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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.02.2004
Aktenzeichen: 9 U 97/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 286 | |
BGB § 990 Abs. 2 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten und auch die Berufung der Klägerin gegen das am 14. April 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer I des Landgerichts Detmold werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden der Beklagten zu 63 % und der Klägerin zu 37 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Anlässlich der im März 1999 erfolgten Räumungsvollstreckung gegen die Klägerin wurde die Beklagte von der zuständigen Gerichtsvollzieherin mit dem Abtransport und der Lagerung des Inventars beauftragt. Nach Freigabe des Räumungsgutes durch die Gerichtsvollzieherin kam es im Mai 1999 zunächst zu zwei Abholversuchen der von der Klägerin beauftragten Spedition W, die jedoch wegen Streitigkeiten über die Dokumentation von Vollständigkeit und Zustand dieses Gutes scheiterten. Im Juni 1999 ließ die Klägerin das Inventar dann bei der Beklagten abholen, wobei zur Dokumentation der an den eingelagerten Gegenständen vorhandenen Schäden, die nach der Darstellung der Klägerin von der Beklagten verursacht worden sind und um die die Parteien in dem vorliegenden Prozess streiten, der Schadengutachter T für die Klägerin tätig war. Dieser stellte ihr für sein Auftragsgutachten 3.000,00 DM in Rechnung.
Die Klägerin hat behauptet, ihre Einrichtungsgegegenstände seien bei Räumung und Lagerung durch die Beklagte infolge unsachgemäßen Transportes und unzureichender Verpackung beschädigt worden. Mit ihrer Klage hat sie zunächst 16.143,96 DM wegen Beschädigung ihres Inventars (Antrag zu 1), 1.841,96 DM wegen verhinderter Einsätze der Firma W, hilfsweise wegen weiterer Transportschäden (Antrag zu 2), sowie 3.000,00 DM wegen überhöhter Lagerkosten (Antrag zu 3) als Schadenersatz begehrt. Das Landgericht hat durch rechtskräftiges Grund- und Teilurteil vom 05.07.2000 festgestellt, dass die Klage hinsichtlich des Antrages zu 1. dem Grunde nach gerechtfertigt ist, soweit die Klägerin für die ihr entstandenen Gutachterkosten sowie für Schäden an einzelnen Möbelstücken Schadenersatz begehrt. Bei diesen Möbelstücken und Einrichtungsgegenständen handelt es sich um eine dunkle Kommode, einen Wohnzimmerschrank mit Bleiverglasung, das Oberteil eines Wohnzimmerschrankes mit Schnitzereien und einen Barockrahmen des Landschaftbildes mit Schild "Q". Hinsichtlich des Hauptantrages zu 2. hat das Gericht die Klage abgewiesen und die Entscheidung über den Hilfsantrag - wie auch über den Antrag zu 3. - dem Schlussurteil vorbehalten.
Nach Erlass dieses Urteils hat die Klägerin noch Ersatz der Transport- und Lagerschäden an ihrem Umzugsgut in Höhe von 8.254,28 EUR (Antrag 1), weiteren Schadenersatz in Höhe von 941,78 EUR wegen Transport- und Lagerschäden (Antrag 2: Hilfsantrag) sowie weiterhin Schadenersatz in Höhe von mindestens 1.533,88 EUR wegen überhöhter Lagerkosten (Antrag 3) begehrt.
Die Beklagte ist diesem Begehren - wie bisher - entgegengetreten und hat behauptet, die Möbel der Klägerin seien alt, gebraucht, teilweise beschädigt und insgesamt wertlos gewesen. Die von ihr berechneten Kosten für die Lagerung des Räumungsgut seien angemessen und könnten im Übrigen von der Klägerin mangels Vertragsverhältnisses nicht beanstandet werden. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit der angeblichen Gegenforderung einer Frau I in Höhe von 2.600,00 EUR. erklärt und hierzu behauptet, diese habe, vertreten durch ihren Rechtsanwalt N, eine unstreitig rechtskräftig titulierte Forderung gegen die Klägerin in Höhe von insgesamt 388.068.98 DM in Höhe der Gegenforderung an sie abgetreten.
Die Wirksamkeit der Abtretung und die Bevollmächtigung des RA N sind von der Klägerin bestritten worden.
Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Klägerin 1.513,88 Euro zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass die Klägerin Ansprüche auf Ersatz der gesamten Gutachterkosten in Höhe von 1.533,88 Euro sowie auf Ersatz beschädigter Einrichtungsgegenstände in Höhe von 2.500,00 Euro, d.h. insgesamt 4.113,88 Euro, erlangt hatte, und hat diese aufgrund der für wirksam erachteten Hilfsaufrechnung um 2.600,00 Euro auf 1.513,88 Euro gekürzt.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung, wobei die Klägerin weiterhin den Ersatz überhöhter Lagerkosten in Höhe von 686,57 Euro begehrt sowie mit einer beabsichtigten Berufungserweiterung die Kürzung ihrer Forderung durch die Hilfsaufrechnung um 2.600,00 Euro angreift, während die Beklagte Klageabweisung beantragt, soweit sie zu einem höheren Betrag als 363,47 Euro verurteilt worden ist.
II.
Die zulässigen Berufungen sind unbegründet.
1.
Das Landgericht hat einen Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen der nach dem 27. Mai 1999 (1. Abholversuch der Fa. W, Bl. 20 d.A.) entstandenen Lagerkosten zutreffend mit der Begründung fehlender vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien sowie mangels Rechtsgutverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB verneint. Auch der in der Berufungsbegründung enthaltene Hinweis auf § 286 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch diese Vorschrift ein Vertragsverhältnis voraussetzt. Des weiteren kommt auch ein Anspruch aus § 990 Abs. 2 BGB nicht zum Zuge, da die Beklagte rechtmäßige Besitzerin des Umzugsgutes war.
Soweit die Klägerin im Wege der Berufungserweiterung Ersatz weiterer 2.600,00 Euro mit der Begründung der Unwirksamkeit der von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung mit der unstreitig rechtskräftig zuerkannten Forderung der Frau I (gegen sie) geltend machen will, ist dieses Begehren aussichtslos, da der Rechtsanwalt N entgegen der klägerischen Darstellung von Frau I auch bevollmächtigt war, diese Forderung an die Beklagte abzutreten.Zwar lässt sich der im Original zu den Akten gereichten formularmäßigen Vollmacht (Bl. 287 d.A.) die Bevollmächtigung zu einer Abtretung nicht ohne weiteres entnehmen; jedoch hat die Beklagte eine Erklärung der Frau I vorgelegt, in der die Abtretung von dieser ausdrücklich genehmigt worden ist.
2.
Die Klägerin kann auch die in Rechnung gestellten Kosten des Schadengutachters T in voller Höhe ersetzt verlangen. Dass die Beklagten dem Grunde nach hierzu verpflichtet sind, ist in dem Gundurteil des Landgerichts rechtskräftig festgestellt worden. Die Ersatzpflicht erstreckt sich aber auch der Höhe nach auf den vollen Kostenbetrag für die gesamte Inventarprüfung und nicht etwa nur auf die dem Anteil der tatsächlich festgestellten Transportschäden entsprechende Quote.
Die Entscheidung über die Höhe des ersatzfähigen Gutachterkosten hängt wesentlich davon ab, ob die Beauftragung des Schadengutachters in dem in Rechnung gestellten Umfang zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist, wobei diese Beurteilung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles aus der Sicht ex ante vorgenomnen werden muss. Ein derartiger schutzwürdiger Informationsbedarf besteht dabei dann, wenn und soweit zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen aus Sicht eines verständigen Betrachters Verdachtsmomente vorhanden sind, die bei vernünftiger Beurteilung einen Argwohn im Hinblick auf Transport- und Lagerschäden begründen können. Hingegen ist grundsätzlich unerheblich, in welchem Umfang der begründete Verdacht sich nachträglich realisiert, sofern der Gutachter überhaupt erst nach Durchführung der gesamten Überprüfung zu einer abschließenden Klärung des Schadenumfanges gelangen kann.
So liegt der Fall hier. Der Schadengutachter T hat bei seiner Vernehmung als Zeuge ausgesagt, die Einrichtungsgegenstände seien teilweise nur notdürftig mit Decken abgedeckt gewesen und es sei im Übrigen kein Schutz gegen Transportschäden gegeben gewesen. In Anbetracht dieser äußeren Verdachtsanzeichen war die Klägerin berechtigt, ihrem sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Verdacht auf derartige Schäden nachzugehen und ihr insoweit betroffenes Inventar zum Zweck der Beweissicherung in vollem Umfang sachverständig überprüfen zu lassen. Hieraus folgt die uneingeschränkte Ersatzfähigkeit der Gutachterkosten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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