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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 126/09
Rechtsgebiete: StVG, StPO
Vorschriften:
StVG § 25 Abs. 2 a | |
StPO § 267 Abs. 1 S. 3 |
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Tecklenburg zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Tecklenburg hat den Betroffenen am 3. November 2008 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 375,00 Euro und, unter Anordnung von Vollstreckungsaufschub gemäß § 25 Abs. 2 a StVG, zu einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt.
Der Betroffene soll am ######## als Führer eines Pkw ####### mit dem amtlichen Kennzeichen T auf der ##### in M in Fahrtrichtung E in Höhe des Kilometers 242,000 mit einer Geschwindigkeit von 173 km/h gefahren sein, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt gewesen sei.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des Urteils, hilfsweise das Absehen vom Fahrverbot oder deren Herabsetzung erstrebt.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge einen jedenfalls vorläufigen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen nicht rechtsfehlerhaft dargelegt.
Das Amtsgericht hat zwar auf das im Rahmen der Messung gefertigte Meßfoto ordnungsgemäß gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen, gleichwohl aufgrund deren relativ schlechter Qualität nicht selbst die Überzeugung von der Täterschaft gewinnen können. Es hat deshalb ein mündlich erstattetes Gutachten des anthropologischen Sachverständigen Dr. T eingeholt, der "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", der höchsten Wahrscheinlichkeitsstufe bei derartigen Gutachten, zur Täterschaft des Betroffenen gelangt ist. Außerdem hat er die Täterschaft eines Bruders des Betroffenen mit Sicherheit ausgeschlossen.
Die Ausführungen in diesem Zusammenhang genügen nicht den Anforderungen, die an die Wiedergabe eines humanbiologischen bzw. anthropolgogischen Gutachtens zu stellen sind. Die Darstellung der Beweiswürdigung ist vielmehr lückenhaft. Die Urteilsgründe ermöglichen nämlich dem Senat nicht die Kontrolle, ob die Feststellung, daß gerade der Betroffene die gegenständliche Tat begangen hat, rechtsfehlerfrei getroffen worden ist. Ihnen ist nicht hinreichend und nachvollziehbar zu entnehmen, wie der Sachverständige zu seinem Untersuchungsergebnis gekommen ist und aus welchen Gründen das Amtsgericht den Ausführungen des Sachverständigen rechtsfehlerfrei folgen durfte.
Der Tatrichter, der ein Sachverständigengutachten eingeholt hat und diesem Beweisbedeutung beimißt, muß auch dann, wenn er sich dem Gutachten des Sachverständigen anschließt, die Ausführungen des Sachverständigen in einer, wenn auch nur gedrängten, zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlußfolgerung wiedergeben, um dem Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, NStZ 1991, 596; NStZ 2000, 106, 107; OLG Celle, NZV 2002, 472; OLG Hamm, VRS 107, 371, 373; OLG Jena, DAR 2006, 523, 524).
Bei einem anthropologischen Identitätsgutachten handelt es sich nicht um eine standardisierte Untersuchungsmethode, bei welcher sich die Darstellung im Wesentlichen auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränken kann (BGH, a.a.O.). Um dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der gedanklichen Schlüssigkeit des Gutachtens und seines Beweiswertes zu ermöglichen, bedarf es daher über die Aufzählung der mit dem Foto übereinstimmenden morphologischen Merkmalsprägungen des Betroffenen hinausgehender Angaben (OLG Jena, a.a.O. m.w.N.). Nur so kann der sich hieran anknüpfende Schluß des Sachverständigen, ein Dritter sei aufgrund dieser Übereinstimmungen als Fahrer im Tatzeitpunkt praktisch ausgeschlossen, nachvollzogen werden.
Das Amtsgericht teilt zwar insgesamt elf Identifizierungsmerkmale mit, die der Betroffene mit dem abgebildeten Fahrer gemeinsam aufweisen soll. Aufgrund der Qualitätsmängel des Meßfotos ist jedoch jedenfalls bei fünf dieser Merkmale nicht nachvollziehbar, wie, insbesondere mit Hilfe welcher technischen Hilfsmittel der Sachverständige diese anhand des Meßfotos hat ermitteln können. Es handelt sich dabei um folgende Merkmale:
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Diese Merkmale sind für den Senat auf den ordnungsgemäß in Bezug genommenen Meßfotos nicht zu erkennen. Das Gericht hätte daher Ausführungen dazu machen müssen, wie der Sachverständige diese Merkmale auf den Meßfotos feststellen konnte, ob er z. B. technische Hilfsmittel wie Vergrößerungen, Kontraständerungen o.ä. vorgenommen hat, um diese Details sichtbar zu machen. Da Ausführungen dazu fehlen, ist sein Gutachten jedenfalls nicht nachvollziehbar wiedergegeben.
Das angefochtene Urteil war daher mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tecklenburg zurückzuverweisen. Gründe, die Sache an eine andere Abteilung zurückzuverweisen, sind nicht ersichtlich. Das Amtsgericht wird auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben, da deren Erfolg noch nicht feststeht.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß im Falle der erneuten Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen ein völliges Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes allein wegen des Zeitablaufes nicht unbedingt geboten erscheint.
Für die Frage der Überzeugung von der Täterschaft könnte auch Bedeutung erlangen, wer Halter des bei der Tat benutzten Fahrzeugs ist und ob ggfls. der Betroffene das Fahrzeug regelmäßig oder gelegentlich führt. Falls nicht der Betroffene der Halter sein sollte, könnte ggfls. der Halter oder das Umfeld des Halters dazu befragt werden. Weiter könnte Bedeutung erlangen, ob und ggfls. mit welchem Ergebnis polizeiliche Ermittlungen zur Frage der Täterschaft angestellt worden sind.
Ende der Entscheidung
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