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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 30.04.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 332/05
Rechtsgebiete: StVollzG
Vorschriften:
StVollzG § 41 | |
StVollzG § 50 | |
StVollzG § 130 |
2. Will die Vollzugsbehörde einem in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten, der eine ihm angebotene Arbeit abgelehnt hat, Haftkosten auferlegen, so hat sie unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich geforderten Abstandsgebots (BVerfGE 109, 133 ff.) besonders kritisch zu prüfen, ob die Resozialisierungsklausel des § 50 Abs. 1 Satz 5 StVollzG der Erhebung von Haftkosten im Einzelfall entgegen steht.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
2. Strafsenat
Beschluss
vom 30. April 2007
13 StVK 447/04
Maßregelvollzugssache des
hier: Erhebung von Haftkosten
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers M. S. werden der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - F. vom 04. November 2005 und die ihm zugrunde liegenden Verfügungen der Justizvollzugsanstalt F. aufgehoben, soweit gegen den Antragsteller für die Monate April, Mai, November und - anteilig - für Oktober 2004 Haftkosten in Höhe von insgesamt 1.194,41 EUR festgesetzt worden sind.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.200,- € festgesetzt (§ 65 GKG).
Gründe:
I.
1. Der Antragsteller M. S. wurde mit Urteil des Landgerichts S. vom 06. September 1985 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Entführung gegen den Willen der Entführten und wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; darüber hinaus wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, die nach Vollverbüßung der Freiheitsstrafe seit dem 26. Juni 1989 und damit seit nahezu 18 Jahren vollzogen wird.
Der Antragsteller weigert sich seit Herbst 2002, einer Arbeit nachzugehen.
Auf der Grundlage des § 50 Abs. 1 StVollzG hat die Justizvollzugsanstalt F. mit Verfügungen vom 16. und 17.06.2004 für die Monate April und Mai, und mit Verfügungen vom 15. und 17.12. 2004 für die Monate Oktober und November 2004 Haftkostenbeiträge in Höhe von insgesamt 1.194,41 EUR festgesetzt; davon entfielen auf den Monat April 117,10,- EUR, auf den Monat Mai 363,01,- EUR, auf den Monat Oktober 363,01,- EUR und auf den Monat November 351,30,- EUR.
2. Gegen diese Festsetzungen stellte der Antragsteller mit Schreiben vom 26.12.2004 Antrag auf gerichtliche Entscheidung und beantragte, die angegriffenen Entscheidungen aufzuheben. Hinsichtlich der Verfügungen vom 16. und 17.06.2004 beantragte er außerdem Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung und trug vor, er habe die Monatsfrist unverschuldet versäumt, weil er - der ihm erteilten unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung folgend - zunächst Widerspruch erhoben habe, über den die Justizvollzugsanstalt F. bislang nicht entschieden habe.
Zur Begründung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nahm der Antragsteller auf bereits früher gestellte Anträge an die Strafvollstreckungskammer Bezug, in denen er im Wesentlichen vorgetragen hatte, dass er entgegen der Auffassung der Vollzugsbehörden als Sicherungsverwahrter nicht zur Arbeit verpflichtet sei. Die Arbeitspflicht widerspreche dem für die Sicherungsverwahrung geltenden Resozialisierungsgebot; eine Gleichbehandlung der Sicherungsverwahrten mit Strafgefangenen sei verfassungswidrig. Darüber hinaus seien die Kosten für Unterbringung und Verpflegung zu hoch angesetzt und entsprächen nicht dem tatsächlich entstandenen Aufwand.
Die Justizvollzugsanstalt F. hat im gerichtlichen Verfahren beantragt, den Antrag als unbegründet zu verwerfen, weil die Festsetzung der Haftkosten nach § 50 Abs. 1 StVollzG der Rechtslage entspreche; der Antragsteller sei schuldhaft ohne Arbeit; ein Grund, von der Erhebung der Haftkosten abzusehen, sei nicht ersichtlich.
