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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 25.01.2002
Aktenzeichen: 10 U 407/01
Rechtsgebiete: VVG, BGB


Vorschriften:

VVG § 22
BGB § 123
Eine wirksame Anfechtung eines Krankenversicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung über gefahrerhebliche Umstände liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer entgegen den Angaben im Antragsformular in der Zeit vor Versicherungsbeginn bestehende Erkrankungen, wie eine Pankreatitis, einen Bandscheibenvorfall, ein Lendenwirbelsyndrom sowie die Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % wissentlich nicht angibt, um den Abschluss des Versicherungsvertrages herbeizuführen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 407/01

Verkündet am 25. Januar 2002

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 45.000,- € abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand und die Verpflichtungen aus einem zwischen ihnen geschlossenen Krankenversicherungsvertrag.

Am 25.11.1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Krankenversicherung. In dem von dem Kläger unterschriebenen in dem Antragsformular enthaltenen Fragenkatalog zur Gesundheit des Antragstellers ist unter den Fragen.

"4.1. Bestehen zur Zeit Beschwerden, Krankheiten oder chronische Leiden?

4.2. Besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit,

z.B. Berufsleiden, WDB, wenn ja - welcher Grad?

Welche? (Diagnose)

(Bitte Abschrift oder Kopie des Anerkennungsbescheides beifügen)

4.4. Haben in den letzten 5 Jahren Krankenhaus-, Heilstätten- oder Sanatoriumsaufenthalte stattgefunden - wenn ja, weshalb? (Diagnose)

jeweils die Antwortalternative "nein" angekreuzt (GA 57 ff.).

Unter 4.5. des Fragenkataloges wird die Frage gestellt, ob in den letzten 3 Jahren Beschwerden, Krankheiten oder Unfallfolgen bestanden bzw. Behandlungen oder Untersuchungen stattgefunden haben. Hinsichtlich dieser Frage ist die Antwortalternative "ja" angekreuzt und unter 1. Routinevorsorgeuntersuchungen und unter 2. Zustand nach Claviculafraktur angegeben.

Der Vertrag wurde policiert und die Beklagte erbrachte in der Folgezeit nach ihrem Vortrag Leistungen aus der abgeschlossenen Versicherung an den Kläger in Höhe von insgesamt 67.567,71 DM. Nachdem der Beklagten bekannt geworden war, dass bei dem Kläger ein Analgetika-Abusus vorliegt, und sie insoweit weitere Auskünfte eingeholt hatte, verweigerte sie die Regulierung weiterer von dem Kläger vorgelegter Behandlungskosten. In der Folgezeit stellte sich hieraus, dass der Kläger entgegen den Angaben in dem Antragsformular in der Zeit vor Versicherungsbeginn wegen eines Lendenwirbelsäulensyndroms sowie einer Pankreatitis behandelt worden war.

Darüber hinaus wurde im März 1993 beim Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30% festgestellt. Nachdem die Beklagte Kenntnis von den Vorerkrankungen bzw. Vorbehandlungen des Klägers sowie der bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit erhalten hatte, erklärte sie mit Schreiben vom 13.07.1999 (GA 22) die Anfechtung des Versicherungsvertrages gem. § 123 BGB i.V.m. § 22 VVG.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Regulierung noch offenstehender, von ihm verauslagter Heilbehandlungskosten begehrt. Demgegenüber hat die Beklagte mit der Widerklage Rückzahlung erbrachter Versicherungsleistungen geltend gemacht.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe keinerlei Veranlassung zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung gegeben. Die festgestellten Vorerkrankungen Pankreatitis, Bandscheibenvorfall, Lendenwirbelsäulensyndrom sowie die Minderung der Erwerbsfähigkeit habe der Kläger gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten E H vor Abschluss der Krankenversicherung geschildert. Dieser habe sodann die entsprechenden Eintragungen m dem Antrag vom 25.11.1993 selbst vorgenommen. Der Kläger habe im Vertrauen auf ein ordnungsgemäßes Ausfüllen des Vertrages seitens des Mitarbeiters der Beklagten H das Antragsformular unterzeichnet. Darüber hinaus habe der Mitarbeiter der Beklagten E H alle Ordner, in denen die Versicherungsunterlagen des Klägers aufbewahrt worden seien, im Besitz gehabt und diese auf den neuesten Stand gebracht, so dass die Beklagte vor Annahme des Antrages auf Abschluss einer Krankenversicherung die Gelegenheit gehabt habe, von sich aus Erkundigungen zu den Vorerkrankungen und dem Gesundheitszustand des Klägers einzuholen.

