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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 8 U 242/04
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB § 87 Abs. 1 Satz 1 | |
HGB § 87c Abs. 2 | |
BGB §§ 305 ff. |
2. Schließt ein Unternehmer mit seinen Handelsvertretern Verträge unter Verwendung von Formularklauseln (vorliegend Einschränkung der Provisionspflicht gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1 HGB), müssen die Regelungen von solcher Klarheit sein, dass der Handelsvertreter Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften ohne Weiteres erkennen können muss (Aufrechterhaltung von Senat, Urteil vom 13.07.1971, - 8 U 104/71 -, BB 1971, 1123).
Oberlandesgericht Karlsruhe 8. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 8 U 242/04
Verkündet am 10. Mai 2005
In dem Rechtsstreit
wegen Buchauszug
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2005 unter Mitwirkung von
Vors. Richterin am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Landgerichts Karlsruhe - 15 O 28/04 KfH IV - vom 08.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung je zu 1/2.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger ist selbstständiger Handelsvertreter. Die Beklagte Ziff. 1 stellt Fleischereimaschinen und Druckluftwerkzeuge her. Die Beklagte Ziff. 2 befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Hartmetallwerkzeugen. Sie hat zwischenzeitlich den aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt.
Der Kläger war ab 1996 jeweils aufgrund gesonderter, aber inhaltlich weitgehend identischer Verträge (Anlagen K 1/K 2) mit den Beklagten für diese jeweils als Handelsvertreter für das Vertragsgebiet Süddeutschland mit diversen Postleitzahlgebieten zwischen den Postleitzahlen 70 und 89 tätig.
Die Verträge der Parteien enthalten auszugsweise nachfolgende, in den entscheidenden Punkten gleichfalls gleichlautende Regelungen:
1. Gegenstand des Vertrages
1.1 Vertretungsgebiet
Die Firma überträgt dem Handelsvertreter ihre Alleinvertretung das Gebiet nach Anlage 1. Die Firma behält sich das Recht vor, in dem genannten Vertretungsgebiet selbst oder durch Beauftragte tätig zu werden.
1.2 Produkte
Die Vertretung umfasst das gesamte Vertriebsprogramm des Produktbereiches 1 / Druckluft- und Elektrowerkzeuge der Firma, nachstehend Produkt genannt. Die Firma behält sich das Recht vor, einzelne Produkte von der Alleinvertretung auszuschließen, soweit diese für besondere Interessengruppen in Frage kommen und spezielle Bearbeitung erfordern.
2. Pflichten des Handelsvertreters
2.1 Rechtstellung
Der Handelsvertreter hat die Aufgabe, mit Interessenten seines Vertretungsgebietes Verkaufsgeschäfte für den Unternehmer zu vermitteln. Der Handelsvertreter ist verpflichtet, die Interessen der Firma mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. Er wird insbesondere die Abnehmer und Interessenten seines Vertretungsgebietes regelmäßig besuchen.
2.2 Informationspflicht
Über die in Frage kommenden Interessenten und Interessentengruppen wird er sich eng mit der Firma abstimmen, ebenso über die erforderliche Besuchsfrequenz und den Besuchsrhythmus.
Er wird der Firma laufend über seine Tätigkeit berichten und dieser unverzüglich Durchschrift wesentlicher Geschäftsbriefe übersenden. Der Handelsvertreter wird Besuchsberichte schriftlich verfassen und unaufgefordert und zeitnah der Firma zur Verfügung stellen. Er wird die Firma regelmäßig, mindestens monatlich über die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation detailliert unterrichten.
Er wird sich in allen Fragen der Marktbearbeitung in dem Vertretungsgebiet mit der Firma abstimmen und die Vertriebspolitik der Firma strikt einhalten.
Wird ihm ein außerhalb seines Vertretungsgebietes bestehender Bedarf an den Produkten bekannt, so wird er davon der Firma umgehend Mitteilung machen; ein Anspruch auf Provision entsteht dadurch nicht.
2.3 Messen
Er ist verpflichtet, die Firma bei werblichen Aktivitäten, wie z. B. bei Messen, Verkaufs- und Werbeaktionen unentgeltlich zu unterstützen.