3. Die Strafvollstreckungskammer F. hat dem Antragsteller hinsichtlich der angegriffenen Verfügungen aus dem Juni 2004 - konkludent - Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Erhebung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gewährt und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurück gewiesen, soweit die Justizvollzugsanstalt Haftkosten für die Monate April, Mai, November und - anteilig - für Oktober 2004 erhoben hat. Die Voraussetzungen für die Erhebung von Haftkostenbeiträgen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, der gemäß § 130 StVollzG auch für Sicherungsverwahrte gelte, seien zu bejahen. Ein Ausnahmetatbestand nach § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-3 StVollzG liege nicht vor. Der Sicherungsverwahrte sei in den genannten Monaten verschuldet ohne Arbeit gewesen, weil er eine ihm von der Vollzugsanstalt angebotene und zumutbare Arbeit abgelehnt habe. Die in § 41 StVollzG normierte Pflicht zur Arbeit bestehe auch für Sicherungsverwahrte; dies gelte auch in Ansehung der unterschiedlichen Ziele, die Freiheitsstrafe einerseits und Sicherungsverwahrung andererseits verfolgten. Ausweislich eines von der Vollzugsanstalt vorgelegten ärztlichen Attests des Anstaltsarztes vom 23.04.2004 sei der Antragsteller in den genannten Monaten auch arbeitsfähig gewesen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte Erfolg, soweit die Justizvollzugsanstalt F. einen Haftkostenbeitrag auch für den Zeitraum vom 19. bis zum 28. Oktober 2004 festgesetzt hat; in diesem Zeitraum sei der Antragsteller nach den Mitteilungen der Justizvollzugsanstalt F. unverschuldet ohne Arbeit gewesen, so dass die Erhebung eines Haftkostenbeitrags ausscheide.
4. Der Sicherungsverwahrte hat gegen diesen Beschluss form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde erhoben und die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
Der Senat hat dem Justizministerium Baden-Württemberg und der Justizvollzugsanstalt F. rechtliches Gehör zur Rechtsbeschwerde des Antragstellers gewährt und zugleich um die Beantwortung verschiedener Fragen zur Arbeits- und Unterbringungssituation der Sicherungsverwahrten in Baden-Württemberg und zur konkreten Situation des Antragstellers S. gebeten. Die Vollzugsbehörden haben mitgeteilt, dass gegen den Antragsteller M. S. seit April 2004 Haftkosten festgesetzt werden, die sich mittlerweile auf die Summe von insgesamt 7.257,31 EUR addiert haben. Die Rechnungen seien nicht bezahlt und daher zur Vollstreckung an die Landesoberkasse Metzingen abgegeben worden. Vollstreckungsversuche seien bislang erfolglos geblieben.
Der Antragsteller M. S. hat im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend darauf hingewiesen, dass die in Nordrhein-Westfalen gelegene Justizvollzugsanstalt Werl eine Arbeitspflicht für Sicherungsverwahrte nicht vorsehe, so dass er durch die abweichende Verwaltungspraxis der Vollzugsanstalt F. auch in seinem Anspruch auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt sei.
II.
Die Rechtsbeschwerde, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen war (§ 116 Abs. 1 StVollzG), führt bereits mit der Sachrüge zum Erfolg.
Die angegriffene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Weder die Strafvollstreckungskammer noch die Justizvollzugsanstalt F. haben erkennbar geprüft, ob von der Geltendmachung von Haftkosten gegen den Beschwerdeführer ihn abzusehen ist, weil dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung des Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden (§ 50 Abs. 1 Satz 5 StVollzG).
1. Nach § 50 Abs. 1 StVollzG in der durch das Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3422) in das Strafvollzugsgesetz eingestellten Fassung erhebt die Vollzugsanstalt von dem Strafgefangenen einen Haftkostenbeitrag als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat im Sinne des § 464 a Abs. 1 Satz 2 StPO.
§ 50 StVollzG verwirklicht damit den strafprozessualen Grundgedanken, wonach der Verurteilte im Falle seiner Verurteilung die Kosten des gegen ihn geführten Strafverfahrens zu tragen hat (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO), für den Bereich des Strafvollzugs und - über die Verweisungsnorm des § 130 StVollzG - auch für den Vollzug der Maßregel der Sicherungsverwahrung. Zu den Kosten des Verfahrens rechnen nach § 464a Abs. 1 Satz 2 StPO auch die Kosten, die durch die Vollstreckung der Strafe oder Maßregel entstehen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl. § 464 a Rdn. 3).