Nachdem der Kläger zunächst neben einem Zahlungsantrag und einem Feststellungsantrag auf Bestehen des Krankenversicherungsvertrages beantragt hatte festzustellen, dass der Beklagten der mit Schreiben vom 13.07.1999 genannte Rückforderungsanspruch in Höhe von 67.560,71 DM nicht zusteht, haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage in der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2000 (GA 109) den negativen Feststellungsantrag insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.390,93 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25.04.1999 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Krankenversicherungsvertrag zwischen den Parteien durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 13.07.1999 nicht beendet ist und die Beklagte weiterhin verpflichtet bleibt, dem Kläger Versicherungsleistungen entsprechend dem bestehenden Versicherungsverhältnis zu erbringen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an Frau A G, P straße 41, Bad Neuenahr 1.215,66 DM nebst 4% Zinsen seit 25.02.2000 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.215,66 DM nebst 4% Zinsen seit 15.07.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 67.560,71 DM nebst 4% Zinsen seit dem 13.09.1999 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Kläger habe die unter Punkt 4.2., 4.4. und 4.5. gestellten Gesundheitsfragen in dem Antragsformular vom 25.11.1993 absichtlich falsch beantwortet. Hierdurch habe er die Beklagte bei Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht. Ihr Mitarbeiter, der Zeuge E H, sei die in dem Antragsformular aufgeführten Fragen, insbesondere die zu den Punkten 4.1. - 4.10., im einzelnen mit dem Kläger durchgegangen und habe nur diejenigen Antworten eingetragen, die der Kläger dem Zeugen gegeben habe.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung und Vernehmung des Zeugen H die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Das Landgericht führt zur Begründung aus: Der Kläger habe die Beklagte arglistig getäuscht, indem er Vorerkrankungen nicht angegeben habe. Dies sei erfolgt, um auf den Entschluss der Beklagten, den Krankenversicherungsvertrag abzuschließen, Einfluss zu nehmen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Versicherungsagent H mit dem Kläger die einzelnen Fragen durchgesprochen habe, der Kläger bestehende Vorerkrankungen verschwiegen habe. Die Beklagte hätte in Kenntnis der Vorerkrankungen den Vertrag nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Der Kläger trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und Beweiserbietens vor: Er habe die Beklagte nicht hinsichtlich vorhandener Vorerkrankungen arglistig getäuscht. Der Vertrag mit der Beklagten sei nur im Interesse des Versicherungsagenten H abgeschlossen worden. Dieser sei interessiert gewesen, mit ihm einen Versicherungsvertrag abzuschließen, da er, der Kläger, seinerzeit Geschäftsführer der Kurklinik gewesen sei und der Versicherungsagent die Aussicht gehabt habe, mit weiteren Mitarbeitern der Klinik Verträge abzuschließen. Für ihn, den Kläger, habe keine Notwendigkeit bestanden, einen Krankenversicherungsvertrag mit der Beklagten abzuschließen, da er als Bundeswehrangehöriger mit der C Krankenversicherung einen Optionsvertrag abgeschlossen habe, wonach er ohne irgendwelche Wartezeiten und Risikoüberprüfung ein Vollkrankenversicherung hätte abschließen können. Der Zeuge H habe von ihm einen Leitz-Ordner mit Krankenunterlagen erhalten, aus dem etwaige Vorerkankungen ersichtlich gewesen seien. Außerdem habe eine Voruntersuchung durch den Hausarzt Dr. G. ergeben, dass Vorerkrankungen und gesundheitliche Schäden folgenlos abgeheilt seien. Der Versicherungsantrag sei nicht in seiner Gegenwart, sondern vom Versicherungsagenten aufgrund der vorangegangenen Gespräche und Unterlagen ausgefüllt worden. Der mit der Widerklage geltend gemachte Betrag sei nicht schlüssig dargelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

