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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 22.09.2003
Aktenzeichen: 10 W 355/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 607 | |
BGB § 138 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 10 W 355/03
in dem Rechtsstreit
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert als Einzelrichter am 22. September 2003 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11. April 2003 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das Landgericht hat zu Recht der Beklagten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert, da ihre Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Kreditverträge vom 13.6./29.6.2000 (Konto. Nr. 18) und 21./25.1.2001 (Konto Nr.) sind nicht sittenwidrig (§ 138 BGB). Auch ist keine Sittenwidrigkeit in Bezug auf den "Girokontovertrag" (Konto Nr. 81) ersichtlich. Auch kommt eine Sittenwidrigkeit nicht unter dem Aspekt "keine Haftung für nach dem Darlehensvertrag mithaftende, vermögenslose Familienangehörige" in Betracht.
Aufgrund des vorgelegten Prozessstoffes ist davon auszugehen, dass die Beklagte echte Mitdarlehensnehmerin und nicht nur bloße Mithaftende war.
Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes sachliches und/oder persönliches Interesse - an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHE 146, 37, 41. BGH WM 1998, 2366 f.). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen auf Seiten der Mitdarlehensnehmerin. Die kreditgebende Bank hat es nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigenden Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen.
Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB bei Bürgschafts- und Mithaftungsverträgen zwischen Kreditinstituten und privaten Sicherungsgebern regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.: 146, 37, 42; BGH, Urteil vom 26. April 2001 - IX ZR 337/98, WM 2001, 1330, 1331). Zwar reicht selbst der Umstand, dass der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die vertragliche Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung wird aber widerleglich vermutet, dass die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen wurde und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat.
Die Beklagte hatte sowohl ein eigenes sachliches und persönliches Interesse an der Aufnahme der 3 Kredite. Der Ehemann der Beklagten hatte sich ab dem 1.5.2000 im Bereich des Betriebs eines Transportunternehmens selbstständig gemacht. Die Gewerbeanmeldung lautete auf den Namen der Beklagten. Im Rahmen der Neugründung des von ihrem Ehemann geführten und auf ihren Namen laufenden Unternehmens sollte die Beklagte die Buchhaltung übernehmen. Da die Beklagte seinerzeit in einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Ehemann lebte, hatte sie - ungeachtet der Tatsache, dass sie Inhaberin des Unternehmens war - ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Aufnahme des Darlehens. Bezüglich des Darlehens von 51.000 DM verhielt es sich so, dass dieses der Bereinigung des Geschäftsgirokontos 94 sowie des streitgegenständlichen Privatgirokontos 31 diente. Die Aufnahme des Kredits erfolgte demnach auch zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten der Beklagten. Auch war die Beklagte über das neue Girokonto verfügungsbefugt. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten betrafen 20 % der Entnahmen zudem privaten Zwecken. Letztlich lebte die Familie auch von den Entnahmen aus diesem Konto. Bei Gesamtschau sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Mitaufnahme der Kredite durch die Beklagte nur aus emotionaler Verbundenheit zu ihrem Ehemann erfolgte.
Die Beschwerde war deshalb aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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