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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 20.06.2008
Aktenzeichen: 14 W 31/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
ZPO § 927
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 936
1. Wird eine erstinstanzlich ausgeurteilte einstweilige Verfügung durch Berufungsurteil in nicht nur geringfügiger Weise abgeändert, so beginnt die Vollziehungsfrist neu zu laufen.

2. Die Abänderung einer auf den Abdruck einer Gegendarstellung gerichteten einstweiligen Verfügung ist dann geringfügig, wenn sie sich auf die Schriftgröße und - damit zusammenhängend - auf die von der Gegendarstellung einzunehmende Fläche beschränkt, den Text aber unverändert läßt.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss

Geschäftsnummer: 14 W 31/08

20. Juni 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Gegendarstellung

hier: sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 09.05.2008

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 09.05.2008 - 3 O 423/07 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Schuldnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.

4. Der Antrag der Schuldnerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 09.05.2008 - 3 O 423/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In lediglich auf die Schriftgröße bezogener Abänderung des Urteils des Landgerichts Offenburg vom 26.11.2007 - 3 O 423/07 -, welches ihr von Amts wegen am 28.11.2007 und im Parteibetrieb am 30.11.2007 zugestellt worden war, wurde die damalige (Verfügungs-) Beklagte (Schuldnerin) durch rechtskräftiges Berufungsurteil des OLG Karlsruhe vom 29.02.2008 (14 U 199/07) - den Parteien jeweils am 10.03.2008 von Amtswegen zugestellt - verpflichtet, in der Zeitschrift "F. R." eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, wegen deren Inhalts auf AS 219 verwiesen wird. Da die Veröffentlichung nicht erfolgt ist, hat das Landgericht auf Antrag des Gläubigers vom 03.04.2008, welcher in der - den Antrag der Schuldnerin vom 16.04.2008 auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 927 ZPO) betreffenden - mündlichen Verhandlung vom 06.05.2008 modifiziert wurde, durch am 14.05.2008 zugestellten Beschluss vom 09.05.2008 gegen die Beklagte ein Zwangsgeld von 10.000,00 €, für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit für je 500,00 € jeweils ein Tag Zwanghaft, festgesetzt. Dagegen richtet sich die am 19.05.2008 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt. Sie ist der Auffassung, die einstweilige Verfügung vom 29.02.2008 sei mangels Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO wirkungslos geworden, so daß die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Zwangsvollstreckungstitels vorlägen (§ 927 i.V.m. § 936 ZPO). Die Urteilsverfügung des Landgerichts habe nämlich durch das Berufungsurteil eine wesentliche inhaltliche Änderung erfahren, weswegen mit der Verkündung des Berufungsurteils eine neue Vollziehungsfrist zu laufen begonnen habe, innerhalb derer die einstweilige Verfügung aber nicht vollzogen worden sei.

II.

Das gemäß § 793 Abs. 1 ZPO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf die Gründe seines Urteils vom 09.05.2008, mit dem es den Antrag der Schuldnerin nach § 927 ZPO zurückgewiesen hat, ausgeführt:

Es sei zwar richtig, daß bei Abänderungen einer einstweiligen Verfügung eine neue Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO zu laufen beginne. Dies gelte aber nicht bei zulässigen geringfügigen Änderungen durch das Gericht. Von einer solchen zulässigen geringfügigen Änderung, die keine erneute Vollziehungsfrist habe in Lauf setzen können, sei im vorliegenden Fall auszugehen: Hinsichtlich des erstinstanzlichen Urteils habe der Gläubiger alles getan, um die Vollziehungsfrist nach den §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO zu wahren. Hinsichtlich des zweitinstanzlichen Urteils verbiete sich die Annahme einer wesentlichen Änderung, die aus Gründen des Schuldnerschutzes eine neuerliche Vollziehung erfordert hätte.

2. Diese Ausführungen sind uneingeschränkt richtig. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen der Schuldnerin - die hierzu im wesentlichen Bezug auf die Begründung ihrer Berufung gegen das ihren Aufhebungsantrag abweisende landgerichtliche Urteil vom 09.05.2008 genommen hat - gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Entgegen dem Vortrag der Schuldnerin hat das Berufungsurteil vom 29.02.2008 die erstinstanzlich ausgeurteilte einstweilige Verfügung nicht "wesentlich neu gefasst". Der Text der einstweiligen Verfügung wurde durch das Berufungsurteil nämlich nicht geändert. Eine Veränderung erfolgte nur insoweit, als die Schriftgröße und damit die durch die Gegendarstellung einzunehmende Fläche reduziert wurde. Die durch das Berufungsurteil angesprochene Verpflichtung stellt sich gegenüber derjenigen aus der im übrigen bestätigten erstinstanzlichen Entscheidung als ein Weniger dar. In solchen Fällen bedarf es einer erneuten Vollziehung nicht (OLGR Köln 2002, S. 363 f. m.w.N.). Angesichts dessen, daß - was auch in der Kostenscheidung des Berufungsurteils zum Ausdruck kommt - die durch die Urteilsverfügung des Berufungsgerichts erfolgte Änderung nur unwesentlich war, konnten bei der Schuldnerin nämlich keine - jedenfalls keine berechtigten - Zweifel daran bestehen, daß der Gläubiger sein Gegendarstellungsbegehren in dem ihm zweitinstanzlich zugesprochenen Umfang weiterverfolgen werde. Daß der Gläubiger an der Vollziehung der einstweiligen Verfügung ernsthaft interessiert war, zeigt sich - hierauf hat er auf Seite 3 der das landgerichtliche Urteil vom 09.05.2008 betreffenden Berufungsbegründung mit Recht hingewiesen - daran, daß er die erstinstanzliche Urteilsverfügung im Parteibetrieb zugestellt hat und in der mündlichen Berufungsverhandlung die Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Zudem hatte er bereits unter dem 19.12.2007 in dieser Sache beim Landgericht ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO beantragt.

III.

Demgemäß war das Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Aus obigen Ausführungen ergibt sich zugleich, daß auch der Antrag der Schuldnerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss zurückzuweisen war.

Bezüglich der Streitwertfestsetzung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts und die darin enthaltenen Hinweise auf Zöller/Herget bzw. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl. 2007, Rdn. 20 zu § 888 und Rdn. 16 zu § 3 - Stichwort "Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung" - Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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