das Landgericht habe zutreffend dargelegt, dass die Beklagte den zwischen den Parteien geschlossenen Krankenversicherungsvertrag rechtswirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Der Kläger habe trotz des Optionsvertrages mit der C-Krankenversicherungs-AG durchaus ein Motiv für den Abschluss der Krankenversicherung mit ihr, der Beklagten, gehabt. Denn sie habe dem Kläger bessere Versicherungsbedingungen bieten können. Wegen der beim Kläger bestehenden Medikamentenabhängigkeit seien diese günstigeren Versicherungsbedingungen gerade von besonderer Bedeutung gewesen. Der Zeuge H habe glaubhaft geschildert, dass der Versicherungsantrag in Gegenwart des Klägers ausgefüllt worden sei. Auch habe der Zeuge H vom Kläger keinen Leitzordner mit Krankenunterlagen erhalten. Außerdem sei es nicht Sache des Versicherungsagenten, ihm ggf. zur Verfügung gestellte, umsortierte Versicherungsunterlagen dahingehend durchzusehen, ob sich hieraus Anhaltspunkte für Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers ergeben, und entsprechende Rückfragen bei Ärzten zu halten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

1) Die Beklagte hat wirksam den Krankenversicherungsvertrag mit Schreiben vom 13.7.1999 (GA 22) wegen arglistiger Täuschung angefochten (§§ 123 BGB i.V.m. § 22 VVG). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen für Heilbehandlungsmaßnahmen zu. Demgegenüber hat die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung einen Anspruch auf Rückzahlung der an den Kläger aufgrund des Krankenversicherungsvertrages erbrachten Versicherungsleistungen (§ 812 Abs. 1 BGB).

a) Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger die Beklagte beim Abschluss des Krankenversicherungsvertrages über gefahrerhebliche Umstände getäuscht hat. Der Kläger hat entgegen den Angaben im Antragsformular in der Zeit vor Versicherungsbeginn bestehende Erkrankungen, wie eine Pankreatitis, einen Bandscheibenvorfall, ein Lendenwirbelsyndrom sowie die Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % nicht angegeben. Das Landgericht hat entsprechend der Auge- und Ohr-Rechtsprechung (BGH VersR 1993, 1089; BGHZ 102, 194; 113, 387) den Versicherungsagenten H zu den Vorgängen der Vertragsaufnahme vernommen. Dieser hat bekundet, dass vor dem Vertragsabschluss ein allgemeines Gespräch mit dem Kläger geführt worden sei, dieser auf Fragen nach Gesundheitsschäden nur von Kleinigkeiten gesprochen habe, mit Ausnahme einer Claviculafraktur. Der Kläger habe darauf verwiesen, dass er während seiner Bundeswehrzeit regelmäßig untersucht worden sei und auch in der Klinik durch Dr. G. Der Zeuge hat auch entgegen dem Vortrag der Berufung bekundet, dass der Versicherungsantrag in Gegenwart des Klägers ausgefüllt worden sei und jeder einzelne Punkt durchgesprochen worden sei. Der Fragebogen sei aufgrund des Vorgesprächs zwar bereits schon ausgefüllt worden, gleichwohl seien die Punkte mit dem Kläger bei Vertragsschluss noch mal durchgegangen worden und offene Fragen seien geklärt worden. Der Kläger habe beim Vertragsschluss ihm keine weiteren Vorschäden genannt. Dementsprechend habe er die Ziffer 4.1. mit "nein" angekreuzt und auch die Frage nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit verneint. Er habe den Eindruck gehabt, dass der Kläger den Antrag korrekt geprüft habe. Schließlich habe er den Antrag dem Kläger überlassen und diesen später unterschrieben zurückerhalten. Weder im Vorfeld zu dem Vertragsabschluss noch bei Vertragsabschluss habe der Kläger die beanstandeten Vorerkrankungen erwähnt. Die Aussage des Zeugen, die der Kammer glaubhaft erschien, war auch für den Senat nachvollziehbar und schlüssig. Das Landgericht hatte trotz des Umstandes, dass es sich bei dem Versicherungsagenten um einen Mitarbeiter der Beklagten handelte, keinen Anlass, dem Zeugen nicht zu glauben. Der Zeuge vermittelte einen glaubwürdigen Eindruck. Der Senat sieht aufgrund des Berufungsangriffs keine Veranlassung, den Zeugen zu den Vorgängen nochmals zu vernehmen und ihn auf seine Aussage zu beeiden. Das Landgericht hat die Beweisaufnahme ordnungsgemäß durchgeführt. Lücken und Widersprüche in den Bekundungen des Zeugen oder neue Bedenken hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage sind aufgrund des Berufungsvorbringens nicht ersichtlich.

b) Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass dies wissentlich geschah, um auf den Entschluss des Versicherers, den Krankenversicherungsvertrag anzunehmen, Einfluss nehmen zu wollen.

