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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: 6 UF 42/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 138 Abs. 5 | |
ZPO § 283 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 540 11 Nr. 1 | |
BGB § 1361 | |
BGB § 1578 | |
BGB § 1613 |
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Januar 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüdinghausen abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 1.007 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 48 % und der Beklagte zu 52 %.
Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 39 % und der Beklagte zu 61 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als ihrem Ehegatten Trennungsunterhalt für den Zeitraum von April bis einschließlich September 2006. Die Parteien haben sich zum 01 .04.2006 getrennt.
Der Beklagte ist im Außendienst tätig und erhält hierfür ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.205,08 €. Hierin ist ein Betrag in Höhe von 332,- € für die Gestellung eines Firmen-PKWs enthalten, den er auch für private Zwecke nutzen darf. Weiterhin werden dem Beklagten monatliche Kammerbeiträge sowie Beiträge zu einer betrieblichen Direktversicherung von seinem Gehalt abgezogen.
Die Klägerin hatte einen Internethandel betrieben, den sie wegen Unrentabilität im Januar 2006 aufgegeben hatte. Aus dieser Tätigkeit resultieren noch erhebliche Verbindlichkeiten, für welche der Beklagte sich verbürgt hatte und die er bis zum heutigen Tage bedient. Unstreitig wendet er zumindest einen monatlichen Betrag von 822,- € hierfür auf.
Die Klägerin bezog vom 31.01.2001 bis zum 04.06.2006 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 612,60 €. Vom 05.06.2006 an war sie in einem Tierheim auf Mallorca tätig und erhielt hierfür ein Nettogehalt von 650,- € monatlich. Zusätzlich wurde ihr von ihrem Arbeitgeber eine Wohnung zur Verfügung gestellt.
Wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, erhielt die Klägerin am 08.06.2006 von der Finanzbehörde aufgrund des gemeinsamen Antrags der Parteien auf Steuerrückerstattung eine Steuererstattung in Höhe von 2.051,38 € überwiesen, welche sie nur wenige Tage später auf das Konto des Beklagten überwies.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage Unterhalt für die Monate von April bis Mai 2006 in Höhe von jeweils 331,- € und für die Monate Juni bis September 2006 in Höhe von jeweils 315,- €, insgesamt also 1.922,- € nebst Zinsen, geltend gemacht, nachdem sie den Beklagten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.04.2006 dazu aufgefordert hatte, über seine Einkünfte Auskunft zu erteilen.
Sie hat, soweit für die Berufungsinstanz noch von Relevanz, geltend gemacht, dass die Steuerrückerstattung in Höhe von 2.051,38 € dem Einkommen des Beklagten in voller Höhe anzurechnen sei. Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Beklagte diese für die Tilgung gemeinsamer Schulden verwendet habe.
Der dem Beklagten von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Firmen-PKW sei mit 1 % des Anschaffungswertes, also mit 332,- € monatlich zu berücksichtigen. Entscheidend hierfür sei die bloße Möglichkeit der Nutzung; auf die tatsächliche Nutzung hingegen komme es nicht an.
Die ihr von ihrem Arbeitgeber in den Monaten Juni bis August zur Verfügung gestellte Wohnung auf Mallorca sei allenfalls mit einem monatlichen Wohnwert von 200,- € zu berücksichtigen. Sie habe sich diese Wohnung mit einer Mitbewohnerin teilen müssen und die Nebenkosten selbst tragen müssen. Zudem habe sie die Wohnung aufgrund der erfolgten Kündigung ihres Arbeitgebers bereits zum 14.08.2006 räumen müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.922,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat mangelnde Leistungsfähigkeit eingewandt.
Zu der Steuerrückerstattung hat er behauptet, dass er diese im Einverständnis mit der Klägerin für die Tilgung gemeinsamer Schulden verwendet habe.
