wurde festgestellt, daß sich in dem Hochtank 122.014 Liter Mineralöl befanden. Mit Bescheid vom 07. 10. 1997 setzte das Hauptzollamt ... die Mineralölsteuer gegen den Beklagten fest und kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 14. 10. 1997 die Verwertung des beschlagnahmten Mineralöls an, falls die Mineralölsteuer nicht bis 27. 10. 1997 gezahlt werden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. 10. 1997 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 30. 10. 1997 auf, das Mineralöl durch Bezahlung der Steuer von allen Rechten der Finanzbehörde freizustellen und kündigte an, nach erfolglosem Fristablauf bezüglich der Mineralölbestände die weitere Vertragserfüllung abzulehnen und insoweit Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen. Mit Schreiben vom 22. 10. 1997 wies der Beklagte die Forderung der Klägerin zurück. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf die Mineralölsteuer zahlte die Klägerin den der tatsächlich noch vorhandenen Ölmenge entsprechenden Steuerbetrag von 76.685,20 DM an das Hauptzollamt und erwirkte so die Aufhebung der Beschlagnahme.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe ihr die Beschlagnahme des unversteuerten Mineralöls arglistig verschwiegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der Firma ... zu verurteilen, an sie 76.685,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. 01. 1998 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, der Klägerin oder zumindest ihrem Vater als früherem Gesellschafter der Gemeinschuldnerin sei bekannt gewesen, daß sich in dem Tanklager unversteuertes Mineralöl befunden habe. Davon abgesehen, komme eine Ersatzpflicht wegen Kapitel I Ziffer 5 des notariellen Vertrages nicht in Betracht. Denn dort sei eine Frist für die Verwertung des Mineralöls gesetzt worden. Nach Ablauf der Frist könne die Klägerin keine Ansprüche mehr gegen die Konkursmasse geltend machen.
Die Klägerin hat bestritten, daß ihr oder ihrem Vater das Vorhandensein unversteuerten Öls oder Pfandrecht des Hauptzollamtes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen sei. Sie hat behauptet, beide hätten erst im Frühjahr 1997 anläßlich der Tankreinigung hiervon Kenntnis erlangt.
Durch das am 27. 08. 1998 verkündete Urteil hat das Landgericht Dortmund nach Vernehmung des Zeugen ... die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, zwar stelle die Beschlagnahme einen Rechtsmangel des Mineralöls dar. Die Haftung des Beklagten für den Rechtsmangel sei aber nach § 439 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil zumindest der Vater der Klägerin, der Zeuge ... im Zeitpunkt des Vertragsschlusses positive Kenntnis von dem Rechtsmangel gehabt habe und die Klägerin sich diese Kenntnis gem. § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse. Der Aussage des Zeugen, er sei davon ausgegangen, daß das auf dem Grundstück lagernde Mineralöl bereits versteuert gewesen sei, könne kein Glaube geschenkt werden. Denn als ein mit dem Mineralölhandel vertrauter Fachmann habe der Zeuge damit gerechnet, daß das Öl noch unversteuert gewesen sei. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beseitigung des Rechtsmangels aus § 439 Abs. 2 BGB scheide aus, da von einer stillschweigenden Abbedingung dieser Vorschrift auszugehen sei.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Mit dieser trägt sie vor, die Beschlagnahme des Mineralöls durch das Hauptzollamt stelle einen Rechtsmangel dar. Von diesem habe weder sie noch ihr Vater im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis gehabt. Das ergebe sich ausdrücklich aus der Aussage ihres Vaters. Somit greife § 439 Abs. 1 BGB nicht ein. Jedenfalls komme § 439 Abs. 2 BGB zur Anwendung, denn bei der Beschlagnahme handele es sich um ein Pfandrecht. Es könne keine Rede davon sein, daß die Anwendung der Vorschrift stillschweigend zwischen den Parteien abbedungen worden sei. Der Vertrag enthalte für eine solche Annahme keine Anhaltspunkte.
Die Klägerin beantragte,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 76.685,20 DM nebst 4 % Zinsen hiervon seit dem 12. 01. 1998 zu zahlen;
hilfsweise im Unterliegensfalle der Klägerin nachzulassen, alle Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank oder eines deutschen Versicherungsunternehmes abzuwenden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise Vollstreckungsnachlaß gegen Bankbürgschaft.
