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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: 28 U 68/06
Rechtsgebiete: EGBGB, ZPO, BGB, BRAO
Vorschriften:
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 | |
EGBGB Art. 229 § 5 | |
EGBGB Art. 229 § 6 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 | |
EGBGB Art. 229 § 12 | |
EGBGB Art. 229 § 12 Abs. 1 S. 1 | |
ZPO § 123 | |
ZPO § 256 | |
ZPO § 264 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 525 | |
ZPO § 529 | |
ZPO § 533 | |
BGB § 195 | |
BGB § 197 | |
BGB § 198 | |
BGB § 199 n. F. | |
BGB § 201 a. F. | |
BGB § 217 | |
BGB § 251 Abs. 1 | |
BGB § 288 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 609 a. F. | |
BRAO § 51 b | |
BRAO § 51 b, 1. Alt. | |
BRAO § 51 b, 2. Alt. |
2. Auf entsprechendem Hilfsantrag ist jedoch eine Feststellung zulässig und begründet, dass der Rechtsanwalt den Schaden zu ersetzen hat, der dadurch entsteht, dass der Mandant keinen Vollstreckungstitel gegen den früheren Schuldner erlangt hat.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 09.02.2006 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert:
Die Klage bleibt mit dem Hauptantrag abgewiesen.
Auf den Hilfsantrag wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden bis zur Höhe von 40 903,35 € nebst 4% Zinsen seit dem 01.01.1998 zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entsteht, dass sie keinen Vollstreckungstitel gegen Herrn M wegen der Ansprüche aus dem Darlehen gemäß Vertrag vom 05.11.1993 bis zum Ende des Jahres 2003 erlangt hat.
Die Kosten erster Instanz trägt die Klägerin. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 95% und den Beklagten zu 5% auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien könne die wechselseitigen Vollstreckungen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn der Gegner nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
A.
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aufgrund anwaltlicher Pflichtverletzung geltend.
Die Klägerin hatte im Jahre 1993 ein Darlehen über 80 00,00 DM, verzinslich mit 10% jährlich bei einer Laufzeit von einem Jahr, gewährt. Hierüber wurde unter dem 05.11.1993 eine Urkunde (Bl. 10 d. A.) erstellt, in der als Darlehensnehmer bezeichnet waren M, der Bruder der Klägerin, sowie O, die bis zur Scheidung der Ehe im Dezember 1999 mit dem Bruder der Klägerin verheiratet war. Unterschrieben hatte die Urkunde jedoch nur der Ehemann. Nachdem das Darlehen nicht fristgerecht zurückgezahlt worden war, begab sich die Klägerin im Jahr 2000 in die anwaltliche Beratung der Beklagten. Sachbearbeiter war der Beklagte zu 4. Die Beklagten kündigten namens der Klägerin mit zwei gesonderten Schreiben vom 10.04.2000 (Bl. 11-14 d. A.) den Vertrag vorsorglich und forderten beide Darlehensnehmer zur Rückzahlung der Hauptforderung nebst aufgelaufener Zinsen von 52 000,00 DM, insgesamt 132 000,00 DM, bis zum 07.07.2000 auf. Nachdem die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen war, stellten die Beklagten für die Klägerin unter dem 07.09.2000 einen Prozesskostenhilfeantrag für eine beabsichtigte Klage nur gegen die Schwägerin (4 O 512/00, Landgericht Essen). Hintergrund hierfür war unstreitig, dass man den Bruder in dem Rechtsstreit als Zeugen zur Verfügung zu haben wollte. Auf Empfehlung des Beklagten zu 4. schloss zudem die Klägerin eine Lebensversicherung auf das Leben des Bruders ab. Der Bruder sollte nach einer Abrede mit der Klägerin die Versicherungsbeiträge zahlen, was jedoch nicht geschah. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde die Klage in erster Instanz nach Vernehmung des Bruders als Zeugen durch Urteil vom 18.12.2000 abgewiesen, da die Klägerin eine Mitverpflichtung der Schwägerin nicht habe beweisen können. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein, wobei die Information der Berufungsanwälte der Klägerin in der Berufungsinstanz über die Beklagten erfolgte. Nach erneuter Vernehmung des Bruders wurde die Berufung durch Urteil des OLG Hamm vom 19.12.2001 zurückgewiesen. Als Anlage zum Kurzschreiben der Beklagten vom 05.03.2002 (Bl. 81 d. A.) wurde der Beklagten u. a. das Berufungsurteil des OLG zugesandt. Der in dem Schreiben enthaltenen Aufforderung zur Rücksprache kam die Klägerin trotz Erinnerung vom 18.03.2002 nicht nach. Die weiteren Kontakte zwischen der Klägerin und den Beklagten beschränkten sich auf Kostenfragen, weshalb die Klägerin am 27.01.2003 auch die Kanzlei der Beklagten aufsuchte; hierüber verhält sich das Schreiben der Beklagten vom 31.01.2003 (Bl. 83 d. A.). Die Klägerin, die sich im März 2005 in die anwaltliche Beratung ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten begab, begehrt nunmehr Schadenersatz in Höhe der Hauptforderung aus dem Darlehen (40 903,50 €) nebst Zinsen vom 05.11.1993 bis zum 24.05.2005 (47 246,44 €) sowie 1 921,64 € an von ihr gezahlten gegnerischen Prozesskosten gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss vom 03.04.2001. Die zunächst außergerichtlich geltend gemachten Ansprüche wurden mit Schreiben vom 17.03.2005 von den Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 4. habe im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Vorgehen gegen die Schwägerin nicht darauf hingewiesen, dass trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Falle des Unterliegens die gegnerischen Anwaltskosten zu tragen seien. Auch sei eine nach ihrer Auffassung erforderliche Belehrung über mangelnde Erfolgsaussichten der Klage unterblieben. Ferner hat sie behauptet, der Beklagte zu 4. habe sie nicht darauf hingewiesen, dass sie ihre Ansprüche zweckdienlicherweise gegen den Bruder zur richten habe. Dieser hätte nach ihrer Meinung aus anwaltlicher Sorgfalt mitverklagt bzw. zumindest nach dem Scheitern der Klage gegen die Schwägerin gesondert verklagt werden müssen. In diesem Zusammenhang hat sie behauptet, sie habe die Klage nicht ausdrücklich auf ihre Schwägerin beschränkt. Zudem sei sie zu keinem Zeitpunkt auf die drohende Verjährung hingewiesen worden, die am 31.12.2004 eingetreten sei (Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB, § 195 BGB), und auf die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen. Die Klägerin, der bereits mit der Ladungsverfügung zum frühen ersten Termin vom 09.12.2005 aufgegeben worden war vorzutragen, ob der Bruder in der Lage gewesen sei bzw. jetzt sei, die Klageforderung zu begleichen, hat zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht behauptet, der Bruder sei unterbrechungslos als Taxifahrer tätig und hätte monatliche Raten von 100,00 € auf eine titulierte Darlehensschuld zahlen können, und hierfür Beweis angetreten durch Zeugnis eines nicht näher benannten Mitarbeiters des ebenfalls nicht näher bezeichneten Taxiunternehmens. Mit Schriftsatz vom 11.01.2006 hatte sie noch mitgeteilt, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob der Zeuge tatsächlich zur Begleichung der Klageforderung in der Lage gewesen sei, da es zwischen der Klägerin und dem Zeugen keinen Kontakt mehr gebe; hierüber könne am besten der Zeuge selbst Auskunft geben. Ebenso hatte sie mit Schriftsatz vom 31.01.2006 mit Nichtwissen bestritten, dass ihr Bruder in katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnissen lebte bzw. lebe.
