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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 24.10.2008
Aktenzeichen: 1 W 11/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 355 | |
BGB § 355 Abs. 2 |
2. Für den Fristlauf des vertraglich vereinbarten Widerrufs gelten nur die vereinbarten, ggfs. durch Auslegung zu ermittelnden Voraussetzungen und nicht die strengen formellen Voraussetzungen des § 355 Abs. 2 BGB, soweit in der Vereinbarung nicht auf sie Bezug genommen wird.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
1 W 11/08 (PKH) OLG Naumburg
In dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann als Einzelrichter
am 24. Oktober 2008
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 7. Februar 2008, 4 O 507/07, wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig; sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug für die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung zu Recht zurückgewiesen. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, was nach § 114 ZPO der Bewilligung entgegen steht, weil eine Prozesspartei, die über ausreichende finanzielle Mittel zur Prozessführung verfügt, unter diesen Bedingungen eine Klage auf eigenes Kostenrisiko nicht erheben würde.
Für den Senat ist schon zweifelhaft, ob die Klage zulässig ist. Die Beteiligten des Verfahrens haben in § 21 ihres Vertrages eine Pflicht zur vorrangigen Streitbeilegung durch ein Mediationsverfahren vereinbart. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Antragsteller dieser vertraglichen Verpflichtung nachgekommen ist. Letztlich kann diese Frage und ihre Erheblichkeit für die Zulässigkeit einer Klage jedoch dahin stehen und muss hier offen bleiben, weil der Antragsteller hierzu noch kein rechtliches Gehör hatte.
Der Senat geht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon aus, dass der Widerruf des Franchisevertrages durch den Antragsteller zu spät erhoben worden ist.
Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht nach zutreffender übereinstimmender Auffassung beider Verfahrensbeteiligter nicht, weil das auf den Vertragsschluss gerichtete Verhalten des Antragstellers seinem bereits zuvor bestehenden beruflich-gewerblichen Bereich zuzuordnen ist. Der persönliche Anwendungsbereich der den privaten Endverbraucher besonders schützenden gesetzlichen Vorschriften ist nicht eröffnet.
Allerdings ist dem Antragsteller darin zu folgen, dass grundsätzlich ein Widerrufsrecht in einem Franchisevertrag auch für gewerbliche Franchisenehmer freiwillig vereinbart werden kann. Ist eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann der Franchisenehmer dieses ihm vertraglich eingeräumte Recht natürlich auch in Anspruch nehmen. Ob eine solche Vereinbarung hier vorliegt, mag zweifelhaft sein. Sie ist jedenfalls nicht in § 22 des Vertrages zu sehen, weil dort lediglich eine Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht enthalten ist, keine darüber hinaus gehende Regelung eines nicht gesetzlichen Widerrufsrechts. Die Aufnahme der Formulierung in den Vertrag mit dem Antragsteller ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die Antragsgegnerin einen vorformulierten Vertragstext für gewerbliche und private Vertragspartner verwendet. Ein entsprechender objektiver Erklärungswert könnte allenfalls der "Belehrung" auf Seite 19 des Vertrags zukommen, weil diese Erklärung konkret auf den Antragsteller Bezug nimmt. Die Auslegungsfrage kann hier aber offen bleiben. Denn im vorliegenden Falle kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden war.
Der Widerruf des Franchisevertrages vom 20. Juni 2007 entfaltet selbst dann, wenn er vertraglich vereinbart gewesen sein sollte, jedenfalls schon deshalb keine Wirkungen, weil die vertraglich vereinbarte Widerrufsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Anders, als in dem vom Antragsteller immer wieder angeführten Fall des Landgerichts Zwickau war hier im Vertrag keine Bezugnahme auf § 7 Verbraucherkreditgesetz oder eine vergleichbare Rechtsnorm erfolgt, d.h. die gesetzlichen Regelungen sind weder originär anwendbar noch auch nur subsidiär für anwendbar erklärt worden. Da der Anwendungsbereich der gesetzlichen Vorschriften ohne eine entsprechende vertragliche Inkraftsetzung, wie vorausgeführt, nicht eröffnet ist, ist hinsichtlich der formellen Anforderungen für den Beginn der Widerrufsfrist allein auf den Inhalt des Vertrages abzustellen. Für diese vertragliche Regelung gilt die formenstrenge Rechtsprechung zum Inhalt einer Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nicht. Hier ist nur vereinbart, dass der Lauf der Widerrufsfrist mit Aushändigung einer gesonderten Urkunde zum Widerrufsrecht beginnt. Diese Aushändigung fand am 15. Januar 2007 statt, so dass die Widerrufsfrist am 22. Januar 2007 vollendet war. Dem steht nicht entgegen, dass auf der Anlage 1 zum Franchisevertrag Name und Anschrift des Widerrufsempfängers nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Denn die Urkunde wurde als Anlage zu dem Vertrag übersandt, dessen Urkundseingang die geforderten Angaben zu entnehmen waren. Im Hinblick auf die geringere Schutzbedürftigkeit eines gewerblichen Franchisenehmers gegenüber einem Verbraucher genügt diese Form der Belehrung über ein vertragliches Widerrufsrecht.
