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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 3 W 729/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 459 Abs. 2
BGB § 463 Satz 1
BGB § 462
BGB § 459 Abs. 1
BGB § 463
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 2 Satz 1
ZPO § 91 a Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 3 W 729/01

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

wegen Wandelung eines Kraftfahrzeug-Kaufvertrages hier: Beschwerde gegen Beschluss nach § 91 a ZPO

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak, den Richter am Oberlandesgericht Becht und den Richter am Amtsgericht Rienhardt am 7. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 2. Oktober 2001 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Das gemäß § 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel des Klägers ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits insgesamt auferlegt, nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu treffende Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes richtet sich danach, wie der Streitfall aller Voraussicht nach zu entscheiden gewesen wäre, wenn nicht seine übereinstimmende Erledigung in der Hauptsache von beiden Parteien erklärt worden wäre.

Vorliegend wäre der Kläger mit seinem auf Wandelung eines Kraftfahrzeug-Kaufvertrages gerichteten Klagebegehren aller Voraussicht nach unterlegen gewesen.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zustimmung des Beklagten zu der von ihm begehrten Wandelung des Kaufvertrages nicht zu.

Die Angaben im Verkaufsprospekt der Firma K..-M...... das streitgegenständliche Kraftfahrzeug weise die Schadstoffklasse "EURO 2" auf, stellt keine zugesicherte Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB dar.

Eigenschaften in diesem Sinne sind nämlich neben den physischen Eigenschaften des Kaufgegenstandes auch und nur solche tatsächlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Beziehungen der Kaufsache zu seiner Umwelt, die für dessen Brauchbarkeit und Wert bedeutsam sind (BGH NJW 1990, S. 1659 ff [1660]). Diese Beziehungen müssen aber ihren Grund in der Beschaffenheit der Kaufsache selbst haben, von ihr ausgehen, ihr auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Sache liegen. Nur unter diesen Voraussetzungen sind auch steuerrechtliche Konsequenzen des Erwerbs der Kaufsache als zusicherungsfähige Eigenschaften anzusehen. Außerhalb des Kaufgegenstandes liegende Umstände dagegen, die unabhängig von seiner Beschaffenheit nur aufgrund allgemeiner Kriterien, wie z.B. der Modalitäten des Erwerbsvorgangs, (Steuer-)rechtliche Folgen in Bezug auf den Kaufgegenstand auslösen, stellen dagegen keine Eigenschaften im Sinne von §§ 459 Abs. 2, 463 Satz 1 BGB dar (BGH a.a.O.).

Ausgehend von diesen Kriterien hält der Senat die Frage, in welche Steuerklasse ein Kraftfahrzeug einzuordnen ist, für eine Eigenschaft desselben, da sie von der Schadstoffarmut des Motors abhängt und diese dem Fahrzeug innewohnt.

Diese ist dem Kläger von Seiten der Beklagten aber nicht zugesichert worden.

Ob eine Angabe zur Kaufsache lediglich deren Beschreibung dient (§ 459 Abs. 1 BGB) oder ob mit ihr eine Eigenschaft zugesichert wird (§ 459 Abs. 2 BGB), ist in erster Linie danach zu beurteilen, in welchem Sinne sie der Geschäftsgegner als Erklärungsempfänger verstehen durfte. Entscheidend für die Annahme einer Zusicherung ist, dass aus der Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar wird, die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft zu übernehmen, wobei dies auch stillschweigend oder durch schlüssiges Verhalten geschehen kann. Bei der Annahme einer stillschweigenden Zusicherung ist allerdings Zurückhaltung geboten, wenn die Erklärung des Verkäufers, aus der eine Zusicherung hergeleitet werden soll, zugleich der Bezeichnung der Kaufsache dient. Insbesondere beim Verkauf neu hergestellter beweglicher Sachen ist die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung grundsätzlich die Ausnahme, die der besonderen Begründung anhand der Umstände des Einzelfalls bedarf (BGH NJW 1995, S. 518 f).

Danach aber sind Angaben über Lieferumfang, Aussehen, Leistungen usw. in einem Verkaufsprospekt eines Kraftfahrzeugs als solche keine zugesicherten Eigenschaften. Sie stellen vielmehr zunächst lediglich eine Beschaffenheitsangabe dar. Den Charakter einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Zusicherung erlangen sie erst, wenn der Käufer ein Verhalten des Verkäufers in die Richtung deuten darf, dass sich dieser für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft in der Weise stark macht, dass er auch ohne Verschulden für sie einstehen will (OLG Bremen, Beschluss vom 14. Juni 2001, 5 U 1/01 [vgl. Bl. 29 ff GA]).

Nachdem der Kläger selbst bereits eine ausdrückliche Zusicherung seitens der Beklagten nicht vorträgt, bleibt nur noch Raum zur Annahme einer konkludenten, stillschweigend gegebenen Zusicherung.

Diese kann - wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat - in einer bloßen Prospektangabe nicht gesehen werden, da diese für sich betrachtet lediglich eine Beschaffenheitsangabe darstellt. Ein irgendwie geartetes Verkäuferverhalten, aus dem ersichtlich würde, dass die Beklagte hierfür unbedingt hätte einstehen wollen, trägt der Kläger nicht vor; es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Die Angabe der Schadstoffklasse "EURO 2" ist auch keineswegs identisch mit der daraus regelmäßig folgenden Einstufung eines Fahrzeugs in eine stets gleiche Steuerklasse. Letzteres bestimmen allein die Finanzbehörden ausgehend von der einem Fahrzeug im Kraftfahrzeugbrief und -schein zugeteilten Schlüsselnummer.

Die landgerichtlichen Ausführungen zum Fehlen eines Anspruchs aus den Vorschriften der §§ 462, 459 Abs. 1 BGB, aus § 463 BGB sowie aus culpa in contrahendo sind allesamt zutreffend und bedürfen weder einer Korrektur noch einer Ergänzung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.657,40 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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