Die Klage ist am 03.01.2006 zugestellt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 90 071,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.01.2006 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, der Beklagte zu 4. habe der Klägerin in der Sprechstunde vom 18.05.2000 (Aktenvermerk Bl. 79 f. d. A.) eingehend die Rechtsfolgen der Gewährung von Prozesskostenhilfe erläutert. Auf die fehlenden Erfolgsaussichten habe nach ihrer Auffassung nicht hingewiesen werden müssen, da gute Chancen für eine Durchsetzung des Anspruchs bestanden hätten, wie Prozesskostenhilfebewilligung und Durchführung der Beweisaufnahme zeigten. Die Beklagten haben ferner behauptet, die Klägerin habe eine Klageerhebung gegen den Bruder nicht gewünscht, zum einen wegen der familiären Verbindung, zum anderen wegen der nach ihrer Kenntnis schlechten finanziellen Situation. Der Beklagte zu 4. habe der Klägerin mehrfach, u. a. nach der Vernehmung des Bruders bzw. nach dem klageabweisenden Urteil, vorgeschlagen, auch den Bruder gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Eine Verpflichtung zum Hinweis auf die drohende Verjährung habe nach ihrer Auffassung nicht bestanden. Bei Übernahme des Mandats und Abschluss der Tätigkeit nach der ersten Instanz sei noch altes Verjährungsrecht anwendbar gewesen. Nach Änderung der Sach- und Rechtslage habe eine Rücksprache hierzu erfolgen sollen, zu der die Klägerin unstreitig mit dem Schreiben vom 05.03.2002 aufgefordert worden war. Da die Klägerin nicht erschienen sei, habe ein Hinweis nicht erfolgen können. Ein abstrakter Hinweis auf die Möglichkeit der Forderungsverjährung müsse nicht erteilt werden, da der Umstand jedem bekannt sei. Eine Verjährung habe tatsächlich nicht gedroht, da zwischen dem Zeitpunkt der letzten Besprechung und dem Eintritt der Forderungsverjährung noch nahezu zwei Jahre gelegen hätten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin sei durch etwaiges anwaltliches Fehlverhalten in Bezug auf die unterbliebene Klageerhebung gegen den Bruder kein Schaden entstanden, weil sie nicht bewiesen habe, dass der Bruder Zahlungsansprüche hätte befriedigen können. Das diesbezügliche Beweisangebot sei mangels Namens- und Anschriftnennung untauglich. Ein Hinweis bzw. die Einräumung einer Schriftsatzfrist seien nicht erforderlich gewesen, weil ein Hinweis auf die Darlegungs- und Beweislast bereits der Verfügung vom 09.12.2005 zu entnehmen gewesen sei. Ferner sei nicht ersichtlich, dass ein Hinweis auf das Bestehenbleiben der Kostenerstattungsansprüche im Falle der Prozesskostenhilfe dazu geführt hätte, dass die Klägerin von einer Klage gegen die Schwägerin abgesehen hätte.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der von ihr eingelegten Berufung. Das Urteil beruhe auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Zahlungsunfähigkeit des Bruders, die bei den Beklagten anzusiedeln sei. Selbst wenn man anderer Auffassung sein sollte, so sei das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, der Bruder habe Raten in Höhe von 100,00 € zahlen können, unstreitig geblieben. Im Übrigen habe sich die Klägerin hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bruders bereits mit Schriftsatz vom 11.01.2006 auf dessen Zeugnis berufen. Das Landgericht hätte den Zeugen zu der in der mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptung vernehmen müssen. Jedenfalls sei entsprechend dem jetzt gestellten Hilfsantrag festzustellen, dass die Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet seien, wenn die Klägerin binnen 30 Jahren ab Schadenseintritt nachweise, dass ihr Bruder solvent geworden sei. Im Hinblick auf die Abweisung der Klage wegen des Prozesskostenschadens habe das Landgericht verkannt, dass als Pflichtverletzung auch geltend gemacht worden sei, dass die Beklagten die Klägerin nicht über die mangelnden Erfolgsaussichten der Klage gegen die Schwägerin aufgeklärt hätten. Wenn dies geschehen wäre, hätte die Klägerin die Klage gegen die Schwägerin nicht erhoben.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 90 071,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2006 zu zahlen,
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an sie Schadensersatz in Höhe von 88 149,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten seit dem 19.05.2006 zu zahlen, wenn und soweit sie binnen 30 Jahren ab dem 03.04.2002 nachweist, dass ihr Bruder M, derzeit wohnhaft X-Straße, ####1 F, wieder in der Lage wäre, Zahlungen auf die durch das Verschulden der Beklagten verjährten Zahlungsansprüche aus dem Darlehensvertrag vom 05.11.1993 über einen Darlehensbetrag von 80 000,00 DM zu leisten.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen einschließlich der dortigen Beweisantritte. Die Darlegungs- und Beweislast sei zutreffend beurteilt worden. Das Vorbringen im Termin habe nicht als unstreitig behandelt werden können. Die Klägerin habe sich damit in Widerspruch gesetzt zu dem bisherigen Vorbringen im Schriftsatz vom 11.01.2006, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob der Bruder in der Lage sei, die Klageforderung zu begleichen. Im Übrigen sei die Zahlungsfähigkeit des Bruders seitens der Beklagten mit Schriftsatz vom 31.01.2006 ausdrücklich bestritten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Parteien persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Parteianhörung sowie ergänzend erteilter Hinweise wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nebst Berichterstattervermerk vom 19.09.2006 Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, während sie mit dem Hilfsantrag teilweise Erfolg hat.
I.
Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagten.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aufgrund einer positiven Vertragsverletzung des Anwaltsvertrages, deren Grundsätze gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auf das im Jahr 2000 erteilte Mandat anzuwenden sind; weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
1.
Der von der Klägerin geltend gemachte Kostenschaden in Höhe von 1 921,64 € beruht nicht auf einer für diesen Schaden ursächlichen Pflichtverletzung des Beklagten zu 4.; im Übrigen ist der Anspruch verjährt.
a)
Ohne Erfolg bleibt die Klage mit der Behauptung, der Beklagte zu 4. habe die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 123 ZPO im Falle des Unterliegens die gegnerischen Anwaltskosten zu tragen seien.
Ein entsprechender Hinweis ist geboten, wenn sich für den Rechtsanwalt Anhaltspunkte ergeben, dass die Ausfüllhinweise in den Vordrucken nicht verstanden worden sind (Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl. 2005, Rn. 1465). Ob dies angesichts der Umstände, etwa im Hinblick auf bestehende Sprachschwierigkeiten der Klägerin, der Fall war, kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn der Beklagte zu 4. ist einer etwaigen Hinweispflicht in der Besprechung vom 18.05.2000 nachgekommen. Der Beklagte zu 4. kann sich für den von ihm behaupteten Hinweis auf den Aktenvermerk vom 18.05.2000 stützen, wonach in der Besprechung erörtert worden ist, dass für den Fall der Gewährung der Prozesskostenhilfe bei Unterliegen die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts übernommen und nur die Kosten des gegnerischen Anwalts getragen werden müssen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Rahmen der gestuften Darlegungs- und Beweislast diesen substantiierten Vortrag auszuräumen (vgl. Fahrendorf, in: Rinsche /Fahrendorf/Terbille Rn. 656, 659). Dies ist nicht geschehen.
b)
Der Beklagte zu 4. musste die Klägerin auch nicht, wie diese meint, auf die fehlenden Aussichten der Klage gegen die Schwägerin hinweisen. Er war allerdings gehalten, die Klägerin über mögliche Risiken im Rahmen der Beweiswürdigung zu belehren. Diese Pflichtverletzung ist jedoch für den Kostenschaden nicht ursächlich geworden.
aa)
(1)
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH NJW-RR 2000, 791 ff; NJW 1998, 900, 901; NJW 1988, 486, 487; NJW 1988, 1079, 1080; vgl. auch Borgmann, NJW 2000, 2953, 2955).
Der Anwalt muss den Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Dem Auftraggeber hat der Anwalt danach diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muss er den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche rechtliche und auch wirtschaftliche Risiken aufzuklären, damit der Auftraggeber eine sachgerechte Entscheidung treffen kann; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (BGH NJW 1998, 900; NJW 1995, 449 ff; NJW 1993, 1320; NJW 1994, 1211, 1212). Er muss seinen Auftraggeber nicht nur über das Vorhandensein, sondern auch über das ungefähre, in etwa abschätzbare Ausmaß des Risikos unterrichten, weil der Auftraggeber in der Regel nur aufgrund einer Einschätzung auch des Risikoumfangs über sein weiteres Vorgehen sachgerecht entscheiden kann (BGH NJW-RR 2000, 791 ff; NJW 1996, 2648, 2649; NJW 1995, 449, 450; NJW 1992, 159; NJW 1991, 2079; NJW-RR 1990, 1241; NJW 1988, 2113; NJW 1988, 563, 566; BGHZ 89, 178, 182 = NJW 1984, 791, 793; BGHZ 97, 372, 376 = NJW 1986, 2043). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich dabei nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH NJW 1996, 2648; NJW-RR 1990, 1241; NJW 1988, 1079, 1080 f.).
(2)
Der Klägerin ging es um die Durchsetzung von Darlehensansprüchen, über die die privatschriftliche Urkunde vom 05.11.1993 erstellt worden war. Ausgehend von einer Auszahlung des Darlehens entsprechend der Information der Klägerin, standen der Klägerin ein Darlehensrückerstattungsanspruch sowie Zinsansprüche zu. Nach vorsorglicher Kündigung und fruchtloser Aufforderung zur Zahlung ergab sich nur die Möglichkeit des klageweisen Vorgehens. Die Besonderheit bestand darin, dass zwei potentielle Schuldner vorhanden waren, von denen jedoch nur einer - der Bruder - die Urkunde unterzeichnet hatte, was Auswirkungen auf die Beweisführung hatte. Aufgrund der Unterschrift des Bruders unter der privatschriftlichen Urkunde war klar, dass gegen den Bruder voraussichtlich erfolgreich eine Klage geführt werden konnte (§ 416 ZPO). Bezüglich der Schwägerin, die nach dem Vertragstext Mitdarlehensnehmerin war, bestand diese Möglichkeit der Beweisführung nicht, weil sie die Urkunde nicht unterschrieben hatte. Hier musste auf andere Beweismittel zurückgegriffen werden, wobei nur der Beweis durch Zeugnis des Bruders zur Verfügung stand. Der Beklagte zu 4., der diejenigen Maßnahmen empfehlen musste, mit denen den Interessen der Klägerin am besten gedient wurde (vgl. Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 462, 510, 530 ff., 1520 sowie Rn. 1239), war danach gehalten, der Klägerin vorzuschlagen, gegen beide Schuldner gesondert vorzugehen, um in dem Verfahren gegen die Schwägerin den Bruder als Zeugen zur Verfügung zu haben. Mit diesem Vorgehen war allerdings verbunden, dass sukzessive die Verjährung von Zinsforderungen eintrat, und zwar gemäß §§ 197, 198, 201 BGB a. F. jeweils vier Jahre ab dem Schluss des Jahres der Entstehung des Zinsanspruchs. Dieser Nachteil wog aber gegenüber den aufgezeigten Vorzügen des beabsichtigten Vorgehens derart gering, dass er in Kauf genommen werden konnte.
Der Beklagte zu 4. musste die Klägerin über die rechtliche Situation sowie die im Tatsächlichen liegende Problematik der weiteren Vorgehensweise aufklären und in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass der Erfolg einer gegen die Klägerin gerichteten Klage davon abhängen würde, welche Aussage der Bruder als Zeuge tätigt (vgl. Fahrendorf, in Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 513, 515). Über ein Fehlen von Erfolgsaussichten für die Klage, wie von der Klägerin jetzt verlangt, musste der Beklagte zu 4. aber vor dem Hintergrund, dass ein Beweismittel zur Verfügung stand, nicht belehren, zumal die Klägerin weder schriftsätzlich noch im Senatstermin Umstände mitgeteilt hat, wonach der Beklagte zu 4. Anhaltspunkte dafür hatte, der Beweis werde durch das Zeugnis des Bruders nicht geführt werden können. Im Gegenteil hat die Klägerin dem Beklagten zu 4. mitgeteilt, dass der Bruder genau wisse, wie sich damals die Sache abgespielt habe, wie sich aus dem vom Beklagten zu 4. gefertigten Aktenvermerk vom 18.05.2000 ergibt.
