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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.03.2006
Aktenzeichen: 25 U 111/04
Rechtsgebiete: ZPO, InsO, BGB, MABV, EStG, EStDV


Vorschriften:

ZPO § 240 Satz 1
ZPO § 250
ZPO § 301 Abs. 1
ZPO § 301 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2
InsO § 55 Abs. 1
InsO § 85
InsO § 86
InsO § 86 Nr. 1
InsO § 86 Nr. 2
InsO § 86 Nr. 3
InsO § 87
InsO § 179 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 3
BGB § 635 a.F.
BGB § 640
BGB § 641 a
MABV § 3
EStG § 7 Abs. 5
EStG § 7 Abs. 5 Satz 1
EStDV § 9 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. Oktober 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen im Ausspruch über die Widerklage - unter Zurückweisung des insoweit weitergehenden Rechtsmittels - teilweise so abgeändert:

Auf die Widerklage bleibt die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 32.887,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 24. November 2003 und einen weiteren Betrag in Höhe von 15.277,40 Euro Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftserklärung eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts über eine entsprechende Summe zu zahlen.

Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, falls nicht der Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Gründe:

(gemäß § 540 ZPO)

I.

Die Klägerin hat erstinstanzlich ursprünglich die Feststellung begehrt, dass Vergütungsansprüche der Insolvenzschuldnerin und ursprünglichen Beklagten gegen sie nicht mehr bestehen. Nachdem diese Widerklage auf Zahlung des restlichen Werklohnes erhoben hat, haben die Klägerin und die Insolvenzschuldnerin insoweit übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Klägerin hat von der Insolvenzschuldnerin nunmehr nur noch verlangt, sie von Architektenkosten in Höhe von 3.654,00 Euro freizustellen und ihr die Kosten des unter dem Aktenzeichen 8 OH 8/02 LG Hagen geführten selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.

Widerklagend hat die Insolvenzschuldnerin vorrangig die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung restlichen Werklohnes in Höhe von 63.215,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2002 und hilfsweise die Zahlung von 47.938,30 Euro nebst anteiliger Zinsen und weiterer 15.277,40 Euro Zug um Zug gegen Übergabe einer näher bezeichneten Bürgschaftserklärung über diese Summe begehrt.

Das Landgericht hat dem Hilfsantrag der Widerklage in Höhe von 44.851,78 Euro nebst anteiliger Zinsen sowie in Höhe von 15.277,40 Euro Zug um Zug gegen Übergabe der näher bezeichneten Bürgschaftserklärung stattgegeben und die Klage sowie die weitergehende Widerklage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung über die Widerklage hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Insolvenzschuldnerin stehe unter Berücksichtigung einiger Abzüge eine Werklohnforderung in Höhe von 60.129,18 Euro zu, die nicht durch Aufrechnung seitens der Klägerin erloschen sei. Die Klägerin könne dem Werklohnanspruch keinen Anspruch auf Ersatz eines Steuerschadens in Höhe von 10.347,00 DM entgegenhalten, weil sie diesen der Höhe nach nicht hinreichend substantiiert dargetan habe. Auch könne sie keinen Vertragsstrafeanspruch aus § 8 des Werkvertrages geltend machen, weil die Beklagte die Vertragsstrafe, die an die Versäumung des Fertigstellungstermins 31.12.2001 anknüpfe, nicht verwirkt habe. Da Sinn und Zweck der Vertragsstrafevereinbarung gewesen sei, der Klägerin eine fristgerechte Benutzung der von der Insolvenzschuldnerin erstellten Halle zu ermöglichen und sie diese Halle fristgerecht habe nutzen können, sei der Fertigstellungstermin eingehalten worden.

Die Zug um Zug-Verurteilung beruhe darauf, dass die letzte Rate in Höhe von 5 % des Gesamtpreises von der Klägerin nur gegen die Stellung einer Bankbürgschaft zu erbringen sei.

Wegen der erstinstanzlichen Feststellungen und der Begründung im Einzelnen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen die Klageabweisung sowie die teilweise Stattgabe der Widerklage richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlichen Sachanträge weiterverfolgt.