Zum anzusetzenden Wert für den Firmenwagen hat er geltend gemacht, dass der in seiner Gehaltsbescheinigung ausgewiesene Nutzungsvorteil in Höhe von 332,- € um 132,- € zu korrigieren sei, da er durch die Gestellung des Fahrzeugs allenfalls Aufwendungen in Höhe von 150,- € bis 200,- € pro Monat einspare.
Der Wohnwert der der Klägerin auf Mallorca von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Wohnung sei mit mindestens 500,- €/Monat anzusetzen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 11 Nr. 1 ZPO.
Das Amtsgericht hat mit dem am 11.01.2007 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Unterhaltsanspruch aus § 1361 BGB zustehe, da der Beklagte nicht leistungsfähig sei. Die Steuererstattung in Höhe von 2.051,38 € sei nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen, da davon auszugehen sei, dass der Beklagte diesen Betrag für die Tilgung gemeinsamer Schulden verwendet habe. Das diesbezügliche Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen sei unzulässig, da der Erstattungsbetrag auf ihr Konto überwiesen worden sei.
Von dem Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.205,08 € sei der zur Schuldentilgung eingesetzte Betrag von 822,- €, ein Betrag von 30,- € an vermögenswirksamen Leistungen, ein Betrag von 115,67 € an Altersvorsorge sowie ein Betrag von 3,84 € an Kammerbeiträgen in Abzug zu bringen. Zudem sei die Nutzungsvergütung in Höhe von 332,- € für den Firmen-PKW um einen Betrag von 132,- € zu korrigieren. Es ergebe sich also ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von 1.090,16 € netto, welches noch um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 zu bereinigen sei. Der dann verbleibende Betrag unterschreite den Selbstbehalt von 1.000,- €.
Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, BI. 61 ff d. A., Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet. Sie macht nunmehr für die Monate April und Mai 2006 Unterhalt in Höhe von jeweils 342,- € und für die Monate Juni bis September 2006 in Höhe von jeweils 240,- € geltend. Sie rügt, dass das Amtsgericht zu Unrecht die Steuererstattung in Höhe von 2.051,38 € nicht berücksichtigt habe. Sie habe den Betrag auf das Konto des Beklagten überwiesen, da dieser darauf bestanden habe. Sie bestreitet nach wie vor, dass der Beklagte das Geld zur Tilgung von gemeinsamen Schulden verwendet habe. Das monatliche Nettoeinkommen des Klägers erhöhe sich daher um einen Betrag von 170,95 €.
Weiterhin habe das Amtsgericht zu Unrecht den Nutzungsvorteil des Firmen-PKW um 132,- € gekürzt und nur mit einem Betrag von 200,- € berücksichtigt.
Der Senat hat der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.06.2006 nach § 283 ZPO Gelegenheit gegeben, auf die Berufungserwiderung des Beklagten vom 05.06.2006 zu erwidern. Die Klägerin hat daraufhin mit ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 22.06.2007 hinsichtlich des Wohnwertes erstmalig behauptet, dass sie von ihrem Arbeitgeber aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs vom 13.11.2006 eine Entschädigung in Höhe von 225,- € erhalten habe, da sie ihre von dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Wohnung bereits zum 23.08.2006 habe räumen müssen. Auch hieraus werde ersichtlich, dass der Wohnwert allenfalls mit monatlich 200,- € zu bemessen sei. Die Wohnung sei 80 Quadratmeter groß gewesen.
Schließlich macht die Klägerin geltend, dass das Amtsgericht bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten zu Unrecht einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 in Abzug gebracht habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 11.01.2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.644,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2006 zu zahlen
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens.
Hinsichtlich des Nutzungsvorteils für seinen Firmen-PKW behauptet er, dass er mit diesem allenfalls 10.000 km im Jahr an Wegstrecke für private Zwecke fahre.