Allerdings wäre angesichts der Umstände des konkreten Falles ein Hinweis des Beklagten zu 4. geboten gewesen, dass zur Überzeugung des Gerichts die positive Aussage des Bruders nicht genügte, sondern dass das Gericht die Aussage im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung werten würde, wodurch sich für die Klägerin Unwägbarkeiten ergaben. Der Rechtsanwalt ist nämlich gehalten, nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Risiken der Sache hinzuweisen (Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 513). Es war nicht abzuschätzen, welche Bedeutung das Gericht den Umständen beimessen würde, dass die Klägerin nicht den Bruder, sondern nur die Schwägerin, die die Urkunde im Gegensatz zum Bruder nicht unterzeichnet hatte, in Anspruch nahm, und zwar lange nach Ablauf der Laufzeit des Darlehens und erst nach Scheidung der Ehe mit dem Zeugen, auf dessen Aussage sich die Klägerin stützte.
bb)
Der Klägerin ist jedoch kein Schaden entstanden, der auf diese Pflichtverletzung zurückgeführt werden könnte. Ein solcher Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ist jedoch erforderlich, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen, wobei für den vom Mandanten zu führenden Beweis (BGH 123, 311, 313; seitdem st. Rspr.) die erleichterten Anforderungen des § 287 ZPO an das Beweismaß zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2000, 509, 510; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 712 m. w. N.).
Der Senat konnte indes nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin bei einem entsprechenden Hinweis von der Klage abgesehen hätte.
(1)
Für ein solches Verhalten streitet zunächst nicht die tatsächliche Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens. Diese Vermutung besagt, dass der Mandant sich beratungsgemäß verhalten hätte, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Menschen lediglich ein bestimmtes Verhalten nahe gelegen hätte (BGHZ 123, 311, 313, st. Rspr.; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 721). Diese Vermutung greift im vorliegenden Fall nicht ein. Sie gilt zwar auch dann, wenn nicht nur eine eindeutige Empfehlung in eine bestimmte Richtung geschuldet wird, sondern verschiedene Handlungsmöglichkeiten bestehen, sofern auch danach aus damaliger Sicht nur eine einzige Disposition des Mandanten vernünftigerweise in Betracht gekommen wäre (BGH a. a. O. sowie BGH NJW-RR 2003, 1212, 1213; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 722). Für die Klägerin standen verschiedene Möglichkeiten zur Wahl. Neben dem tatsächlich eingeschlagenen Weg hätte sie auch gleichzeitig gegen die Schwägerin und den Bruder oder nur gegen den Bruder vorgehen oder ganz von einer Klage absehen können. Ohne dass es an dieser Stelle einer Erörterung der Vor- und Nachteile sämtlicher möglicher Vorgehensweisen bedarf, hätte im Ergebnis keine dieser Handlungsalternativen gegenüber den anderen erkennbare Vorteile dergestalt geboten, dass angesichts der oben aufgezeigten durchaus vorhandenen Möglichkeiten der Beweisführung die Abstandnahme von der Klage gegen die Schwägerin als allein vernünftige Entscheidung erachtet werden könnte.
(2)
Der Klägerin ist der ihr danach obliegende Beweis für ein Absehen von der Klage nicht gelungen, und zwar auch unter Berücksichtigung der insoweit geltenden geminderten Anforderungen des § 287 ZPO, wonach für die richterliche Überzeugungsbildung eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (BGH NJW-RR 1996, 781; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 712). Die Klägerin beabsichtigte nach ihren eigenen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung im Senatstermin von Anfang an ein Vorgehen gegen die Schwägerin und gegen den Bruder, die sie nach ihren eigenen Vorstellungen hälftig in Anspruch nehmen wollte. Ihr erschien, wie sie weiter erklärt hat, ein Vorgehen gegen beide wirtschaftlich gleichwertig. Dem Rechtsstreit kam für die Klägerin erhebliche Bedeutung zu. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung anschaulich dargelegt, dass ihre persönliche Situation im Jahre 2000 Grund dafür war, die Beklagten aufzusuchen. Ihr ging es nach eigenen Angaben gesundheitlich schlecht; sie befand sich in einer wirtschaftlichen Notlage, konnte ihre Miete nicht mehr zahlen und hatte kaum etwas zu essen. Die Klägerin war demnach auf das Geld angewiesen, um sich aus dieser Notlage zu befreien. Sowohl ihrem Bruder als auch ihrer Schwägerin sei es trotz der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen auch sie sich befanden, besser gegangen als ihr. Demgegenüber waren die mit dem Prozess verbundenen Risiken eher als gering einzustufen. Mit dem Bruder, der nach Angaben der Klägerin "genau (wusste), wie sich die Sache abgespielt (hatte)", stand - trotz der damit verbundenen Bedenken - ein Beweismittel zur Verfügung. Im Falle des Unterliegens riskierte die Klägerin aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe lediglich, die Kosten der gegnerischen Anwälte tragen zu müssen. Diese Risiken erscheinen gegenüber der großen Bedeutung des Prozesses für die Klägerin derart nachrangig, dass eine Abstandnahme von der Klage bei zutreffender Risikobelehrung nicht mit hinreichend wahrscheinlich feststellbar ist.
c)
Der Anspruch auf Ersatz des Kostenschadens wäre zudem verjährt.
Die Verjährung, deren Beginn gemäß § 51 b, 1. Alt. BRAO zu bestimmen ist, war zum Zeitpunkt des Eingangs der Regressklage am 14.06.2005 bereits eingetreten.
