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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 9 U 58/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 328
Leitsatz

1. Wird eine GmbH gegründet, um eine Beteiligung stiller Gesellschafter zu erlangen und mit diesem Kapital den Betrieb einer anderen GmbH fortzuführen und sollen deren hohe Verbindlichkeiten zurückgeführt werden, so gehört ein Steuerberater, der mit 4 weiteren Personen an der ursprünglichen GmbH beteiligt ist zu den Personen, die hinter der Gesellschaft stehen. Er ist dann, wenn er als Treuhänder benannt ist, nicht nur der nur in Erfüllung seiner Treuhandpflichten zur Überwachung der Verfügungen verpflichtet, sondern auch Prospektverantwortlicher.

2. Die Anforderung, die die Rechtsprechung an einen Prospekt stellt, sind dann nicht erfüllt, wenn suggeriert wird, es werde in ein Unternehmen investiert, das bereits erfolgreich am Markt sei, in Wirklichkeit aber Anlaufprobleme bestehen, die beim früheren Produktionsbetrieb bereits zu Liquiditätsproblemen führten.

3. Diese Anforderungen sind weiter nicht erfüllt, wenn der Prospekt verschweigt, dass Anlass für die Aufnahme stiller Gesellschafter war, dass die Gesellschafter der Produktionsfirma sich ihrer persönlichen Haftung entledigen wollten.

§§ 276, 328 BGB,

Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26.10. 2000 - 9 U 58/00 -.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenate in Freiburg

Im Namen des Volkes Urteil

9 U 58/00 5 O 265/99

Verkündet am: 26. Oktober 2000

Salb als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

wegen Forderung

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Nökel

Richter am Oberlandesgericht Hahn

Richter am Oberlandesgericht Müller-Bütow

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte als Gesamtschuldner die Gerichtskosten und 1/2 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Alle drei Beklagten haben als Gesamtschuldner die übrigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten Nr. 2 und 3 können die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600.000,00 DM abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit. Beide Parteien können die ihnen obliegende Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines allgemein als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen.

4. Die Beschwer der Beklagten beträgt 510.000,00 DM.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen einer fehlgeschlagenen Beteiligung an der Erstbeklagten als stiller Gesellschafter auf Rückzahlung der Beteiligungssumme von 500.000,00 DM zuzüglich 10.000,00 DM Agio sowie Zinsen in Anspruch. Nachdem das gegen die Erstbeklagte ergangene Urteil durch Berufungsrücknahme rechtskräftig geworden ist, ist nur noch die Klage gegen den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Im Sommer 1995 wurde die A T R GmbH (künftig: R GmbH) errichtet. Die Erstbeklagte übernahm von dieser im November 1996 Maschinen und Personal für die Produktion und setzte bestehende Geschäftsbeziehungen fort. Sie trennt zur Wiederverwertung Verbundabfälle in sortenreine Ausgangsmaterialien. Sie ist mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM ausgestattet. An ihr sind der Zweitbeklagte, die Drittbeklagte sowie weitere drei Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt.

Auf einer Gesellschafterversammlung der R GmbH vom 25.03.1996, an der auch der Zweitbeklagte als Gesellschafter teilnahm, wurde festgestellt, dass seit der Gründung der Gesellschaft außerplanmäßige Kosten in Höhe von 1,5 Millionen DM aufgelaufen waren. Maßgeblich dafür waren Renovierungsmaßnahmen zur Unzeit, schleppend verlaufende Wirtschaftsförderung, Entwicklungszeiten u.a.. Bis Juli 1996 ergab sich ein Liquiditätsengpass von insgesamt 1,8 Millionen DM. Neben dem Kontokorrentkredit von 550.000,00 DM bestand ein Kreditbedarf von 1 Million DM. Zur Kreditbeschaffung von 1 Million DM waren insgesamt fünf Höchstbetragsbürgschaften der Gesellschafter über jeweils 200.000,00 DM erforderlich. Der Zweitbeklagte gab zu bedenken, dass ein über die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter hinausgehendes Engagement nicht in seiner Absicht liege. Es wurde angesprochen, dass die Produktionsanlage immer noch nicht fertiggestellt war und die Firma immer noch große Probleme dadurch hätte, dass deshalb eine ertragreiche Massenproduktion nicht stattfinden könne, was Grund der Liquiditätsprobleme sei. Die Gesellschafter beschlossen einstimmig, einen Zusatzkredit in Höhe von 1,55 Millionen DM aufzunehmen und erklärten sich mit Ausnahme eines Gesellschafters bereit, jeweils eine Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 200.000,00 DM zu übernehmen.