Hinsichtlich der Steuerrückerstattung behauptet er, dass er Instandsetzungskosten in Höhe von 1.016,60 an den Vermieter sowie Entsorgungskosten in Höhe von 444,48 € habe entrichten müssen. Zudem habe er eine Rechnung des Steuerberaters der Klägerin in Höhe von 1.500,- € beglichen. Auch wenn er nicht den gesamten Erstattungsbetrag für Verbindlichkeiten verwendet habe, sei es unbillig, wenn er zum Einem ganz erhebliche Verbindlichkeiten der Klägerin über Jahre hinweg tilgen müsse und zum Anderem die Steuererstattung seinem Einkommen zugerechnet werde.
Zudem behauptet der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von 800,- € für die Monate Juni bis September 2006.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, da die Klage insoweit unbegründet ist.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.007,- € aus § 1361 BGB zu. Für die Monate April und Mai 2006 beträgt der monatliche Unterhalt 222,- €, für den Monat Juni 138,- €, für den Monat Juli 121,- €, für den Monat August 140,- € und für September 2006 164,- €.
Die Klägerin kann nach § 1613 BGB von dem Beklagten auch mit Wirkung vom 01.04.2006 an Unterhalt verlangen, nachdem sie ihn mit Schreiben vom 13.04.2006 zur Auskunft über seine Einkünfte aufgefordert hatte.
Die Höhe des Anspruchs bemisst sich nach § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen, also grundsätzlich nach den Einkommen der Parteien, soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben.
1. Zeitraum von April bis Mai 2006
Für den Zeitraum von April bis Mai 2006 beträgt der geschuldete Unterhalt 222,- € im Monat
a) Einkommensverhältnisse des Beklagten
aa) Gehalt
Aus den von dem Beklagten vorgelegten Gehaltsbescheinigungen seines Arbeitgebers ergibt sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.205,08 €, in welchem ein Betrag in Höhe von 332,- € an Nutzungsvorteil für den Firmen-PKW enthalten ist. Die Höhe des Gehalts ist zwischen den Parteien unstreitig.
bb) Steuerrückerstattung
Dieses Einkommen erhöht sich um einen Betrag von 129,28 €, da sich der Beklagte von der Steuerrückerstattung in Höhe von 2.051,38 € einen Betrag von 1.551,38 € einkommenserhöhend anrechnen lassen muss.
Wie im Laufe der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, hat zunächst die Klägerin den Erstattungsbetrag überwiesen bekommen, ihn dann aber nur wenige Tage später auf das Konto des Beklagten überwiesen. Wenn sich dieser Betrag aber unstreitig in dem Vermögen des Beklagten befunden hat, oblag es ihm, darzulegen und zu beweisen, dass er diesen Betrag für die Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt hat, welche ehebedingt waren und mit dem - mutmaßlichen - Einverständnis der Klägerin begründet wurden. Nur in diesem Falle ist der Erstattungsbetrag nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen, da der Betrag dann nicht dem Beklagten verblieben wäre und die Tilgung der Verbindlichkeiten als eheprägend anzusehen wäre.
(a)
Der Beklagte hat nachweisen können, dass er von dem Erstattungsbetrag 500,- € zur Tilgung einer Rechnung des Steuerberaters der Klägerin eingesetzt hat. Aus dem von dem Beklagten eingereichten Kontoauszug ergibt sich in hin reichendem Maße, dass er an Herrn E am 10.07.2006 einen Betrag von 500,- € überwiesen hat. Diese Überweisung erfolgte auch zeitnah zu der Überweisung des Steuererstattungsbetrages durch die Klägerin an den Beklagten. Angesichts des Negativsaldos auf dem Konto des Beklagten spricht eine Vermutung dafür, dass die Überweisung tatsächlich nur aus dem Grunde erfolgen konnte, dass der Beklagte wenige Wochen zuvor den Betrag von der Klägerin erhalten hatte.
Die Klägerin hat in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz nicht bestritten, dass eine solche Rechnung ihres Steuerberaters existiert. Sie bestreitet lediglich, dass die Rechnungshöhe 1.500,- € betragen haben soll. Dieses Bestreiten ist unerheblich, da sie hiermit nicht bestreitet, dass die 500,- € für die Tilgung der Rechnung eingesetzt wurden. Der darüber hinausgehende Betrag von 1.000,- € ist nicht zu berücksichtigen, da der Beklagte weder vorträgt, ob noch wann er diese Schuld erfüllt hat.
