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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 3 OBL 19/09
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 121 | |
StPO § 121 Abs. 1 | |
StPO § 122 |
Tenor:
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Detmold vom 29. Oktober 2008 - 2 Gs 1472/08 - in der Fassung vom 24. Februar 2009 - 2 Gs 21 Js 689/08 - 290/09 - und der Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Detmold vom 30. April 2009 werden aufgehoben.
Gründe:
I.
Der Angeschuldigte ist in der vorliegenden Sache am 17. November 2008 vorläufig festgenommen und aufgrund des auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehls des Amtsgerichts Detmold vom 29. Oktober 2008 in der Fassung der Haftanordnung vom 24. Februar 2009 zur Untersuchungshaft gebracht worden, die seitdem ununterbrochen vollzogen wird.
Die Staatsanwaltschaft Detmold hat am 8. April 2009 Anklage zum Landgericht Detmold - Wirtschaftsstrafkammer - erhoben. Die Anklagevorwürfe sind mit den Vorwürfen in dem Haftbefehl identisch. In der Anklage und dem Haftbefehl wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, sich des Betruges in 58 Fällen sowie der Untreue, begangen in der Zeit vom 20. November 2002 bis zum 26. Juli 2007, schuldig gemacht zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten der gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anklageschrift vom 8. April 2009, die das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zutreffend wiedergibt, Bezug genommen. Die Anklageschrift ist dem Angeschuldigten am 24. April 2009 zugestellt worden. Die Hauptverhandlung soll am 5. Juni 2009 vor dem Landgericht Detmold beginnen.
Mit Beschluss vom 30. April 2009 hat die Strafkammer die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet und die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Senat zur Entscheidung nach den §§ 121, 122 StPO vorgelegt. Mit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus anzuordnen und die weitere Haftprüfung für die Dauer von drei Monaten dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht zu übertragen, ist das Haftprüfungsheft am 8. Mai 2009 bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
II.
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Detmold vom 29. Oktober 2008 in der Fassung vom 24. Februar 2009 war gemäß § 121 Abs. 1 StPO aufzuheben.
Es kann dahinstehen, ob ein dringender Tatverdacht hinsichtlich sämtlicher der dem Angeschuldigten mit der Anklage vom 8. April 2009 zur Last gelegten Taten besteht oder ob mit Blick auf die - soweit nach dem Haftprüfungsheft ersichtlich - erstmals erfolgte Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung durch den zunächst gegen den Angeschuldigten erlassenen Haftbefehl des Amtsgerichts Detmold vom 19. Juni 2008 (2 Gs 719/98) hinsichtlich der vor dem 19. Juni 2003 verübten Taten das Verfahrenshindernis der Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist.
Für eine Fortdauer der Untersuchungshaft fehlt es jedenfalls an den besonderen gesetzlichen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO. Nach dieser eng und nach strengen Maßstäben auszulegenden Vorschrift darf der Vollzug von Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus nur dann aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund ein Urteil noch nicht zugelassen haben. Ein wichtiger Grund i.S.d.
§ 121 Abs. 1 StPO ist hier nicht gegeben. Vielmehr ist das Verfahren nicht mit der in Haftsachen in besonderem Maße gebotenen Beschleunigung gefördert worden.
Der Angeschuldigte ist aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Detmold vom 29. Oktober 2008 am 17. November 2008 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft. Das Ermittlungsverfahren ist zunächst wegen Betruges zum Nachteil der Zeuginnen T und N geführt und, nachdem sich im Rahmen einer am 17. September 2008 vorgenommenen Durchsuchungsmaßnahme bei dem gesondert Verfolgten E Anhaltspunkte für weitere Betrugsstraftaten ergeben hatten, auf die in der geänderten Fassung des Haftbefehls vom 24. Februar 2009 unter Ziff. 50. bis 58 genannten Taten erweitert worden. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen sind die Akten mit Schlussvermerk vom 10. Februar 2009 der Staatsanwaltschaft Detmold bereits am 11. Februar 2009 übersandt worden. Die Erhebung der Anklage ist dagegen erst unter dem 8. April 2009 und damit nahezu zwei Monate später erfolgt. In der Zwischenzeit haben weder nach Aktenlage noch nach ergänzender Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters der Staatsanwaltschaft Detmold vom 12. Mai 2009 weitere, für das Verfahren wesentliche Ermittlungen stattgefunden. Am 11. März 2009 ist durch die Polizeidirektion V zwar der anderweitig Beschuldigte H vernommen worden; ebenso sollte es Mitte März 2009 zu einer Vernehmung des Mitbeschuldigten M durch die Kriminalpolizeiinspektion F kommen. Beide Mitbeschuldigten hatten in dem vorliegenden Verfahren aber nur eine untergeordnete Bedeutung und sollten - so der Vorwurf in der Anklage - lediglich in jeweils einem Betrugsfall als Zahlungsempfänger (Fälle 8. und 14.) fungiert und Gelder für den Angeschuldigten in Höhe von 1.000,00 EUR bzw. 500,00 EUR entgegengenommen haben. Unabhängig davon, dass beide Beschuldigte keine sachdienlichen Angaben gemacht haben, rechtfertigte ihre noch ausstehende Vernehmung nicht ein Zuwarten in der vorliegenden Sache. Ein wichtiger Grund, der durch die verspätete Anklageerhebung eingetretene Verfahrensverzögerung rechtfertigen könnte, ist damit nicht ersichtlich. Die gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfe waren mit dem polizeilichen Abschlussbericht vom 10. November 2009 ausermittelt. Die Sache war mit den knapp 400 Seiten umfassenden Akten weder besonders umfangreich noch vom Sachverhalt her schwierig gelagert. Auch wenn die Akten infolge des wiederholten Verteidigerwechsels durch den Angeklagten mehrfach versandt werden mussten, begründet der damit verbundene Aufwand ebenso wie das von dem Angeschuldigten zwischenzeitlich durchgeführte Haftbeschwerdeverfahren keinen Ausnahmetatbestand im Sinne von § 121 StPO. Einer dadurch eintretenden Verfahrensverzögerung hätte die Staatsanwaltschaft ggf. durch die Anfertigung weiterer Aktendoppel entgegenwirken müssen.
Die Sachbehandlung durch die Staatsanwaltschaft verstößt damit gegen den in Haftsachen in besonderem Maße geltenden Beschleunigungsgrundsatz. Die dadurch eingetretene Verzögerung kann dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen.
Ende der Entscheidung
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