Die Gesellschafter beschlossen weiter, parallel zu Kreditaufnahmen eine Konzeption für stille Gesellschafter mit einem Emissionsvolumen von 10 Millionen DM zu erarbeiten. Die stillen Gesellschaftereinlagen müssten vornehmlich zur Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten verwendet werden. Bei Zahlungen von stillen Gesellschaftern müsse gewährleistet sein, dass die Bürgschaften der Gesellschafter entsprechend zurückgegeben bzw. gekürzt würden. Derjenige Gesellschafter, der einen stillen Gesellschafter akquiriere, solle bei der Rückgabe der Sicherheiten bevorzugt werden. Auf der Gesellschafterversammlung vom 03.06.1996 wurde für 1995 ein Verlust von 292.403,53 DM festgestellt. Es wurde berichtet, dass die Liquiditätslage immer noch sehr angespannt wäre. Diverse Personalumstellungen sowie umfangreiche Kosten- und Produktionsverzögerungen müssten zusätzlich finanziert werden. Ein Teil könne durch einen Mehrerlös von 500.000,00 DM aus dem Verkauf eines Gesellschafteranteils abgedeckt werden.

Die am 23.10.1996 zum Zwecke der Übernahme von Werk und Produktion durch die R GmbH durch Finanzierung mit Aufnahme von privaten Beteiligungskapital atypischer stiller Gesellschafter gegründete Erstbeklagte erlangte durch Zeichnung eines "Wirtschaftsfond Nr. 1" 3 Millionen DM und legte für weitere stille Beteiligungen in Höhe von 7 Millionen DM den "Wirtschaftsfond Nr. 2" auf. Hierzu wurde im Juni 1997 ein umfangreicher Prospekt sowie eine Kurzübersicht zum Beteiligungsangebot erstellt. Die Drittbeklagte wurde als Emissionshaus bezeichnet. Den Vertrieb übernahm die M & K GmbH.

In der Kurzübersicht wurde mitgeteilt, dass das erste Werk in G. die Erprobungsphase hinter sich habe, es bereits arbeite und seine Technik funktioniere. Die langfristige Planung des Unternehmens erwarte für die nächsten 10 Jahre einen Jahresgewinn der atypisch stillen Beteiligung von jährlich über 20 %. In dem Prospekt wird das Unternehmen als Marktführer in Europa bezeichnet, das besonders kostengünstig sei und außergewöhnlich gutes Ertragspotential habe. Das Werk in G sei im Sommer 1995 von der R GmbH errichtet und als Pilotwerk in Betrieb genommen worden. Nach einem Jahr sei die Aufnahme einer wirtschaftlichen Produktion möglich geworden. Es wurde darauf hingewiesen, dass zum 01. Januar 1997 die Erstbeklagte für einen Kaufpreis von 5.550.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer die Betriebs- und Produktionsanlagen erworben habe. Es wurde nicht darauf hingewiesen, dass die Beteiligung stiller Gesellschafter dazu verwendet werden soll, bei der R GmbH entstandene Verluste auszugleichen und vorrangig durch Verluste entstandene Kredite zurückzuführen, für die der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte sowie die übrigen Gesellschafter Bürgschaften übernommen oder Darlehen gewährt hatten. Für die Folgejahre erwartete Gewinne wurden mit einer Kostenplanung belegt, die sich an Erfahrungswerten des Unternehmens und der Branche orientiere. Nach einem Verlust für 1997 mit 2.678.000,00 DM sind für die Folgejahre Gewinne ausgewiesen. In dem beigefügten Gesellschaftsvertrag sowie Treuhand- und Verwaltungsvertrag ist der Zweitbeklagte "Patentanwalt Dr. W..." als Treuhänder bezeichnet. Unter "Chancen & Risiken" wird neben Risiken der Anlage ausdrücklich auf den Zweitbeklagten als Patentanwalt und Treuhänder hingewiesen, der selbst mit namhaften Beträgen sowohl an der "Muttergesellschaft" R GmbH als auch als atypisch stiller Teilhaber an der Erstbeklagten beteiligt sei. Er sei insoweit nicht "unabhängig", habe aber die gleichen Interessen wie die übrigen hinzutretenden stillen Gesellschafter. Bezüglich der Erfolgsplanrechnung wird darauf hingewiesen, dass sie konservativ angesetzt, aber gleichwohl völlig unverbindlich sei. Die Test- und Anlaufphase sei bereits erfolgreich abgeschlossen.

