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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 18.07.2002
Aktenzeichen: 12 U 47/02
Rechtsgebiete: VVG
Vorschriften:
VVG § 16 | |
VVG § 17 | |
VVG § 21 |
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 18. Juli 2002
In Sachen
wegen Forderung
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2002 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zöller Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer Richter am Oberlandesgericht Dr. Delius
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 29. Januar 2002 - 2 O 450/01 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Der Versicherungsnehmer, der verstorbene Lebensgefährte der als Bezugsberechtigte eingesetzten Klägerin, beantwortete die Frage im Versicherungsantrag "Sind sie in den letzten 2 Jahren (zu erg. ärztlich) untersucht, beraten oder behandelt worden?" mit "nein". Dies war falsch. Tatsächlich war er 1998 in der Klinik B. anlässlich eines stationären Aufenthalts untersucht worden. Einige Untersuchungsergebnisse waren als pathologisch bewertet worden. Dass ihr Lebensgefährte den Versicherungsvertreter mündlich über die Untersuchungen informierte, behauptet die Klägerin selbst nicht. Daher ist es auch ohne Bedeutung, ob der Versicherungsnehmer selbst oder ein Versicherungsvermittler das Antragsformular ausfüllte. Die Formularerklärung ist vom Versicherungsnehmer unterzeichnet worden und stellt seine einzige nach §§ 16, 17 VVG relevante Äußerung gegenüber dem Versicherer dar. Es ist daher davon auszugehen, dass er die von ihm unterschriebene schriftliche Erklärung, welche die Untersuchung anlässlich des stationären Aufenthalts verschwieg, auch abgeben wollte. Dass der Versicherungsnehmer sich an den stationären Aufenthalt bei Antragstellung nicht mehr erinnerte, ist weder dargetan noch anzunehmen. Inwieweit dem Versicherungsnehmer das Ergebnis der Untersuchungen bekannt war, ist unerheblich, da an dieser Stelle nur gefragt war, ob er untersucht wurde. Ebenso unerheblich ist, ob er sich behandlungsbedürftig fühlte.
Die Relevanz der falsch beantworteten Frage liegt auf der Hand. Die zutreffende Beantwortung dieser Frage hätte der Beklagten erst eine Risikoprüfung auf zutreffender Tatsachenbasis ermöglicht. Sie hätte insbesondere beim untersuchenden Arzt nachfragen und sich die Detailkenntnisse über den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers verschaffen können. Dass nach dem Gesundheitszustand selbst im Antragsformular gar nicht gefragt worden war, steht dieser Annahme nicht entgegen. Dies ergibt sich schon aus § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG. Im übrigen ist es dem Versicherer unbenommen, direkte Gesundheitsfragen zu stellen oder sich darauf zu beschränken, erst nach Mitteilung ärztlicher Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen weitere Maßnahmen zur Risikoprüfung durchzuführen. Dass die Beklagte bei zutreffender Beantwortung der Frage solche Maßnahmen nicht eingeleitet hätte, behauptet die Klägerin selbst nicht. Eine detaillierte Darlegung ihrer Grundsätze der Risikoprüfung war der Beklagten daher insoweit nicht abzuverlangen (BGH VersR 1984, 628). Dass die Befunde der Klinik (u.a. Adipositas permagna, Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie, Nikotinabusus; drastisch erhöhtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung) in der Lebensversicherung zu den typischen Gefahrumständen zählen, welche die Ablehnung des Versicherungsantrags oder dessen nur eingeschränkte Annahme zur Folge haben, ist offensichtlich. Insoweit bedarf es keiner weiteren Darlegung der Risikoprüfungsgrundsätze (OLG Köln r+s 1991, 6)
2. Gemäß § 21 VVG ist ein Versicherer trotz Rücktritts zur Leistung verpflichtet, wenn der im Versicherungsantrag falsch angegebene Umstand keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Den Beweis der mangelnden Kausalität muss der Versicherungsnehmer (bzw. der Bezugsberechtigte) führen (Senat VersR 1990, 781; BGH VersR 1990, 297). Allerdings betrifft hier die falsch beantwortete Frage nur einen indizierenden Umstand. Auf dem abgeschlossenen stationären Aufenthalt bzw. den dort durchgeführten Untersuchungen beruht der Eintritt des Versicherungsfalls nicht. Gleichwohl bleibt die Beklagte deshalb nicht trotz Rücktritts gemäß § 21 VVG wegen Fehlens einer Kausalität zur Leistung verpflichtet. Umstände, die wie symptomatische Beschwerden oder Krankenhausaufenthalte, lediglich auf eine tatsächliche Erkrankung hinweisen, gelten jedenfalls dann als ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls, wenn sie eindeutig zur Feststellung eines vertragserheblichen Zustands geführt haben würden und letzterer für den Versicherungsfall ursächlich war (OLG Hamburg VersR 1988, 396; OLG Köln r+s 1991, 354.; vgl. auch: OLH Hamm VersR 1992, 1206; Römer/Langheid, VVG, § 21 Rdn.11; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 21 Rdn. 5f; Knappmann r+s 1996, 81).
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis mangelnder Kausalität (OLG Koblenz NVersZ 1999, 125) nicht erbracht. Sie hat insbesondere nicht nachgewiesen, dass zwischen dem Zustand des Versicherungsnehmers, der bei der Untersuchung im Krankenhaus B. festgestellt wurde, und der Todesursache kein (mit-) ursächlicher Zusammenhang besteht. Die Klägerin hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass das von den Ärzten des Krankenhauses B. festgestellte stark drastisch erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht für den Tod des Versicherungsnehmers aufgrund eines Herzinfarkts etwa ein Jahr später zumindest mitursächlich war. Die Klägerin hat auch im Berufungsrechtszug dazu keinerlei konkrete Tatsachen vorgetragen. Im übrigen folgt der Senat den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts.
3. Die Klägerin ist rechtzeitig vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Die Umstände, die sie zum Rücktritt berechtigten, wurden ihr erst im März 2001 bekannt. Das Rücktrittsrecht beruht darauf, dass der Versicherungsnehmer bei der Antragstellung falsche Angaben machte. Die Frist begann daher nicht schon mit der Kenntnis darüber, dass der Versicherungsnehmer Herzinfarkt gefährdet war und an einem Herzinfarkt starb. Vielmehr begann die Frist erst mit der Erlangung der Kenntnis, dass der Versicherungsnehmer die Untersuchungen in B. trotz ausdrücklicher Frage im Antragsformular verschwiegen hatte. Davon erfuhr die Beklagte erst Ende März 2001 durch Übersendung des Berichtes des Krankenhauses B.
4. Die Beklagte ist nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf ihre Leistungsfreiheit zu berufen. Auf Grund der ihr bekannten Umstände war die Beklagte nicht gehalten, die Angaben des Versicherungsnehmers vor Vertragsschluss nachzuprüfen oder auf eine Ergänzung der Angaben hinzuwirken. Eine derartige Nachprüfungspflicht besteht nur bei ersichtlich unvollständigen oder unklaren Antworten. Die Antwort des Versicherungsnehmers, dass er weder untersucht noch behandelt wurde, ist jedoch vollständig und klar.
II.
Da die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hat, hat sie gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist gem. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.
Ende der Entscheidung
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