Die grundsätzliche Kostentragungspflicht des im Strafverfahren Verurteilten ist - losgelöst von dogmatischen Begründungsunterschieden (vgl. Beschluss der 3. Kammer des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27.06.2006 - 2 BvR 1392/02 -, JR 2006, 480 ff.) - auch in Ansehung der mit ihr im Einzelfall einher gehenden erheblichen finanziellen Belastungen verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (BVerfGE 18, 302 ff.; kritisch Hassemer, ZStW 85 (1973), S. 651 <671>). Die gesetzlichen Regelungen geraten mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Resozialisierung, das den Staat nicht nur dazu verpflichtet, schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs im Rahmen des Möglichen vorzubeugen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Bewährung und Wiedereingliederung des Verurteilten ermöglichen (vgl. BVerfGE 35, 202 <235 f.>; 45, 187 <238 f.>; 64, 261 <272 f.>; BVerfG, NStZ-RR 1999, 255), jedenfalls dann nicht in Konflikt, wenn und soweit sie im Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Belange des Betroffenen auch ein Absehen von der Kostentragungspflicht ermöglichen. Dies ist bei Auslegung und Anwendung der Vorschrift des § 50 StVollzG zu beachten.
Nach der gesetzlichen Grundkonzeption, die eine Angleichung der Haftsituation an die allgemeinen Lebensverhältnisse erreichen will (BTDrucks 7/918 S. 70), ist der Gefangene grundsätzlich an den Kosten seiner Haft zu beteiligen und zwar - den Aufwendungen für seinen Lebensunterhalt in Freiheit vergleichbar - nicht an sämtlichen, durch die Inhaftierung entstehenden Kosten, sondern allein an den Kosten für Unterkunft und Verpflegung ("Haftkostenbeitrag"; vgl. Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Aufl. 2005 § 50 Rdn. 2; Keck, NStZ 1989, 309 ff.).
Die Sätze 2 bis 5 des § 50 Abs. 1 StVollzG enthalten im Interesse der Resozialisierung des Gefangenen weitere Einschränkungen (vgl. Matzke/Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG 4. Aufl. 2005 § 50 Rdn. 4 und 6).
Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 StVollzG wird ein Haftkostenbeitrag nicht erhoben, wenn der Gefangene Bezüge nach §§ 43, 44 StVollzG erhält (Nr. 1), er ohne sein Verschulden nicht arbeiten kann (Nr. 2), oder wenn er nicht arbeitet, weil er nicht zur Arbeit verpflichtet ist (Nr. 3). Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks 14/6855 S. 31 ff.) den bestehenden Konflikt zwischen dem staatlichen Interesse an einer möglichst weit gehenden Kostendeckung einerseits und dem aus dem Resozialisierungsgebot und dem Sozialstaatsprinzip abzuleitenden wirtschaftlichen Interesse des Gefangenen an angemessener Entlohnung der Gefangenenarbeit (vgl. BVerfGE 98, 169 <212 f.>) andererseits zugunsten des Letzteren entschieden (siehe auch KG Berlin, NStZ 2006, 412 f.).
Nach § 50 Abs. 1 Satz 5 StVollzG ist darüber hinaus von der Geltendmachung des Anspruchs abzusehen, wenn dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung des Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden. Mit dieser so genannten "Resozialisierungsklausel" eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, bei Prüfung der Frage, ob gegen einen Strafgefangenen im Einzelfall Haftkosten festzusetzen sind, zu berücksichtigen, ob die Kostentragungspflicht im Sinne der Resozialisierung des Strafgefangenen kontraproduktiv wirkt.
Liegt keine der in § 50 Abs. 1 Satz 2-5 StVollzG normierten Ausnahmen vor, so muss die Vollzugsanstalt den Haftkostenbeitrag erheben; anders als nach früherem Recht besteht insoweit kein Ermessen für die Vollzugsbehörden mehr (Däubler/Spaniol, in: Feest, StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 50 Rdn. 4).
2. Die Voraussetzungen für die Erhebung eines Haftkostenbeitrags sind hier nicht belegt.
a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers S. ist die Erhebung eines Haftkostenbeitrags allerdings nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil er als Sicherungsverwahrter nicht zur Arbeit verpflichtet wäre (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVollzG).