Der Beklagte nimmt auf ein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet darüber hinaus, bereits während der gesamten Vertragsverhandlungen hätten er und der Vater der Klägerin übereinstimmend den Begriff "Steuerlager" verwandt. Darüber hinaus sei § 434 BGB nicht anwendbar, da es sich bezüglich des Erwerbs des Mineralöls nicht um einen Kaufvertrag handele, so daß die Vorschriften der §§ 433 ff BGB nicht zur Anwendung kämen. Jedenfalls sei eine Haftung des Beklagten für eine. Steuerbelastung nach Kapitel I Ziffer 5 des Vertrages ausgeschlossen. Aber selbst wenn man von einem Rechtsmangel, für den der Beklagte einzustehen habe, ausgehen müsse, sei der Klägerin dieser gemäß § 439 Abs. 1 BGB bekannt gewesen. Sie müsse sich die Kenntnis ihres Vaters zurechnen lassen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen geführten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Vater der Klägerin, Herrn ... als Zeugen über die in sein Wissen gestellten Tatsachen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 30. 9. 1999 verwiesen.
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Ihr steht ein Anspruch aus §§ 326, 440, 434 BGB gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 76.685,20 DM zu.
Es gilt Kaufrecht. Die Parteien haben am 20. 09. 1996 einen Kaufvertrag über die Grundstücke in ... und ... geschlossen. Das weist ausdrücklich Kapitel I des Kaufvertrages mit der Bezeichnung "Grundstückskaufvertrag nebst Auflassung" aus. Der Kaufvertrag umfaßte gemäß Ziffer 2 alle aufstehenden Gebäude und Anlagen sowie Einrichtungen (Tankeinrichtungen, Tanklager usw.). Darüber hinaus haben die Parteien in Kapitel I Ziffer 5 geregelt, daß die Restbestände an Mineralöl auf dem Kaufgrundstück ... der Klägerin zu Eigentum übertragen werden. Mit dieser Regelung wollten die Parteien eine eindeutige Eigentumszuordnung vornehmen. Die Sonderregelung war schon deshalb zu empfehlen, da Öl als Handelsprodukt, das zur Weiterveräußerung bestimmt ist, keine Zubehöreigenschaft hat und deshalb die §§ 314, 926 I 2 BGB, die die Veräußerung im Zweifel auf das Zubehör erstrecken, nicht gelten. Eine solche setzt nämlich voraus, daß der Gegenstand dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Auflage, § 97 Rdn. 12 "Rohstoffe zum Verkauf bestimmte Ware"). Diese Regelung trafen die Parteien im Rahmen des Grundstückskaufvertrages, ohne daß sie den Kaufvertragscharakter änderten. Die Regelung stellt sich deshalb nicht als Vertrag eigener Art dar. Bereits die Bestimmung bezüglich der Eigentumsübertragung am Öl spricht für einen Kauf: Das Öl wurde mitverkauft. Daß die Parteien auch die Haftung für Reinigungskosten regelten, steht nicht entgegen. Deshalb ist der gesamte Vertrag als Kaufvertrag zu bewerten.
Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses war das mitverkaufte Mineralöl mit einem Rechtsmangel behaftet. Ein Rechtsmangel im Sinne des § 434 BGB liegt vor, wenn der Verkäufer der Pflicht, den Kaufgegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, im Zeitpunkt der Übereignung nicht nachkommt. Hier ist der Eigentumsübergang am Öl am Tage des Besitzüberganges (01. 11. 1996), jedenfalls mit der Inbesitznahme im Februar 1997 erfolgt. Das Hauptzollamt hatte aber bereits am 04. 02. 1994 das Mineralöl im Hochtank als Sicherheit für die darauf anfallende Mineralölsteuer beschlagnahmt. Das geht aus dem Beschluß Blatt 23 hervor. Die Beschlagnahme nach § 76 Abs. 3 Abgabenordnung ist statthaft, solange die Steuer nicht entrichtet ist. Die Beschlagnahme setzt die Fälligkeit der Steuern nicht voraus (vgl. Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 6. Auflage, § 76 Anmerkung 3). Es bildet sich ein öffentlich-rechtliches Pfandrecht (Klein/Rüsken AO § 76 Anmerkung 1). Gemäß § 76 Abs. 1 Abgabenordnung dienen verbrauchssteuerpflichtige und zollpflichtige Waren ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter als Sicherheit für die darauf ruhenden Steuern (Sachhaftung). Die Sachhaftung entsteht gemäß § 76 Abs. 2 Abgabenordnung bei zoll- oder verbrauchsteuerpflichtigen Waren mit ihrem Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes. Nach § 1 Mineralölsteuergesetz unterliegt Mineralöl in der Bundesrepublik Deutschland der Mineralölsteuer. Es handelt sich um eine Verbrauchssteuer. Somit waren die Voraussetzungen für die Beschlagnahme gegeben. Diese ist auch bestandskräftig geworden (vgl. zum Rechtsmangel unversteuertem Heizöl BGH NJW 1991, 915). Nach § 327 Abgabenordnung kann die Vollstreckungsbehörde bei einer Beschlagnahme - die im Gegensatz zu der gemäß 94 StPO nicht nur zum Zwecke der Beweissicherung, sondern zur Sicherung der Verwertung ausgeübt wird und deshalb einen Rechtsmangel darstellt, - das Heizöl durch Versteigerung oder Verkauf verwerten. Im Konkurs der Gemeinschuldnerin hatte das Hauptzollamt ... gemäß 49 Abs. 1 Ziffer 1 Konkursordnung ein Absonderungsrecht.
Dieser Rechtsmangel ist weder auf Grund vertraglicher Regelung noch durch Kenntnis der Klägerin oder ihres Vaters ausgeschlossen.
Daß sich die Parteien bei Vertragsschluß darüber einig waren, es werde in einem Steuerlager eingelagertes Mineralöl verkauft, geht weder aus dem Wortlaut des Vertrages noch der Aussage des Zeugen ... hervor. Der Zeuge ... hat vielmehr unwiderlegt und glaubwürdig bekundet, er sei davon ausgegangen, daß - falls in den Tanks überhaupt verwertbare Bestände lägen - es sich um bereits versteuertes Mineralöl handele. Er sei davon ausgegangen, daß wegen des Konkurseintrittes die zuständige Behörde auf eine Versteuerung des Öls gedrängt habe. Denn in diesem Falle seien ja die persönlichen und fachlichen Kriterien nicht gegeben, an die die Genehmigung für den Betrieb eines Steuerlagers gebunden werde.
Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf Kapitel I Ziffer 5 des Vertrages. Zwar sieht Kapitel I Ziffer 5 Abs. 3 vor, daß die Verwertung des Öls spätestens bis zum 31. 01. 1997 zu erfolgen habe, danach ein Anspruch der Käufer gegen die Konkursmasse nicht bestehe. Diese Frist schließt die Haftung für den Rechtsmangel jedoch nicht aus. Denn die Frist hat ersichtlich nur Bedeutung für den in Kapitel I 5 Abs. 2 geregelten Erstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Denn Absatz 2 bestimmt, daß zwar die Käuferin die Kosten für die Reinigung des Tanks und der Tankanlage trägt. Soweit diese Reinigungskosten jedoch durch den aus vorhandenen Restmengen an Mineralöl zu erzielenden Erlös nicht gedeckt sind, erstattet der Konkursverwalter aus der Masse der Käuferin den nicht gedeckten Teil dieser Reinigungskosten bis zu einem Betrag von 20.000,00 DM. Die Frist betrifft somit lediglich diese Anspruchsregelung. Der Fall, daß durch den Verkauf eine Steuerforderung des Hauptzollamtes befriedigt werden muß, für die durch die Beschlagnahme ein Pfandrecht begründet ist, ist in dem Vertrage in Kapitel I Ziffer 5 nicht geregelt.
Die Rechtsmangelhaftung ist auch nicht gemäß Kapitel I Ziffer 2 Abs. 1 erster Satz des Vertrages ausgeschlossen. Der dort niedergelegte Gewährleistungsausschluß betrifft nur Sachmängel; ein Gewährleistungsausschluß ist nämlich eng auszulegen, weil er eine Rechtsbeschneidung als Ausnahmeregelung enthält. Auch die Regelung im folgenden Absatz, daß der Verkäufer keine Gewähr übernehme, betrifft lediglich Sachmängelhaftungen für Kontamination oder Altlasten. Kapitel I Ziffer 2 Abs. 8 des Vertrages spricht sogar eher gegen einen Gewährleistungsausschluß, weil Absatz 8 dem Verkäufer die Haftung für alle etwa noch rückständigen Abgaben oder Lasten auferlegt. Die Beschlagnahme und damit die Haftung des Mineralöls für die beim Weiterkauf anfallende Steuer war bereits vorher erfolgt.
