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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.04.2002
Aktenzeichen: 3 U 1/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 278 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 11 | |
ZPO § 713 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
3 U 1/01 OLG Hamm
Verkündet am 22. April 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht Kamps, Rüthers und Lüblinghoff
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Oktober 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des tierärztlichen Vertrages in Verbindung mit § 278 BGB bzw. aus unerlaubter Handlung nicht zu.
Auch nach der ergänzenden Beweisaufnahme des Senats steht nicht fest, daß die Behandlung des Pferdes durch den Beklagten bzw. seine Mitarbeiter fehlerhaft erfolgte.
1.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz für den Verlust des Pferdes "B", das nach dem Auftreten einer Hufrehe am 20.10.1997 euthanasiert worden ist.
Eine Hufrehe wie auch der Grund für die Tötung des Tieres sind in den Krankenunterlagen des Beklagten nicht verzeichnet. Auch im tierärztlichen Bereich ergibt sich aus dem Tierarztvertrag die vertragliche Nebenpflicht, eine Dokumentation über die wesentlichen medizinischen Aspekte bzgl. der Behandlung des eingestellten Pferdes zu führen. Wenn auch Grund und Anlaß der Dokumentationsverpflichtung im tierärztlichen Bereich anders sein mögen als im Bereich der Humanmedizin, so besteht doch auch hier die Verpflichtung, die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und Verlaufsdaten festzuhalten. Ähnlich wie in der Humanmedizin genügt dabei eine Aufzeichnung in Stichworten so, daß sie ein Nachbehandler aufnehmen und die Behandlung weiterführen kann, ohne Irrtümern zu erliegen.
Wie in der Humanmedizin, so führen jedoch auch im Rahmen des Tierarztvertrages Dokumentationsversäumnisse nicht zu einer eigenständigen Haftung des Tierarztes. Dokumentationsversäumnisse können vielmehr in der Regel nur das Unterbleiben der aufzeichnungspflichtigen Maßnahme indizieren. Zu einer Beweislastverschiebung wird es auch im Bereich der Tierarzthaftung grundsätzlich nur dann kommen können, wenn das Unterbleiben der dokumentationspflichtigen Maßnahme - falls man von ihrem Unterbleiben auszugehen hat - als grober Behandlungsfehler zu bewerten ist oder sich als Verletzung einer spezifischen Pflicht zur Befunderhebung oder -sicherung darstellt (Für den Bereich der Humanmedizin vgl. z.B. bei Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 8. Aufl. 1999 Rn. 464 ff. m.w.N.).
Vorliegend hätte es insbesondere dem Beklagten oblegen, die genaue Art der Erkrankung, die Verlaufsdaten und den Grund für die Euthanasie des Pferdes am 20.10.1997 festzuhalten. Das ist im wesentlichen nicht geschehen.
Dennoch ist zunächst davon auszugehen, daß am 19.10.1997 eine Hufrehe aufgetreten ist; denn dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist lediglich, ob diese Rehe einseitig oder beidseitig aufgetreten war. So trägt die Klägerin in der Klageschrift vor, daß es sich um eine hochgradig akute Hufrehe handelte, weswegen das Pferd noch am selben Tag eingeschläfert werden mußte (Bl. 6). Mehr hätte auch nicht dokumentiert werden müssen mit Ausnahme des Umstandes, wo konkret die Hufrehe aufgetreten war.
Ebenso unstreitig war offenbar zum Zeitpunkt der Behandlung wie auch noch in erster Instanz, daß diese aufgetretene Rehe Grund für die Euthanasierung des Pferdes war. In diesem Fall bestand deshalb keine Verpflichtung des Beklagten, auf die zusätzliche Möglichkeit der Sektion hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt hätte sich die Klägerin nach aller Lebenserfahrung auch gegen die kostenträchtige Sektion entschieden. Die Situation der Beweisvereitelung liegt offensichtlich nicht vor.
2.
