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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 09.12.2005
Aktenzeichen: 10 U 13/05
Rechtsgebiete: HWG, UWG
Vorschriften:
HWG § 1 Abs. 1 Nr. 2 | |
HWG § 3 | |
HWG § 11 | |
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 2 | |
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 4 | |
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 6 | |
HWG § 12 | |
UWG § 3 | |
UWG § 5 | |
UWG § 8 | |
UWG § 8 Abs. 3 | |
UWG § 8 Abs. 4 | |
UWG § 12 Abs. 1 S. 1 | |
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
10 U 13/05 OLG Naumburg
verkündet am: 09.12.2005
In dem Rechtsstreit
wegen Unterlassung
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2005 unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, der Richterin am Oberlandesgericht Mertens und der Richterin am Amtsgericht Westerhoff
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Februar 2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Dessau wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer der Beklagten und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist ein bundesweit tätiger Berufsverband der organisierten Heilpraktikerschaft und macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Werbung für Ayurveda, vedische Medizin oder ähnliche ausleitende medizinische Behandlungsverfahren geltend.
Zum Zwecke der Werbung für ihre heilkundliche Tätigkeit betreibt die Beklagte eine Internetseite unter dem Domain-Namen ... . Eine Seite der Homepage ist unterschrieben mit der Überschrift "Einige Indikationen, für die eine ambulante ayurvedische Behandlung hilfreich sein kann". Von dort gelangt der Benutzer jeweils über einen Link zu den Seiten, die eine Vielzahl von Behandlungsindikationen und Erkrankungen abhandeln, für die Ayurveda als Behandlungsverfahren angeboten wird.
Die Geschäftsstelle des Klägers wurde am 27. April 2004 von dem Mitglied C. Sch. per Telefax und telefonisch über den Internetauftritt der Beklagten informiert. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 6. Mai 2004 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In der Folge beantragte der Kläger bei dem Landgericht Dessau den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die nach mündlicher Verhandlung am 18. Juni 2004 durch Urteil unter dem Geschäftszeichen 6 O 600/04 antragsgemäß erlassen wurde. Mit Schreiben vom 25. Juni 2004 forderte der Kläger die Beklagte auf, eine Erklärung dazu abzugeben, dass sie die Regelungen des Urteils als verbindlich ansehe. Dies geschah nicht.
Die Beklagte gab unter dem 15. Juli 2004 gegenüber der Arbeitsgemeinschaft Wettbewerb für den selbständigen gewerblichen Mittelstand eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Wegen deren Inhalts wird auf Bl. 2 f. des Anlagenbandes Bezug genommen.
Zwischenzeitlich richtete die Beklagte einen Passwortschutz für den Zugang zu ihrer Internetseite ein.
Der Kläger hat behauptet,
ganz überwiegend die Interessen aller Heilpraktiker zu verfolgen. Einnahmen aus der Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche erziele er nicht. Auch scheue er vor Maßnahmen gegen Mitglieder nicht zurück, die sich wettbewerbswidrig verhielten.
Die Auflistung der in den Anlagen A 6 und A 7 genannten Krankheitsbegriffe verstießen teilweise gegen das Verbot der Laienwerbung. Die Werbung sei zugleich wettbewerbswidrig zum Nachteil seiner Mitglieder. Die Werbung mit den als Anlagen A 8 und A 9 bezeichneten Bildern und Graphiken verstoße gegen das HMG, wonach die Werbung außerhalb der Fachkreise mit der bildlichen Darstellung von Personen in der Berufsbekleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des Arzneimittelhandels untersagt sei. Die Werbung mit der Anlage A 7 verstoße gegen das HMG, denn die Werbung mit Angaben, dass das Arzneimittel, das Verfahren etc. ärztlich usw. empfohlen oder geprüft oder angewendet werde, sei verboten. Die Anzeigen in der Zeitung seien auch als solche nicht hinreichend als Werbung gekennzeichnet worden und damit irreführend. Der zwischenzeitlich eingerichtete Passwortschutz beseitige die Wiederholungsgefahr nicht, da eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
es der Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen im Wettbewerb oder zu Zwecken des Wettbewerbs für Ayurvede, vedische Medizin oder ähnliche ausleitende medizinische Behandlungsverfahren