(b)
Hinsichtlich der übrigen Beträge, die der Kläger mit dem Steuererstattungsbetrag gezahlt haben will, hat dieser indes nicht substantiiert dargelegt, dass die Zahlungen tatsächlich aus den Mitteln, die ihm aufgrund der Überweisung der Klägerin zur Verfügung gestanden haben, erfolgten. Nur solche Zahlungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Überweisung durch die Klägerin am 12.06.2006 auf das Konto des Beklagten standen, hätten indes dazu führen können, dass sich der Steuererstattungsbetrag nicht einkommenserhöhend auswirkt.
Das Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen führt daher dazu, dass diese Zahlungen nicht die Einkommenserhöhung, welche sich auf Seiten des Beklagten durch die Steuererstattung ergibt, reduziert. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist nach § 138 IV ZPO wirksam, da es Tatsachen betrifft, die nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Klägerin sind. Die Klägerin befand sich noch vor der Überweisung des Erstattungsbetrags auf das Konto des Beklagten auf Mallorca und kann naturgemäß keine Kenntnis von den behaupteten Sachverhalten aus eigener Anschauung haben. Der Beklagte, der auf die Darlegungslast in dem Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen wurde und dem im Termin Gelegenheit gegeben worden ist, zu diesen Fragen weitere Erklärungen abzugeben, hat davon keinen Gebrauch gemacht. Dass der Vortrag zur Tilgung von Schulden substantiiert sein muss, war dem anwaltlich vertretenen Beklagten auch schon vor dem Senatstermin bekannt.
Was die behauptete Tilgung gemeinsamer Mietzinsschulden für die Monate April und Mai 2006 in Höhe von anteilig 435,- € pro Monat sowie angeblich durch die Klägerin verursachter Telefonkosten in Höhe von 132,- € anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Schulden schon vor der Überweisung der Steuerrückerstattung fällig geworden sind und damit nicht von diesem Geld bezahlt worden sein können. Die Aufwendungen für die Miete gehören im Übrigen zu den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung des Beklagten und sind von ihm selbst zu tragen, nachdem er sich nach dem Auszug der Klägerin entschlossen hat, in der Wohnung zu bleiben. Auch die Telefonkosten gehören zur allgemeinen Lebenshaltung und können nicht einem Ehegatten allein zugeordnet werden, zumal weder die Höhe noch die alleinige Verursachung durch die Klägerin feststehen.
Hinsichtlich der behaupteten Zahlung in Höhe von 409,53 € aufgrund der Rechnung der Firma G GmbH vom 29.05.2006 hat der Beklagte bereits nicht hinreichend dargelegt, dass er diese Rechnung überhaupt gezahlt hat. Allein die Vorlage einer Rechnung genügt nicht für den Zahlungsnachweis.
Hinsichtlich der behaupteten Zahlung auf eine weitere Rechnung der Firma G in Höhe von 129,32 € hat der Beklagte ebenfalls nicht hinreichend dargelegt, dass es sich um eine ehebedingte Verbindlichkeit handelt. Der Beklagte hat diesbezüglich keine Rechnung vorgelegt, aus welcher sich der Gegenstand und Grund der Arbeiten ergeben hätte, sondern nur einen Kontoauszug eingereicht. Hieraus ergibt sich nicht, dass es sich um Arbeiten handelte, die mit dem - mutmaßlichen - Einverständnis der Klägerin im Auftrag gegeben wurden oder auch nur notwendig waren.