Durch Beschluss vom 05.11.2004 ist über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der nunmehrige Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Er hat den Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage aufgenommen und begehrt insoweit die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des zweitinstanzlichen Parteivortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akten 8 OH 8/02 LG Hagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Eine gerichtliche Entscheidung kann derzeit nur in Bezug auf die Widerklage getroffen werden, denn nur insoweit hat der Beklagte das Verfahren nach §§ 240 Satz 1, 250 ZPO, 85 InsO wirksam aufgenommen. Bei der Widerklage handelt es sich nämlich unabhängig von der Parteirolle des Beklagten um einen Aktivprozess im Sinne des § 85 InsO, weil der Beklagte mit der Realisierung des der Insolvenzschuldnerin aus seiner Sicht noch zustehenden Werklohnanspruchs eine Vermehrung der Teilungsmasse erstrebt (vgl. hierzu Musielak § 240 ZPO Rdnr. 10; BGH NJW 1995, 1750 (1750) zum insoweit identischen alten Recht).

In Bezug auf die Klage ist der Rechtsstreit weiterhin nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen. Es fehlt insoweit an einer wirksamen Aufnahme durch den Beklagten. § 85 InsO ist nicht einschlägig, weil es sich insoweit gerade nicht um einen Aktivprozess handelt. Die Voraussetzungen des § 86 InsO sind ebenfalls nicht erfüllt. § 86 Nr. 1 und Nr. 2 InsO scheiden von vornherein aus. § 86 Nr. 3 InsO ist nicht einschlägig, weil die geltend gemachten Ansprüche keine Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO darstellen, sondern Insolvenzforderungen.

Insoweit kann allein die Klägerin den Rechtsstreit nach §§ 87, 179 Abs. 1 InsO weiterführen, deren Voraussetzungen, nämlich die Anmeldung des Anspruches zur Insolvenztabelle und das Bestreiten des Anspruchs durch den Beklagten im Prüfungstermin bisher nicht dargelegt sind.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in Bezug auf die Widerklage teilweise Erfolg. Der Beklagte kann gegen die Klägerin einen Werklohnanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB nur in Höhe von 48.164,95 Euro geltend machen.

Der sich unter Berücksichtigung von Teilzahlungen der Klägerin, Skontoabzügen und weiteren Abzügen wegen unstreitiger Mängel des von der Insolvenzschuldnerin erstellten Werkes nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts errechnende Werklohnanspruch von 60.129,18 Euro ist in Höhe von 11.964,23 Euro durch Aufrechnung seitens der Klägerin mit einem Vertragsstrafeanspruch nach § 8 des Vertrages vom 21.08.2001 erloschen, denn die Insolvenzschuldnerin hat die vereinbarte Vertragsstrafe von 900,00 DM täglich an 26 Tagen verwirkt, weil sie nicht zum 31.12.2001, sondern erst am 28.01.2002 mit der Erbringung des Außenputzes die in der Bauleistungsbeschreibung enthaltenen Leistungen erbracht hat.

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Insolvenzschuldnerin die Zahlung einer Vertragsstrafe von 900,00 DM für jeden über den 31.12.2001 hinausgehenden Teil nicht für den Fall versprochen, dass das Werk bis zu diesem Datum nicht abnahmereif, d.h. frei von wesentlichen Mängeln hergestellt worden ist.

Es kommt für die Entscheidung nicht darauf an, ob eine allgemein an den Begriff der Fertigstellung anknüpfende Vertragsstrafenregelung dann verwirkt ist, wenn das Werk zu dem vereinbarten Zeitpunkt nicht abnahmereif ist (vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rdnr. 2059 unter Hinweis auf BGH BauR 1999, 645 (648)) OLG Dresden BauR 2001, 949 (951)), denn die Vertragsstraferegelung in § 8 des Vertrages stellt nicht auf einen in diesem Sinne zu verstehenden Fertigstellungsbegriff ab.

Der Wortlaut in § 8 Satz 1 des Vertrages knüpft für die Verwirkung der Vertragsstrafe nämlich an die Erbringung der in der Bauleistungsbeschreibung enthaltenen Leistungen an. Erst in § 8 Satz 2 wird der Fertigstellungstermin im Sinne des § 3 erwähnt, der dann aber aufgrund des umittelbaren sprachlichen und sachlichen Zusammenhangs zu § 8 Satz 1 dahin zu verstehen ist, dass damit die Erbringung der in der Bauleistungsbeschreibung enthaltenen Leistungen gemeint ist.

