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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.01.2008
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 822/07
Rechtsgebiete: StVG, StVO, OWiG, StPO


Vorschriften:

StVG § 24
StVO § 41 Abs. 2
StVO § 49
OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 1
OWiG § 71 Abs. 1
OWiG § 79 Abs. 1 Nr. 2
StPO § 267 Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

Gründe:

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift ausgeführt:

" I.

Das Amtsgericht Essen hat die Betroffene durch Urteil vom 20.09.2007 (Bl. 61 a ff d.A.) wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gem. § 24 StVG i.V.m. §§ 41 Abs. 2, 49 StVO zu einer Geldbuße in Höhe von 75,00 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Gegen dieses in Abwesenheit der Betroffenen verkündete und ihrem Verteidiger am 08.10.2007 zugestellte (Bl. 65 d.A.) Urteil richtet sich ihre am 25.09.2007 bei dem Amtsgericht Essen eingegangene Rechtsbeschwerde vom selben Tage (Bl 63 d.A.), die mit am 08.11.2007 bei dem Amtsgericht Essen eingegangenen Schriftsatz ihres Verteidigers vom selben Tage begründet worden ist (Bl. 83 ff d.A.).

II.

Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist auch in der Sache ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.

a) Das Bußgeldverfahren ist nicht wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung einzustellen. Die Verjährung ist durch die Anhörung der Betroffenen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen worden. Aus dem der Betroffenen übersandten Anhörungsbogen ergibt sich zweifelsfrei, dass sie als Betroffene einer Verkehrsordnungswidrigkeit angehört werden sollte. Das Anschreiben diente auch nicht lediglich der Ermittlung der Fahrerin. In dem Anhörungsbogen ist die Rubrik "Anhörung", nicht aber "Fahreranfrage" angekreuzt worden.

b) Jedoch ist das Urteil auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts aufzuheben, weil die Urteilsgründe nicht den Anforderungen entsprechen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die Darlegung der Beweiswürdigung zur Identifizierung des Betroffenen anhand der bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gefertigten Beweisfotos zu stellen sind. Demzufolge müssen die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit zur Prüfung der Geeignetheit des Fotos zur Identifizierung des Betroffenen eröffnen (zu vgl. BGHSt 41, 376 ff). Dies kann in der Weise geschehen, dass auf das bei den Akten befindliche Foto vom Tatrichter in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird. Eine zusätzliche Beschreibung einzelner ldentifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich. Die Bezugnahme muss jedoch deutlich und zweifelsfrei sein, den Ausführungen muss eindeutig zu entnehmen sein, dass das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe gemacht werden soll. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dann das Foto aus eigener Anschauung würdigen und beurteilen, ob es als Grundlage der Identifizierung geeignet ist. An einer solchen Verweisung auf das bei den Akten befindliche Lichtbild fehlt es hier. In den Urteilsgründen wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Feststellungen (auch) auf dem "Lichtbild der Geschwindigkeitsanzeige" beruhen. Hierbei handelt es sich lediglich um die Beschreibung des Beweiserhebungsvorgangs, aufgrund dessen sich das Arntsgericht seine Überzeugung von der Täterschaft der Betroffenen gebildet hat.

Fehlt eine solche Verweisung, muss der Tatrichter durch eine ausführliche Beschreibung der Bildqualität und der charakteristischen Identifizierungsmerkmale der abgebildeten Person dem Rechtsbeschwerdegericht in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglichen, dass dieses zur Identifizierung geeignet ist (zu vgl. BGH NJW 1996, 1420; BayObLG NZV 2000, 48, OLG Frankfurt, NZV 2002, 137; OLG Hamm NZV 2000, 428). Ausnahmsweise sind Ausführungen zur Bildqualität dann entbehrlich, wenn sich aus der ins Einzelne gehenden Beschreibung der individuellen Merkmale des Betroffenen zwanglos ergibt, dass die in Augenschein genommenen Lichtbilder zur Identifizierung geeignet sind (zu vgl. BayObLG DAR 1996, 411 f; OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.1999 - 4 Ss OWi 1484/98 -; OLG Hamm, Urteil vom 30.01.1996 - 3 Ss OWi 1491/95 -). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Ausführungen zur Bildqualität fehlen. Das Urteil enthält die Auflistung von lediglich vier Merkmalen der Betroffenen, wobei die Merkmale der "prägnanten Kinnpartie" und der "Falten und Furchen im Halsbereich" unbestimmt sind und offen bleibt, worin die Prägnanz der Kinnpartie bzw. die individuelle Besonderheit der Furchen liegen soll. Aus der knappen Beschreibung der Merkmale lässt sich auch nicht darauf schließen, dass das Lichtbild zur Identifizierung generell geeignet ist, so dass auch nicht wegen der ins Einzelne gehenden Beschreibung der Merkmale auf Ausführungen zur Bildqualität verzichtet werden konnte. Insgesamt reichen die Ausführungen deshalb zur Überprüfung der Geeignetheit des Radarfotos zur Identifizierung der Betroffenen nicht aus.

Wegen dieses Darstellungsmangels ist das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.

Ergänzend bemerkt der Senat, dass die richterliche Urteilsunterschrift (§ 275 Abs. 2 StPO) gerade noch den Anforderungen an eine solche genügt (vgl. dazu näher BayObLG NStZ-RR 2003, 305 m.w.N.), eine etwas leserlichere Gestaltung derselben aber zukünftig angezeigt erscheint.

Ende der Entscheidung

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