Auch die behaupteten Zahlungen in Höhe von 1.016,60 € an den Vermieter an angeblichen lnstandsetzungskosten sind nicht zu berücksichtigen. Aus dem von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben seines Vermieters vom 24.02.2007 ergibt sich bereits, dass der Beklagte nicht erst aufgrund der Überweisung des Steuererstattungsbetrags auf sein Konto in die Lage versetzt wurde, diese Zahlungen zu leisten. Die Rechnung des Vermieters stammt aus Februar 2007; die Überweisung des Steuererstattungsbetrags ist indes bereits im Juni 2006 erfolgt.
Nach Alledem ist lediglich die Zahlung in Höhe von 500,- € an den Steuerberater der Klägerin von dem Steuererstattungsbetrag von 2.051,38 € in Abzug zu bringen. Der restliche Betrag von 1.551,38 € wirkt sich einkommenserhöhend auf Seiten des Beklagten aus.
cc) Verbindlichkeiten
Von dem Einkommen des Beklagten ist ein Betrag von 822,- € in Abzug zu bringen, da der Beklagte diesen Betrag zur Tilgung von Verbindlichkeiten aufwendet, welche unstreitig aus der Geschäftstätigkeit der Klägerin resultieren und die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Es handelt sich um Darlehen, welche die Klägerin im ausdrücklichen Einverständnis des Beklagten aufgenommen hat.
dd) Vermögenswirksame Leistungen
Gleiches gilt für die zweckgebundenen Zuschüsse des Arbeitgebers zu den vermögenswirksamen Leistungen, welche der Beklagte erhält. Die Parteien gehen richtigerweise übereinstimmend von einem monatlichen Nettoanteil von 30,- € aus.
ee) Altersvorsorgeaufwand
Des Weiteren ist von dem Nettoeinkommen des Beklagten ein monatlicher Betrag von 115,67 € in Abzug zu bringen. Dieser Betrag, den der Beklagte in Form einer Direktversicherung auch tatsächlich aufbringt, entspricht 4 % des Jahresbruttoeinkommen des Beklagten. In dieser Höhe ist eine private Altersvorsorge, welche neben der gesetzlichen Altersvorsorge betrieben wird, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (u.a. in NJW 2005, 3277 ff) einkommensmildernd zu berücksichtigen.
ff) Kammerbeiträge
Auch die von dem Beklagten monatlich gezahlten Kammerbeiträge in Höhe von 3,84 € sind als einkommensmindernd, da die ehelichen Lebensverhältnisse prägend, in Abzug zu bringen.
gg) Firmen-PKW
Der Nutzungsvorteil des dem Beklagten von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Firmen-PKW bemisst der Senat nach § 287 ZPO mit 200,- € monatlich. Das Einkommen des Beklagten, in den Gehaltsbescheinigungen ist der Nutzungsvorteil mit 332,- € ausgewiesen, ist daher um einen Betrag von 132,- € zu reduzieren. Die Angriffe der Klägerin gegen das angefochtene Urteil bleiben ohne Erfolg.
Zwar macht die Klägerin zu Recht geltend, dass sich der Nutzungsvorteil eines von dem Arbeitgeber auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten PKW, welcher als Sachleistung unterhaltsrechtlich als Einkommensbestandteil zu behandeln ist, regelmäßig nach der Nutzungsmöglichkeit bemisst und bereits die Möglichkeit der Nutzung einen geldwerten Vorteil darstellt. Im Regelfall mag auch die steuerrechtliche Pauschalierung von 1 % des Bruttoanschaffungspreises monatlich eine geeignete Schätzgrundlage für die unterhaltsrechtliche Bewertung des Gebrauchsvorteils sein, da sie in angemessener Weise auf Größe, Komfort und Ausstattung des PKW abstellt.