Ein Gewährleistungsausschluß ist schließlich auch nicht aus § 439 BGB herzuleiten. Denn der beweispflichtige Beklagte hat nicht bewiesen, daß die Klägerin den Rechtsmangel bei Vertragsabschluß kannte.
Sie hatte ohnehin keine Kenntnis vom Rechtsmangel der Beschlagnahme. Unstreitig hat aber für sie der Vater, der Zeuge ... die Verhandlungen geführt. Dies ergibt sich neben seiner Aussage vor dem Landgericht und dem Senat aus Blatt 35 der Akte. Eine Zurechnung wäre deshalb jedoch über § 166 BGB möglich. Jedoch ergibt sich unter Zugrundelegung der glaubwürdigen Aussage des Zeugen ... vor dem Senat und dem Landgericht dessen Kenntnis vom Rechtsmangel nicht.
Selbst wenn man auf Grund der vertraglichen Regelung in Kapitel I Ziffer 5 davon ausgeht, daß die Parteien von der Möglichkeit noch vorhandenen Öls als sog. Totbestände ausgingen, so ergibt sich daraus zwangsläufig noch nicht die Kenntnis, daß im Tanklager beschlagnahmtes unversteuertes Öl liege. Der Zeuge ... war zwar bis 1991 Komplementär der Gemeinschuldnerin und Inhaber eines Steuerlagers im Sinne des § 7 Mineralölsteuergesetz. Der Zeuge hat aber vor dem Senat und dem Landgericht unwiderlegt bekundet, er sei davon ausgegangen, wegen des Konkurses der Gemeinschuldnerin habe eine Abrechnung mit dem Finanzamt stattgefunden. Es sei doch klar gewesen, daß dieses bei einem Konkurs auch nicht auf Steuern verzichte und eine Abrechnung mit sämtlichen Behörden stattfinde. Auch sei ein Steuerlager an bestimmte persönliche und fachliche Kriterien gebunden, die im Fall des Konkurses nicht mehr vorhanden seien. Dieses ist eine nachvollziehbare und nicht von der Hand zu weisende Vorstellung des Zeugen ... der nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschuldnerin mit deren rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr vertraut war. Insbesondere ist nicht bewiesen, daß dem Zeugen ... der Antrag auf Fortführung des Steuerlagers vom 03. 04. 1996 durch den Beklagten, vgl. Bl. 22 d. A., bekannt war. Die geschilderte Einlassung des Zeugen paßt auch dazu, daß die Steuerlagererlaubnis gem. §§ 9, 6 Abs. 2 Ziffer 7 Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung mit Eintritt des Konkurses grundsätzlich erlischt und Behörden in der Regel bei Konkurseintritt sehr darauf bedacht sind, öffentlich rechtliche Forderungen schnell durchzusetzen. Diese Rechte sichert § 49 Abs. 1 Ziffer 1 Konkursordnung.
Auch der Umstand, daß der Hochtank verplombt war - was auf ein Steuerlager hindeutet -, führt nicht zur Annahme einer Kenntnis des Zeugen im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses. Denn der Zeuge hat sich unwiderlegt dahin eingelassen, er habe diese Verplombung erst nach Besitzübergang im Februar 1997 gesehen. Die Verplombung sei ihm bei den Aufräumarbeiten im Februar 1997 gemeldet worden. Der Zeuge hat nachvollziehbar bekundet, daß er die Sanierung des Tanklagers erst im Februar 1997 veranlaßt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das verkaufte Grundstück samt Tanklager in einem trostlosen und sanierungsbedürftigen Zustand befunden. Bereits der Beklagte habe eine Ordnungsverfügung zugestellt erhalten, weil das Gelände, obgleich nicht den Vorschriften entsprechend saniert, stillgelegt worden sei. Als er, der Zeuge, es habe betreten wollen, hätten sich Leute vom Wasserschutzamt an ihn gewandt, die Maßnahmen ergreifen wollten, um den trostlosen Zustand des Geländes zu beenden. So hätten sich 98 Mineralölfässer auf dem Gelände befunden. An den Hochtank sei man bereits deshalb nicht herangekommen, weil er in einer Tiefe von 0,50 - 0,80 cm im Wasser gestanden habe.
