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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 19.01.2004
Aktenzeichen: 17 W 44/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 148
Bei einer Vielzahl ähnlicher Verfahren ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO im Hinblick auf einen "Musterprozess" nicht möglich
Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 17 W 44/03

19. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Zahlung und Feststellung

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 20. August 2003 aufgehoben.

Gründe:

Die Kläger wenden sich mit ihrem Rechtsmittel gegen die Aussetzung ihres Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Parallelverfahrens. Beim Landgericht Mannheim sind seit Mitte 2002 eine Vielzahl von Klagen gegen die Sparkasse RNN eingegangen, in denen die Frage der Wirksamkeit von Darlehensverträgen im Streit steht, die ein Treuhänder als Vertreter für Erwerber von Anteilen an Immobilienfonds abgeschlossen hat. Die Klageanträge sind auf Feststellung der Unwirksamkeit der Verträge bzw. Rückzahlung geleisteter Raten gerichtet. Die einzelnen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Kammern des Landgerichts haben bereits mehrere Dutzend Fälle dieser Art entschieden, wobei - soweit ersichtlich - in allen Verfahren Berufung eingelegt wurde. Nachdem Versuche, beim Landgericht ein "Pilotvereinbarung" zu schließen, gescheitert waren, hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 01. Juli 2003 mitgeteilt, dass er im Hinblick auf die anstehenden Rechtsmittelentscheidungen und zur Vermeidung von Kosten erwäge, das vorliegende Verfahren auszusetzen. Die Beklagte und die Streithelferin sind dem nicht entgegengetreten, die Kläger haben "erhebliche Bedenken" angemeldet. Mit Beschluss vom 20. August 2003 hat das Landgericht den vorliegenden Rechtsstreit nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits 9 O 108/03 ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Das nach § 252 ZPO statthafte und zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Es steht außer Frage, dass der vom Landgericht gegangene Weg vernünftig und sinnvoll ist. Eine Aussetzung des Verfahrens würde hier überflüssige Mehrarbeit in parallel geführten Prozessen verhindern. Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte allein rechtfertigen jedoch eine Verfahrensaussetzung nicht. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits ausgesetzt werden. Unabdingbare Voraussetzung für eine Aussetzung nach § 148 ZPO ist eine Abhängigkeit in dem Sinne, dass die Entscheidung in dem anderen Rechtsstreit vorgreiflich ist. Dies ist nur der Fall, wenn in dem anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, dessen Bestehen für das auszusetzende präjudizielle Bedeutung hat (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 148 Rdnr. 5). Allein die Parallelität - und um solche handelt es sich hier - mehrerer Verfahren reicht nicht aus, um eine Aussetzung nach § 148 ZPO anzuordnen (OLG Köln OLGR 2000, 449; OLG Stuttgart OLGR 1999, 134). Es ist daher nicht möglich, von mehreren Parallelprozessen einen durchzuführen und die anderen auszusetzen, so wünschenswert und ökonomisch sinnvoll dieses Vorgehen im vorliegenden Fall auch sein mag. Zu einem "Musterprozess" kann es nur mit Zustimmung der Parteien nach § 251 ZPO kommen, wie es der Senat für die Berufungsverfahren zumindest teilweise inzwischen erreicht hat. Der Umstand, dass in dem anderen Verfahren vergleichbare oder sogar identische Rechts- und Sachfragen zu entscheiden sind, ist kein Aussetzungsgrund. Deshalb kann es auch auf das vom Landgericht als Begründung angeführte Bedürfnis einer einheitlichen Entscheidung nicht ankommen.

Daher ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, damit das Landgericht das Verfahren fortsetzt. Die Parteien mögen allerdings noch einmal prüfen, ob nunmehr im Hinblick auf die Pilotvereinbarung beim Oberlandesgericht ein Ruhen des Verfahrens sinnvoll ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; entstandene Kosten sind Teil der Prozesskosten und gegebenenfalls bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen (Zöller/Greger, ZPO, § 252 Rdnr. 3).

Ende der Entscheidung

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