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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: 3 Ss 21/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 344
StPO § 345
Den Rechtspfleger trifft bei der Aufnahme des Protokolls nach § 345 Abs. 2 StPO eine prozessuale Fürsorgepflicht, die ihm auferlegt, auf eine sachdienliche Fassung und Begründung der gestellten Anträge hinzuwirken. Verletzt er die Pflicht, kann das zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Begründung einer Verfahrensrüge führen.
Beschluss

Strafsache

gegen G.T,

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a., (hier: Wiedereinsetzungsgesuch der Angeklagten).

Auf die als Wiedereinsetzungsgesuch auszulegende Eingabe der Angeklagten vom 24.01.2005 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 05. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht beschlossen:

Tenor:

Der Angeklagten wird auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ausführung der Verfahrensrüge gewährt.

Gründe:

Die Angeklagte hat gegen das am 19.10.2004 verkündete Urteil der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen am 20.10.2004 Revision eingelegt und die Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet. Das Protokoll vom 20.10.2004 enthält neben der Erhebung der allgemeinen Sachrüge die Geltendmachung der Verfahrensrüge der Verletzung des "§ 338 StPO Punkt 3 und 8 i.V.m. § 244 Abs. 3 StPO". Die sich anschließende Begründung dieser Verfahrensrüge ist nicht aus sich heraus verständlich. Sie entspricht auch nicht der in § 344 Abs. 2 StPO gebotenen Form, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 20.01.2005, die der Angeklagten am 24.01.2005 zugestellt worden ist, zutreffend ausführt. Auf diese Ausführungen, denen sich der Senat anschließt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Mit ihrer Eingabe vom 24.01.2005 macht die Angeklagte u.a. geltend, sie habe eine etwaige Unzulässigkeit der erhobenen Verfahrensrüge nicht zu vertreten. Die die Revisionsbegründung aufnehmende Rechtspflegerin habe sie über die zu beachtenden Formvorschriften nicht belehrt.

Die Eingabe der Angeklagten war bei zutreffender Auslegung als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen auszulegen. Diesem Antrag war ausnahmsweise trotz zulässig erhobener Sachrüge stattzugeben, weil die Angeklagte nicht durch ein eigenes Verschulden, sondern aufgrund einer fehlerhaften Sachbearbeitung im Justizbereich daran gehindert war, die Verfahrensrüge fristgemäß zu erheben. Den Rechtspfleger trifft bei der Aufnahme des Protokolls nach § 345 Abs. 2 StPO eine prozessuale Fürsorgepflicht, die ihm auferlegt, auf eine sachdienliche Fassung und Begründung der gestellten Anträge hinzuwirken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.11.2001 - 2 BvR 1471/01 -, http://www.bverfg.de). Dies ergibt sich auch unzweifelhaft aus Ziffer 150 Abs. 2 S. 2 der Richtlinien für das Straf- und das Bußgeldverfahren. Danach berät der Rechtspfleger den Angeklagten über die richtige Art der Revisionsrechtfertigung und wirkt auf eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Fassung hin. Vorbringen des Angeklagten, für das er die Verantwortung ablehnt, nimmt er zwar ebenfalls in das Protokoll auf, er hat aber den Angeklagten über die daraus sich ergebenden Folgen zu belehren und diese Belehrung im Protokoll zu vermerken. Hinsichtlich der Protokollierung von Verfahrensverstößen wird in Absatz 6 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass der prozessuale Vorgang, in dem der Verfahrensmangel gefunden wird, genau wiedergegeben werden muss.

Diesen Verpflichtungen ist die Rechtspflegerin durch die Protokollierung einer den förmlichen Anforderungen nicht entsprechenden Revisionsbegründung nicht nachgekommen. Soweit der Rechtspflegerin eine formgerechte Begründung der Verfahrensrügen ohne Kenntnis des schriftlichen Urteils, der Sachakte und des Protokolls nicht möglich gewesen sein sollte, die Angeklagte dennoch auf einer Protokollierung bestanden hat, hätte die Rechtspflegerin die Verantwortung für diesen Teil des Protokolls ablehnen, die Angeklagte über die daraus sich ergebenden Folgen, nämlich dass die protokollierte Revisionsbegründung insoweit nicht der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO entspricht und daher insoweit unzulässig ist, belehren müssen. Das dies geschehen ist, lässt sich aus dem Protokoll vom 20.10.2004 nicht entnehmen.

Der Angeklagten war daher durch die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Gelegenheit zur Nachholung von Verfahrensrügen zu geben.

Die Frist zur Ausführung der Verfahrensrüge beginnt mit der Zustellung des vorliegenden Wiedereinsetzungsbeschlusses an die Angeklagte erneut zu laufen (vgl. BGH, Beschluss vom 12.06.2002 - 2 StR 149/02 -, www.hrr-strafrecht.de). Die Frist beträgt einen Monat. Innerhalb dieser Frist sind die Revisionsanträge und ihre Begründung bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, hier also beim Landgericht Essen, anzubringen. Von Seiten der Angeklagten kann dies nur durch eine von ihrem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

Ende der Entscheidung

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