Dies kann jedoch nicht ausnahmslos gelten, denn Sachbezüge des Arbeitnehmers sind nur in dem Umfang in Geld umzurechnen, wie ein sonst aus dem Einkommen zu zahlender Aufwand erspart wird. Die Berechnung eines Vorteils für die PKW-Nutzung entfällt daher, soweit das dem Unterhaltspflichtigen verbleibende Einkommen eine PKW-Nutzung nicht zulässt (Palandt/Brudermüller, § 1361, Rdnr. 29). Da dem Beklagten nach Abzug der Schulden und des an die Klägerin zu leistenden Unterhalts nur ein Betrag von 1.000,- € oder etwas mehr verbleibt, kann ihm nicht mehr als der von dem Amtsgericht geschätzte Vorteil von 200,- € zugerechnet werden. Der Mercedes-Benz-Kombi, den der Beklagte von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommt, übersteigt nämlich deutlich das Niveau seiner tatsächlichen Einkommens- und Lebensverhältnisse. Hinzu tritt, dass die Gestellung eines solch kostspieligen PKWs ihren Grund unter anderem darin hat, dass der Beklagte im Außendienst tätig ist und nach der Erfahrung des Senats in diesem Tätigkeitsfeld ein repräsentativer Wagen üblich ist und auch das Erscheinungsbild des Arbeitgebers entscheidend durch einen Firmen-PKW geprägt wird. Dem Beklagten würde daher, wenn man die steuerrechtliche pauschalierung für die Bemessung des Nutzungswertes heranziehen wollte, ein Nutzungswert "aufgedrängt", welcher für ihn gar nicht realisierbar ist.
Angesichts dessen kann dem Beklagten entgegen der Ansicht der Klägerin kein höherer als der vom Amtsgericht geschätzte Nutzungswert von 200,- € zugerechnet werden. Der Beklagte akzeptiert diesen Betrag, den er in erster Instanz selbst vorgetragen hat, auch im Berufungsverfahren. Er trägt vor, der erstinstanzliche Ansatz des Nutzungsvorteils sei angemessen. Zwar nennt er hierbei einen Betrag von 132,- €. Dabei wird aber ersichtlich der von dem Amtsgericht ermittelte Nutzungsvorteil mit dem abgesetzten Betrag verwechselt.
hh) bereinigtes Einkommen
Dem Beklagten steht somit ein bereinigtes Nettoeinkommen von insgesamt 1.230,- € zur Verfügung, welches sich wie folgt zusammen setzt:
monatliches Nettoeinkommen einschließlich PKW-Nutzung: | 2.205,08 € |
+ Steuerrückerstattung: | 129,28 € |
- Schuldentilgung: | - 822,- € |
- Vermögenswirksame Leistungen: | |
- Altersvorsorgeaufwand: | 115,67 € |
- Kammerbeiträge: | - 3,84 € |
- "Korrektur" des Nutzungsvorteils Firmen-PKW iHv 332,- € | 132,- € |
verbleibendes Einkommen: | 1.230,85 € |
Da bei der Frage des Bedarfs der Anreiz, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, erhalten bleiben soll, ist von diesem Einkommen ein Erwerbstätigenbonus von 1/7 in Abzug zu bringen, so dass sich ein in die Unterhaltsberechnung einzustellendes Einkommen von 1.055,01 € ergibt.
b) Einkommensverhältnisse der Klägerin
Die Klägerin hat in den Monaten April bis Mai 2006 unstreitig Arbeitslosengeld in Höhe von 612,60 € erhalten, welches, da es sich als Surrogat der früheren Erwerbstätigkeit der Klägerin darstellt, bedarfsprägend ist und somit in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist.
c) Höhe des Anspruchs
Der Klägerin steht daher für die Monate April und Mai 2006 ein Anspruch in Höhe von jeweils 222,- € zu. Dieser Betrag entspricht der Hälfte der Differenz zwischen dem Einkommen des Beklagten und desjenigen der Klägerin, vermindert um das Einkommen der Klägerin:
Einkommen Beklagter | 1.055,01 € |
+ Einkommen Klägerin | 612,60 € |
ergibt: | 1.667,61 € |
: 2 = Bedarf | 833,80 € |
- Einkommen der Klägerin | 612,60 € |
Anspruch der Klägerin (gerundet) | 222,- € |
Der Beklagte ist auch leistungsfähig. Der gegenüber der Klägerin zu berücksichtigende Selbstbehalt von 1.000,- € bleibt gewahrt, da ihm von seinem anzusetzenden Einkommen in Höhe von 1.230,85 € nach Abzug des Anspruchs der Klägerin in Höhe von 220,- € noch ein über 1.000,- € hinausgehender Betrag verbleibt. Die Klägerin rügt zu Recht, dass das Amtsgericht bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten von seinem bereinigten Einkommen in Höhe von 1.230,85 € einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 abgezogen hat. Der Erwerbstätigenbonus ist lediglich bei der Bemessung des Bedarfs, nicht aber bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, da der Erwerbsanreiz bereits durch den - für Erwerbstätige erhöhten - Selbstbehalt geschaffen wird (vgl. BGH in NJW 1997, 1919 ff).