Die Beurteilung der Einrede der Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 §§ 6, 12 EGBGB nach § 51 b BRAO, sofern vor dem 15.12.2004 die Verjährung angelaufen ist, ansonsten nach §§ 195, 199 BGB n. F. (Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 945). Hier hatte am Stichtag bereits die Verjährung gemäß § 51 b, 1. Alt. BRAO begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt der Anspruch bereits entstanden war. Maßgeblich für die Anspruchsentstehung ist, ob ein Schaden infolge der anwaltlichen Pflichtverletzung eingetreten ist (BGH NJW 1985, 2250, 2252; Fahrendorf, in: Rinsche/ Fahrendorf/Terbille Rn. 1007). Nach der "Risiko-Schaden-Formel" liegt ein Schaden vor, wenn bei wertender Betrachtung über eine bloße Vermögensgefährdung hinaus die Pflichtverletzung des Anwalts zu einer objektiven Verschlechterung der Vermögenslage des Betroffenen geführt hat (BGH NJW 2000, 1263, 1264; NJW 2002, 1421, 1424; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1010). Bei pflichtwidriger Erhebung von Klagen entsteht der Kostenschaden bereits mit Einleitung des Verfahrens durch Einreichung der Klage, da hierdurch nicht nur die Fälligkeit der Gerichtskosten eintritt, sondern auch die weiteren Kosten vorprogrammiert sind und damit als Teil des einheitlichen, mit dem den ersten Teil der Kosten auslösenden Akt entstandenen Schadens aufzufassen sind (BGH NJW 1995, 2039, 2041; NJW 1998, 1488, 1491; OLG Hamm NJW-RR 1988, 541, 542; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1046). In diesem Zusammenhang kommt es auf die Kenntnis des genauen Datums der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die Bedingung für die erhobene Klage war, nicht an, weil auch noch das Urteil vom 18.12.2000 zeitlich vor dem 15.12.2004 lag. Selbst wenn man das Datum des Urteils der danach gemäß § 51 b, 1. Alt. BRAO vorzunehmenden Berechnung des Ablaufs der Verjährungsfrist zugrunde legt, war jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingangs der Regressklage am 14.06.2005 bereits Primärverjährung eingetreten. Anhaltspunkte für eine Sekundärhinweispflicht, die dem Anwalt die Berufung auf die Einrede der Verjährung gegenüber dem Regressanspruch verwehrt (BGH NJW 1985, 2250, 2252; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1064), gibt es nicht. Hierzu ist erforderlich, dass während des laufenden Mandats ein begründeter Anlass für den Anwalt bestanden haben muss, seine Regresspflicht in Erwägung zu ziehen (BGH a. a. O.; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1073). Anhaltspunkte, aufgrund derer der Beklagte zu 4. annehmen musste, er habe die Klägerin betreffend die Frage der Auswirkungen der Prozesskostenhilfe auf die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Gegners bzw. bezüglich der Risiken des Prozesses und der Beweisführung fehlerhaft aufgeklärt, sind jedoch nicht ersichtlich. Dies gilt selbst dann, wenn man - ohne dass dies an dieser Stelle entschieden werden muss - für den Rechtsstreit in der zweiten Instanz ein Verkehrsanwaltsmandat der Beklagten annimmt.
2.
Auch soweit die Klägerin Zahlung des Hauptsacheschadens begehrt, hatte die Klage keinen Erfolg. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist zwar zu bejahen, weil sie nach dem Verlust des Prozesses gegen die Schwägerin auch in zweiter Instanz nicht unter umfassender Belehrung über die Vorteile einer Klage bzw. über die Nachteile bei einem Absehen davon zu einer Klage gegen den Bruder geraten haben. Diese Pflichtverletzung hat auch zu einem Schaden der Klägerin im Sinne einer Rechtseinbuße in Form des Fehlens eines Vollstreckungstitels und der eingetretenen Verjährung der Darlehensforderung gegen den Bruder geführt. Hierdurch war jedoch in der Vergangenheit und ist auch derzeit das Vermögen der Klägerin nicht gemindert.
a)
Eine Pflichtverletzung ist nicht schon im Zusammenhang mit der anfänglich unterbliebenen Klageerhebung zu sehen. Nach Anhörung der Parteien steht zwar fest, dass das Mandat der Beklagten von der Klägerin nicht beschränkt auf eine zunächst außergerichtliche Vertretung, sondern unbeschränkt erteilt worden ist. Allerdings ist auch nach dem Vortrag der Klägerin im Rahmen der persönlichen Anhörung aufgrund entsprechender rechtlicher Beratung seitens des Beklagten zu 4. im Einvernehmen mit ihr zunächst von einer Klageerhebung gegen den Bruder abgesehen worden, ein Klageauftrag lag mithin zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Die rechtliche Beratung des Beklagten zu 4. hierzu war im Ergebnis zu diesem Zeitpunkt auch zutreffend. Ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin damals hoffte, im Verhältnis zum Bruder eine Lösung durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages und die Abrede der Prämienzahlung durch den Bruder gefunden zu haben, verbot sich ein gleichzeitiges gerichtliches Vorgehen gegen den Bruder im Hinblick auf die daraus resultierenden Beweisschwierigkeiten für die Klage gegen die Schwägerin. Im Einzelnen wird hierzu auf die Ausführungen zu 1. b) aa) verwiesen. Auch für den Zeitpunkt des Verlustes des Rechtsstreits in erster Instanz war dieser rechtliche Rat noch zutreffend, zumal die Klägerin auf den Bruder als Zeugen angewiesen war, um eine erfolgreiche Berufung führen zu können.
