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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: 8 U 3/00
Rechtsgebiete: GenG, BGB, StGB


Vorschriften:

GenG § 34
BGB § 276
StGB § 264 a
Leitsätze:

1. § 34 Abs. 2 S. 1 GenG kann nicht analog dahingehend angewendet werden; dass auch einzelne Genossen zur Geltendmachung von Ansprüchen befugt sind.

2. In einer Genossenschaft mit mehr als 500.000 Mitgliedern begründet das normale Handeln als Vorstandsmitglied gegenüber den Genossen kein besonderes Vertrauen, das eine persönliche Inanspruchnahme aus culpa in contrahendo wegen unzureichender Informationen über die wirtschaftliche Lage der Genossenschaft rechtfertigt.

3. Ein Prospekt im Sinne der Prospekthaftung liegt nur vor, wenn die schriftliche Information bei objektiver Betrachtung zumindest den Eindruck erwecken soll, dass sie über die für die Beurteilung einer Anlage erheblichen Umstände unterrichtet.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 3/00 OLG Hamm 6 O 262/99 LG Dortmund

Verkündet am 16. Oktober 2000

Fenk, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey und die Richter am Oberlandesgericht Reinken und Lehmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 6. Oktober 1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Kläger mit weniger als 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagten wegen des Erwerbs von Geschäftsanteilen an der Konsumgenossenschaft Dortmund Kassel eG (im folgenden: co op) aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Bei den Beklagten handelt es sich um frühere Vorstandsmitglieder der co op. Es liegt folgender Sach- und Streitstand zugrunde:

Nach entsprechendem Vorschlag des damaligen Vorstands vom 22.07.1996 und Zustimmung des Aufsichtsrats am 23.09.1996 beschloß die Vertreterversammlung der co op vom 28.09.1996, den Nennbetrag der Geschäftsanteile von 500,00 DM auf 750,00 DM zu erhöhen. Daraufhin erwarben, die Kläger zu 1) und 2) am 30.12.1996 weitere Geschäftsanteile für je 7.500,00 DM und die Kläger zu 3) - 5) am 28.12.1996 weitere Geschäftsanteile für je 2.500,00 DM. Alle waren bereits zuvor Mitglieder der co op.

Am 27.06.1998 beschloß die Vertreterversammlung der co op die Auflösung der Gesellschaft zum Ende des Monats. Die daraufhin begonnene Liquidation ist noch nicht abgeschlossen.

Die Kläger haben behauptet, aufgrund dieser Liquidation würden sie das für den Erwerb der Geschäftsanteile Ende 1996 eingesetzte Kapital vollständig verlieren, da mit einer Rückzahlung von Geschäftsguthaben nicht zu rechnen sei. Sie begehren deshalb die Erstattung dieser Beträge.

Sie haben weiter behauptet, sie seien durch eine von den Beklagten initiierte Prospektwerbung von März bis Oktober 1996, die die co op positiv dargestellt und eine sichere Anlage versprochen habe, dazu bewogen worden, weitere Anteile zu erwerben.

Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, daß unter der Verantwortung des Beklagten zu 3) im April, Juli und Oktober 1996 ein der Information der Mitglieder dienendes sog. Card-Journal erschien. Dabei handelte es sich um Informatonsschriften, die an ein Ende 1995/Anfang 1996 erschienenes Faltblatt anschlossen, mit dem die sog. co op Card eingeführt wurde. Insbesondere ist in dem Journal von Oktober 1996 auf der ersten Seite in werbender Form auf die Möglichkeit der Erhöhung der Geschäftsanteile hingewiesen worden. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts der erwähnten Schriften wird auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 30.08.1999 verwiesen.

Die Kläger haben gemeint, diese von den Beklagten als Vorstand zu verantwortenden Journale seien als Prospekte für Kapitalanlagen anzusehen, und haben unter näherer Darlegung im einzelnen ausgeführt, daß die darin enthaltenen Angaben zur Lage der Gesellschaft und der Sicherheit der Anlage falsch gewesen seien. Den Beklagten sei bekannt gewesen, daß die Geschäftsberichte von 1994 bis 1996 auf unvertretbare Weise geschont worden seien. Die wirtschaftliche Lage habe sich schon 1996 so verschlechtert, daß der Fortbestand der co op in Zweifel gestanden habe. Deshalb hätten die Beklagten sofort von Werbeaktionen für die Zeichnung weiterer Geschäftsanteile Abstand nehmen müssen. Sie, die Kläger, hätten demgegenüber auf die Darstellung in den Prospekten vertraut.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Kläger zu 1) und 2) je 7.500,00 DM und an die Kläger zu 3) bis 5) je 2.500,00 DM, jeweils nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern zu 1 und 2 jeden aus der Zeichnung der Geschäftsanteile vom 30.12.1996 über je 7.500,00 DM bei der Konsumgenossenschaft Dortmund Kassel eG entstehenden Schäden sowie den Klägern zu 3-5 jeden aus der Zeichnung der Geschäftsanteile vom 28.12.1996 bei der Konsumgenossenschaft Dortmund-Kassel eG entstehenden Schaden zu erstatten.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Wertlosigkeit der erworbenen Geschäftsanteile unter Hinweis darauf, daß eine entsprechende Feststellung vor Beendigung der Liquidation nicht möglich sei, ebenso bestritten wie die Ursächlichkeit der Angaben im Card-Journal für den Kauf der Anteile.

Sie haben zudem gemeint, daß es sich bei dem Card-Journal nicht um einen Prospekt für eine Kapitalanlage gehandelt habe, da dieses ersichtlich keine für eine Anlageentscheidung hinreichenden Informationen enthalten habe. Über alle wesentlichen Entwicklungen und Entscheidungen sei auf Mitglieder- und Vertreterversammlungen und in den Medien berichtet worden.