Die Begleitumstände der Regelung und ihr Sinn und Zweck rechtfertigen entgegen der Ansicht der Klägerin keine hiervon abweichende Auslegung in ihrem Sinne.

Aus dem Zahlungstermin für die letzte Rate, d.h. dem Zeitpunkt der Schlüsselübergabe kann die Klägerin nichts für die von ihr favorisierte Auslegung herleiten, weil der Zeitpunkt der Schlüsselübergabe nicht zwangsläufig den Zeitpunkt der von ihr für maßgeblich gehaltenen Abnahmereife bezeichnet und überdies hier die Schlüsselübergabe mit Herstellung der Bezugsfertigkeit zur Jahreswende 2001/2002 und damit lange vor der Beseitigung wesentlicher Mängel durch die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2002 stattgefunden hat.

Die von der Klägerin weiterhin zitierten Vorschriften der §§ 641 a BGB und 3 MABV stellen schon keine Begleitumstände zu der in § 8 des Vertrages getroffenen Regelung dar. Im Übrigen ergibt sich aus § 641 a BGB gerade nicht die von der Klägerin favorisierte Auslegung der Fertigstellung im Sinne der Herstellung der Abnahmereife, sondern nur, dass eine Fertigstellungsbescheinigung als Ersatz für die Abnahme neben der Herstellung auch die Freiheit von Mängeln erfordert. § 3 MABV verfolgt eine andere Zielrichtung, nämlich die Begründung der Fälligkeit der Werklohnforderung des Unternehmers einerseits und Schutz des Bestellers vor verfrühten Zahlungsforderungen andererseits.

Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung des § 8 stützen erst recht nicht die von der Klägerin favorisierte Auslegung. Diese meint zwar, ihre Auslegung entspreche dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien, legt aber lediglich ein eigenes, nicht jedoch ein damit korrespondierendes Interesse der Insolvenzschuldnerin dar. Tatsächlich ging es in erster Linie darum, dass die Klägerin zum 01.01.2002 ihren Betrieb in die neue Halle verlegen wollte und musste. Um eben das zu ermöglichen und die Klägerin vor Schäden durch einen nicht fristgerechten Umzug und eine dadurch bedingte Produktionsunterbrechung zu bewahren, sollte die Regelung in § 8 des Vertrages Druck auf die Insolvenzschuldnerin ausüben und sie veranlassen, den verbindlich vereinbarten Fertigstellungstermin 31.12.2001 einzuhalten.

Inwieweit jedenfalls für die Klägerin noch der Erhalt von Abschreibungsmöglichkeiten für das Jahr 2001 eine Rolle spielte, kann dahinstehen, denn diese waren - wie noch auszuführen ist - nicht von der Mängelfreiheit des Werkes abhängig, sondern davon, dass das Werk noch im Jahre 2001 bezugsfertig wurde (§ 7 EStG in Verbindung mit § 9 a EStDV).

Jedes andere Verständnis würde angesichts der Höhe der für jeden Tag vereinbarten Vertragsstrafe, die im Übrigen als Verzugsstrafe bezeichnet ist, und der fehlenden Begrenzung der Höhe nach zu einem völlig unkalkulierbaren Risiko für die Insolvenzschuldnerin geführt haben, da sich Mängelbeseitigungsarbeiten nicht zuletzt wegen eines Streits über die Verantwortlichkeit immer erheblich verzögern können.

Da weder die Begleitumstände noch Sinn und Zweck der Vertragsstrafenregelung eine Auslegung im Sinne der Klägerin rechtfertigen, sondern vielmehr mit dem an die Erbringung der in der Bauleistungsbeschreibung enthaltenen Leistungen anknüpfenden Wortlaut in Einklang stehen, ist für die Verwirkung der Vertragsstrafe maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt die Insolvenzschuldnerin diese Leistungen erbracht hat. Ausweislich des Schreibens des Architekten der Klägerin vom 28.01.2002 ist an diesem Tage der noch ausstehende Außenputz zumindest teilweise angebracht worden. Da in der vorgelegten vorprozessualen Korrespondenz nach diesem Zeitpunkt die Unvollständigkeit der Leistungserbringung nicht mehr geltend gemacht, sondern lediglich Mängel gerügt werden, muss davon ausgegangen werden, dass jedenfalls zum 28.01.2002 die nach der Bauleistungsbeschreibung geschuldeten Leistungen erbracht waren, was zu einer Vertragsstrafe von insgesamt 11.964,23 Euro führt.

