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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 14 W 82/06
Rechtsgebiete: bad.-württ. LPG, ZPO


Vorschriften:

bad.-württ. LPG § 11
ZPO § 888
Ist in der Abdruckanordnung die Mindestfläche der Gegendarstellung in Relation zur Fläche des Textteils der Erstmitteilung gesetzt worden, so ist damit zum Ausdruck gebracht, daß der Flächenberechnung lediglich die vom Text bedeckte Fläche - einschließlich der horizontalen und vertikalen Abstände zwischen den einzelnen Schriftzeichen - zu berücksichtigen ist. Außerhalb des Textumrisses liegende Flächen sind der Berechnung nicht zugrunde zu legen.
Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss

Geschäftsnummer: 14 W 82/06

09. Januar 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Gegendarstellung

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers Heiner Lauterbach gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 17.11.2006 - 2 O 106/06 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

In auf die Art und Weise der Veröffentlichung - auch hinsichtlich der Schriftgröße - bezogener Abänderung zweier erstinstanzlicher Urteile des Landgerichts Offenburg wurde die Schuldnerin durch rechtskräftiges Senatsurteil vom 07.07.2006 - 14 U 86/06 - (AfP 2006, 372 ff. = OLGR Karlsruhe 2006, 764 f. = ZUM-RD 2006, 515 ff.) verurteilt, auf der Titelseite der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift "Neue Woche" eine Gegendarstellung der beiden Gläubiger - des jetzigen Beschwerdeführers und seiner Ehefrau - zu einer sie beide betreffenden Erstmitteilung abzudrucken. Dabei wurde unter anderem angeordnet, daß der Abdruck mit gleichem Schrifttyp, wie sie für die Erstmitteilung verwendet wurde, zu erfolgen habe, und daß "die Schriftgröße gegenüber der Erstmitteilung lediglich in der Weise reduziert sein darf, daß der Abdruck nicht weniger als 150 % der Fläche der Erstmitteilung einnimmt".

Der Abdruck der Gegendarstellung erfolgte auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 30 der "Neuen Woche" vom 22.07.2006.

Die beiden Gläubiger haben die Auffassung vertreten, der Abdruck entspreche in bezug auf die von der Gegendarstellung eingenommene Fläche sowie auf ihre grafische Gestaltung nicht der im Senatsurteil vom 07.07.2006 enthaltenen Anordnung. Sie haben deshalb jeweils die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen die Schuldnerin beantragt. Nach mündlicher Verhandlung hat das Landgericht beide Anträge durch Beschluss vom 17.11.2006, der den Gläubigern am 20.11.2006 zugestellt wurde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 04.12.2006 beim Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Gläubigers H. L., welcher das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Das gemäß § 793 ZPO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 888 Abs. 1 ZPO) ist nicht begründet, weil die Schuldnerin ihrer sich aus dem Senatsurteil vom 07.07.2006 ergebenden Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung ordnungsgemäß nachgekommen ist. Das Landgericht hat dies zutreffend ausgeführt. Was die Beschwerde dagegen vorbringt, greift nicht durch.

1. Die erfolgte Veröffentlichung entspricht der im Schuldtitel enthaltenen Vorgabe, wonach der Abdruck der Gegendarstellung nicht weniger als 150 % der Fläche der Erstmitteilung einnehmen darf.

a) Nach Auffassung des Beschwerdeführers berechnet sich der für die Bestimmung der Mindestgröße der von der Gegendarstellung einzunehmenden Fläche maßgebliche Flächeninhalt der Erstmitteilung als der eines Rechtecks, dessen Länge dem Abstand zwischen linkem Rand der (linksbündig abgeordneten) Zeilen und rechtem Rand der längsten Zeile (114 mm) und dessen Breite dem Abstand zwischen oberem Rand der obersten und unterem der untersten Zeile (87 mm) der Erstmitteilung entsprechen. Danach wären - infolge der unterschiedlichen Zeilenlängen (33, 59, 64, 84, 114, 79 und 11 mm) - auch erhebliche Leerflächen, d.h. nicht beschriftete Flächen, in die Flächenberechnung einzubeziehen.

b) Die vom Beschwerdeführer vertretene Methode der Flächenberechnung widerspricht schon dem Wortlaut des Schuldtitels. Im Senatsurteil vom 07.07.2006 ist - worauf das Landgericht mit Recht abstellt - die Mindestfläche der Gegendarstellung in Relation zur "Fläche des Textteils der Erstmitteilung" gesetzt worden. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß bei der Flächenberechnung lediglich die vom Text bedeckte Fläche - einschließlich der horizontalen und vertikalen Abstände zwischen den einzelnen Schriftzeichen - zu berücksichtigen ist. Nicht dagegen sind der Berechnung auch solche Flächenteile zugrundezulegen, die zwar noch innerhalb des nach der Berechnungsmethode des Beschwerdeführers gebildeten Rechtsecks, aber bereits außerhalb des Textumrisses liegen.