Die Beklagten haben zudem behauptet, daß die Angaben in dem Journal nicht falsch gewesen seien. Die Bilanzen für 1994 bis 1996 seien zutreffend erstellt und geprüft worden. Die Beschlußfassung über die Kapitalerhöhung sei steuerlich motiviert gewesen. Über die schwierige Lage, in der sich die co op seit 1994 befunden habe, sei in den Versammlungen und in den Medien offen gesprochen und berichtet worden. Die Entwicklung der co op sei aber von der Unternehmensberatung R B aufgrund erfolgter Umstrukturierungsmaßnahmen positiv beurteilt worden.

Schließlich haben die Beklagten gemeint, daß die Kläger sich für 1996 erhaltene Dividenden auf einen etwaigen Schaden anrechnen lassen müßten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen keiner in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage erfüllt seien. Ansprüche aus § 34 Abs. 2 S. 1 sowie aus § 34 Abs. 3, Abs. 5 S. 1 GenG könnten nur der co op bzw. außenstehenden Gläubigern, aber nicht den einzelnen Genossen zustehen. Ein Anspruch wegen Pflichtverletzung eines bestehenden Vertrages bzw. bei Vertragsanbahnung scheitere am fehlenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Für eine unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten sei weder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse noch die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens dargelegt. Eine unmittelbare Haftung der Beklagten nach Grundsätzen der Prospekthaftung scheitere daran, daß die hier streitigen Card-Journale nicht als Prospekt in diesem Sinne anzusehen seien, da sie schon nach Inhalt und Aufmachung nicht den Eindruck von Vollständigkeit erweckten. Schließlich seien auch deliktische Schadensersatzansprüche nicht gegeben: Es sei kein absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB verletzt, für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB fehle es an der Vorlage eines Prospektes und eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 147 Abs. 2 GenG scheide mangels Kausalität aus, da die Kläger nicht behaupteten, daß ihnen die im Zeitpunkt des Erwerbs angeblich falschen Bilanzen überhaupt bekannt gewesen seien. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 34 Abs. 1 S. 1 GenG scheide aus, weil diese Vorschrift kein Schutzgesetz zugunsten der Kläger darstelle. Eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne von § 826 BGB liege nicht vor, weil die Beklagten das Risiko eines Sanierungsversuchs durch Zuführung frischen Kapitals hätten eingehen dürfen, wenn dieser Versuch nicht von vornherein völlig untauglich und damit zum Scheitern verurteilt war. Daß letzteres der Fall gewesen sei, sei nicht dargelegt.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten seiner Begründung und des Parteivorbringens in erster Instanz Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie den Klageanspruch unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Tatsachenvortrags weiterverfolgen. Sie ergänzen diesen wie folgt:

Der Konzern habe von 1994 bis 1996 operative Verluste von ca. 150 Mio. DM erwirtschaftet. Zugleich seien die Mitgliederzahlen drastisch zurückgegangen. Die Konzerntochter P Hamburg, an der sich die co op 1993 beteiligt habe, habe 1994 Verluste von ca. 20 Mio. DM erwirtschaftet, die nur durch eine Beteiligungserhöhung ausgeglichen wurden, und in den Jahren 1995 und 1996 nochmals je 5 Mio. DM.

Unter Bezugnahme auf Zeugenaussagen im staatsanwaltschaftlichen Ermittllungsverfahren gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) und diverse Gutachten tragen die Kläger vor, daß die Beteiligung an der P Hamburg in den Bilanzen der Jahre 1995 und 1996 ebenso völlig unvertretbar aktiviert worden sei wie die Buchung von Bonivergütungen der Gewürzlieferanten F und U im Jahre 1995. Die Bilanzen seien daher nichtig. Ohne diese Bilanzmanipulationen hätte es keine Dividendenzahlungen und damit kein Mitgliederinteresse an weiteren Geschäftsanteilen gegeben. Daß diese Geschäftsanteile wertlos seien, zeige der Bericht der Liquidatoren von Februar 2000.

In rechtlicher Hinsicht vertreten die Kläger die Auffassung, daß die Beklagten aus c.i.c. hafteten, weil sie besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hätten. Zu den Genossen habe ein langjähriges Rechtsverhältnis mit besonderen Fürsorgepflichten bestanden. Des weiteren hafteten die Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264 a StGB bzw. § 147 Abs. 2 GenG sowie aus § 826 BGB. Zu den deliktischen Ansprüchen machen die Kläger sich unter näherer Bezugnahme auf Einzelheiten den gesamten Inhalt der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) (Bl. 364 ff GA) zu eigen. Sie meinen, auf ihre Kenntnis von falschen Bilanzen komme es nicht an, weil es ohne die manipulierten Bilanzen keine Nennwerterhöhung gegeben hätte und dann auch das Card-Journal nicht den Inhalt gehabt hätte, aufgrund dessen sie sich zum Erwerb der Geschäftsanteile entschlossen hätten. Schließlich habe das Landgericht Ansprüche aus Prospekthaftung und nach § 34 Abs. 2 GenG zu Unrecht verneint. Das Card-Journal sei sehr wohl als Prospekt im Sinne der Prospekthaftung anzusehen. Zum anderen kenne § 34 GenG zwar kein Verfolgungsrecht der Genossen. Da aber die Gesellschaft vertreten durch ihren Liquidator ersichtlich nicht geneigt sei, Ansprüche gegen die Beklagten geltend zu machen, sei eine analoge Anwendung der Vorschrift gerechtfertigt, wonach sie die Ansprüche geltend machen könnten und auch nicht gehalten seien, Zahlung an die Genossenschaft zu verlangen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Kläger zu 1) und 2) je 7.500,00 DM und an die Kläger zu 3) bis 5) je 2.500,00 DM, jeweils nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern zu 1 und 2 jeden aus der Zeichnung der Geschäftsanteile vom 30.12.1996 über je 7.500,00 DM bei der Konsumgenossenschaft Dortmund-Kassel eG entstehenden Schaden sowie den Klägern zu 3-5 jeden aus der Zeichnung der Geschäftsanteile vom 28.12.1996 bei der Konsumgenossenschaft Dortmund-Kassel eG entstehenden Schaden zu erstatten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertreten zunächst die Auffassung, daß die Berufung innerhalb der Begründungsfrist nicht in einer den Anforderungen des § 519 ZPO genügenden Weise begründet worden sei, weil die entscheidenden Angriffe erst in einem späteren Schriftsatz enthalten seien.