Die beabsichtigte Klage ist unschlüssig, soweit sie auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gestützt wird. Ein Abweichen der tatsächlichen von den avisierten Umsatzzahlen stellt allein noch keine Täuschung des Franchisenehmers dar, weil dieser das wirtschaftliche Risiko, welches u.a. von der Marktlage und dem Einsatz sowie den Kenntnissen und Fähigkeiten des Franchisenehmers abhängig ist, selbst zu tragen hat. Auch genügt der Antragsteller nicht seiner durch die Erwiderung der Antragsgegnerin erhöhten Darlegungslast für eine Täuschung durch die bloße Behauptung, dass er eine Fehlvorstellung über die Anzahl der ihm und seiner gewerblichen Tätigkeit zugute kommenden Rahmenvereinbarungen der Antragsgegnerin mit Großkunden hatte. Die Antragsgegnerin hat bestritten, dass ihre Angaben zum Bestehen einer größeren Zahl von Rahmenvereinbarungen mit Großkunden im gesamten Bundesgebiet falsch gewesen sein. Insbesondere habe auch im künftigen Einzugsbereich des Antragstellers nicht nur eine Rahmenvereinbarung mit einem Lebensmitteldiscounter bestanden. Die Antragsgegnerin hat weiter behauptet, dass sie dem Antragsteller die Übernahme von Leistungen für weitere Großkunden erfolglos angeboten habe. Hierauf hat der Antragsteller bislang nicht reagiert. Seine bisherigen pauschalen Behauptungen sind einer Beweisaufnahme auch nicht zugänglich. Unter diesen Umständen erscheint eine Rechtsverfolgung sogar völlig aussichtslos.
Schließlich ist derzeit auch keine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin ersichtlich, die als Grundlage einer Haftung wegen Verschuldens bei der Vertragsanbahnung in Betracht käme.
Der Antragsteller verkennt, dass ein Franchisegeber nicht die Aufgaben eines Existenzgründerberaters hat. Ihm obliegt es insbesondere nicht, den künftigen Franchisenehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbständigkeit und insbesondere über eine mögliche "finanzielle Durststrecke" in der Aufbauphase, aufzuklären.
Die weitere Behauptung des Antragstellers, dass keiner der Franchisenehmer der Antragsgegnerin wirtschaftlich erfolgreich tätig sei, ist schon pauschal und kaum einlassungsfähig oder einer Beweiserhebung zugänglich. Aber selbst wenn einzelne Franchisenehmer der Antragsgegnerin mit wirtschaftlichen Verlusten tätig wären, ergäbe sich hieraus nicht zwingend der Schluss auf eine Unumsetzbarkeit des Franchisekonzepts der Antragsgegnerin. Und selbst wenn das Konzept der Antragsgegnerin einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Franchisenehmer von vornherein nicht zuließe, ergäbe sich hieraus nicht ohne Weiteres die schuldhafte Verletzung einer dem Antragsteller gegenüber bestehenden Pflicht der Antragsgegnerin. Dies setzte vielmehr voraus, dass die Antragsgegnerin zumindest bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass ihr Konzept unter keinen Umständen umsetzbar wäre. Hierzu ist nichts Substanzielles vorgetragen
Entgegen der Bewertung des Antragstellers sind die von der Antragsgegnerin in der Vertragsanbahnungsphase im Oktober 2006 verwendeten Wirtschaftsdaten mit Stand vom Januar 2006 auch nicht "völlig veraltet". Jedenfalls war es für den Antragsteller deutlich erkennbar, auf welchen Zeitpunkt die Zahlen bezogen waren, denn diese Angabe war transparent im Businessplan enthalten. So, wie der Antragsteller im Verlaufe des Prozesskostenhilfeverfahrens das Alter der Informationen erkennen konnte, hätte er es bei sorgfältiger Betrachtung der ihm ausgehändigten Papiere auch bereits im Oktober 2006 erkennen und ggfs. beanstanden bzw. seine Schlussfolgerungen hieraus ziehen können. Der Umstand, dass der Vertragsschluss erst im Januar 2007 erfolgte, ist unerheblich. Für die Frage des Vorliegens einer Pflichtverletzung ist auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlung, hier also auf den Zeitpunkt der Vertragsanbahnung im Herbst 2006 abzustellen.
Darüber hinaus hat die Kammer im Nichtabhilfebeschluss vom 7. März 2008 zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit i.S. von § 115 ZPO nach wie vor nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat. Insoweit macht sich der Senat die Ausführungen der Kammer in den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses zu eigen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 97 Abs. 1 und 127 Abs. 4 ZPO.
Ende der Entscheidung
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