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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 22.01.2001
Aktenzeichen: 1 Ss 283/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 356
Leitsatz:

Zu den Begriffen des Anvertrautseins, des Dienens und der Pflichtwidrigkeit als Tatbestandsmerkmale des Parteiverrats.


Geschäftsnummer: 1 Ss 283/00 1005 Js 4717/99 StA Bad Kreuznach

In der Strafsache

gegen

den Rechtsanwalt Dr. W.

- Verteidiger: Rechtsanwalt M. -

wegen Parteiverrats

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Völpel und den Richter am Landgericht Hardt

am 22. Januar 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichters - Bad Kreuznach vom 16. August 2000 wird als offensichtlich unbegründet verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten der Revision (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Gründe:

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die mit der Revision erhobene Sachrüge greift nicht durch.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erfüllen die Urteilsfeststellungen die Tatbestandsvoraussetzungen des Parteiverrats gemäß § 356 Abs. 1 StGB.

1.

Die in beiden Verfahren identische Rechtsangelegenheit, das Verkehrsunfallereignis vom 21. März 1995, war dem Angeklagten in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt dadurch anvertraut, dass die Haftpflichtversicherung ihm den Sachverhalt mit Erteilung der Prozessvollmacht zur Verteidigung gegen die erhobene Schadensersatzklage zur Kenntnis brachte (vgl. BGHR StGB § 356 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 1). Ob er in dieser Sache auch Informationen seitens des weiteren von ihm vertretenen Beklagten, des J. B., erhalten hat, ist unerheblich. Es reicht aus, wenn die Angelegenheit dem Rechtsanwalt nur von einer Partei anvertraut worden ist (BGHSt 20, 41; Tröndle/Fischer, 50. Aufl., § 356 Rdnr. 3).

Diesem Anvertrautsein konnte er sich nicht wieder dadurch entziehen, dass er das Mandat für Jörg B. in der mündlichen Verhandlung nicht weiter fortführte. Was dem Rechtsanwalt einmal anvertraut ist, bleibt dies für die Zukunft. Sobald der anvertraute Verfahrensstoff bei einem anderen Auftragsverhältnis wieder rechtliche Bedeutung erlangen kann, darf der Rechtsanwalt nicht in eben dieser Rechtssache dem nunmehrigen Gegner seines früheren Mandanten seinen Rat oder Beistand gewähren (BGHR a.a.0., m.w.N.).

2.

Der Angeklagte hat im ersten Verfahren neben der Haftpflichtversicherung auch dem Jörg B. als beklagter Partei gedient. Der Begriff des Dienens umfasst jede berufliche Tätigkeit des Anwalts rechtlicher oder tatsächlicher Art, durch die das Interesse des Auftraggebers gefördert werden soll (BGHSt 5, 301, 305; 7, 17, 19; NStZ 1985, 74). Diese Tatbestandsvoraussetzung hat der Angeklagte im ersten Verfahren schon dadurch erfüllt, dass er sich mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1996 beim Amtsgericht für beide Beklagte bestellte und Klageabweisung beantragte. Hierbei ist es ebenfalls ohne Bedeutung, ob zwischen dem Angeklagten und seinem Mandanten vorher oder nachher ein Gespräch in dieser Rechtsangelegenheit stattgefunden hat. Eine Beratungstätigkeit im Innenverhältnis ist nicht erforderlich. Dienen liegt auch dann vor, wenn der Rechtsanwalt die Parteiinteressen nur nach außen neben oder anstelle der Partei wahrnimmt (BGHSt 7, 17, 19; 5, 301, 305).

3.

Die Pflichtwidrigkeit des Dienens ergibt sich aus der Gegenläufigkeit der Interessen, die der Angeklagte in den Verfahren zu vertreten hatte (vgl. BGHR a.a.0.; BGH NStZ 1985, 74). Oblag es ihm im ersten Verfahren, im Namen der beklagten Partei Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfallereignis abzuwehren, war es seine Aufgabe im zweiten Verfahren, namens der Versicherung den vorher vertretenen Beklagten J. B. im Wege des Regresses in Anspruch zu nehmen.

Da auch die Urteilsausführungen zur subjektiven Tatseite und Strafzumessung keine Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten erkennen lassen, ist seine Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 und 3 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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