Des weiteren widersprechen sie der Auffassung der Kläger zu einer Anspruchsberechtigung aus § 34 GenG und aus c.i.c. Eine Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens habe es nicht gegeben.

Des weiteren meinen sie, daß die Card-Journale nichts als übliche Werbeblättchen seien, die mit einem Kapitalanlageprospekt im Sinne der Rechtsprechung nicht das geringste zu tun hätten. Irgendein Gesamtüberblick über den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens sei darin nicht gegeben worden. Außerdem sei aus damaliger Sicht weder in den Journalen noch in den Vertreterversammlungen falsch informiert worden.

Die co op habe in diesen Jahren einen schwierigen Prozeß durchlaufen; die die co op begleitende und beratend unterstützende Unternehmensberatung R B habe jedoch die Situation in 1995 und 1996 durchweg positiv beurteilt und für 1997 und 1998 aufgrund der eingeleiteten Sanierungsbemühungen eine optimistische Gewinnprognose gegeben. Über die schwierige Lage sei in den Vertreterversammlungen vom 22.06. und 28.09.1996 sowie 21.06.1997 offen und umfassend informiert worden. Daß Dividenden aus außerordentlichen Erträgen und nicht, aus Gewinnen im operativen Bereich ausgeschüttet wurden, sei nicht zu beanstanden und vom Beklagten zu 2) in der Vertreterversammlung vom 22.06.1996 offengelegt worden. In Übereinstimmung mit den Gläubigerbanken und dem Beratungsunternehmen R B seien sie der sicheren Überzeugung gewesen, daß die co op nicht in Gefahr und in Zukunft wieder Gewinne zu erwarten seien. Ein Scheitern der Sanierungsbemühungen sei nicht absehbar gewesen.

Unter näherer Darlegung im einzelnen führen die Beklagten aus, daß die ursprünglichen Jahresabschlüsse 1994 bis 1996 richtig und die beanstandeten Aktivierungen zulässig gewesen seien.

Insbesondere sei die Aktivierung der Einlagen bei der P Hamburg in den Jahresabschlüssen 1993 bis 1995 geboten gewesen; ein Wertberichtigungsbedarf habe weder für 1994 noch für 1995 bestanden.

Des gleichen seien die Zahlungen der Gewürzlieferanten F und U von zusammen 6 Mio. DM zu Recht vollständig im Jahr 1995 verbucht worden, da es sich nicht um Lieferantenboni, sondern um Zahlungen für den Kauf von Marktanteilen gehandelt habe. Zudem seien die Jahresabschlüsse 1994 und 1995 vom gesetzlichen Prüfungsverband geprüft und testiert worden; auf diese Prüfung dürfe ein Vorstandsmitglied vertrauen.

Soweit die Kläger sich demgegenüber auf vorliegende Sachverständigengutachten berufen, gäben sie deren Inhalte in wesentlichen Punkten falsch wieder. Das Gutachten der C & L D R beruhe zudem auf unzureichender Sachverhaltsinformation. Ebenso würden Zeugenaussagen und die Aussagen des Wirtschaftsreferenten Henne im Ermittlungsverfahren von den Klägern teilweise falsch zitiert.

Die Geschäftsguthabenerhöhung im September 1996 sei wie schon in erster Instanz dargelegt rein steuerlich motiviert gewesen und habe nicht etwa der Beseitigung einer drohenden Finanzkrise dienen sollen. Die Finanzlage sei vielmehr spätestens durch die unstreitig in derselben Versammlung beschlossene Partnerschaft mit A drastisch verbessert worden. Zu der Dividendenzahlung von 1995 bestehe daher kein Zusammenhang.

Es habe schließlich auch keine eine unerlaubte Handlung darstellende Werbekampagne gegeben, mit der Tausende von Mitgliedern zur Zeichnung bewogen worden seien. Dem Vorstand sei im übrigen bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ein weiter Handlungs- und Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Danach hätten sie das Unternehmen weiterbetreiben dürfen. Die Auflösung der co op habe erst beschlossen werden müssen, nachdem die Firma A sich im September/Oktober 1997 plötzlich aus der bestehenden Einkaufsgemeinschaft zurückgezogen habe.

Schließlich erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung, insbesondere gegenüber Ansprüchen aus Prospekthaftung, und wiederholen den Einwand, daß die Kläger für 1996 Dividenden erhalten hätten und hieraus resultierende Vorteile mit etwaigen Nachteilen aus dem Anteilskauf zu saldieren seien.

Die Beklagten zu 3) und 5) verweisen weiter darauf, daß sie mit dem Strafverfahren nichts zu tun hätten und gegen sie keine Anklage erhoben worden sei. Der Beklagte zu 3) macht geltend, daß er im Vorstand mit Fragen der Beteiligungen, Buchführungen und Bilanzierungen generell nicht befaßt gewesen sei und daß die beanstandeten Buchungen auch nicht Gegenstand von Erörterungen im Vorstand gewesen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A

Die Berufung ist zulässig, insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 519 Abs. 2 ZPO hinreichend im Sinne von § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO begründet worden.

Da eine hinreichende Substantiierung und Schlüssigkeit der Berufungsbegründung keine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, war es für die Zulässigkeit nicht erforderlich, daß die Kläger die Mitwirkung jedes einzelnen Beklagten an den angegriffenen Handlungen im einzelnen darlegen (vgl. BGH NJW 1991, 1106). Ebenso brauchten sie sich nicht mit der Frage des Schadens näher auseinanderzusetzen, da das Landgericht diesen zwar in Frage gestellt, aber offengelassen hat, so daß die Verneinung eines Schadens nicht zu einem tragenden Grund für die Klageabweisung geworden ist.