Soweit die Klägerin über diese Beträge hinaus Unterhalt begehrt hat, ist die Klage daher unbegründet und die Berufung war zurückzuweisen.
2. Zeitraum von Juni bis September 2006
Für den Zeitraum von Juni bis September 2006 hat eine Neuberechnung des Unterhalts zu erfolgen, da die Klägerin in diesem Zeitraum einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Der geschuldete Unterhalt beträgt für Juni 138,- €, für Juli 121,- €, für den Monat August 140,- € und für September 2006 164,- €. Die unterschiedlichen Unterhaltsbeträge ergeben sich daraus, dass die Klägerin im Juni und August nur zeitweilig die Wohnung auf Mallorca bewohnt hat und der ihr zuzurechnende Wohnwert anteilig zu reduzieren ist.
a) Einkommensverhältnisse des Beklagten
Das - bereinigte - Nettoeinkommen des Beklagten beläuft sich auch für diesen Zeitraum auf 1.055,01 €; es kann vollumfänglich auf obige Ausführungen Bezug genommen werden.
b) Einkommensverhältnisse der Klägerin
aa) Gehalt
Die Klägerin hat vom 05.06.2006 an für ihre Tätigkeit in einem Tierheim auf Mallorca ein monatliches Nettoeinkommen von 650,- € verdient. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie diesen Betrag auch für den Monat Juni erhalten, obwohl sie nicht den ganzen Monat tätig war.
Soweit der Beklagte ein höheres Einkommen der Klägerin behauptet, ist dies angesichts des von der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrages, aus welchem sich die Vergütung von 650.- € ergibt, eine pauschale Behauptung ins Blaue hinein, der nicht weiter nachzugehen war.
bb) Wohnwert
Die Höhe des Wohnwertes der der Klägerin von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Wohnung, welche als Sachleistung unterhaltsrechtlich Einkommen darstellt, bemisst der Senat nach § 287 ZPO mit 300,- € monatlich. Maßgeblich für die Bemessung des Wohnwertes ist zum Einem der Mietzins ohne Nebenkosten, welcher für eine vergleichbare Wohnung gezahlt werden müsste. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin, wie von ihr behauptet, tatsächlich die Wohnung mit einer Mitbewohnerin teilen musste. Dies kann als wahr unterstellt werden. Auch wenn die Klägerin eine Mitbewohnerin hatte, würde dies nicht zu einer Verringerung des Wohnwertes führen, da der Senat einen Wohnwert von 300,- € für ein 80 Quadratmeter großes Appartement B auf Mallorca, auch wenn es von zwei Personen bewohnt wird, als Mindestbetrag erachtet. Es handelt sich um einen beliebten Ferienort. Auch wenn man nicht eine kurzfristige, sondern eine längerfristige Anmietung eines solchen Appartements für die Bestimmung des Mietzinses heranzieht und eine solche längerfristige Anmietung sicherlich zu einer Reduzierung des monatlichen Mietzinses führen wird, liegt ein Betrag von 300,- € noch an der unteren Grenze einer zu zahlenden Miete.
