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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.08.2005
Aktenzeichen: 3 Ws 381/05
Rechtsgebiete: GG, StPO


Vorschriften:

GG Art. 2
GG Art. 104
StPO § 118

Entscheidung wurde am 06.03.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Die Nichteinhaltung der Höchstfrist von 14 Tagen, innerhalb derer die mündliche Verhandlung zur Haftprüfung durchgeführt werden muss, kann bei willkürlicher Überschreitung die Besorgnis der Befangenheit des Haftrichters begründen und gibt Raum für eine Untätigkeitsbeschwerde. Sie führt aber nicht zur Aufhebung des Haftbefehls und zur Entlassung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft.
Tenor:

Die weitere Haftbeschwerde wird aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die durch das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausgeräumt werden, auf dessen Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe: Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers führt die Verletzung des § 118 Abs. 5 StPO im vorliegenden Fall nicht zur sofortigen Freilassung des Beschuldigten. Zutreffend weist der Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass in die materielle Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen eingegriffen werden (Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) darf. Art. 104 Abs. 1 GG verstärkt den in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt, indem er neben der Forderung nach einem "förmlichen" freiheitsbeschränkenden Gesetz die Pflicht, dessen Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt. Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar (BVerfGE 58, 208,220, BVerfG StV 2001, 691, BVerfG BvR 2292/00 vom 16.7.2002), woraus zu folgern ist, dass es sich bei der Vorschrift des § 118 Abs. 5 StPO nicht nur um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( BGH Beschluss vom 4.12.1976, 1 BJs 20/75) und der herrschenden Meinung ( KK-Boujong, § 118 Rn.6, Meyer-Goßner § 118 Rn.4 ) kommt der Senat gerade auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis, dass die Verletzung der Frist des § 118 Abs. 5 StPO nicht dazu zwingt, jede weitere Untersuchungshaft für unzulässig zu erklären, wohl aber, dass bei - hier nicht vorliegender- willkürlicher Überschreitung der Frist durch den Haftrichter sowohl die Besorgnis der Befangenheit des Haftrichters begründet sein kann ( BGH aaO) als auch Raum für eine Untätigkeitsbeschwerde gegeben ( OLG Braunschweig StV 2005, 39) ist. Bereits diese Instrumentarien sind ausreichend, einerseits die Einhaltung der 14-Tage-Frist durch die Haftgerichte zu erreichen und andererseits den Freiheitsrechten des Beschuldigten zu genügen . Die gegenteilige Ansicht ( Schlothauer/Weider, U-Haft, Rn. 307) kann sich nicht darauf berufen, dass bei dieser Auslegung die Einhaltung der 14-Tage-Frist in Gefahr geriete. Das vermag der Strafsenat auf Grund seiner ständigen Befassung mit (weiteren) Haftbeschwerden festzustellen. Abgesehen von dem vorliegenden Verfahren ist nämlich seit Jahren in keinem Fall die Frist des § 118 Abs. 5 StPO versäumt worden. Es besteht daher kein Zweifel, dass die 14-Tage-Frist von den Haftgerichten auch dann eingehalten wird, wenn die Fristversäumung nicht das absolute Verbot der Haftfortdauer auslöst. Gegen die Auslegung des § 118 Abs. 5 StPO im Sinne eines absoluten Haftfortdauerverbotes bei verspätet anberaumten Haftprüfungstermin sprechen schließlich die untragbaren Folgen, zu denen diese Auffassung führt. Dies macht der vorliegende Fall besonders deutlich. Bei dem Beschuldigten handelt es sich nach den bisherigen Ermittlungen um einen Täter, der aus einer Vielzahl von Diebstählen seit Juli 2004 sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und Dauer verschafft hat. Im Falle einer Freilassung muss damit gerechnet werden, dass er untertaucht und sein strafbares Verhalten fortsetzt. Es kann nicht Sinn des Gesetzes sein, dass Beschuldigte freigelassen werden müssen, die im dringenden Verdacht stehen, erhebliche Vergehen oder Verbrechen begangen zu haben, und dass die von den Polizeibehörden mit erheblichem Einsatz und Aufwand geleistete Ermittlungsarbeit zunichte gemacht wird, nur weil aus widrigen - nicht willkürlichen - Umständen die Anberaumung eines Haftprüfungstermins verzögert worden ist. Eine sinnvolle Rechtsanwendung muss nach Meinung des Senats gerade im Lichte des Grundgesetzes und einer funktionierenden Strafrechtspflege deshalb zu dem Ergebnis führen, dass die Nichteinhaltung der Frist des § 118 Abs. 5 StPO zwar nicht sanktionslos bleibt (s.o.), nicht aber zur sofortigen Freilassung des Beschuldigten führt.

Ende der Entscheidung

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