Im übrigen genügt es im Falle der Klageabweisung, daß bei mehreren in Betracht kommenden und vom Erstgericht sämtlich verneinten Anspruchsgrundlagen die Berufung bezüglich einer Anspruchsgrundlage aufzeigt, warum die Auffassung des angegriffenen Urteils falsch ist; denn schon damit wird das klageabweisende Urteil insgesamt in Frage gestellt.

Ein hinreichender Angriff in diesem Sinne ist jedenfalls hinsichtlich der vom Landgericht verneinten Prospekthaftung erfolgt. Dem steht nicht die Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 1996, 572; NJW-RR 1998, 856) entgegen, nach der bei zwei rechtlich voneinander unabhängigen Gründen, von denen jeder die Abweisung trägt, beide Gründe in für sich ausreichender Weise angegriffen werden müssen. Denn das Landgericht hat hier tragend nur darauf abgestellt, daß die Card-Journale keinen Prospekt im Sinne der Prospekthaftung darstellten, was die Kläger hinreichend konkret angegriffen haben. Soweit auf Seite 15 oben des angefochtenen Urteils darüber hinaus auch dargelegt ist, daß das Card-Journal keine Zusage einer sicheren Anlage enthalte, dient dieses nach dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen ebenfalls nur der Darlegung, daß es sich um keinen Prospekt im Sinne der Prospekthaftung gehandelt habe und stellt keinen selbständigen tragenden Grund für die Klageabweisung dar.

Die somit ausreichend begründete, zulässige Berufung eröffnet die Berufungsinstanz für eine erneute sachliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands im Rahmen der gestellten Anträge unbeschränkt (BGH NJW 1984, 177). Der gesamte Streitstoff ist - in den Schranken der §§ 296, 527 ZPO - gemäß § 537 ZPO ohne Rücksicht auf die vorgebrachten Rügen im Rahmen der gestellten Anträge damit vom Senat selbständig und nach allen Richtungen hin zu würdigen (vgl. BGH NJW 1985, 2828). Die Berufungskläger sind deshalb auch nicht gehindert, ihre Berufungsgründe nach Ablauf der Begründungsfrist noch auszutauschen, und der Senat ist nicht auf die Prüfung allein der in der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung erörterten Ansprüche beschränkt.

B

Die Berufung ist indes unbegründet, da das Landgericht zu Recht einen Anspruch der Kläger unter allen in Betracht zu ziehenden rechtlichen Gesichtspunkten verneint hat.

I.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, daß weder ein Anspruch nach § 34 Abs. 2 S. 1 GenG (analog) noch nach § 34 Abs. 3, Abs. 5 S. 1 GenG in Betracht kommt, da diese Norm nach ihrem eindeutigen Wortlaut Ansprüche nur der Gesellschaft bzw. außenstehenden Gläubigern gewährt. Pflichten der Vorstandsmitglieder gegenüber den einzelnen Genossen können aus § 34 GenG nicht abgeleitet werden, sondern insoweit bleibt nur die Deliktshaftung der §§ 823 ff BGB (vgl. Beuthien, § 34 GenG Rdn. 4). An dieser eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers ändert sich nichts dadurch, daß aufgrund des Wesens der Genossenschaft im Vergleich zu anderen Gesellschaftsformen andere Anforderungen an die Treuepflichten zu stellen sein mögen. Eine planwidrige Lücke im Gesetz, die Voraussetzung für die von der Berufung geltend gemachte analoge Anwendung der Vorschrift wäre, ist nicht erkennbar.

II.

Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 34 Abs. 1 S. 1 GenG scheidet aus, weil diese Vorschrift kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt (vgl. Beuthien a.a.O.).

III.

Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht, weil ein absolutes Recht im Sinne dieser Vorschrift nicht verletzt ist. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, daß in das insoweit allein in Betracht kommende Mitgliedschaftsrecht der Kläger (vgl. zum Mitgliedschaftsrecht als absolutes Recht beim eingetragenen Verein BGH NJW 1990, 2877, 2878 m.w.N.) nicht eingegriffen worden ist.

Weiter ist dem Landgericht darin zuzustimmen, daß eine Haftung aus culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) deshalb nicht in Betracht kommt, weil ein unmittelbares Vertragsverhältnis der Kläger zu den Beklagten persönlich nicht bestanden hat und die besonderen Voraussetzungen für eine Haftung des Vertreters (sog. Sachwalterhaftung) unzweifelhaft nicht gegeben sind.

Alleine die Organstellung als Vorstandsmitglied begründet kein wirtschaftliches Eigeninteresse am Erfolg des Unternehmens (vgl. BGH NJW 1994, 2220 für GmbH-Geschäftsführer). Ebenso ist aber auch die Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens durch die Beklagten nicht dargelegt (vgl. dazu - ebenfalls für GmbH-Geschäftsführer - BGH NJW-RR 1991, 1312, 1313 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Persönliches Vertrauen nimmt der zur Vertretung der Gesellschaft Berufene nur dann in Anspruch, wenn er dem Verhandlungsgegner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen geboten hat, die für den Willensentschluß des anderen Teils bedeutsam gewesen ist. Das gilt selbst in den Fällen der Täuschung durch aktives Handeln (vgl. BGH a.a.O., S. 1314 m.w.N.).

An diesen Voraussetzungen fehlt es, wenn das Verhalten sich darin erschöpft, eine gebotene Aufklärung über die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft zu unterlassen (BGH NJW 1994, 2220, 2222). Daß auch nur einer der Beklagten in weitergehender Weise den Klägern in der Weise gegenübergetreten ist, daß er persönlich die Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Erklärungen des Vorstands übernommen und dadurch diese zur Anlageentscheidung bewegt hätte, ist nicht dargelegt. Hierzu reicht das normale Gegenübertreten eines Vorstands gegenüber einer anonymen Allgemeinheit von rd. 500.000 Genossen nicht aus. Ein langjähriges Rechtsverhältnis mit besonderen Fürsorgepflichten bestand eben nicht zwischen den Parteien. Ebenfalls nicht ersichtlich ist es, daß eine unmittelbare aktive Werbung für die Zeichnung von Geschäftsanteilen durch die Beklagten gerade im Hinblick auf die Kläger erfolgt wäre. Die Beklagten haben damit nicht ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen.