3.3 Informationspflicht
Die Firma wird den Handelsvertreter über ihre Verhandlungen mit Abnehmern oder Interessenten innerhalb des Vertretungsgebietes unterrichten. Sie wird ihm insbesondere unverzüglich Durchschrift wesentlicher Geschäftsbriefe übersenden und ihn von ihrer Absicht, Abnehmer oder Interessenten zu besuchen, nach Möglichkeit verständigen.
4. Provisionsanspruch des Handelsvertreters
4.1 Provisionsanspruch
Der Handelsvertreter erhält für alle Verkaufsgeschäfte, welche die Firma mit Abnehmern im Vertretungsgebiet während der Dauer des Vertragsverhältnisses über die Produkte abschließt, vorbehaltlich anderer Vereinbarungen eine Provision entsprechend Anlage 2 zu diesem Vertrag, sofern es sich um Verkaufsgeschäfte handelt, die der Handelsvertreter vermittelt hat.
Geschäfte, die dem Handelsvertreter nach Gesetz und nach diesem Vertrag untersagt sind, begründen keinen Provisionsanspruch. Geschäfte, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geschlossen werden, sind nicht provisionspflichtig.
Der Anspruch auf Provision entsteht erst mit vollständigem Eingang der Zahlung des Abnehmers. Im Falle der Erfordernis der Wertberichtigung oder Ausbuchung einer Forderung oder bei Ausfall, der Forderung ist die Firma berechtigt, eine bereits ausbezahlte Provision auch rückwirkend zu kürzen.
4.2 Abschlüsse außerhalb des Vertretungsgebietes
Wird ein Verkaufsgeschäft außerhalb des Vertretungsgebietes mit der Firma abgeschlossen und erfolgt die (Teil-)Lieferung in das Vertretungsgebiet, begründet die (Teil-)Lieferung einen Provisionsanspruch, sofern die (Teil-)Lieferung in das Verkaufsgebiet des Handelsvertreters bei der Bestellung für die Firma eindeutig zu erkennen ist.
4.3 Lieferungen nach außerhalb des Vertretungsgebietes
Vermittelt der Handelsvertreter ein Verkaufsgeschäft, in dessen Rahmen (Teil-) Lieferungen an Abnehmer außerhalb seines Vertretungsgebietes erfolgen, so hat er für diejenigen (Teil-) Lieferungen keinen Provisionsanspruch, die bei der Bestellung erkennbar an Abnehmer außerhalb seines Gebietes erfolgen.
Beide Handelsvertreterverhältnisse endeten durch Kündigung der Beklagten zum 30.06.2003.
Jeweils mit Schreiben vom 27.01.03 (Anlagen K 7/K 8) meldete der Kläger Ausgleichsansprüche gemäß § 89b HGB gegenüber den Beklagten an.
Auf das Verlangen der Beklagten Ziff. 1 auf Herausgabe von in seinem Besitz befindlicher Konsignationsware machte der Kläger mit Schreiben vom 08.07.03 (I 89) ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Abrechnung und Zahlung der Provisionen für Geschäfte mit der Kundin H. & K. geltend.
Der Kläger begehrt - im Wege der Stufenklage - Buchauszüge für die Zeit vom 01.01.2000 - 30.06.2003 und Zahlung von sich hieraus ergebenden, noch nicht bezifferten Provisionen von den Beklagten.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsbegründung wird auf das von den Beklagten mit der Berufung angefochtene Teil-Urteil des Landgerichts (I 151 ff.) Bezug genommen, durch welches das Landgericht dem Buchauszugsbegehren des Klägers entsprochen hat.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Abweisung der Buchauszugsansprüche. Zur Begründung tragen die Beklagten im Wesentlichen vor, das Landgericht habe zu Unrecht das Begehren des Klägers auf Buchauszüge vor dem Hintergrund seines eigenen Verhaltens nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet, obwohl der Kläger nach Ende des Vertragsverhältnisses und nach seinem Schreiben vom 27.01.03 über ein Jahr mit den Beklagten korrespondiert habe ohne - mit Ausnahme eines konkreten Kunden - die Provisionsabrechnungen bzw. -auszahlungen zu rügen.