Der Kläger, der sich für eine Beteiligung interessierte, erhielt von der M & K GmbH als Repräsentantin für die Emission mit Schreiben vom 18.08.1997 ein Informationsschreiben unter Beifügung des Emissionsprospektes, der Kurzinformation sowie eines Berichtes zum ersten Halbjahr 1997 für die "Altanleger".

Der Kläger hat sich am 03.09.1997 an der Erstbeklagten mit 500.000,00 DM über den Beteiligungsfond Nr. 2 als stiller Gesellschafter beteiligt und die Beteiligungssumme zuzüglich 10.000,00 DM Agio bezahlt.

Die Erstbeklagte hat in der Folgezeit die Gewinnprognosen nicht erfüllt sondern ist in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Im Jahre 1997 erwirtschaftete die Erstbeklagte statt des vorgesehenen Verlustes von 2.678.000,00 DM einen Verlust von 4.183.965,44 DM, der durch Erträge aus der Verlustübernahme der atypischen stillen Gesellschaft in Höhe von 4.243.966,00 DM gedeckt wurde. Ein 31.01.1999 erstellter Bericht der Wirtschaftsprüfer V. und B. weist aus, dass die laufenden Ausgaben höher sind als die voraussichtlichen Einnahmen, akute Gefahr der Illiquidität bestehe und damit die drohende Pflicht zur Konkursantragstellung gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG. Überdies drohe dem Unternehmen im ersten Halbjahr 1999 Überschuldung. Am 24.03.1999 wurde ein Sanierungskonzept erstellt.

Mit Anwaltsschreiben vom 01.04.1999 hat der Kläger seine Beteiligung wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Der Beklagte hat behauptet, er sei durch falsche Prospektangaben arglistig getäuscht worden. Für diese falschen Angaben müssten nicht nur die Erst- und Drittbeklagte sondern auch der Zweitbeklagte einstehen. Der Zweitbeklagte habe durch seine Beteiligung und sein berufliches Engagement Mitverantwortung für die falschen Angaben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 510.000,00 DM nebst 5 % Zinsen seit 10.09.1997 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der atypischen Beteiligung an der Beklagten zu 1, die zum 29.07.1997 vom Kläger gezeichnet wurde, zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die Angaben des Prospektes seien richtig. Die Prospektherausgeber hätten davon ausgehen dürfen, dass nach den Investitionen in den Maschinenpark bei planmäßiger Durchführung die prognostizierte Auslastung erzielt werde. Auf das Risiko einer anderweitigen Entwicklung hätten sie ausreichend hingewiesen. Den Zweitbeklagten treffe keine Verantwortung für den Prospektinhalt. Er habe nur Pflichten als Treuhänder übernommen, die er nicht verletzt habe. Im übrigen haben sie Verjährung eingewendet.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen der Klage im wesentlichen stattgegeben. Es hat die 5 %ige Garantiezahlung, die der Kläger für 1997 erhalten hat, schadensmindern abgesetzt und deshalb nur begehrte Zinsen für das Folgejahr ab 10.09.1998 zugesprochen. Wegen der Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wenden sich der Zweit- und die Drittbeklagte mit ihren Berufungen. Die Erstbeklagte hat ihre zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen.