V.

Es besteht auch kein Anspruch aus sog. Prospekthaftung, die dann eingreifen kann, wenn ein Prospekt Mängel aufweist, d.h. unrichtig oder unvollständig ist, weil die sog. Card-Journale keinen Prospekt im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung darstellen.

Als Prospekt ist jede marktbezogene, d.h. an eine bestimmte Zahl von Personen gerichtete schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Eindruck eines solchen Inhalts erwecken soll, anzusehen (ebenso Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 7 Rdn. 57). Dies deckt sich nicht zuletzt mit den gesetzgeberischen Erwägungen zu der Vorschrift des Kapitalanlagebetrugs in § 264 a StGB (vgl. BT-Drucksache. 10/318, S. 23 li. Sp.); demgemäß ist es auch in der strafrechtlichen Literatur und Rechtsprechung zu § 264 a StGB anerkannt, daß ein Prospekt nur dann vorliegt, wenn der Werbeträger sich den Anspruch einer gewissen Vollständigkeit gibt (vgl. Schönke/Schröder-Cramer, Rdn. 19 zu § 264 a StGB sowie BGH ST 40, 385, 388).

Gerade diese Mindestanforderung erfüllen die sog. Card-Journale aber nicht. Denn nach ihrem Inhalt und ihrer gesamten Aufmachung erwecken sie für einen verständigen Beobachter in keiner Weise den Eindruck, für eine Anlageentscheidung wesentliche Umstände vermitteln zu wollen.

Es handelt sich um Publikationen, die die typische Aufmachung einer Clubzeitung haben und zu großen Teilen mit Werbung für diverse Produkte und Angeboten von Geschäftspartnern gefüllt sind. So finden sich zum Beispiel im Card-Journal von Oktober 1996 Angebote für eine Flugreise zum Christmass-Shopping nach New York oder eine Busreise zum Advent in Dresden und Hinweise auf Veranstaltungen wie Musicals in Köln und Essen oder einen co op-Familientag im Westfalenpark in Dortmund mit Auftritten von Schlagerstars wie Drafi Deutscher oder Aktionen wie Kinderschminken und Feuerwerk. Im Umfeld derartiger Angebote und weiterer Anzeigen finden sich in den Card-Journalen nur einige wenige grundlegende Informationen über die Möglichkeit, mit Hilfe des Erwerbs von Geschäftsanteilen eine Verzinsung zu erzielen. Dabei handelt es sich um leicht verständliche Erläuterungen des sog. Bonussystems zur Dividendenberechnung anhand von Beispielen, wobei zum Beispiel im Card-Journal Ausgabe April 1996 deutlich darauf hingewiesen ist, daß es sich um Beispielsrechnungen handelt und die Prozentangaben unverbindlich sind, und daß die Höhe der Dividende vom wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft abhängig ist. Die Aussagen lassen sich im Kern dahin zusammenfassen, daß eine um so höhere Dividende erzielt werden kann, je höher Geschäftsguthaben und Umsatz sind. Daran ist einerseits nichts falsch, und zum anderen ist damit erkennbar keinerlei Aussage zum Risiko einer Beteiligung und zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft verbunden. Es ist vielmehr ganz offensichtlich, daß derjenige, der sich über die für den wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft maßgebenden Grundlagen einen Überblick verschaffen will, sich anderweitig informieren muß. Es werden keinerlei Bilanzzahlen mitgeteilt. Zu Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens sind keinerlei Angaben vorhanden. Aussagen zur zukünftigen Entwicklung des Unternehmens sind nicht gemacht. Insoweit sind nicht einmal pauschal gehaltene Werbeaussagen anzutreffen.

Angesichts derartiger Lücken und des beschriebenen übrigen Inhalts der Journale können auch die Aufmacher auf der Titelseite des Card-Journals von Juli 1996 mit der Überschrift "Haben Sie Geld zu verschenken?" sowie dem Appell "Wenn Sie sich entschließen, Ihr Spargeld oder einen Teil davon als Geschäftsguthaben anzulegen bekommen Sie höhere Zinsen als marktüblich" oder in der Ausgabe Oktober 1996 mit der Überschrift "Der Countdown-läuft! ... für Einzahlungen auf Ihr Geschäftsguthaben" und der folgenden Aussage "Sie selbst haben es in der Hand die Ausschüttung Ihrer Basis- und Bonusdividende zu erhöhen" nichts daran ändern, daß diese Card-Journale nicht einmal den Anschein erwecken, sie wollten über die wirtschaftliche Lage der co op informieren. Ein verständiger Leser kann bei diesen Blättern nicht den Eindruck haben, daß sie über alle Umstände, die für die Anlageentschließung von wesentlicher Bedeutung sein können, vollständig unterrichten. Für die Frage, mit welchen Risiken und welchen Ertragsaussichten eine Anlage in Anteilen an der co op verbunden ist, sind diese Broschüren ganz offensichtlich unzureichend.

Sinn und Zweck der Prospekthaftung ist es aber nicht, den Anleger, der sich für derartige Umstände überhaupt nicht interessiert, zu schützen; sie soll vielmehr einen Schutz nur davor gewähren, daß derjenige, der den Eindruck erweckt, entsprechende Informationen geben zu wollen, dies unrichtig oder unvollständig tut. Nach alledem liegt in den Card-Journalen eben kein Prospekt im Sinne der Prospekthaftung, sondern ein bloßes Werbeschreiben.

VI.

Schließlich sind auch deliktische Ansprüche gegen die Beklagten nicht gegeben bzw. Tatsachen, die solche Ansprüche begründen könnten, nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

1.