Nach der insoweit eindeutigen und einer einengenden Auslegung nicht zugänglichen Gesetzeslage gelten nach § 130 StVollzG die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe - also auch die in § 41 StVollzG normierte, verfassungsrechtlich unbedenkliche Arbeitspflicht (BVerfGE 98, 169 ff.) - für die Sicherungsverwahrung entsprechend, wenn nicht die Vorschriften der §§ 131 bis 135 StVollzG anderes bestimmen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Gesetzeslage in seinem Urteil vom 05. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - (BVerfGE 109, 133 ff.), auf das der Antragsteller für seine abweichende Ansicht verweist, grundsätzlich für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, weil Strafe und Maßregel mit dem Mittel der Freiheitsentziehung durchgeführt werden. Da sowohl der Strafvollzug als auch der Maßregelvollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auf die Resozialisierung des Betroffenen ausgerichtet sind, ist die als Mittel der Resozialisierung konzipierte Arbeitspflicht (vgl. Lückemann, in: Arloth/Lückemann StVollzG 2004 § 41 Rdn. 1) für Sicherungsverwahrte grundsätzlich zu bejahen. Daher ist auch der in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen oder psychischen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, wenn er zu deren Verrichtung auf Grund seines körperlichen Zustands in der Lage ist (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 StVollzG).
b) Bei der Anwendung des § 41 StVollzG im Einzelfall haben die Vollzugsbehörden allerdings dem verfassungsrechtlich geforderten Abstandsgebot zwischen Strafvollzug und Maßregelvollzug Rechnung zu tragen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Landesjustizverwaltungen ausdrücklich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Möglichkeiten für eine Besserstellung der Sicherungsverwahrten - über die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen des privilegierten Vollzugs in den §§ 131 ff. StVollzG hinaus - ausgeschöpft werden, soweit dies im Rahmen der Vollzugsorganisation möglich ist (BVerfGE 109, 133 ff.); der allein spezialpräventive Charakter der Sicherungsverwahrung fordere einen für die Betroffenen und für die Allgemeinheit sichtbaren Abstand zwischen dem allgemeinem Strafvollzug und dem Vollzug der Sicherungsverwahrung.
Dieses Abstandsgebot ist auch bei der Prüfung der Frage zu beachten, ob eine Arbeit für den Sicherungsverwahrten nach seiner körperlichen und psychischen Verfassung (vgl. Lückemann, in: Arloth/Lückemann, § 41 Rdn. 3) zumutbar ist oder nicht. Je länger die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dauert, umso kritischer muss geprüft werden, ob die Zuweisung einer Arbeit im konkreten Einzelfall für den Sicherungsverwahrten unter Berücksichtigung des bisherigen Verlaufs des Straf- und Maßregelvollzugs, seiner persönlichen - körperlichen und psychischen - Verfassung und seiner weiteren Vollzugsperspektive zumutbar ist oder nicht. Insbesondere werden die Vollzugsbehörden bei der Prüfung der Frage, ob sie einem Sicherungsverwahrten eine Arbeit zuweisen sollen, zu prüfen haben, ob das Angebot einer Arbeit im Einzelfall ihr Ziel, Mittel zur Resozialisierung des Sicherungsverwahrten zu sein, überhaupt erreichen kann. Bei der Frage, ob einem Sicherungsverwahrten eine Arbeit zugewiesen werden soll, besteht ein Ermessensspielraum der Vollzugsbehörde. Sie hat dem Sicherungsverwahrten vor ihrer Entscheidung über die Zuweisung einer bestimmten Arbeit rechtliches Gehör zu gewähren und die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu dokumentieren (vgl. Lückemann, a.a.O. Rdn. 5).
c) Es bedarf vorliegend keiner näheren Prüfung der Frage, ob die Zuweisung der Arbeit rechtlichen Bedenken begegnet und ob die Justizvollzugsanstalt - dies hat die Strafvollstreckungskammer eigenverantwortlich nachzuprüfen (OLG Karlsruhe, NStZ 2006, 63 ff.) - zu recht angenommen hat, dass der Antragsteller verschuldet ohne Arbeit war. Jedenfalls aber haben weder die Strafvollstreckungskammer noch die Justizvollzugsanstalt erkennbar erwogen, ob die Resozialisierungsklausel des § 50 Abs. 1 Satz 5 der Geltendmachung des Haftkostenbeitrags entgegen stehen könnte.
