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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: 3 U 247/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 S. 1
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

weist der Senat nach Beratung darauf hin, daß beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stelungnahme bis zum 07.03.2005.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, da ein Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) im Rahmen der Geburtsvorbereitung und der Durchführung der Sectio nicht feststellbar ist. Dies ergibt sich aus den eingehenden Ausführungen des dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren - insbesondere auch im Zusammenhang mit Schnittenbindungen - als besonders kompetent und forensisch erfahren bekannten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. U, die in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend sind. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen. 1. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf verfahrensrechtliche Verstöße. Aus dem im Anschluß an die Sachverständigenanhörung vom 13.07.2004 fehlenden Protokollvermerk über das Verhandeln zum Beweisergebnis folgt nicht das Fehlen einer Äußerungsmöglichkeit des Klägers zur Beweisaufnahme oder eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Ausweislich des Protokolls hat der Kläger nach der Anhörung noch Beweisanträge gestellt. Damit hat nachweislich für den Kläger jedenfalls die Gelegenheit bestanden, durch Beweisanträge, Erklärungen oder Richtigstellungen Einfluß auf das Ergebnis der Beweisaufnahme nehmen zu können (Zöller/Greger, § 285 ZPO Rdn. 1; Gehrlein, MDR 2003, 423). Die Nichtgewährung einer Schriftsatzfrist durch das Landgericht ist nicht erheblich. Eine solche wäre nur geboten gewesen, wenn die Anhörung des Sachverständigen eine neue oder ausführlichere Beurteilung ergeben hätte, die bislang nicht Gegenstand des Prozesses war (vgl. Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 9. Aufl., Rdn. 595 f. m. w. N.), was vorliegend jedoch nicht der Fall war. Der Sachverständige hat in der Anhörung auf der Grundlage seines vorangegangenen schriftlichen Gutachtens zu den Einwendungen und Nachfragen Stellung genommen. 2. Die sachlichen Einwendungen des Klägers sind nicht geeignet, die sachverständige Beurteilung des Behandlungsgeschehens in Frage zu ziehen. Der asphyktische Zustand des Klägers bei der Entbindung führt noch nicht zur Feststellung eines Behandlungsfehlers, zumal der Sachverständige kein zu einer Sauerstoffunterversorgung führendes Fehlverhalten feststellen konnte. Bereits in dem Bericht der Kinderklinik des Klinikums N vom 12.06.2001 ist davon die Rede, daß die Ursache der Asphyxie des Klägers selbst ungeklärt ist. Die Angriffe gegen die Berücksichtigung und Bewertung des postpartalen pH-Wertes im Nabelschnurblut sowie des Basendefizits gehen ebenfalls fehl. Dem Sachverständigen war ausweislich der Angaben im Gutachten zur zeitlichen Dokumentation und dem Hinweis auf den Originalbericht der Nabelblutuntersuchung der Umstand bekannt, daß die Wertermittlung einige Minuten nach der Section und der natürlich vorrangigen sofortigen Behandlung des Klägers erfolgt ist. Er hat gleichwohl im schriftlichen Gutachten und auch bei der ausdrücklichen Erörterung der Blutgasanalyse im Termin die Auffassung vertreten, daß aufgrund des dokumentierten pH-Wertes und insbesondere des Basendefizites von deutlich weniger als 12 für ihn eine relevante Sauerstoffmangelsituation in einem Zeitraum von einer guten Stunde vor der Geburt nahezu ausgeschlossen wäre. Die dagegen erhobenen Vorbehalte führen jedenfalls nicht zu einer Feststellung eines haftungsrelevanten Behandlungsfehlers. Der besonders sachkundige Gutachter hat sich ferner sorgfältig und eingehend mit dem gesamten Behandlungsgeschehen von der Aufnahme bis zur Entbindung befaßt. Dabei hat er weder Behandlungsfehler noch das Unterlassen relevanter Maßnahmen festgestellt. Die abweichende Beurteilung des Behandlungsgeschehens durch den Kläger ist demgegenüber ebensowenig erheblich, wie etwaige Meinungsäußerungen von Krankenschwestern etc. zur eventuellen Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen. 3. Auch der Vorwurf unzureichender Aufklärung begründet keine Erfolgsaussicht. Die Aufklärung über eine Schnittentbindung ist grundsätzlich erst dann veranlaßt und geboten, wenn sie aus medizinischer Sicht indiziert ist, weil für den Fall der vaginalen Geburt ernstzunehmende Gefahren für das Kind drohen und daher im Interesse des Kindes gewichtige Gründe für eine Schnittentbindung sprechen, wobei diese auch unter Berücksichtigung der Konstitution und Befindlichkeit der Mutter in der konkreten Situation eine medizinisch verantwortbare Alternative darstellen muß (BGH NJW 2004, 1452, 1454; NJW 2004, 3703, 3704). Nach den auch insoweit überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen war hier die zunächst angestrebte vaginale Geburt nicht zu beanstanden und eine Indikation zur Sectio erst am 17.03.2001 um 3.40 Uhr sowie nach kurzfristiger Erholung der Herztöne wieder ab 3.56 Uhr gegeben, woraufhin eine Information der Kindeseltern umgehend um 3.47 Uhr erfolgte und ihr Einverständnis erteilt wurde. Die zeitliche Umsetzung des Sectio-Entschlusses war ebenfalls nicht fehlerhaft. Ausweislich der Anhörung war hier nicht von einer Notsectio auszugehen, sondern von einer weniger dringlichen, wenn auch eiligen Sectio. Der Zeitraum von rund 40 Minuten zwischen Entschließung und Entbindung war danach noch angemessen. Die vorangegangenen einzelnen medizinischen Maßnahmen im Rahmen der Geburtsvorbereitung und des Ablaufs der eingeleiteten vaginalen Entbindung bedurften hingegen nicht jeweils eines speziellen Aufklärungsgesprächs und gesonderter Einwilligungen der zur Durchführung einer Entbindung im Krankenhaus aufgenommenen Patientin. 4. Soweit der Kläger seine Ansprüche nunmehr in der Berufung erstmals auf nicht näher angegebene Behandlungsfehler im nachgeburtlichen Bereich stützt, ist er mit seinem Vorbringen nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO in der Berufung ausgeschlossen. Mit der Klage hat er ausdrücklich Schadensersatzansprüche aus Anlaß seiner Geburtsvorbereitung und seiner Geburt geltend gemacht. Allein hierzu verhält sich daher zu Recht auch das angefochtene Urteil. Mit dem nunmehr pauschal erhobenen Vorwurf einer nachgeburtlichen Fehlbehandlung seines für den Geburtszeitpunkt dokumentierten asphyktischen Zustandes konkretisiert der Kläger nicht lediglich seinen bisherigen Vorwurf, sondern ändert seinen Angriff. Es ist nicht ersichtlich, weshalb er dieses neue Vorbringen nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können, da es sich hier nicht um medizinische Fragen handelt, sondern allein darum, auch diesen Abschnitt des Behandlungsverlaufs zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen (BGH NJW 2004, 2825, 2826).

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