Die Klägerin hat den Vertragsstrafeanspruch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deshalb verloren, weil sie ihn sich bei der Annahme der Leistung nicht vorbehalten hat. Mit Annahme ist die Entgegennahme der vertraglichen Gesamtleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht und damit die Abnahme im Sinne des § 640 BGB gemeint (vgl. hierzu Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 2278). Eine Abnahme der Werkleistung kann hier nicht festgestellt werden. Die Klägerin und die Insolvenzschuldnerin haben in § 6 des Vertrages eine förmliche Abnahme nach den Bestimmungen der VOB/B vereinbart, die unstreitig nicht durchgeführt worden ist. Unmaßgeblich ist, ob es zu einer Teilabnahme der Elektroinstallation gekommen ist, denn diese wäre unschädlich, weil die Vertragsstrafe sich auf die nicht rechtzeitige Erbringung der Gesamtleistung bezieht (vgl. Werner/Pastor am angegebenen Ort Rdnr. 2060).

Dass die Klägerin und die Insolvenzschuldnerin auf die Durchführung einer förmlichen Abnahme durch schlüssiges Verhalten verzichtet haben, etwa durch gestattete oder geduldete Benutzung ohne auf die förmliche Abnahme zurückzukommen, ist nicht festzustellen. Die Aufnahme der Nutzung durch die Klägerin im Januar 2002 kann man schon nicht als konkludente Abnahme werten, denn die Klägerin trägt hierzu unwidersprochen vor, dass sie die Nutzung aufgrund einer Zwangslage aufgenommen hat, was eine konkludente Abnahme ausschließt. Zudem hat sie ausweislich des Schreibens vom 14.01.2002, das bereits ausgesprochene Mängelrügen und entsprechende Protokolle erwähnt, zeitnah Mängel gerügt, was ebenfalls dazu führt, dass in der Aufnahme der Nutzung keine konkludente Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerecht zu sehen ist. Die Insolvenzschuldnerin selbst hat mit Schreiben vom 14.03.2002 noch die Bestimmung eines Termins zur förmlichen Abnahme verlangt, was darauf schließen lässt, dass sie selbst nicht von einer Abnahme bis zu diesem Zeitpunkt ausgegangen ist.

Dass die Klägerin in der Folgezeit Mängelbeseitigungsmaßnahmen entgegengenommen hat, führt angesichts der Tatsache, dass sie noch im Prozess von einer nicht vollständigen Mängelbeseitigung ausgegangen ist, nicht zu einer vorbehaltlosen Annahme der Werkleistung. Es kommt nämlich - wie oben ausgeführt - nicht auf die Entgegennahme von Teilleistungen an, sondern darauf, ob die Gesamtleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert wurde.

Soweit man auf die Fortsetzung der Nutzung nach Herstellung der Abnahmereife abstellt und diese auf den 07.05.2003 datiert, hätte die Klägerin sich jedenfalls mit Schreiben vom 15.05.2003 die Vertragsstrafe hinreichend deutlich und rechtzeitig vorbehalten, weil ihr ein Prüfungszeitraum in bezug auf die Abnahmereife zuzubilligen ist (vgl. hier Werner/Pastor am angegebenen Ort Rdnr. 2278) und dieser nach einer Woche noch nicht abgelaufen war.

Der Werklohnanspruch ist nicht in weitergehendem Umfange aufgrund einer weiteren Aufrechnung der Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.347,00 DM ( 5.2290,34 Euro) aus § 635 BGB a.F. erloschen.