Zum Anderem ist für die Bewertung der Sachleistung des Arbeitgebers aber der Wert der ersparten Miete von Bedeutung. Ein noch höherer Wohnwert als 300,- € würde den tatsächlichen Einkommensverhältnissen der Klägerin nicht entsprechen. Insofern gelten die zu dem Nutzungswert für den Firmen-PKW des Beklagten angestellten Erwägungen auch hier. Auch der Klägerin würde ein geldwerter Vorteil "aufgedrängt". Wenn sie selbst eine Wohnung angemietet hätte, hätte sie angesichts ihres Nettolohns von 650,- € einen über den Betrag von 300,- € hinausgehenden Mietzins nicht zahlen können. Berücksichtigt werden musste auch, dass die Klägerin die anfallenden Nebenkosten selbst zu tragen hatte. Soweit der Beklagte dies bestreitet, ist dieses Bestreiten angesichts des von ihm selbst vorgelegten Arbeitsvertrages der Klägerin, wonach Nebenkosten wie Strom, Wasser und Müllabfuhr von der Klägerin zu tragen waren, unsubstantiiert und daher unbeachtlich.
Soweit die Klägerin als weiteres Indiz für die Höhe des Wohnwertes von allenfalls 200,- € erstmals in ihrem nachgelassenen Schriftsatz behauptet, dass sie sich mit ihrem Arbeitgeber für den Zeitraum vom 23.08. bis zum Ende September 2006 im Wege eines Vergleichs auf eine Entschädigung in Höhe von 225,- € geeinigt habe, kann die Richtigkeit dieses Vortrags dahingestellt bleiben. Aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 225,- € für die Vorenthaltung der Wohnung gezahlt haben soll, lässt sich kein verlässlicher Schluss auf den tatsächlichen Wohnwert der Wohnung ziehen. Die Beweggründe und Motive der Klägerin, die durchaus eine unangemessen niedrige Entschädigung für die Vorenthaltung dar Wohnung akzeptiert haben kann, hat sie nicht mitgeteilt.
Für den Monat Juni ergibt sich daher bei durchschnittlich 30 Tagen im Monat ein anzurechnender Wohnwert von 260,- € (26 Tage von 30 Tagen), für den Monat Juli ein Betrag von 300,- €, für August ein Betrag von 230,- € (23 Tage von 30 Tagen) und für September gar kein anzurechnender Wohnwert. Da die Klägerin allerdings in ihrem nachgelassenen Schriftsatz selbst behauptet, dass sie die Wohnung aufgrund der Kündigung des Arbeitgebers bereits am 23. August 2006 habe räumen müssen und für den Zeitraum vom 24. August bis einschließlich September 2006 aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs eine Entschädigung in Höhe von 225,- € erhalten habe, ist dieser Vortrag der Entscheidung als unstreitig zugrunde zu legen, da dieser Vortrag für den Beklagten günstig ist und im Zweifel anzunehmen ist, dass dieser ihm günstigen Vortrag nicht bestreitet. Diese Entschädigung muss sie sich als Ersatz für den Wohnwert, welcher wiederum Bestandteil ihres Arbeitsentgeltes war, anrechnen lassen.
In die Unterhaltsberechnung einzustellen ist daher für den Monat August ein Betrag von 255,- € (230,- € Wohnwert zuzüglich 25,- € Entschädigung) sowie für den Monat September ein Betrag von 200,- € an erhaltener Entschädigung.
cc) Berechnung des Anspruchs
Unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus von 1/7 und der Berechnung des Unterhaltsanspruchs nach der Differenzmethode ergeben sich daher folgende in die Unterhaltsberechnung einzustellende Beträge und Unterhaltsansprüche der Klägerin
Einkommen | Einkommen unter Anspruch der Klägerin | Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus |
Juni 910,- € | 780,- € | 138,- € |
Juli 950,- € | 814,29 € | 121,- € |
August 905,- € | 775,71 € | 140,- € |
September 850,- € | 728,57 € | 164,- € |
Soweit die Klägerin über diese Beträge hinaus Unterhalt begehrt hat, ist die Klage unbegründet; die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.