aa) Die Resozialisierungsklausel des § 50 Abs. 1 Satz 5 StVollG ermächtigt und verpflichtet die Vollzugsbehörde dazu, von der Geltendmachung eines Haftkostenbeitrags im Einzelfall abzusehen, um zu vermeiden, dass deren Erhebung in ein Spannungsverhältnis zum Vollzugsziel der Resozialisierung des Strafgefangenen oder Sicherungsverwahrten gerät. Von der Erhebung von Haftkosten wird insbesondere im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, zur Sicherung von Unterhaltsleistungen (vgl. BTDrucks 14/6855 S. 32) oder zur Ermöglichung einer Opferentschädigung abgesehen (Lückemann, a.a.O.; OLG Nürnberg, NStZ-RR 1999, 190 f.).
Zwar genügt nicht jede finanzielle Besserstellung, um ein Absehen von der Erhebung von Haftkostenbeiträgen zu rechtfertigen, da andernfalls die Erhebung von Haftkostenbeiträgen generell ausschiede.
Verfügt ein Betroffener aber weder über Einkünfte noch über Vermögen und ist auch sonst offen, wann er jemals die Justizverwaltungsabgabe und sei es nur in Teilen wird erfüllen können, so kann die - zumal wiederholte - Festsetzung von Haftkosten das Entstehen erheblicher Schulden fördern und damit seine Resozialisierung erschweren. Das Anwachsen von erheblichen Schulden durch die Festsetzung von Haftkostenbeiträgen kann nicht nur eine mögliche Entlassungsvorbereitung zusätzlich erschweren, sondern kann sich darüber hinaus auch als Hemmnis für eine künftige Bereitschaft des Betroffenen erweisen, trotz aktueller Weigerung künftig eine ihm zugewiesene Arbeit anzunehmen.
bb) Die Prüfung der Frage, ob die Resozialisierungsklausel der Geltendmachung von Haftkostenbeiträgen entgegen stehen könnte, hätte hier insbesondere deshalb besonders kritisch erfolgen müssen, weil der Antragsteller bereits im 18. Jahr in der Sicherungsverwahrung untergebracht und derzeit - nicht zuletzt aus Gründen, die in seiner schwer gestörten Persönlichkeit liegen - ohne konkrete Entlassungsperspektive ist. Darüber hinaus weigert er sich bereits seit dem Jahr 2002, ihm wiederholt von der Justizvollzugsanstalt angebotene Arbeitsmöglichkeiten wahrzunehmen, so dass mittlerweile Haftkosten in Höhe von mehr als 7.000,- EUR angefallen sind und sich mit jedem Monat weiter erhöhen. Bei dieser Sachlage liegt die Annahme nahe, dass der Antragsteller auch in absehbarer Zeit nicht über entsprechende Geldmittel zur Begleichung der Forderungen verfügen wird und dass das Absehen von der Geltendmachung von Haftkosten seine Resozialisierung eher fördert.
3. Weder die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer noch die Verfügungen der Justizvollzugsanstalt F. über die Festsetzung von Haftkostenbeiträgen können daher Bestand haben. Sie waren aufzuheben.
Auch wenn es angesichts der von den Vollzugsbehörden im Rechtsbeschwerdeverfahren mitgeteilten Umstände, dass Pfändungsversuche zur Beitreibung der mittlerweise auf mehr als 7.000,- EUR aufgelaufenen Beträge bislang vergeblich waren, fernliegt, dass die Vollzugsbehörde zu einer - erneuten - Festsetzung kommen könnte, hat der Senat angesichts des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums von einer eigenen Entscheidung abgesehen.
Die Justizvollzugsanstalt wird daher für den Fall, dass sie erneut Haftkosten gegen den Antragsteller festsetzen will, in jedem Einzelfall zu prüfen und darzulegen haben, wann dem Sicherungsverwahrten welche Arbeit zugewiesen worden ist und welchen Resozialisierungseffekt sie mit der Arbeitszuweisung verfolgte. Darüber hinaus wird auch zu prüfen und darzulegen sein, wovon der Sicherungsverwahrte die Haftkosten bestreiten soll und inwiefern ihrer Festsetzung Gründe der Resozialisierung nicht entgegen stehen.
Ende der Entscheidung
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