Soweit die Kläger den Beklagten vorwerfen, unrichtige Bilanzen erstellt zu haben, kommt neben einem Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 147 Abs. 2 GenG auch ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB in Betracht. Denn diese Strafvorschrift zum Kapitalanlagebetrug erfaßt neben unrichtigen Angaben in Prospekten auch sonstige unrichtige Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand. Vermögensübersichten in diesem Sinne sind solche im Sinne von § 265 b Abs. 1 Nr. 1 a StGB, also insbesondere Bilanzen (vgl. Schönke/Schröder-Cramer § 264 a StGB Rdn. 20; Assmann/Schütze-Worms, § 8 Rdn. 87). Noch weiter ist der Begriff der Darstellungen, der auch mündliche Angaben umfaßt (vgl. Schönke/Schröder-Cramer, § 264 a StGB Rdn. 21; Assmann/Schütze-Worms a.a.O.).

Dabei läßt der Senat es allerdings ausdrücklich offen, ob die Vorlage der Bilanzen und die Abgabe weiterer mündlicher Darstellungen durch die Beklagten in den Vertreterversammlungen vom 22.06.1996 und 28.09.1996 als im Zusammenhang mit dem Vertrieb neuer Geschäftsanteile stehend betrachtet werden können, was weitere Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes von § 264 a StGB wäre. Denn ebenso wie ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 147 Abs. 2 Nr. 1 GenG - diese Vorschrift stellt ein Schutzgesetz auch zugunsten der einzelnen Genossen dar (vgl. Beuthien, § 147 GenG Rdn. 2; Müller, § 147 GenG Rdn. 39 jeweils m.w.N.) - scheitert der Anspruch daran, daß die Beklagten vorsätzlich eine unrichtige Darstellung gegeben haben, d.h. vorsätzlich einen Jahresabschluß mit inhaltlichen Mängeln vorgelegt haben müßten. Dafür gibt es keine genügenden Anhaltspunkte.

a)

So ist die von den Klägern angegriffene Aktivierung des Zuschusses von 5 Mio. DM bei der P Hamburg im Jahresabschluß 1995 zumindest vertretbar gewesen. Eine außerplanmäßige Abschreibung wäre nur dann zwingend erforderlich gewesen, wenn schon zum damaligen Zeitpunkt festgestanden hätte, daß nicht lediglich sog. Anlaufverluste vorliegen, sondern daß der Aufwand und die Zuführung weiterer Zuschüsse bei objektiver Betrachtung als Fehlmaßnahme zu qualifizieren war, weil auch für die Zukunft keine Ertragsaussichten bestehen und ein Erfolg der Belebungsmaßnahmen sicher zu verneinen war. Das war hier jedoch nicht der Fall. Zwar hatte die P Hamburg von 1993 bis 1995 erhebliche Verluste im operativen Geschäft erwirtschaftet, jedoch mit deutlich sinkender Tendenz und die Unternehmensberatung R B hatte dein Vorstand der co op im Februar 1996 bestätigt, daß für das Jahr 1996 Gewinne zu erwarten seien, also eine günstige Prognose gestellt. Von daher sprach nichts gegen die Annahme von Anlaufverlusten, zumal als Anlaufzeit in der Regel fünf Jahre betrachtet werden (vgl. L. Schmidt, EStG, § 6 Rdn. 250). Ein weiteres Indiz dafür, daß aus damaliger Sicht der wirtschaftliche Nutzen der Beteiligung nicht deutlich hinter dein für den Erwerb getätigten Aufwand zurückblieb und deshalb so unwirtschaftlich war, daß er von einem gedachten Erwerber des Betriebes nicht honoriert würde (so die Definition einer Fehlmaßnahme in BFH BStBl. 1988 II S. 488 und 1989 II, S. 269), ist die Tatsache, daß es in den Jahren 1995 und 1996 für die Pro-Kette noch Kaufangebote über 100 Mio. DM von den Firmen E und T gegeben hatte. Diese Umstände schließen es nach Auffassung des Senats aus, von einer unvertretbaren Aktivierung in dem Jahresabschluß 1995 auszugehen. Die gegenteilige Auffassung auch der Staatsanwaltschaft Dortmund in ihrer Anklageschrift gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) (dort auf S. 19 = Bl. 373 GA), daß die Zuschüsse hätten abgeschrieben werden müssen, weil "die Verluste über einen so langen Zeitraum erheblich waren", berücksichtigt nicht die rückläufige Entwicklung der Verluste und die von der Unternehmensberatung B aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen gegebene günstige Prognose.

b)

Auch hinsichtlich der von den Klägern angegriffenen Verbuchung der Zahlungen der Gewürzlieferanten F und U im Jahre 1995 gilt, daß diese nicht fehlerhaft war. Denn die Beklagten haben im einzelnen dargelegt, daß es sich bei diesen Zahlungen nicht um Boni-Vorauszahlungen für die Folgejahre handelte, sondern um einen Kauf von Marktanteilen in Form sog. "Listungsgelder", d.h. um Zahlungen, die einzig und allein als Gegenleistung dafür vereinbart wurden, daß die Firma F anstelle der Firma O gelistet wurde und die Firma U die bestehende Listung behielt. Diese Darstellung ist zumindest nicht zu widerlegen; sie wird im Gegenteil durch die vorliegen den schriftlichen Vereinbarungen Blatt 561 GA und Blatt 562 GA gestützt. Nach diesen Verträgen waren die Zahlungen eben nicht davon abhängig, daß die co op mit den Lieferanten einen bestimmten Umsatz in einer bestimmten Zeit zu tätigen hatte. Es war lediglich ein Gesamtumsatz garantiert, der aber gerade nicht zwingend innerhalb des Vertragszeitraums von drei Jahren zu erbringen war, sondern nur dadurch gesichert wurde," daß sich die Vertragsdauer ggf. verlängerte Rückzahlungsklauseln dahingehend, daß die Zahlungen etwa zu erstatten wären, wenn der anvisierte Umsatz nicht erreicht wird, waren in den Verträgen nicht enthalten.