b)
aa)
Die Situation änderte sich jedoch mit dem Verlust des Rechtsstreits auch in der Berufungsinstanz. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Grund mehr, weiterhin von einer Klage gegen den Bruder abzusehen, zumal das zunächst gewählte Modell der Absicherung der Klägerin im Verhältnis zum Bruder über eine Lebensversicherung gescheitert war, was dem Beklagten zu 4. auch bekannt war. Zu diesem Zeitpunkt waren vom Beklagten zu 4. eine rechtliche Beratung und eine Empfehlung dahingehend geschuldet, nunmehr Klage gegen den Bruder zu erheben. In diesem Zusammenhang musste der Beklagte zu 4., um der Klägerin eine umfassende Grundlage für ihre Entscheidung zu verschaffen, auf die Vorzüge eines gerichtlichen Vorgehens gegen den Bruder hinweisen. Diese bestanden darin, dass die Klägerin einen Vollstreckungstitel gegen den Bruder erwirkte, mit dem sie über 30 Jahre lang die Möglichkeit hatte, Vollstreckungsversuche zu unternehmen und bei Bekanntwerden des Erwerbs von Vermögen, das der Vollstreckung unterlag, sofort im Wege der Vollstreckung zuzugreifen. Durch die Klageerhebung wurde zugleich der Gefahr einer Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs und der aufgelaufenen Zinsen, soweit sie nicht bereits verjährt waren, begegnet. Die Klägerin konnte den Rechtsstreit nahezu ohne jedes Risiko führen. Als Beweismittel standen nicht nur die erstellte Privaturkunde zur Verfügung, sondern auch die Aussage des Bruders im Prozess gegen die Klägerin, die ohne Weiteres den Schluss auf eine eigene Verpflichtung des Bruders zuließ. Das finanzielle Risiko konnte bis auf die gegnerischen Kosten über die Prozesskostenhilfe abgedeckt werden. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte zu 4. unstreitig nicht nachgekommen. Die Klage gegen den Bruder ist, wie sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten zu 4. in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, letztmals auf dem Gerichtsflur nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme thematisiert worden, ohne dass jedoch der Beklagte zu 4. die mit der Klage verbundenen gerade aufgezeigten Vorteile dabei angesprochen hat. Soweit sich die Klägerin trotz Aufforderung hierzu im Schreiben vom 05.03.2002 und Erinnerung vom 18.03.2002 nicht zur Rücksprache gemeldet hat, kann dies die Beklagten nicht entlasten. Allein durch diese Aufforderung konnten sie einer Hinweispflicht, die nicht mitwirkungsbedürftig ist, nicht nachkommen. Notfalls hätten die Beklagten eine entsprechende Belehrung schriftlich erteilen müssen. Die Belehrung war auch nicht deswegen entbehrlich, weil die Klägerin von vornherein eine Klage gegen den Bruder ausgeschlossen hat. Dagegen spricht das Vorbringen der Klägerin, wonach diese von Anfang an auch gegen den Bruder vorgehen wollte und nur aufgrund des anwaltlichen Rates hiervon Abstand genommen hat. Dieses Vorbringen deckt sich auch mit der Schilderung des anwaltlichen Beratungsgesprächs durch den Beklagten zu 4., der angegeben hat, die Klägerin habe nicht von vornherein die Klage gegen den Bruder ausgeschlossen, dies habe sich vielmehr im Wechselgespräch ergeben. Die Klägerin habe aus wirtschaftlichen Gründen von einer Klage gegen den Bruder absehen wollen. Dieser Argumentation hätte der Beklagte zu 4. jedoch spätestens zum hier angesprochenen Zeitpunkt durch den Hinweis auf die bezeichneten Vorteile der Klage gegen den Bruder begegnen müssen, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergaben, dass auf Seiten des Bruders ein irreversibler Vermögensverlust eingetreten war. Dass der Beklagte zu 4. die Ablehnung einer Klage gegen den Bruder selbst nicht als endgültig betrachtete, ergibt sich auch daraus, dass er selbst nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme diese Möglichkeit angesprochen hat.
bb)
Da vom Beklagten zu 4. eindeutig die Empfehlung in Richtung einer Klage gegen den Bruder geschuldet war, greift zugunsten der Klägerin die tatsächliche Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens ein.
cc)
Die Klägerin hat jedoch infolge der Pflichtverletzung des Beklagten zu 4. keinen Schaden im Rechtssinne erlitten. Das Verjährenlassen des Darlehensrückzahlungsanspruchs und die Nichterlangung eines Vollstreckungstitels gegen ihren Bruder haben nicht zu einer in Geld messbaren Vermögenseinbuße geführt (vgl. BGH NJW 1986, 246, 248; NJW-RR 2006, 923, 924; Senat NJW-RR 1996, 505, 506). Die Klägerin hätte nämlich aus einem solchen Titel vom Zeitpunkt der Erlangung an bis in die absehbare Zukunft die Vollstreckung nicht erfolgreich betreiben können, also bei pflichtgemäßer Beratung und sachgerechtem Vorgehen der Beklagten keine Leistungen erhalten (vgl. BGH NJW 2004, 1521, 1522; Senat a. a. O.).
(1)
Die Klägerin hat eine Rechtseinbuße dahingehend erlitten, dass sie keinen Vollstreckungstitel gegen den Bruder erwirkt hat und dieser auch nicht mehr erstritten werden kann, weil die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag verjährt sind. Die Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs ist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB i. V. mit § 195 BGB zum 31.12.2004 eingetreten, womit gemäß § 217 BGB auch die Verjährung der Zinsansprüche einhergeht.
(a)
Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte die Klägerin einen Vollstreckungstitel gegen den Bruder über den Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von (80 000 DM =) 40 903,50 € erhalten.
(b)
Ferner besteht der Schaden in der unterbliebenen Titulierung von Verzugszinsen in Höhe von 4% seit dem 01.01.1998, § 288 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. mit Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB. Der weitergehende Zinsanspruch bleibt unberücksichtigt, weil dieser verjährt war. Die Verjährung gewährt zwar lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 222 Abs. 1 BGB a. F./§ 214 BGB n. F.). Allerdings ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Einrede erhoben wird (vgl. BGH NJW 2001, 3543, 3544) und der Anspruch deshalb bereits bei Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr durchgesetzt werden kann (vgl. Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1034); dem entspricht es, dem verjährten Anspruch keinen Vermögenswert mehr beizumessen. Im Einzelnen gilt hinsichtlich der Verjährung Folgendes:
- Die vereinbarte Zinspflicht (10% Jahreszinsen) endete mit Ablauf des Darlehens und Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs gemäß § 609 BGB a. F. (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl. 2002, § 608, Bearb.: Putzo, Rn. 3), also am 06.11.1994 (§ 188 Abs. 2 BGB a. F.). Die Verjährungsfrist für die vertraglichen Zinsen betrug gemäß §§ 197, 198, 201 BGB a. F. vier Jahre ab dem Schluss des Jahres der Entstehung des Zinsanspruchs, die für den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens anzunehmen ist (Palandt-Putzo § 608 Rn. 2), also seit dem 31.12.1993. Verjährung ist danach zum Ende des Jahres 1997 eingetreten.
- Für die Verjährungsfrist bezüglich der Verzugszinsen gelten ebenfalls die vorgenannten Ausführungen zur Dauer der Verjährungsfrist und zu deren Beginn. Der Anspruch auf Zahlung der Verzugszinsen entstand mit Eintritt des Verzuges am 06.11.1994 (§ 284 Abs. 2 S. 1 BGB a. F.). Danach waren zum Zeitpunkt einer angenommenen Klageerhebung in 2002 die Verzugszinsen verjährt, die bis Ende 1997 entstanden waren.
(2)
Da eine Naturalrestitution nicht möglich ist, kommt stattdessen allein eine Geldentschädigung der Klägerin gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies setzt jedoch voraus, dass der Wert des Vermögens der Klägerin durch die unterbliebene Titulierung der verjährten Forderung verringert worden ist. Sollte eine Beitreibung im Wege der Zwangsvollstreckung nicht möglich sein, hätte die verjährte Forderung gegen den Bruder keinen Geldwert, und die unterbliebene Titulierung hätte nicht zu einer Vermögensminderung bei der Klägerin geführt (BGH NJW 1986, 246, 247, vgl. auch Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 834). Unter diesen Umständen kommt eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von Schadenersatz nicht in Betracht, da die Klägerin in diesem Fall besser stünde, als wenn sie einen Titel gegen ihren Bruder erlangt hätte (vgl. BGH a. a. O.; Senat a. a. O.; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 835).