Wenn die Erteilung von Buchauszügen für zurückliegende Zeiträume verlangt werde, erfordere dies die Darlegung eines berechtigten Interesses des Handelsvertreters, das vorliegend völlig fehle. Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass der Kläger die Buchauszugsforderung als Droh- und Druckmitteleinsätze, um seine Position bei Ausgleichsverhandlungen zu verbessern.
Im Übrigen verstoße das Landgericht gegen die §§ 133, 157 BGB, soweit es dem Kläger Bezirksschutz im Sinne des § 87 Abs. 2 HGB einräume. Die bloße Einräumung einer Alleinvertretung in einem bestimmten Gebiet begründe noch keinen Bezirksschutz. Die als Indizien für eine Bezirksvertretung anerkannten Merkmale seien vorliegend sämtlich nicht erfüllt. Eindeutig sollten dem Kläger Provisionen nur für von ihm selbst vermittelten Geschäfte zustehen. Eine teilweise entgegenstehende Handhabung durch die Beklagten sei rechtsirrtümlich erfolgt und habe keine Vertragsänderung bewirkt.
Das Landgericht habe danach gegen das Gebot rechtskonformer Auslegung verstoßen.
Die Beklagten beantragen:
das Teil-Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 08.10.2004 (AZ: 15 O 28/04 KfH IV) aufzuheben und die Klage, soweit das Landgericht darüber entschieden hat, abzuweisen.
Der Kläger beantragt:
Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
Er verteidigt das landgerichtliche Teil-Urteil und weist insbesondere darauf hin, dass die Beklagte Ziff. 1 bei einem Kunden vertragswidrig die Provisionierung eingestellt habe, was bereits für sich den Schluss zulassen, dass dem Kläger in der Vergangenheit möglicherweise weitere berechtigte Provisionen vorenthalten worden seien. Der Kläger habe nach wie vor begründete Zweifel an der Abrechnungspraxis beider Beklagten.
Unsinnig sei die Behauptung der Beklagten, der Kläger setze sein legitimes Buchauszugsbegehren als Droh- und Druckmittel ein. Keinesfalls sei das Begehren rechtsmissbräuchlich. Auch liege weder ein Verzicht des Klägers auf den Buchauszug noch eine Einigung der Parteien über die Provisionen vor.
Absurd sei, dass die Beklagte Ziff. 1 die Auffassung vertrete, durch die Erklärung, sie werde künftig für bestimmte Geschäfte keine Provisionen mehr zahlen, habe sie dem Kläger bereits alle erforderlichen Informationen erteilt.
Zu Recht sei das Landgericht von der Eigenschaft des Klägers als Bezirkshandelsvertreter ausgegangen, wie sich aus einer sachgerechten Auslegung der Vertragsvereinbarungen zweifelsfrei ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf sämtliche vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündliche Verhandlungen der erkennenden Gerichte und ergänzend auf den Gesamtinhalt der Akten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Teilurteil des Landgerichts vom 08.10.2004 beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1. Die Beklagten schulden dem Kläger jeweils den vom Landgericht ausgeurteilten Buchauszug für die Zeit vom 01.01.2000 bis 30.06.2003 in dem vom Landgericht festgelegten Umfang. Lediglich der Klarstellung halber ist darauf hinzuweisen, dass der Buchauszug der Beklagten Ziff. 2 keine Geschäfte zwischen der Beklagten Ziff. 2 und der Firma H. & K. zu enthalten hat, da dieser Kunde unstreitig in der Anlage 4 zum Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten Ziff. 2 als "geschützter Kunde" von der Provisionspflicht ausgenommen ist (vgl. I 7/47).
a) Die Beklagten haben der ihnen gem. § 87c Abs. 2 HGB obliegenden Pflicht zur Erteilung eines Buchauszuges aus den vom Landgericht (US 7/8) dargelegten Gründen, denen der Senat beitritt, bisher nicht genügt.
Der BGH (Urteil v. 23.10.81, I ZR 171/79, WM 82, 152; Urteil vom 29.11.95, VIII ZR 239/94, NJW 96, 588) vertritt unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass allein die widerspruchslose jahrelange Hinnahme von einzelnen Provisionsabrechnungen keinen Verzicht auf das gesetzlich nicht beschränkte Buchauszugsrecht des Handelsvertreters gem. § 87c Abs. 2 HGB darstellt.