Darauf, daß die Vorstellung des Zeugen falsch war, nach Konkurseintritt scheide die Fortführung eines Steuerlagers aus, kommt es nicht an. Denn ein Irrtum über die Möglichkeit der Steuerlagerfortführung schließt die Kenntnis des Rechtsmangels aus. § 439 BGB liegt nämlich nicht bereits dann vor, wenn der Käufer die den Rechtsmangel begründenden Tatsachen kennt. Er muß vielmehr darüber hinaus auch die zutreffenden Folgerungen ziehen und den Rechtsmangel als solchen erkennen (Palandt-Putzo a.a.O., § 439 Rdn. 4; Soergel-Huber, BGB, 11. Auflage, § 439 Rdn. 35).
Daß der Zeuge ... in Wahrheit andere Vorstellungen hatte, als er sowohl vor dem Landgericht als auch dem Senat bekundet hat, ist nicht belegt. Der Zeuge hat ausdrücklich bestätigt, er habe es nicht einmal für möglich gehalten, daß das Tanklager noch unversteuertes Öl enthalte und das Steuerlager fortgeführt werde. Er habe gedacht, die steuerlichen Dinge hätte der Konkursverwalter erledigt.
Daß späteres Verhalten des Zeugen ... seine Kenntnis im Kaufvertragszeitpunkt bestätigt, läßt sich gleichfalls nicht feststellen. Zwar ergibt sich aus einem im März 1997 abgefaßten Schreiben des Zeugen die Kenntnis vom bisher noch unversteuerten Mineralöl. Zu diesem Zeitpunkt aber - genau im Februar 1997 - hatte aber der Zeuge ... nach seiner eigenen unwiderlegten Bekundung gerade erst die Verplombung und das Vorhandensein eines Steuerlagers entdeckt. Nach alledem hat jedenfalls der beweispflichtige Beklagte den Nachweis der Kenntnis des Zeugen ... vom Rechtsmangel nicht geführt
Davon abgesehen kommt § 439 Abs. 2 BGB zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift hat der Verkäufer ein Pfandrecht zu beseitigen, auch wenn der Käufer die Belastung kennt. Zwar ist hier kein zivilrechtliches Pfandrecht, aber eines öffentlich rechtlicher Natur begründet worden (Klein-Rüsken a.a.O. § 76 Anmerkung 1). Diese Sachhaftung stellt ein dem Pfandrecht am beweglichen Sachen vergleichbares dingliches Recht dar (Hübschmann/Hepp/Spitaler/Boeher, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 76 Abgabenordnung Rdn 9), das den Zugriff auf private Rechte Dritter wegen der Steuerschuld erlaubt. Die Begründung der Motive des Gesetzgebers des BGB paßt auch zu diesem Fall: Es entspreche der Verkehrssitte, daß der Verkäufer eine solche Belastung beseitige, denn sie stehe ja der Besitzergreifung des Käufers direkt entgegen. Fehlt eine Vereinbarung bezüglich der Belastungsübernahme und hinsichtlich der Anrechnung auf den Kaufpreis, so ist davon auszugehen, daß der Kaufpreis für die pfandfreie Sache berechnet ist und der Verkäufer die Pfandbelastung zu beseitigen hat (Soergel-Huber a.a.O. § 439 Rdn 42). Denn durch die Belastung mit dem Pfandrecht - das erst durch die Steuerzahlung in Höhe von 76.685,20 DM beseitigt wurde - wird erheblich in das vereinbarte Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages eingegriffen. Ohnehin hatte der Beklagte das Grundstück nicht anderweit veräußert, weil sich in dem Konkursverfahren herausstellte, daß eine Verwertung des Tanklagergrundstückes wegen der erheblichen Kontamination und der Abbruchkosten nicht zu einem Überschuß geführt hätte, zumal auf dem Grundstück ein durch Grundschulden gesicherter Rentenanspruch der Eltern der Klägerin lag. Der Vertrag trägt dem geringen Wert des Grundstückes dadurch Rechnung, daß der Kaufpreis von 200.000,00 DM mit dem Leibrentenansprüchen des Zeugen ... und seiner Frau verrechnet wurde. Von einem stillschweigenden Abbedingen des § 439 Abs. 2 BGB, wie ihn das Landgericht unterstellt, kann deshalb nicht ausgegangen werden. Dies entspricht im übrigen dem allgemeinen Grundsatz, daß ein Verzichtswille im Zweifel nicht anzunehmen und ein Verzicht eng auszulegen ist.