Die Drittbeklagte meint, zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, in dem Prospekt werde suggeriert, man investiere in ein Unternehmen, das bereits erfolgreich am Markt sei. Es seien nur Wertungen aus einer Stellungnahme des S T-Z aus dem Jahre 1994 übernommen worden, im übrigen sei aber auf Anlaufrisiken hingewiesen worden. Die Planungs- und Renditeberechnungen hätten auf fundierten Grundlagen beruht, ebenso die Renditegarantie der R GmbH. Auch aus der späteren Entwicklung und dem Sanierungskonzept könne nicht auf unkorrekte Angaben im Prospekt geschlossen werden. Jedenfalls fehle es am Verschulden der Beklagten. Im übrigen wendet sie Verjährung ein. Bereits in der Gesellschafterversammlung am 26.09.1998 sei auf die Verzögerung in der Unternehmensentwicklung und darauf hingewiesen worden, dass in 1997 die Verluste um ca. 2 Millionen DM höher sein würden als nach der Planung. Auch sei darauf hingewiesen worden, dass 1998 nochmals mit einem Verlust von 2 Millionen DM zu rechnen sei.

Der Zweitbeklagte macht geltend, er gehöre nicht zu dem Personenkreis, der für den Inhalt des Prospektes verantwortlich gemacht werden könne. Im übrigen habe er keinen aktiven Urheberbeitrag zum Prospekt geleistet. Nach seinem Informationsstand seien die Prognosen haltbar gewesen. Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, der Prospekt habe suggeriert, man investiere in ein Unternehmen, das bereits erfolgreich auf dem Markt sei. Jedenfalls müsse sich der Kläger den steuerlich relevanten Verlust für 1997 und 1998 mit ca. 100 % anrechnen lassen, was bei einer Progression von 56 % einer Steuerersparnis von 280.000,00 DM entspreche. Er wiederholt die Einrede der Verjährung.

Die Drittbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 16.02.2000 abzuändern und, soweit die Drittbeklagte verurteilt wurde, die Klage abzuweisen.

Der Zweitbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 16.02.2000 abzuändern und, soweit der Zweitbeklagte verurteilt wurde, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und nimmt auf das Urteil des Landgerichts Bezug, das er für richtig hält.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Zweit- und der Drittbeklagten sind zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Zweit- und die Drittbeklagte sind dem Kläger in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der atypischen Beteiligung an der Erstbeklagten zum Schadensersatz verpflichtet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH WM 2000, 1503) haften die für einen Anlagenprospekt Verantwortlichen nach der aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo entwickelten Prospekthaftung dem Anleger auf Ersatz seines Vertrauensschadens, wenn sie mit dem Prospekt ihm kein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln. Der Anleger darf erwarten, dass der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet.

Die Drittbeklagte ist für den Inhalt des Prospektes schon deshalb verantwortlich, weil sie im Prospekt als "Emissionshaus" bezeichnet wird und damit die Verantwortung für diesen Prospekt übernommen hat. Dies wird von der Drittbeklagten auch nicht in Zweifel gezogen.

Der Zweitbeklagte haftet nach den Grundsätzen der Prospekthaftung, weil auch er zu den Prospektverantwortlichen zählt. Zu diesen gehören neben den Initiatoren, Gründern und Gestaltern der Gesellschaft - soweit sie das Management bilden oder beherrschen - auch die Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausüben (BGH NJW 1995, 1025). Der Zweitbeklagte war bereits vor Gründung der Erstbeklagten Mitgesellschafter - offenbar gleichberechtigt neben vier weiteren Gesellschaftern - der R GmbH. Die Erstbeklagte wurde gegründet, um Beteiligungen stiller Gesellschafter zu erlangen und mit diesem neuen Kapital den bisher von der R GmbH geführten Betrieb fortzuführen. Damit sollten die hohen Verbindlichkeiten, für die auch der Zweitbeklagte zum Teil persönliche Haftung übernommen hatte, zurückgeführt werden. Angesichts dieses kleinen Personenkreises der handelnden Verantwortlichen, der Mitwirkung des Zweitbeklagten als im Prospekt vorgesehener Treuhänder für die stillen Gesellschafter und seines persönlichen Interesses am Gelingen gehörte der Zweitbeklagte im Sinne dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Personen, die hinter der Gesellschaft stehen. Er war nicht nur der namentlich als Treuhänder Benannte, der den Prospektangaben gemäß nur in Erfüllung seiner Treuhandpflichten die Verfügung über das Anlagerkonto beständig und Gewissenhaft zu überwachen hat (vgl. BGH NJW 1995,1025).