Ist demnach von einer einseitigen oder beidseitigen Hufrehe am 20.10.1997 auszugehen, die Grund für die Tötung des Pferdes war, so haftet der Beklagte der Klägerin nur dann auf Schadensersatz, wenn die aufgetretene Hufrehe ursächlich auf eine fehlerhafte Behandlung des Pferdes durch den Beklagten zurückzuführen ist. Diesen ihr obliegenden Beweis hat die Klägerin nicht erbracht.
Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten im einzelnen darauf verwiesen, daß zahlreiche Ursachen für die Entstehung einer Hufrehe bekannt sind. Es ist bekannt, daß bei Pferden eine Hufrehe auch ohne nachvollziehbaren Grund auftreten kann. Deshalb steht im Ergebnis nicht fest, daß die aufgetretene Hufrehe auf einer fehlerhaften Behandlung des Beklagten beruht. Hier hätte es auch nicht weitergeholfen, wenn die Einseitigkeit oder die Beidseitigkeit der Hufrehe dokumentiert worden wäre. Das hätte eine bestimmte Ursache wahrscheinlicher gemacht als eine andere, mehr nicht.
Beweiserleichterungen kommen der Klägerin nicht zu Gute. Weder ist feststellbar, daß die Behandlung des Pferdes grob fehlerhaft erfolgte, noch hat der Beklagte wesentliche Befunde nicht erhoben.
Die Erstoperation war indiziert. Sie war auch geeignet, die Erkrankung des Tieres zu beheben. Die später aufgetretene Wundinfektion läßt weder unmittelbar noch aus sonstigen Umständen auf eine unsachgemäße Behandlung des Pferdes schließen. Wundinfektionen können auch bei sachgerechter Behandlung unvermeidbar auftreten. Bis zur Entlassung des Pferdes findet sich ein ungestörter Wundheilungsprozeß, was eher gegen einen durch die Operation bedingten Prozeß spricht.
Auch die Behandlung nach Wiedereinstellung des Pferdes war jedenfalls nicht grob fehlerhaft. Zwar fehlen Angaben in der Dokumentation zu der Notwendigkeit der Revisionsoperation. Eine Indikation für einen früheren Revisionseingriff hat der Sachverständige in einem früher eingetretenen Sekretstau, einer Taschenbildung o.a. gesehen. Die Tatsache, daß solche Umstände nicht dokumentiert sind, läßt nicht den Schluß zu, daß etwa der Sekretstau schon vor dem 29.08.1997 vorlag. Denn lag er zu einem früheren Zeitpunkt nicht vor, brauchte auch das Nichtvorliegen dieser Tatsache nicht dokumentiert zu werden. Im übrigen hat die Beweisaufnahme die Notwendigkeit eines früheren Eingriffs nicht bestätigt.
Ebenso war die Behandlung in der Folgezeit jedenfalls nicht grob fehlerhaft. Das zeigt schon die Aussage des Sachverständigen, daß man "das irgendwie so machen könnte", einschließlich der Gabe des Antibiotikums Gentamyzin. Daß ausreichend Antibiotika gegeben worden sind und auch ein Antibiogramm erstellt worden ist, hat die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin S ergeben. Auch hier sind jedenfalls keine groben Versäumnisse zu erkennen.
Letztlich hat der Beklagte auch die erforderlichen Befunde erhoben. Allenfalls die Anlage von Stützbandagen wäre zusätzlich geboten gewesen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gibt es jedoch keine belegbaren Untersuchungen darüber, daß hierdurch etwa die Hufrehe weniger häufig auftritt. Deshalb stellt sich das Unterbleiben dieser Maßnahme jedenfalls nicht als grober Fehler dar. Selbst wenn Befunde erhoben und dokumentiert worden wären, die das Anlegen einer Stützbandage nahegelegt hätten, würde sich die Nichtreaktion hierauf in Form des Weglassens der Verbände jedenfalls nicht als grob fehlerhaft darstellen.
3.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
4.
Das Urteil beschwert die Klägerin mit weniger als € 20.000,-.
5.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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