Der BGH hat auch (vgl. WM 82, 152 sowie Urteil vom 21.03.2001, VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333) die Anforderungen an einen Buchauszug festgelegt, denen - aus den vom Landgericht genannten Gründen - die vorherigen Provisionsabrechnungen der Beklagten nicht genügten.
Die Einwendungen der Beklagten gegen die vom Landgericht ausgeurteilten Einzelanforderungen an den Buchauszug gegen demgemäß fehl.
b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Begehren des Klägers auf Erteilung der Buchauszüge auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB.
Soweit der Senat in seinem vor der dargestellten Rechtsprechungsänderung des BGH erlassenen Urteil vom 09.10.1973 (8 U 52/73, VersR 74, 384) in einem bereits vom Sachverhalt teilweise abweichenden Fall die Auffassung vertreten hat, für die Forderung des Handelsvertreters auf eine nachträgliche Erstellung von Buchauszügen müsse ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse an der Prüfung und Verwertung der geforderten Unterlagen verlangt werden, hält er an dieser Rechtsauffassung nicht fest.
Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges im Hinblick auf § 87c Abs. 2 HGB regelmäßig zu vermuten ist und der Missbrauchseinwand insoweit nur ganz ausnahmsweise durchgreift.
Die vorliegenden Einzelfallumstände tragen den Missbrauchseinwand der Beklagten nicht.
Allein die Tatsache, dass der Kläger das Begehren auf Erteilung von Buchauszügen erst im Rahmen einer umfangreichen außergerichtlichen Korrespondenz erhoben und erst einige Monate nach Ende des Vertragsverhältnisses im Wege der Stufenklage eingeklagt hat, lässt die Berechtigung zur Forderung von Buchauszügen nicht entfallen.
Das gilt auch im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 2 und ungeachtet der Frage, ob und inwieweit Provisionsansprüche im Rahmen der als Stufe 2 der Klage angekündigten Zahlungsklage (betreffend Provisionen) streitig sein werden.
Über die Höhe seiner nach eigener Ansicht noch offenen Provisionsansprüche kann der Kläger erst nach Erteilung der vollständigen Auskunft im oben genannten Sinne entscheiden. Eine Vereinbarung der Parteien über die Zusammensetzung und Höhe der Provisionsansprüche, für deren Abschluss nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Beklagten die Beweislast tragen, ist nicht zur Überzeugung des Senats erwiesen.
Die von den Beklagten zu erteilenden Buchauszüge sind schließlich auch für die Berechnung des bisher nicht eingeklagten Ausgleichsanspruchs des Klägers gem. § 89b HGB von Bedeutung.
Das Landgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen (US 9), dass auch - eventuell - hohe Kosten der Buchauszüge deren Erteilung nicht unzumutbar machen (vgl. hierzu auch BGH NJW 2001, 2333, 2336).
Hinreichende Anhaltspunkte für ein Einsetzen der Buchauszugsforderung als bloßes Droh- und Druckmittel im Rahmen der Verhandlungen um einen Ausgleichsanspruch vermag auch der Senat - wie schon das Landgericht - dem Vorbringen beider Parteien nicht zu entnehmen.
Schließlich hat das Landgericht zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten verneint.
2. Das Landgericht hat - mit der bereits oben unter 1. erwähnten Einschränkung bei der Beklagten Ziff. 2 - im Übrigen zu Recht die Buchauszugspflicht der Beklagten auf alle Geschäfte erstreckt, die zwischen den Beklagten und ihren Kunden in der ausgeurteilten Zeit in dem nach Postleitzahlen festgelegten Vertragsgebiet zustande gekommen sind.
Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass die Parteien in ihren beiden insoweit identischen Verträgen zwar den Kläger nicht ausdrücklich als Bezirksvertreter im Sinne des § 87 Abs. 2 HGB bezeichnet, sondern ihm in Ziff. 1.1 der Verträge die Alleinvertretung im Vertretungsgebiet übertragen haben, jedoch nach einer Gesamtauslegung der vertraglichen Beziehungen dem Kläger Bezirksschutz haben zukommen lassen wollen, wobei dieser Wertung Ziff. 4.1 Abs. 1 der Verträge nicht entgegensteht (vgl. hierzu in einer vergleichbaren Konstellation bereits Senat, Urteil vom 13.07.1971, - 8 U 104/71 -, BB 71, 1123).
