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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.05.2003
Aktenzeichen: 4 U 28/03
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 7 | |
UWG § 7 Abs. 1 | |
UWG § 7 Abs. 2 | |
UWG § 7 Abs. 3 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
4 U 28/03 OLG Hamm
Verkündet am 15. Mai 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die, mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Knippenkötter sowie die Richter am Oberlandesgericht Bahr und Filla
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08. November 2002 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt eine Warenhauskette, u. sie ließ in einer gemeinsamen Aktion mit der Zeitung vom 05.06.2002 folgendes ankündigen: " macht alles 10 % billiger. Wieder bares Geld sparen. Jetzt bei Exklusiv und nur heute gibt es für unsere Leser 10 % Rabatt bei und - gegen Vorlage dieser Zeitung." Im Text auf Seite 2 heißt es unter anderem wie folgt: "... Heute spendiert ebenfalls 10 %. Exklusiv für alle - Leser senkt der Warenhauskonzern nur heute die Preise. Und zwar für das ganze Sortiment in allen 217 Filialen. So funktionierts: Wer mit dieser Mittwoch-Ausgabe der Zeitung in die Filiale kommt, erhält einen Artikel seiner Wahl 10% günstiger. Einfach vorzeigen, die linke obere Ecke der Titelseite abreißen und abgeben." Desweiteren wird im Text des Artikels ausgeführt, dass "Wer mehrere mitbringt, nur auf einen Artikel Rabatt bekommt".
Ein Testkäufer der Klägerin erwarb am Nachmittag des 05.06.2002 in einer Filiale der Beklagten in Essen zunächst in der Herrenabteilung ein Hemd und anschließend in der CD- und DVD-Abteilung eine DVD unter Vorlage jeweils einer Zeitung. Es wurden jeweils 10 % Preisnachlass gewährt.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Beklagte durch ihr Verhalten gegen § 1 und § 7 UWG verstoße. Es handele sich um eine Sonderveranstaltung, die den zulässigen Sonderangebotsrahmen von § 7 Abs. 2 UWG bei weitem sprenge. Es liege auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vor, weil die Beschränkung der Verkaufsveranstaltung auf den Tag des Erscheines der Zeitung das Publikum in übertriebener Weise anlocke, möglichst schnell etwas bei der Beklagten zu erwerben, um den Preisvorteil zu nutzen, ohne vorher noch vernünftige Preisvergleiche anstellen zu können.
Dadurch werde letztlich auch der Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber verfälscht.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 8. November 2002 antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken bei Vorlage einer Zeitung mit der Ankündigung eines Preisnachlasses in der Form, wie sie in der Zeitung vom 05.06.2002 gegeben ist, am Tage deren Erscheinens einen Preisnachlass von 10 % auf alle Artikel mit Ausnahme von Reisen usw. zu gewähren.
Die beworbene Verkaufsaktion sei eine Sonderveranstaltung. Zwar sei ein Rabatt von 10 % nicht unzulässig, wenn er sich auf einzelne Warengruppen erstrecke. Hier sei der Rabatt aber ausnahmslos auf das gesamte Sortiment und damit auch auf Warengruppen erstreckt worden, auf die es üblicherweise keine 10 % Rabatt gebe.
Auch die Begrenzung auf einen Tag und die überraschende Ankündigung in der Zeitung erwecke beim Verbraucher den Eindruck, daß es um eine außergewöhnliche Einkaufsgelegenheit gehe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Beklagte, daß ein Rabatt von 10 % nicht als besonders hoch empfunden werde. Zudem sei ein Rabatt immer zeitlich befristet; andernfalls handele es sich um einen zweiten Normalpreis. Das Publikum nehme auch nicht an, daß es sich um eine einmalige Gelegenheit handele. Denn die Zeitung habe unter dem Stichwort "Bild macht alles billiger" mehrere Aktionen bei verschiedenen Geschäftsunternehmen durchgeführt, so daß der Kunde mit einer weiteren Aktion u.a. bei der Beklagten habe rechnen können. Die kurzfristig erschienene Werbung habe auch nicht zu einem unzulässigen Kaufdruck geführt, weil für den Kunden angesichts der Innenstadtlage der Geschäfte der Beklagten gute Vergleichsmöglichkeiten bestanden hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Essen vom 8. November 2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrages,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die beanstandete Rabattaktion der Beklagten ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich nicht um eine nach § 7 Abs. 1 UWG verbotene Sonderveranstaltung.