Soweit die Kläger demgegenüber auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft und auf Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren verweisen, ergibt sich nichts anderes. Auch die Staatsanwaltschaft geht hinsichtlich des Inhalts der Verträge von keinem anderen Sachverhalt aus. Bei den von den Klägern zitierten Zeugenaussagen handelt es sich lediglich um rechtliche Schlußfolgerungen der Zeugen, für die diese zum Teil nicht kompetent sind und die ersichtlich auf einer anderen Tatsachengrundlage beruhen. Durchaus unterstellt werden kann allerdings, daß die Beklagten zu 2) und 9) - was sie bestreiten den Einkaufsleiter Sch angewiesen haben, die 6 Mio. DM in 1995 zu buchen bzw. buchen zu lassen. Über eine etwaige Inkorrektheit der Buchung besagt dieser Umstand nämlich nichts.

c)

Eine unrichtige Information der Vertreterversammlung vom 22.6.1996 liegt schließlich auch nicht darin, dass die Beklagten es - wie es die Anklageschrift der StA Dortmund den Beklagten zu 1), 2) und 4) vorwirft - unterlassen haben, die Versammlung über das eingeschränkte Testat des Revisionsverbandes Deutscher Konsumgenossenschaften zu dem Jahresabschluss 1995 zu unterrichten. Denn der entsprechende Prüfbericht datiert vom 15.11.1996, lag also am 22.6.1996 noch gar nicht vor.

d)

Lediglich zusätzlich und ergänzend weist der Senat darauf hin, daß auch im Falle einer unterstellten objektiven unrichtigen Buchung Vorsatz der Beklagten nur angenommen werden könnte, wenn diese die Unrichtigkeit erkannt oder zumindest für möglich gehalten haben. Insoweit beziehen sich die Kläger indessen im wesentlichen nur auf den Inhalt der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund. Weder danach noch nach dem sonstigen Klägervorbringen ist zu erkennen, daß die Beklagten zu 3) und 5), auf die sich die Anklageschrift nicht bezieht, zu irgendeiner Zeit mit diesen Fragen überhaupt befaßt gewesen sind.

2.

Soweit die Beklagten außerhalb der Bilanzen vorsätzlich über die tatsächliche wirtschaftliche Lage der co op getäuscht und durch diese Täuschung den Beschluß der Vertreterversammlung zur Kapitalerhöhung und zur Anlageentscheidung der Kläger herbeigeführt hätten, käme ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB in Betracht. Auch ein solcher Betrug läßt sich indessen nicht feststellen.

a)

Es gibt keine hinreichenden Anzeichen dafür, daß die Beklagten sozusagen sehenden Auges von der Vertreterversammlung im September 1996 die Erhöhung der Geschäftsanteile beschließen ließen, obwohl sie eine existenzbedrohende Schieflage der co op erkannt hatten, ohne aber auf diesen Umstand hinzuweisen, um durch diese Täuschung über die Bonität der co op die Zustimmung zur Anteilserhöhung zu erreichen.

Dieser in Übereinstimmung mit der vorliegenden Anklageschrift der StA Dortmund von den Klägern erhobene Vorwurf erscheint nicht einmal schlüssig dargelegt. So haben die Beklagten zu 1) und 2) in der Versammlung unstreitig "auf die außerordentlich schwierige Situation" der co op ebenso hingewiesen wie darauf, daß sich "in 1995 die Umsatz- und Ertragslage noch einmal deutlich verschlechtert, habe." Der Beklagte zu 2) hat bei Erläuterung des Jahresabschlusses ausdrücklich vorgetragen, daß der im Jahresabschluß ausgewiesene Bilanzgewinn aus der Substanz komme, aber nicht verdient wurde, daß zugunsten dieses Bilanzgewinns sämtliche freien Rücklagen aufgelöst wurden, daß sich die Finanzierungsspielräume des Konzerns verengten, daß die Genossenschaft zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit gezwungen sei, ihre Kreditinanspruchnahmen in vollem Umfang durch Gestellung von Sicherheiten zu unterlegen, daß die Kreditwürdigkeit in sehr hohem Maße von einer Bereitschaft zum Umbau des Konzerns abhänge und daß im Hinblick auf eine Verlängerung der Kreditlinien der Banken akuter Handlungsbedarf bestehe. Hinzu kommen die zahlreichen Presseveröffentlichungen im Dortmunder Raum im Sommer 1996, die dasselbe kritische Bild von der Lage des co op-Konzerns zeigten. Diese zutreffende Schilderung wird keineswegs dadurch entwertet, daß bei der Vorlage des Jahresabschlusses auch auf Umstrukturierungen und auf Anstrengungen, das -operative Geschäft wieder günstiger zu gestalten, hingewiesen worden ist. Es ist geradezu die selbstverständliche Pflicht eines Vorstandes, den Genossen auch darzulegen, welche Bemühungen zur Konsolidierung des Unternehmens unternommen werden. Entgegen der Auffassung der Anklageschrift der StA Dortmund, die die Kläger sich zu eigen machen, macht das die zutreffenden kritischen Schilderungen nicht zu "Halbwahrheiten."

Der weiter gegen die Beklagten erhobene Vorwurf, ihnen könne die existenzbedrohende Entwicklung, die im Jahre 1996 zu erwirtschafteten Verlusten von knapp 69 Mio. DM geführt habe, nach dem Ablauf von drei Quartalen des Geschäftsjahres nicht verborgen geblieben sein, stellt in Anbetracht der gegenteiligen Prognosen der Unternehmensberatung B eine durch keinerlei Tatsachen gestützte Behauptung dar. Nach dem Vortrag der Beklagten war nach den zum 28.09.1996 vorliegenden Zahlen, nämlich der GuV-Rechnung des ersten Halbjahres mit einem Verlust in dieser Höhe nicht zu rechnen. Erst im September/ Oktober 1996 sei in Zusammenarbeit mit den Beratern von R B auf der Basis der GuV-Rechnung für den Zeitraum von Januar bis August 1996 und der Einschätzung von Umsätzen, Kosten- und Ertragsentwicklungen eine erste Hochrechnung des Jahresergebnisses 1996 erarbeitet worden, die einen Verlust aus dem operativen Geschäft in Höhe von ca. 13 Mio. DM erwarten ließ. Der zuzüglich einmaliger Restrukturierungsaufwendungen zu erwartende Gesamtverlust in Höhe von ca. 25 Mio. DM sei durch die ertragswirksame Zahlung von A für die Übernahme der Gesellschafteranteile an den verschiedenen zukünftig gemeinsam zu betreibenden Gesellschaften in Höhe von ca. 78 Mio. DM mehr als gedeckt gewesen. Dieser Darstellung der Beklagten sind die Kläger nicht weiter entgegengetreten. Der pauschal erhobene Vorwurf, die Höhe des tatsächlich eingetretenen Verlustes "könne" den Beklagten nicht verborgen geblieben sein, läßt sich damit nicht belegen.