Zutreffend ist allerdings, dass § 87 Abs. 2 HGB kein zwingendes Recht darstellt, sondern vertraglich abgeändert werden kann (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auflage, § 87 HGB Rdn. 34/48; Münchener Kommentar/v. Hoyningen-Huene, HGB, Band I, § 87 HGB Rdn. 99; Schlegelberger/Schröder, HGB, 6. Auflage, Band II, § 87 HGB, Rdn. 55).
Jedoch schließen sich Bezirksschutz- und Alleinvertretungsvereinbarungen auch nicht gegenseitig aus, sondern können je nach den vertraglichen Vereinbarungen auch kombiniert auftretende (Münchener Kommentar/v. Hoyningen-Huene, § 87 HGB, Rdn. 81).
Zwischen beiden Begriffen bestehen inhaltliche Unterschiede. Während bei der Bezirksvertretung dem Handelsvertreter nur Provisionsansprüche aus sämtlichen in dem ihm zugewiesenen Bezirk abgeschlossenen Geschäfte zustehen, steht dem Alleinvertreter das ausschließliche Recht zu, sich in einem bestimmten Bezirk oder in einem bestimmten Kundenkreis für den Unternehmer zu betätigen, in dem der Unternehmer nicht selbst oder durch Beauftragte tätig werden darf, ohne gegen seine Vertragspflichten aus dem Handelsvertretervertrag zu verstoßen (vgl. BGH DB 61, 601, 602; MüKo/v. Hoyningen-Huene § 87 HGB Rdn. 80 m.w.N.).
Vorliegend haben die Beklagten einerseits dem Kläger eine gebietsmäßig begrenzte Alleinvertretung mit gewissen Produkteinschränkungen (vgl. Ziff. 1.2 Satz 2 der Verträge) übertragen, sich andererseits jedoch das Recht vorbehalten, im genannten Vertretungsgebiet selbst oder durch Beauftragte tätig zu werden (Ziff. 1.1 der Verträge).
Dies widerspricht eine Alleinvertretung im genannten Sinne, lässt sich jedoch mit einer Bezirkszuweisung im Sinne des § 87 Abs. 2 HGB durchaus vereinbaren (vgl. Schlegelberger/Schröder a.a.O. § 87 HGB Rdn. 31d) a.E.).
Wird allerdings dem Handelsvertreter ohne weitergehende Verpflichtung nur die Vertretung für ein bestimmtes Gebiet übertragen, liegt darin regelmäßig nur eine Begrenzung des Wirkungskreises des Handelsvertreters, ohne dass dadurch eine Bezirksvertretung zustande kommt (vgl. BGH WM 82, 635; MüKo/v.Hoyningen-Huene a.a.O. § 87 HGB Rdn. 75 m.w.N.).
Ist dagegen die Gebietszuweisung mit der Pflicht verbunden, sich intensiv um den Kundenkreis im Gebiet zu kümmern und die Beziehungen weiter zu pflegen, ist in der Regel durch die Zuweisung eines bestimmten Tätigkeitsgebiets zugleich eine Bezirksvertretung begründet (MüKo/v.Hoyningen-Huene a.a.O. § 87 HGB Rdn. 75).
Schon das Landgericht (US 7) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Parteien in den Ziffern 2.1 Satz 3, 2.2 und 2.3 des Vertrages Regelungen über die Unterstützung der Beklagten durch den Kläger und die besondere Pflege des zugewiesenen Gebiets getroffen haben, die - ergänzt durch wechselseitige Informationspflichten der Parteien - ohne weiteres als Vereinbarung einer Bezirkspflege durch den Kläger aufgefasst werden können.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 41, 292, 295) liegt der wirtschaftliche Sinn des § 87 Abs. 2 HGB darin, dass dem Bezirksvertreter mit der Bezirksprovision - und zwar über die durch seine Bemühungen im Einzelfall verdiente Provision hinaus - eine weitere Vergütung für seine Gesamttätigkeit gewährt werden soll. Die Bezirksprovision rechtfertigt sich dadurch, dass dem Bezirksvertreter die Wahrnehmung der Belange des Unternehmers in dem betreffenden Bezirk ganz allgemein übertragen ist. Sie ist somit eine wirtschaftliche Gegenleistung für die Gesamtheit der von dem Handelsvertreter dem Unternehmer vertraglich geschuldeten Bemühungen.