Dass die Forderung gegen den Bruder einbringlich ist bzw. gewesen ist, hat die Klägerin - auch unter Berücksichtigung der für die Darlegung eines Schadens geltenden verringerten Anforderungen des § 287 ZPO, der eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Schadenseintritt ausreichen lässt - nicht hinreichend dargetan. Es handelt sich insoweit um die Frage des Vorliegens eines Schadens, für den der Mandant - entgegen der Auffassung der Klägerin - die Darlegungs- und Beweislast trägt, während der Anwalt sich auf das Bestreiten des Schadens beschränken kann (BGH a. a. O.; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 835 f.). In den Schriftsätzen vom 11. und 31.01.2006 hat sich die Klägerin lediglich mit Nichtwissen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bruders erklärt. Auch der Vortrag im Termin vom 09.02.2006 reicht nicht. Die Behauptung, es könnten Raten in Höhe von 100,00 € monatlich gezahlt werden, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass im Wege der Vollstreckung Zahlungen zu erwarten sind. Hierauf kommt es jedoch an, weil der Schaden der Klägerin in der entgangenen Vollstreckungsmöglichkeit besteht (vgl. auch Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 835). Selbst wenn man Zahlungen außerhalb der Zwangsvollstreckung ausreichen lassen würde, böte die rein rechnerische Möglichkeit freiwilliger Leistungen keine ausreichende Gewähr für die Realisierung der Forderung auf diesem Wege, zumal sich aus dem Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu solchen freiwilligen Leistungen ergeben. Der Bruder hat weder die kraft der Abrede mit der Klägerin geschuldeten Lebensversicherungsprämien gezahlt noch Zahlungen auf die bestehende Darlehensschuld geleistet.
II.
1.
Wenn auch ein ersatzfähiger Nachteil der Klägerin durch den "Verlust" der Darlehensrückzahlungsforderung gegenwärtig nicht vorliegt, so ist doch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage zulässig und (teilweise) begründet, da - anders als in BGH NJW 2004, 1521, 1522 - die "verlorene" Forderung nicht endgültig wertlos ist.
a)
Die Erweiterung der Klage um einen Hilfsantrag erstmals in der Berufungsinstanz ist grundsätzlich zulässig, §§ 525, 264 ZPO, und erfüllt zudem als Klageänderung die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 533 ZPO, da sie sachdienlich ist. Denn durch sie kann ein weiterer Prozess vermieden werden. Die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, stellen einen Ausschnitt der ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen dar.
b)
Auch die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erfüllen muss, sind gegeben.
aa)
Aufgrund der behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten zu 4. liegt ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO vor, das Grundlage für einen künftigen Schadenersatzanspruch sein kann (BGH NJW 1993, 648, 653 m. w. N.; NJW-RR 1993, 706).
bb)
Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung (s. Senat a. a. O.).
(1)
Ein Feststellungsinteresse ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist (BGH NJW 1993, 648, 653; NJW 1996, 1062, 1063; NJW 2000, 725, 728 sowie nunmehr BGH NJW 2006, 830, 833). Dies gilt jedenfalls, soweit die Verletzung einer Norm zum Schutz des Vermögens in Rede steht, bei der ungewiss ist, ob die Handlung überhaupt einen Schaden auslösen wird. Hierfür wird als Grund die Schutzbedürftigkeit des Schädigers angeführt, dem nicht ein Rechtsstreit über gedachte Fragen aufgezwungen werden solle, von denen ungewiss sei, ob sie jemals praktische Bedeutung erlangen könnten (BGH NJW 1993, 648, 654). Eine Ausnahme vom Erfordernis der Wahrscheinlichkeit wird jedoch zugelassen, wenn die für den Anspruch geltende Verjährungsfrist unabhängig von der Entstehung eines Schadens zu laufen beginnt; hieraus folgt ohne weiteres ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung der Haftungsfrage (BGH NJW 2005, 3275, 3276; NJW-RR 2006, 923, 924).
(2)
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist ein Feststellungsinteresse im vorliegenden Fall schon wegen der damit verbundenen Hemmung einer möglicherweise bereits laufenden Verjährungsfrist zu bejahen. Ob die Verjährung bereits angelaufen ist, ist zweifelhaft. Dies wäre der Fall, wenn das Mandat bereits vor dem 15.12.2004 beendet war (§ 51 b, 2. Alt. BRAO), denn dies hätte zur Folge, dass sich die Verjährung aufgrund der Übergangsregelung der Art. 229 §§ 6 Abs. 1 S. 2, 12 Abs. 1 S. 1 EGBGB auch nach diesem Zeitpunkt nach altem Recht richtet (Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 945; Zugehör, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. 2006, Rn. 1264 f.). Sofern es auf die Entstehung des Regressanspruchs ankommt (§ 51 b, 1. Alt. BRAO bzw. § 199 Abs. 1 BGB), ist der Beginn der Verjährung fraglich. Zwar wird bei Eintritt der Verjährung eines Anspruchs regelmäßig ein Schaden und damit die Entstehung eines Regressanspruchs angenommen (BGH NJW 2000, 1263, 1264; NJW 2002, 1421, 1424; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 1010, 1034). Dies ist jedoch im Hinblick darauf, dass nach der "Risiko-Schaden-Formel" (vgl. oben I. 1. c)) eine objektive Verschlechterung der Vermögenslage erforderlich ist und es gerade an einem geldwerten Schaden fehlt, zweifelhaft. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, weil auch bei noch nicht eingetretenem Schaden die Erhebung einer Feststellungsklage mit dem Ziel der Feststellung einer künftigen Leistungspflicht möglich ist (BGHZ 100, 228, 232; v. Gerlach VersR 2000, 525, 532). Im Übrigen besteht angesichts des Umstandes, dass ein Schaden im Sinne einer Rechtseinbuße bereits eingetreten ist, kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten, die Zulässigkeit einer Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit einer Schadensverwirklichung abhängig zu machen. Vor diesem Hintergrund muss vielmehr die Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Bejahung des Feststellungsinteresses ausreichen (vgl. so auch Senat NJW-RR 1996, 505, 506; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille Rn. 836; NJW 1991, 2707, 2708; v. Gerlach a. a. O. [für Spätschadensfälle]). Eine solche Möglichkeit ist gegeben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bruder der Klägerin in Zukunft zu Vermögen kommt, das der Vollstreckung unterliegt. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass auf Seiten des Bruders ein irreversibler Vermögensverlust eingetreten ist (zu diesem nach st. Rspr. des Senats maßgeblichen Gesichtspunkt s. OLG Hamm vom 09.05.1995, Az.: 28 U 47/94 = NJW-RR 1996, 505, 506 = OLG-Rep. 1995, 214; OLG Hamm vom 14.03.1989, Az.: 28 U 236/87; zustimmend Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, Kap. V, Rn. 104).