Soweit die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, deren Inhalt sich die Kläger zu eigen machen, darüber hinaus den Vorwurf erhebt, auf der Versammlung vom 28.09.1996 sei nicht über die bevorstehende Trennung von A informiert worden, geht dieser Vorwurf anöden Tatsachen schlicht vorbei. Denn in jener Versammlung vom 28.09.1996 war gerade erst die Partnerschaft mit A beschlossen worden. Der Rückzug der Firma A erfolgte unstreitig erst im Sommer 1997. Dies konnten die Beklagten natürlich im Zeitpunkt der Begründung der Partnerschaft, die die wirtschaftlichen Aussichten der co op gerade entscheidend verbessern sollte, noch nicht vorhersehen.

b)

Ein Betrug im Sinne von § 263 StGB liegt schließlich auch nicht darin, daß die Beklagten das Card-Journal Ausgabe Oktober 1996 in der vorliegenden Form herausgegeben haben, ohne dort in derselben Form auf die kritische Lage der co op hinzuweisen, wie dies zuvor in der Vertreterversammlung vom 28.09.1996 geschehen war. Das Unterlassen dieses Hinweises auf die kritische Situation der co op und die verschlechterte Umsatz- und Ertragslage im Sommer 1995 kann nicht als Täuschung der Adressaten gewertet werden. Auch insoweit ist der Gesichtspunkt entscheidend, daß dieses Journal eben gar keine Informationen zur Ertragskraft, Bonität oder wirtschaftlichen Lage der co op enthält, so daß eine aktive Täuschung über diese Umstände von vornherein ausscheidet. Eine Täuschung durch Unterlassen könnte nur bei Bestehen einer entsprechenden Aufklärungspflicht angenommen werden. Eine solche Pflicht wäre indes nur dann zu bejahen, wenn die Beklagten ein aktuelles Risiko dahingehend erkannt hatten, daß von den Genossen neu geleistete Einlagen unmittelbar vom Verlust bedroht seien. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, läßt sich jedoch insbesondere angesichts der von der Unternehmensberatung R B erstellten günstigen Prognosen gerade nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, daß die Beklagten eine solche Einschätzung hegten. Dann durften sie aber das Unternehmen fortführen und auch den Beschluß der Vertreterversammlung vom 28.09.1996 umsetzen, indem sie über die Möglichkeit zur Erhöhung der Geschäftsanteile informierten. Sie konnten davon ausgehen, daß Interessenten sich das zur Beurteilung des Anlagerisikos notwendige Wissen aus den Geschäftsberichten, Versammlungsprotokollen und allgemein zugänglichen Quellen wie Presseberichten verschaffen konnten.

3.

Da nach alledem vorsätzliche Handlungen der Beklagten in Bezug auf eine Schädigung von Erwerbern der Geschäftsanteile nicht feststellbar sind, scheidet auch ein Anspruch gemäß § 826 BGB aus.

4.

Soweit die Kläger sich zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auch auf die Bilanz des Jahres 1996 und deren Vorlage in der Vertreterversammlung vom 21.06.1997 bezogen haben, kann es hierauf unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ankommen, weil alle streitigen Geschäftsanteile bereits im Jahre 1996 gezeichnet und erworben waren. Eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten im Jahre 1997 kann deshalb für diesen Erwerb nicht mehr ursächlich geworden sein, so dass ihr Vorliegen keiner Entscheidung bedarf.

C

Es bestand keine Veranlassung, den Klägern noch einen Schriftsatznachlaß im Sinne von § 283 ZPO zu gewähren. Die ergänzende Berufungsbeantwortung der Beklagten zu 4) und 5) hat mehr als einen Monat vor dem Termin, der weitere Schriftsatz vom 01.09.2000 drei Wochen vor dem Termin vorgelegen. Beide Schriftsätze haben jedoch nur im Kern das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten wiederholt und im übrigen konkret zu mehr oder weniger pauschal erhobenen Vorwürfen der Kläger Stellung bezogen. Soweit die Kläger dies zum Anlaß nehmen, eine weitere Konkretisierung ihres Tatsachenvortrages anzukündigen, ist dem entgegenzuhalten, daß die entsprechende Substantiierung des Tatsachenvortrags bereits Aufgabe wenn nicht der Klageschrift, so doch zumindest der Berufungsbegründung gewesen wäre. Die Einräumung einer weiteren Frist hierfür kann nicht verlangt werden.

Ebenso kam eine Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 149 ZPO im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren nicht mehr in Betracht, da die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit der Anklageerhebung abgeschlossen sind und der vorliegende Rechtsstreit entscheidungsreif ist, ohne dass es einer Beweisaufnahme bedarf und es auf eine Beweiswürdigung bezüglich bestrittener Tatsachen ankommt.

D

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 1 S. 2 ZPO war nicht veranlaßt. Weder weicht das Senatsurteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 546 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO) noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 546 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO). Es stehen keine Rechtsfragen zur Entscheidung, über deren Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert worden sind und die deshalb klärungsbedürftig sind. Eine Grundsätzlichkeit folgt dagegen nicht aus konkreten tatsächlichen Auswirkungen, wie etwa der Betroffenheit eines größeren Personenkreises vom Ausgang des Rechtsstreits (vgl. BGH NJW 1970, 1549).

Ende der Entscheidung

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