Voraussetzung für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung ist, dass der Versicherungsnehmer mit der wissentlich falschen Angabe von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeigen- und Offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag - hier Krankenversicherung - anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand auch aus falsch verstandener Scham, aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bedeutungslos seien. Deshalb muss der Versicherer entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einwirken wollte, sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag nicht oder möglicherweise nur mit erschwerten Bedingungen annehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde. Da es sich bei dem Bewusstsein des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann in der Praxis der Beweis meist nur durch einen Indizienbeweis geführt werden. Dies bedeutet, dass in der Regel, wenn schwere Erkrankungen oder erkennbar chronische Erkrankungen oder Krankenhausaufenthalte verschwiegen worden sind, ein solches Bewusstsein anzunehmen ist, dagegen beim Verschweigen leichterer Erkrankungen oder solcher, die vom Versicherungsnehmer als solche angesehen werden, der Beweis als nicht geführt angesehen werden muss (in Anknüpfung an BGH VersR 1985, 156, 157; VersR 1987, 91; Senatsurteile NVersZ 2001, 503, NVersZ 2001, 74; NVersZ 1999, 72 f.; NVersZ 1999, 472 f.).

Mit dieser Frage hat sich das Landgericht entgegen den Ausführungen der Berufung eingehend auseinandergesetzt (S.9/10 des Urteils). Es hat zutreffend darauf abgestellt, dass dem Kläger als Geschäftsführer bzw. kaufmännischem Leiter einer Klinik und ehemaligem Soldaten im Sanitätsdienst bewusst sein musste, dass die Beklagte bei Kenntnis dieser wesentlichen Vorerkrankungen und der Minderung der Erwerbsfähigkeit den Vertrag ohne vorherige weitere Überprüfungen nicht, jedenfalls nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte. Soweit der Kläger argumentiert, er hätte auch bei der C-Versicherung einen Krankenversicherungsantrag ohne jede Risikoprüfung abschließen können, verfängt dieses Argument nicht. Denn der Kläger hatte gerade Interesse, bei der Beklagten einen Krankenversicherungsvertrag abzuschließen, weil dieser besseren Versicherungsschutz bot, insbesondere auch im Hinblick auf die bestehende Medikamentenabhängigkeit. Unerheblich für die Frage der Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung ist, dass der Kläger u.a. hier Leistungen geltend macht, die nach Vortrag des Klägers nicht im Zusammenhang mit den von der Beklagten aufgeführten Vorerkrankungen stehen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie von der Berufung beantragt, bedarf es nicht.

Die Berufung führt schließlich ohne Erfolg aus, die Beklagte habe nicht einmal den Kausalitätsnachweis geführt, dass nach ihren Geschäftsgrundsätzen die von ihr vermissten Angaben zu Vorerkrankungen für die Risikoprüfung relevant gewesen seien. Jedenfalls bestehe keine Relevanz, da die besagten Vorerkrankungen folgenlos ausgeheilt seien. Dem steht entgegen, dass bei denn Kläger ein deutliches Krankheitsbild vorgelegen hat, insbesondere die Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ist im Rahmen einer Risikoprüfung von Gewicht. Im übrigen verweist die Beklagte zutreffend daraufhin, dass die vom Kläger begehrten Leistungen auf Wirbelsäulenbeschwerden beruhen und die Vorerkrankungen, Bandscheibenvorfall und LWS-Syndrom, durchaus in einem Zusammenhang damit stehen.

2) Hinsichtlich der Widerklage hat die Berufung gerügt, dass die von der Beklagten geforderten 67.560,71 DM, die erstinstanzlich unstreitig waren, in keiner Weise aufgeschlüsselt seien und deshalb dazu nicht Stellung genommen werden könne. Die Beitragsleistungen könnten deshalb nur bestritten werden. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.10.2001 die einzelnen Abrechnungsunterlagen vorgelegt, so dass der Berufungsangriff ins Leere geht.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 44.567,93 € festgesetzt (Klageantrag zu 1) 13.390,93 DM, Klageantrag zu 2) negative Feststellungsklage + Widerklage 67.560,71 DM sowie negative Feststellung für Zukunft 5.000,-- DM, Klageantrag zu 3) 1215,66 DM). Die Beschwer des Klägers beträgt 44.567,93 €.

Ende der Entscheidung

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