Beurteilungsgrundlage ist dabei allein die ausgelobte Werbekampagne der Beklagten entsprechend der Ankündigung in der Zeitung, wonach nur ein Artikel mit 10 % Rabatt erworben werden konnte.
Soweit die Klägerin Auswüchse rügt, daß der Käufer beliebig viele Artikel zum Rabattpreis habe erwerben können, wenn er nur genügend Exemplare der Zeitung bei sich gehabt hätte, muß dies außer Betracht bleiben. Denn die Klägerin will nicht diese Auswüchse verboten wissen, sondern die Aktion so, wie sie in der Zeitung angekündigt worden ist, also mit einem 10 %-igen Rabatt auch auf nur einen Artikel. Denn das begehrte und entsprechend ausgeurteilte Verbot greift auch dann, wenn die Beklagte in Zukunft durch entsprechende Kontrollen sicherstellen würde, daß tatsächlich nur ein Artikel verbilligt erworben werden kann.
Bei dieser Erwerbsmöglichkeit von nur einem verbilligten Artikel fehlt der beanstandeten Rabattaktion aber das Merkmal der Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs als Tatbestandsvoraussetzung für eine unerlaubte Sonderveranstaltung nach § 7 UWG.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, daß vor der Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung pauschale Preisvergünstigungen regelmäßig als Sonderveranstaltungen im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG angesehen worden sind, wenn sie das Gesamtsortiment betrafen oder auch nur wesentliche Teile davon und zeitlich begrenzt waren (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht 22. Auflage § 7 UWG Rdzif. 12 m.w.N.). Bei dieser Sichtweise lehnte man sich an die Schlußverkäufe nach § 7 Abs. 3 UWG als ausnahmsweise zulässige Sonderveranstaltungen an.
Inwieweit nach Aufhebung des Rabattgesetzes eine bloße Rabattierung noch ausreichend sein kann, solchen Verkaufsaktionen den Charakter einer Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG zu geben (Köhler/Piper UWG 3. Auflage § 7 Rdzif. 29 a), braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Denn entgegen der Ansicht der Klägerin liegt hier im Ergebnis gerade keine pauschale Herabsetzung des Gesamtsortimentes vor. Der Kunde konnte gerade nicht beliebig zu einem um 10 % verbilligten Preis einkaufen, dergestalt, daß an der Kasse von seinem Gesamteinkauf 10 % Rabatt abgezogen wurde. Vielmehr konnte er nur einen Artikel verbilligt erwerben. Die beanstandete Werbemaßnahme stellte sich für den Kunden damit im Ergebnis nur so dar, daß er sich für einen Artikel seiner Wahl sein Sonderangebot eines um 10 % verbilligten Preises gewissermaßen selbst machen konnte.
Ein solchermaßen eingeschränkter Einkaufsvorteil stellte sich für den Kunden angesichts der regelmäßigen Fülle von Sonderangeboten in den Kaufhäusern nach Art der Beklagten aber nicht als besondere Verkaufsaktion dar. Bei Großteilen erwartet der Kunde inzwischen, im persönlichen Verkaufsgespräch vergleichbare Rabatte aushandeln zu können. Insgesamt erscheint die beanstandete Rabattaktion der Beklagten damit lediglich als mehr oder weniger auffällige Werbemaßnahme, um sich im allgemeinen Chor der Rabattreklamen Gehör zu verschaffen, nicht aber als eine Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG.
Angesichts des geringen Rabattes von nur 10 % auf einen Artikel nach Wahl des Kunden kommt auch ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Einlockens nicht in Betracht. Die Einkleidung der Rabattaktion in eine Maßnahme der Zeitung ließ den Kunden ebenfalls nicht blind werden für vergleichbare Sonderangebote der Konkurrenz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.
Eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil es sich lediglich um die Bewertung eines Einzelfalles handelt.
Ende der Entscheidung
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