Tatsächlich haben die Beklagten in der zurückliegenden Praxis, wie das Landgericht (US 7) unangegriffen festgestellt hat, den Kläger bei den Provisionen wie einen Handelsvertreter mit Bezirksschutz behandelt.
Dass die Zahlungen von Provisionen der Beklagten Ziff. 1 an den Kläger bezüglich der Firma H. & K. bis Juni 2002 - trotz vorgeblich eindeutiger Rechtslage - rechtsirrtümlich erfolgt sein sollen (vgl. II 63), vermag den Senat nicht zu überzeugen.
Hinzu kommt, dass die Parteien in den Ziffern 4.2 und 4.3 des Vertrages Provisionsregelungen getroffen haben, die sich gerade am Vertretungsgebiet des Klägers orientieren.
Bei dieser Sachlage stellt die an § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB orientierte vertragliche Einschränkung einer Provisionszahlung auf vom Kläger vermittelte Geschäfte in Ziff. 4.1 Satz 1 des Vertrages eine überraschende Einschränkung dar.
Der Senat geht - nachdem der Wortlaut der jeweils mit den beiden Beklagten geschlossenen Verträgen in seinem wesentlichen Inhalt identisch ist - davon aus, dass die Beklagten auch mit ihren anderen Handelsvertretern inhaltsgleiche formularmäßige Verträge im Sinne der §§ 305 ff. BGB geschlossen haben.
Provisionsregelungen gemäß den §§ 87 Abs. 1 Satz 1 HGB und 87 Abs. 2 HGB schließen sich gegenseitig aus.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 13.07.71 (BB 71, 1123) entschieden, dass gerade dann, wenn der Unternehmer mit seinen Handelsvertretern Verträge unter Verwendung von Formularklauseln abschließt, die Regelungen von solcher Klarheit sein müssen, dass der Handelsvertreter Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften ohne weiteres erkennen können muss. Hieran hält der Senat fest.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die aus den oben genannten Gründen mit einer Bezirkszuweisung im Sinne des § 87 Abs. 2 HGB grundsätzlich vereinbare Abrede der Zulässigkeit von Direktgeschäften der Beklagten und ihrer Beauftragten in Ziff. 1.1 der Verträge samt der insoweit aus Ziff. 3.3 resultierenden Informationspflichten der Beklagten gegenüber dem Kläger eine Provisionspflicht der Beklagten für derartige Geschäfte nicht ausschließt, die im Gegensatz zu der allein auf § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB gestützten Einschränkung der Ziff. 4.1 der Verträge steht.
Ergibt sich danach nach den vorstehenden Erwägungen aus der Auslegung der Verträge der Parteien, dass dem Kläger auf jeden Fall ein Bezirks- bzw. Gebietsschutz (vgl. hierzu z. B. BGH BB 78, 1136 und OLG Düsseldorf NJW 82, 1231, 1232 m.w.N.) eingeräumt wurde, verstößt die Einschränkung der Provisionspflicht gemäß Ziff. 4.1 des Vertrages gegen die zu § 87 Abs. 2 HGB entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung und ist unwirksam.
3. Die Auskunfts- und Provisionspflicht der Beklagten Ziff. 1 erstreckt sich aus den vom Landgericht (US 6) genannten Gründen auch auf Provisionen aus Geschäften der Beklagten Ziff. 1 mit der Firma H. & K. , nachdem diese unstreitig nicht vertraglich ausgenommen waren und der Kläger eine diesbezügliche Vertragsänderung abgelehnt hat.
III.
Hiernach ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge der §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung über die Kosten des das Auskunftsverfahren abschließenden Berufungsverfahrens ist geboten.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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