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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 02.05.2004
Aktenzeichen: 2 Ss 25/04
Rechtsgebiete: StVG, BKatV
Vorschriften:
StVG § 25 Abs. 1 | |
BKatV § 4 Abs. 1 Nr. 1 |
2 Ss 25/04 14 OWi 53 Js 5901/03 - 178/03
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Senat für Bußgeldsachen
Beschluss vom 2. März 2004
Bußgeldsache gegen
wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts H. vom 15.12.2003 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht H. hat den Betroffenen mit Urteil vom 15.12.2003 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 100 € verurteilt und für die Dauer eines Monats ein Fahrverbot angeordnet.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte der Betroffene am 06.01.2003 um 5.00 Uhr die Bundesautobahn A 5 auf der Gemarkung Heidelberg bei Kilometer 576,700 in Fahrtrichtung Karlsruhe befahren. Dabei hatte er die dort aufgrund Lärmschutzes zwischen den Kilometern 574,195 und 580,660 vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nach Abzug einer Messtoleranz vom 3% um 47 km/h überschritten.
Der Betroffene wendet sich mit der zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde erhobenen Sachrüge gegen die Verhängung eines Fahrverbotes. Eine grobe Pflichtverletzung, die für die Anordnung eines Fahrverbots Voraussetzung sei, habe nicht vorgelegen, weil die übertretene Geschwindigkeitsbeschränkung allein wegen des Ruhebedürfnisses der Anwohner, nicht aber wegen der Sicherheit des Verkehrs angeordnet gewesen sei. Ferner beanstandet er die Beweiswürdigung des Amtsgerichts als lückenhaft.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
Die auf die Sachrüge hin gebotene Überprüfung des Urteils hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufgezeigt. Näher einzugehen ist allein auf die beanstandete Anordnung des Fahrverbots.
Die Erfüllung eines der Tatbestände des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BKatV - hier § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV - indiziert das Vorliegen eines groben Verstoßes i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, der zugleich ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, so dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbotes bedarf (BGHSt 38, 125, 134; 231; 235). Die in der BKatV vorgesehenen Regelsätze gehen von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus (§ 1 Abs. 2 BKatV). Ein Regelfall liegt vor, wenn die Tatausführung weder in subjektiver noch objektiver Hinsicht Besonderheiten aufweist. Von der Anwendung der BKatV kann daher nur in Einzelfällen abgesehen werden, in denen der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalls gerechtfertigt ist (vgl. OLG Hamm VRS 85, 456). Dass das Amtsgericht einen solchen Ausnahmefall nicht als gegeben gesehen hat, ist nach den Feststellungen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war das Amtsgericht an der Anordnung des Fahrverbots nicht dadurch gehindert, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung aus Gründen des Lärmschutzes nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO angeordnet war (KG Berlin vom 10.02.1999 - 2 Ss 19/99, vom 07.12.1998 - 2 Ss 285/98; vom 25.05.1998 - 2 Ss 91/98, vom 28.09.1998 - 2 Ss 517/98; BayObLG VRS 87, 372; 88, 68; die von der Rechtsbeschwerde zitierte Entscheidung des BayObLG NZV 1990, 401 betraf eine vor Inkrafttreten der BKatV begangene Ordnungswidrigkeit). Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i. S. d. § 45 Abs. 1 StVO, insbesondere der Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen, umfasst Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) sowie bereits im Vorfeld dieser Grundrechte den Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen. Der hohe Rang, den das verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgut der psychischen und physischen Gesundheit der Bevölkerung besitzt, lässt es nicht zu, einen Geschwindigkeitsverstoß allein deshalb geringer und als weniger pflichtwidrig zu gewichten, weil die missachtete Verkehrsbeschränkung "nur" aus Gründen des Lärmschutzes angeordnet wurde. Auf die Durchsetzung der Pflicht zur Beachtung auch solcher Verkehrsbeschränkungen auch mit dem Mittel des Fahrverbots, kann deshalb regelmäßig nicht verzichtet werden. Es begegnet daher keinen Bedenken, dass das Amtsgericht in seinen Erwägungen über die Anordnung des Fahrverbotes nicht ausdrücklich erörtert hat, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung zum Zwecke des Lärmschutzschutzes angeordnet war. Dass die Tat morgens gegen 5.00 Uhr und somit zu verkehrsarmer Zeit begangen wurde, verleiht ihr gerade im Hinblick auf das mit der Geschwindigkeitsbeschränkung verfolgte Ziel des - zu dieser Tageszeit nicht minder wichtigen - Lärmschutzes ebenfalls keinen Ausnahmecharakter. Im übrigen ergeben die Urteilsgründe, dass sich das Amtsgericht der Möglichkeit bewusst war, von der Anordnung des Fahrverbots absehen zu können. Dass es hiervon aber mangels unverhältnismäßiger Härten für den Betroffenen keinen Gebrauch gemacht hat, erscheint jedenfalls als vertretbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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