Die Voraussetzungen des § 326 BGB sind gegeben. Mit der Beseitigung des Rechtsmangels befand sich der Beklagte in Verzug. Die Aufforderung zur Freistellung der Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 20. 10. 1997 ist eine gleichzeitig Verzug begründende Aufforderung mit Fristsetzung unter Ablehnungsandrohung. Darüber hinaus hat der Beklagte die Beseitigung des Rechtsmangels abgelehnt (vgl. sein Schreiben vom 22. 10. 1997). Somit liegen die Voraussetzungen des § 440 BGB vor. § 440 Abs. 2 BGB, wonach der Käufer nur dann Schadensersatz verlangen kann, wenn er die Sache dem Dritten mit Rücksicht auf dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem Verkäufer zurückgewährt wurde oder wenn die Sache untergegangen ist, kommt nicht zur Anwendung: Die Zahlung der Mineralölsteuer durch die Klägerin, die die Sachhaftung nach §§ 48 Abs. 1, 76 Abs. 4 Abgabenordnung zum Erlöschen brachte und die Beschlagnahme aufhob, stellt sich als Abfindung im Sinne § 440 Abs. 3 BGB dar. Dann kann Schadensersatz einschränkungslos verlangt werden.
Der Schadensersatzanspruch begründet sich in Höhe von 75.685,20 DM gezahlter Mineralölsteuer. Dieser Betrag mindert sich weder durch ein Mitverschulden der Klägerin noch im Wege der Vorteilsausgleichung. Denn die Klägerin war nicht verpflichtet, das Mineralöl steuerfrei an das Steuerlager eines Dritten weiterzuleiten oder zur Verheizung zu bringen, wenn sie nach dem Kaufvertrag nicht damit rechnen mußte, daß das in den Tanks befindliche Mineralöl noch nicht besteuert war. Dem Beklagten obliegt es vielmehr, die Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn der Beklagte ordnungsgemäß erfüllt hätte. In diesem Fall wäre der Klägerin ein freier Verkauf des Mineralöls ohne Steuerbelastung möglich gewesen. Ein Weiterverkauf an das Steuerlager des Dritten oder eine Hingabe des Öls zur Verheizung - letztere ist im übrigen nicht steuerfrei, nur steuermindernd, vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 2b Mineralölsteuergesetz - war der Klägerin, weil sie Schadensersatz wegen Nichterfüllung in vollem Umfange verlangen kann, nicht zumutbar. Einen Sachverhalt, der einen eventuellen Rückerstattungsanspruch gegen das Hauptzollamt seitens der Klägerin begründet oder auch nur möglich erscheinen läßt, hat der Beklagte nicht dargelegt. Die Geltendmachung des Anspruches widerspricht auch nicht Treu und Glauben. Daß die Klägerin die Ansprüche erst erhob, nachdem eine Einigung über andere Streitpunkte mit dem Beklagten fehlschlug, rechtfertigt die Annahme einer Treuewidrigkeit nicht. Selbst wenn die Klägerin den Kaufvertrag dem Hauptzollamt überreicht hat, begründet dieses die Annahme nicht, denn - dieses unterstellt - teilte die Klägerin nur lediglich das nun bestehende Rechtsverhältnis dem Pfandrechtsgläubiger mit, wogegen Einwände nicht erhoben werden können. Darüber hinaus strebte die Klägerin mit dieser Verhaltensweise in Wahrnehmung ihrer gerechtfertigten Interessen an, daß das Hauptzollamt noch gegen den Beklagten vorgehen konnte, solange noch Konkursmasse vorhanden war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 291 BGB, 91, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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