Daß nichts anderes gemeint war, ergibt sich zudem aus dem in Abschnitt II 3 des Urteils enthaltenen Hinweis auf BVerfGE 97, S. 125 ff., 151. Danach ist der grundgesetzlich (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleisteten Pressefreiheit, zu der auch die die Präsentation des Presseprodukts betreffende Gestaltungsfreiheit gehört, nur dann Rechnung getragen, wenn "die Titelseite durch Umfang und Aufmachung der Gegendarstellung nicht ihre Funktion verliert, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen". Die Platzierung einer Gegendarstellung in einer Größe, die 150 % der Fläche des der Berechnungsmethode des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Rechtecks betrüge, würde das dem Leser der Zeitschrift "Neue Woche" vertraute Erscheinungsbild der Titelseite in einem Maße verändern, daß der Wiedererkennungseffekt in Frage gestellt wäre. Dies könnte zu Bedenken verfassungsrechtlicher Art führen (s. BVerfG, a.a.O.), was durch die gewählte Anordnung des Abdrucks ("150 %") ersichtlich vermieden werden sollte:

c) Die von ihr im einzelnen dargelegte Flächenberechnungsmethode der Schuldnerin entspricht den oben zu b) genannten Grundsätzen exakt. Nach ihrem Vortrag errechnet sich danach die Fläche der Erstmitteilung mit 6226,75 mm² und die der von ihr abgedruckten Gegendarstellung mit 9340,00 mm². Damit ist die im Urteil vom 07.07.2006 enthaltene Vorgabe zur Größe der Gegendarstellung eingehalten. Der Beschwerdeführer hat zwar bestreiten lassen, daß die Gegendarstellung die von der Schuldnerin vorgetragene Fläche einnehme. Dieses Bestreiten ist indessen unbeachtlich, da es unsubstantiiert und angesichts des in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfolgten Hinweises des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers, er habe die Berechnungsweise der Schuldnerin nicht nachgeprüft, "ins Blaue hinein" erfolgt ist.

2. Auch bezüglich der grafischen Gestaltung ist die Schuldnerin ihrer Verpflichtung zur Veröffentlichung der ihr aufgegebenen Gegendarstellung ordnungsgemäß nachgekommen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu wird billigend Bezug genommen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, "die Unterlegung eines 'Filters' unter die Gegendarstellung" führe dazu, daß die Schrift, insbesondere des Wortes "Gegendarstellung" zum Teil kaum lesbar sei - so verschwinde der Wortanfang "Gegen" "fast komplett auf dem Arm von Frau Pooth" - augenscheinlich falsch ist: Nicht nur auf der Titelseite des Originalheftes, sondern auch auf den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Farbkopien hebt sich das Wort "Gegendarstellung" wie auch der sonstige Text deutlich vom Untergrund ab, was - darin ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen - für einen ordnungsgemäßen Abdruck der Gegendarstellung allerdings vorauszusetzen ist. Angesichts der Unterlegung eines Filters mit dem Effekt einer farblichen Absetzung besteht - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch nicht die Gefahr, daß der flüchtige Betrachter der Titelseite die Gegendarstellung dem darüber angeordneten Hinweis auf das zweite Baby und den Zustand der Ehe einer dort abgebildeten Unterhaltungskünstlerin zugeordnet wird.

III.

Nach allem war das Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beschwerdewert entspricht dem nach § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Beschwerdeführers an der Durchführung der Zwangsvollstreckung (vgl. hierzu Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 12. Aufl. 2007, Rdn. 4258). Dieser liegt bei 1/4 des auf den Beschwerdeführer entfallenden Teils des Wertes der Hauptsache (20.000,00 €), und war somit auf 5.000,00 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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