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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.12.1999
Aktenzeichen: 2 Ws 798/99
Rechtsgebiete: BRAGO
Vorschriften:
BRAGO § 12 I 2 |
Geschäftsnummer: 2 Ws 798/99 302 Js 11072/95 StA Mainz
In der Strafsache
gegen
T J, geboren am 5............, wohnhaft...................,
- Verteidigerin: Rechtsanwältin..............
wegen Vergewaltigung u.a.
hier: notwendige Auslagen der Nebenklägerin
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Vonnahme sowie die Richter am Oberlandesgericht Mertens und Henrich am 28. Dezember 1999
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mainz vom 9. November 1999 abgeändert.
Die von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten werden auf 2.609,65 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Juli 1999 festgesetzt.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.964,30 DM festgesetzt.
Gründe:
Durch Beschluss vom 9. November 1999 hat der Rechtspfleger die von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 4.091,80 DM nebst Zinsen festgesetzt. Hiergegen hat der Verurteilte "Erinnerung" eingelegt und diese damit im Wesentlichen begründet, dass die geltend gemachten Gebühren überhöht seien. Durch Beschluss vom 7. Dezember 1999 hat der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde des Verurteilten nicht abgeholfen.
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
Die von der Vertreterin der Nebenklägerin geltend gemachten Rahmengebühren sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO herabzusetzen, da sie unbillig zu hoch bemessen sind. Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Dabei steht ihm ein Ermessensspielraum zu. Ist die Gebühr von einem Dritten, wie hier von dem Verurteilten, zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass ein Fall der Unbilligkeit erst dann vorliegt, wenn die von dem Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die von dem Gericht für angemessen erachtete um mehr als 20 % überschreitet, und dass in der Regel eine Überschreitung um bis zu 20 % zu tolerieren ist.
Vorliegend bietet keines der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu beachtenden Bemessungskriterien Anlass, für fünf der sechs Verhandlungstage die Höchstgebühr festzusetzen. Verfahren wegen Kindesmissbrauchs gehören - so beklagenswert dies auch ist - mittlerweile zum "Standard" einer großen Strafkammer. Vielfach gehört es zur Verteidigungsstrategie des Angeklagten, Beweisanträge zu stellen, mit denen die Glaubwürdigkeit der Geschädigten erschüttert werden soll. Ebenso wird regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Glaubwürdigkeit des geschädigten Kindes oder Jugendlichen beantragt. Der Senat hält die Behauptung der Vertreterin der Nebenklägerin, zur Anfertigung der - weniger als drei Seiten umfassenden - Stellungnahme vom 10. Juni 1997 zur Frage der Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens seien Spezialkenntnisse erforderlich gewesen, auch im Hinblick auf das Alter der Geschädigten für verfehlt. Auch der Aktenumfang, die Anklageschrift umfasst gerade sieben Seiten, oder sonstige Umstände vermögen die Festsetzung der Höchstgebühr nicht zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung der Verteidigerin ist aber auch der Ansatz der Mittelgebühr nicht dazu geeignet, die Tätigkeit der Vertreterin der Nebenklägerin, die erst im Hauptverfahren tätig wurde, angemessen zu honorieren. Der Verurteilte hatte die Geschädigte nicht "nur" sexuell missbraucht, sondern sie - in einem Fall - auch vergewaltigt. Die Hauptverhandlung dauerte mehrere Tage, teilweise wurde ganztägig verhandelt. Insgesamt hält der Senat deshalb den Ansatz einer Gebühr von 75/100 der Höchstgebühr für angemessen, soweit die Vertreterin der Nebenklägerin nicht lediglich eine Mittelgebühr geltend gemacht hat. Da die von dieser geltend gemachten Höchstgebühren die angemessenen Gebühren um mehr als 20 % übersteigen, ist der Gebührenansatz unverbindlich und auf die angemessenen Gebühren zu reduzieren. Die angemessenen Gebühren betragen für die Hauptverhandlung 1.170 bzw. 600 DM und für das Revisionsverfahren 973,75 DM. Abzüglich der PKH-Gebühren errechnet sich der von dem Senat festgesetzte Betrag von 2.609,65 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO.
Ende der Entscheidung
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