2.
Der Hilfsantrag ist in dem tenorierten Umfang auch begründet.
a)
Dies ergibt sich bereits im Hinblick auf die Ausführungen zu I. 2.. Weitergehende Anforderungen, etwa im Sinne einer Wahrscheinlichkeit einer Vermögensminderung der Klägerin, sind nicht zu stellen.
b)
Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob die Begründetheit des Feststellungsantrags generell die an § 287 ZPO zu messende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts voraussetzt, wie dies wohl überwiegend vertreten wird (vgl. BGH NJW 1993, 648, 653; NJW 2001, 2707, 2808; NJW-RR 2006, 923, 926), oder nicht. Die Gegenauffassung führt aus, die Wahrscheinlichkeit sei nicht erforderlich, weil die Feststellung ohnehin nur für den Fall begehrt werde, dass es zu einem Schadenseintritt komme, und die Entstehung des Anspruchs von einer Schadenswahrscheinlichkeit nicht abhänge (vgl. von Gerlach VersR 2000, 525, 532 sowie BGH NJW 2001, 1431, 1432). Nach einer neueren Entscheidung des BGH reicht für die Annahme der Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung wohl schon eine Primärverletzung im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Vermögensinteressen, d. h. eine haftungsbegründende Kausalität (BGH NJW 2006, 830, 833 sowie 834).
Die Streitfrage bedarf angesichts der Besonderheiten des Falles keiner grundsätzlichen Entscheidung. Jedenfalls bei der gegebenen Sachlage sind keine weiteren Anforderungen zu erfüllen. Eine Rechtseinbuße ist bereits eingetreten; die Ungewissheit besteht lediglich darin, ob diese zu einer in Geld messbaren Vermögenseinbuße führt. Forderte man eine Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 287 ZPO in Bezug darauf, dass dieser Rechtseinbuße ein Geldwert zukommt, die "verlorene" Forderung also nicht endgültig wertlos ist, so würden an die Feststellungsklage keine geringeren Anforderungen gestellt als an die Leistungsklage. Die Feststellungsklage soll aber gerade dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 287 ZPO nicht erweislich ist. Es genügt daher, dass ein irreversibler Vermögensverfall des früheren Schuldners, bei dem die Erwartung begründet wäre, dieser werde auf Dauer vermögenslos und unpfändbar bleiben, nicht festzustellen ist (vgl. nur Senat NJW-RR 1996, 505, 506). Deshalb bedurfte der im Senatstermin streitig gestellte Umstand, dass der Bruder in einem Übersetzungsbüro beschäftigt sei und eine Erbschaft nach seiner Mutter zu erwarten habe, keiner weiteren Aufklärung.
c)
Der Schadenersatzanspruch ist auch nicht verjährt. Eine Verjährung käme allenfalls in Betracht, wenn für den Beginn der Verjährung gemäß § 51 b, 2. Alt. BRAO das Ende des Mandats maßgeblich wäre, da im Hinblick auf einen möglichen Schadenseintritt am 31.12.2004 die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen wäre (vgl. 1. b) bb)). Ein Ende des Mandats der Beklagten vor dem über die Anwendbarkeit des § 51 b, 2. Alt. BRAO entscheidenden Stichtag 15.12.2004 ist jedoch nicht feststellbar. Das Mandat umfasste nicht nur die Vertretung der Klägerin im Prozess gegen die Schwägerin mit anschließendem eventuellem Verkehrsanwaltsmandat, sondern auch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen im Verhältnis zum Bruder. Diese wurden aus prozesstaktischen Gründen nur zunächst nicht weiter verfolgt, aber nicht dauerhaft aufgegeben, wie auch die von den Beklagten behauptete - allerdings nur vage - Thematisierung eines gerichtlichen Vorgehens gegen diesen durch den Beklagten zu 4. im Anschluss an die erstinstanzliche Beweisaufnahme im Vorprozess zeigt. Die Beendigung des Prozessmandats im Verhältnis zur Schwägerin durch Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils und damit einhergehende Zweckerreichung führte nicht auch zur Beendigung des Mandats im Verhältnis zum Bruder, dessen Zweck es nach wie vor noch zu erfüllen galt. Zu einer abweichenden Beurteilung führt auch nicht, dass die Klägerin sich möglicherweise auf das Schreiben der Beklagten vom 05.03.2002 sowie auf das Erinnerungsschreiben vom 18.03.2002 bei den Beklagten nicht mehr gemeldet hat, was im Senatstermin streitig geblieben ist. Mit dem Schreiben vom 05.03.2002 wurde die Klägerin zur Rücksprache im Hinblick auf die laufende Revisionsfrist für das der Klägerin über die Beklagten zugesandte Berufungsurteil aufgefordert. Abgesehen davon, dass diese Schreiben dem Wortlaut nach lediglich das Prozessmandat betrafen, führt die bloße Untätigkeit der Parteien führt nicht zum Ende des Mandats. Insoweit ist die faktische Beendigung des Mandats von der Beendigung im Rechtssinne zu unterscheiden, die nicht eintritt, solange nicht eine Partei den Anwaltsvertrag gekündigt hat, beide Parteien den Vertrag übereinstimmend aufgehoben haben oder der Vertragszweck erreicht worden ist (Sieg, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee Rn. 52 und 53). Anhaltspunkte für eine derartige rechtliche Beendigung vor dem 15.12.2004 sind nicht ersichtlich. Zweifel müssen hier zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gehen (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Überbl. v. § 194, Bearb.: Heinrichs, Rn. 23).
3.
Danach war die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens festzustellen, der der Klägerin durch den fehlenden Vollstreckungstitel gegen den Bruder entsteht.
Die Verpflichtung zum Schadenersatz beginnt mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft eines hypothetischen Urteils gegen den Bruder der Klägerin (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1996, 505, 506), der bei Klageerhebung in 2002 für Ende 2003 anzunehmen ist.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Im Rahmen der Kostenentscheidung betreffend das Berufungsverfahren hat der Senat den Hilfsantrag mit einem fiktiven Streitwert von 10 000,00 € gewichtet.
IV.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht gegeben sind. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung des Senats in Aufrechterhaltung seiner ständigen Rechtsprechung dar, welche in der Literatur Zustimmung gefunden hat. Abweichende Rechtsprechung und Literatur gibt es - soweit ersichtlich - nicht. Die Rechtssache hat so weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Forbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Ende der Entscheidung
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