Der Prospekt, der für die Werbung der stillen Gesellschafter verwendet wurde, entsprach nicht den Anforderungen, den die Rechtsprechung an einen solchen Prospekt stellt. Er gab jedenfalls in zwei ganz wesentlichen Punkten kein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt. Zum einen wurde die aktuelle Situation der Gesellschaft schönfärbend und unzutreffend dargestellt. Es wurde, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, suggeriert, man investiere in ein Unternehmen, das bereits erfolgreich auf dem Markt sei. Dies war aber unstreitig nicht der Fall. Die Erstbeklagte hatte mit Anlaufproblemen zu kämpfen. Sie bzw. der frühere Produktionsbetrieb, die R GmbH, waren bereits in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Hierüber enthält der Prospekt keinerlei Hinweis. Es wird der Eindruck vermittelt, ein bereits erfolgreiches Unternehmen wolle nun in größerem Umfang die Produktion fortführen und benötige dazu Kapital. Dieser fehlende Hinweis wird durch die allgemeinen Risikohinweise nicht ersetzt. Auch durch die Bezeichnung als noch junges Unternehmen und als 1995 - zwei Jahre vor der Zeichnung des Klägers - in Betrieb genommenes Pilotwerk hat die Suggestion des Erfolges und der Marktführerschaft nicht aufgehoben. Es versteht sich von selbst, dass ein Kapitalanleger über diese Zusammenhänge informiert sein will. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob auch die Prognosen nach den negativen Geschäftserfahrungen von 1996 und des ersten Halbjahres 1997 schönfärbend und unzutreffend waren.

Zum anderen waren die Prospektangaben insofern unzutreffend, als nicht darauf hingewiesen wurde, dass die Gesellschafter sich ihrer persönlichen Haftung, die sie durch Übernahme einer Bürgschaft von jeweils 200.000,00 DM oder durch Darlehensgewährung übernommen hatten, durch das Auflegen des Fonds entledigen wollten. Die einkommenden Gelder sollten sogar vorrangig hierzu verwendet werden. Dieser beabsichtigte Mittelfluss zugunsten der früheren Gesellschafter hätte offenbart werden müssen. Es hätte offengelegt werden müssen, dass mit der Beteiligung stiller Gesellschafter Risikokapital beschafft werden sollte, das vorrangig dazu dienen sollte, in der Vergangenheit bereits entstandene Verluste abzudecken. In dem Prospekt wurde nur darauf hingewiesen, dass Produktionsanlagen käuflich erworben werden sollen. Es wurde auch nicht darauf hingewiesen, dass erst weitere wesentliche Investitionen erforderlich waren, um den Betrieb in dem prognostizierten Umfang zu führen. Es kommt nicht darauf an, ob es später tatsächlich gelungen ist, die Bürgschaften abzulösen. Auch ist es unerheblich, dass der Zweitbeklagte der R GmbH zwei Darlehen von 250.000 DM zur Verfügung gestellt hatte, die beim Zusammenbruch noch valutiert waren. Entscheidend sind die Verhältnisse und die Ziele der Gesellschafter bei Ausgabe des Prospektes.

Diese fehlenden Hinweise waren jeder für sich ursächlich für die Zeichnung des Klägers, da dieser weder bei Kenntnis der fehlenden Markteinführung noch bei Kenntnis der vorrangigen Abdeckung von größeren Verlusten sowie der Haftungsbefreiung der Gesellschafter, Anlass genommen hätte, sich mit einem namhaften Betrag von 500.000,00 DM zu beteiligen. Der Kläger musste befürchten, dass unter diesen Umständen die mitgeteilten Renditen nicht erzielt werden können und sein Kapitaleinsatz gefährdet sei.