Es kann dahinstehen, ob das ergänzende Vorbringen der Klägerin zu den ihr im Jahre 2001 entgangenen Abschreibungsmöglichkeiten nach § 7 Abs 5 EStG, der aufgrund dessen tatsächlich eingetretenen Steuerbelastung und der bei Inanspruchnahme der Abschreibungen hypothetisch eingetretenen Steuerbelastung nach § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen wäre, denn der Vortrag der Klägerin lässt auch in zweiter Instanz nicht erkennen, dass ihr aufgrund der zu verneinenden Fertigstellung noch im Jahre 2001 die Abschreibungsmöglichkeit des § 7 Abs. 5 EStG entgangen ist. § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG knüpft an die Herstellung oder Anschaffung bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung an. Die Klägerin hat hier als Bauherrin die Gewerbehalle hergestellt. Nach § 9 a EStDV ist das Jahr der Herstellung das Jahr der Fertigstellung. Fertigstellung im steuerrechtlichen Sinne ist aber gegeben, sobald die Bauarbeiten insoweit abgeschlossen sind, dass das Gebäude in vollem Umfange seiner Bestimmung gemäß genutzt werden kann und die Nutzung nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Vekehrsauffassung zumutbar ist. Nur geringfügige Restarbeiten, welche die Nutzung des Gebäudes nicht beeinflussen, berühren den Fertigstellungszeitpunkt nicht (vgl. Blümlich/Brandis, § 7 EStG Rdnr. 62; BFH, Urteil vom 16.12.1988, III R 89/65, Textziffern 10 und 11; BFG Urteil vom 20.02.1975, IV R 79/74, Textziffer 31, jeweils zitiert nach JurisWeb). Dass diese Voraussetzungen zum 31.12.2001 nicht vorlagen, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Nach den Angaben eines ihrer Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2004 vor dem Landgericht ist ab Januar 2002 ungeachtet des Bestehens von Mängeln und kurzfristiger Unterbrechungen in der Halle gearbeitet worden, was bedeutet, dass die Halle bezugsfertig war und von der Klägerin genutzt werden konnte. Diese Nutzung war der Klägerin auch zumutbar. Ungeachtet der erheblichen Mängel ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen, welche konkrete Einschränkungen der Nutzbarkeit daraus folgten, die erkennen ließen, dass die Klägerin hier nur unter überobligationsmäßigen Einschränkungen die Halle sowie die Büroräumlichkeiten nutzte. Das fehlende Vordach und der fehlende Außenputz stellten die Nutzbarkeit der Halle sowie der Büroräumlichkeiten nicht in Frage. Die Mängel am Dach und am Rolltor haben nach den Angaben eines der Mitgeschäftsführer der Klägerin nicht zu wesentlichen Nutzungseinschränkungen, sondern allenfalls zu kurzfristigen Unterbrechungen geführt. Soweit die Berufsgenossenschaft nach dem Vorbringen der Klägerin angedroht hat, wegen Sicherheitsmängeln das Rolltor zu schließen, steht dies einer Bezugsfertigkeit zum 31.12.2001 ebenfalls nicht entgegen, auch wenn die Schließung des Rolltores dazu geführt hätte, dass das Unternehmen der Klägerin nicht rentabel hätte betrieben werden können, denn die Klägerin konnte sich inoweit mit einem Vorgehen nach § 633 Abs. 3 BGB behelfen. Der Bautenstand war jedenfalls weit über rohbauähnliche Zustände, bei denen der Bundesfinanzhof eine Fertigstellung abgelehnt hat, hinausgewachsen.

Zudem vertritt die Klägerin selbst die Auffassung, sie sei mit der Aufnahme der Nutzung ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen. Diese kann aber nur insoweit bestanden haben, als die Nutzung der Halle nebst Büroräumlichkeiten zumutbar gewesen ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Der Senat hat von der Möglichkeit Gerauch gemacht, nach § 301 Abs. 1 ZPO durch Teilurteil über die Widerklage zu entscheiden. Die isolierte Entscheidung hierüber ist zulässig, weil Klage und Widerklage nicht in einem unlösbaren Zusammenhang stehen (vgl. hierzu Zöller-Vollkommer § 301 ZPO Rdnr. 9a). Die Entscheidungen von Klage und Widerklage hängen nämlich nicht von gemeinsamen Vorfragen mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ab. Die Frage, ob bezüglich der mit der Klage geltend gemachten Architektenkosten die Voraussetzungen des § 635 BGB a.F. vorliegen und ob die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens im Rahmen eines prozessualen Kostenerstattungsanspruches geltend gemacht werden können, berührt die sich im Rahmen der Widerklage stellenden Fragen, wie das Vertragsstrafeversprechen auszulegen ist und ob die Klägerin einen Steuerschaden schlüssig vorgetragen hat, nicht. Gesichtspunkte, die zu einer Unangemessenheit des Teilurteils im Sinne des § 301 Abs. 2 ZPO führen, sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung über die vorläufig Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert.

Ende der Entscheidung

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