Der dem Kläger zuzusprechende Schaden ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung um Steuervorteile für Verlustzuweisungen der Jahre 1997 und 1998 zu mindern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine solche Vorteilsausgleichung nur dann in Betracht, wenn feststünde, dass der Kläger durch die im Ergebnis rückabzuwickelnde Anlage ihm endgültig verbleibende so außergewöhnliche Steuervorteile erlangt hätte, dass es unbillig wäre, ihm diese ohne Anrechnung zu belassen (BGH WM 1986, 517, 520; WM 1990, 145, 148). Diese Voraussetzung haben die Beklagten nicht dargetan. Der Zweitbeklagte behauptet lediglich pauschal Verlustzuweisungen, die der Kläger steuerlich habe realisieren können. Er lässt aber außer acht, dass hier im Rahmen der Schadensregulierung der Kläger Zug um Zug gegen die Ersatzleistung seine Beteiligung aufgibt und deshalb in Höhe der Differenz zwischen Buchwert des Anteils und Ersatzleistung einen Veräußerungsgewinn erzielt, den er versteuern muss. In diesen Fällen, in denen der Geschädigte die Ersatzleistung wiederum versteuern muss und der darin liegende Nachteil den Vorteil in etwa ausgleicht, ist aber nach ständiger Rechtsprechung des BGH der Steuervorteil regelmäßig nicht anzurechnen (BGH NJW 1990, 571). Vom Zweitbeklagten ist nicht dargetan, dass hier ausnahmsweise Umstände vorliegen, die eine von dieser Rechtsprechung abweichende Differenzierung erforderlich machen.

Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Er ist auch dann nicht verjährt, wenn die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist gilt, die der Bundesgerichtshof für Prospekthaftungsansprüche der Gesellschafter einer Anlagenkommanditgesellschaft zugrunde legt (BGH NJW 1982, 1514). Entscheidend ist, wann der Kläger Kenntnis von den Mängeln des Prospekts erlangt hat. Eine solche Kenntnis das Klägers kann jedenfalls nicht vor Frühjahr 1999 festgestellt werden. Erst zu dieser Zeit hat der Kläger von dem Bericht über die wirtschaftliche Lage der Firma durch den Wirtschaftsprüfer V. und B. sowie dem Sanierungskonzept vom 24.03.1999 Kenntnis erhalten. Noch im März 1998 wurde der Kläger dahin informiert, dass sich die Unternehmensentwicklung zwar planmäßig, allerdings mit einer Verzögerung von fünf Monaten, vollziehe, was Auswirkungen auf Umsätze und Erlöse habe. Der Grund sei im wesentlichen, dass die Zeichnung des atypischen stillen Kapitals langsamer verlaufe als geplant. Zugleich erfolgte die Mindestausschüttung für 1997. Im Teilhaberreport für das zweite Quartal 1998 vom 22.07.1998 wurde mitgeteilt, dass das Unternehmen kurz vor der Gewinnschwelle stehe. Im Lagebericht vom 31.07.1998 wurde mitgeteilt, dass erstmals im dritten Quartal 1998 ein positiven Ergebnis erwartet werde. Gleiches ergab sich aus einem Artikel in der S Zeitung vom 19./20.09.1998. Wenn vor diesem Hintergrund auf der Gesellschafterversammlung am 26.09.1998 der Verlust für 1997 um 2 Millionen DM höher als erwartet mitgeteilt wurde und weiter mitgeteilt wurde, dass für 1998 nochmals ein Verlust von 2 Millionen DM erwartet werde, hingegen für 1999 mit Gewinn zu rechnen sei, musste der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennen, dass die Prospektangaben falsch waren. Dies wurde ihm damit nicht eröffnet. Er wurde im Glauben gelassen, diese Entwicklung beruhe nur auf einer Verzögerung durch den verzögerten Mittelzufluss der stillen Beteiligungen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 Satz 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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