1.1. außerhalb der medizinischen Fachkreise mit nachfolgenden Begriffen zu werben:
Multiple Sklerose, Psycho-physische Erschöpfungszustände, sogenannte vegetative Labilität, Erkrankungen des Herzkreislaufes, kompensatorische Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, arterielle Durchblutungsstörung der Beine, Zustand nach Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen, funktionelle Herzkreislaufstörungen, Stoffwechselstörungen, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Stoffwechselstörungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Magenschleimhautentzündung, Zustand nach Magen-Darmgeschwüren, Colon irritabile (sog. Reizdarm), Colitis ulcerosa, Morbus Crohn Erkrankungen von Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse, Osteoporose, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (z. B. chronische Polyarthritis, Morbus Bechterew, Weichteilrheumatismus), Tumorerkrankungen, Hypertonie, venöse Erkrankungen, funkt. Herz- und Kreislauferkrankungen, koronare Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, chronische Nierenbecken- und Harnwegs-Entzündungen, rezid. Blasen- und Harnröhrenentzündungen, funkt. Urogenitalsyndrom, begleitende Krebsbehandlung, entzündliche Gelenk- und Knochenerkrankungen, Durchblutungsstörungen (stoffwechselbedingte Arthropathien), psychovegetatives Syndrom, funkt. Störungen (Herz, Kreislauf, Magen, Darm), reaktive und neurotische Depression, Fettstoffwechselstörungen, Hyperurikämie/Gicht, Hormonstörungen z. B. der Schilddrüse;
1.2. mit den als Anlage A 8 und A 9 dem Verfügungsantrag vom 14. Mai 2004 in dem Verfahren LG Dessau 6 O 600/04 beigefügten Bildern und Fotographien außerhalb der medizinischen Fachkreise zu werben;
1.3. mit dem als Anlage A 10 von Klägerseite in dem Verfügungsverfahren LG Dessau 6 O 600/04 vorgelegten Werbetext außerhalb der medizinischen Fachkreise zu werben;
1.4. mit dem als Anlage A 11 und A 12 im Verfügungsantrag vom 14. Mai 2004 in dem Verfahren LG Dessau 6 O 600/04 vorgelegten Anzeigetext zu werben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der Passwortschutz gewährleiste, dass ihre Internetseite nur für angemeldete Fachkreise zugänglich sei. Sie hat die Auffassung vertreten, auch inhaltlich richte sich ihre Internetseite an Fachkreise, denn für Laien sei die Ausführungen überwiegend unverständlich. Ihre strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 15. Juli 2004 gegenüber der AGW habe die Wiederholungsgefahr beseitigt. Auch sei der Antrag des Klägers rechtsmissbräuchlich, denn diese verfolge nur den Zweck, Nichtmitgliedern die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubürden. Der Kläger fördere vergleichbare Darstellungen im Internet und dulde diese bzw. lasse sie durch Vorstandsmitglieder selbst vornehmen.
Die 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Dessau hat die Beklagte mit dem am 14. Februar 2005 verkündeten Urteil antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 11, 12 HWG, 3, 5, 8 UWG.
Die Beklagte habe auf ihrer Internetseite mit Indikationen geworben, für die eine ambulante ayurvedische Behandlung hilfreich sein könne. Die Auflistung mit den Oberbegriffen und mit den Erkrankungslisten verstoße gegen das Verbot der Laienwerbung gemäß Anlage A zu § 12 HWG, so dass der Kläger einen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf Werbung außerhalb der Fachkreise habe.
Die Werbung entsprechend der Anlage A 9, die die Beklagte in Arbeitskleidung und mit Arbeitsgeräten zeige, verstoße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG.
Die Werbung mit der Ozontherapie außerhalb der Fachkreise entsprechend der Anlage A 10 verstoße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG.
Die Anzeigen entsprechend den Anlagen A 11 und 12 seien nicht als Werbung wahrzunehmen, so dass eine irreführende Werbung und damit ein Verstoß gegen §§ 3 HWG und 3, 5 UWG vorliege.
Die Werbemaßnahmen der Beklagten seien jedermann zugänglich gewesen, so dass es sich um Werbung außerhalb der Fachkreise gehandelt habe
Soweit seit Anfang Juni 2004 eine Zugangsbeschränkung vorhanden gewesen sei, indem die Beklagte ihre Internetseite mit einem Passwortschutz versehen habe, sei das Rechtsschutzinteresse der Klägerin und die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Die Widerlegung der Wiederholungsgefahr könne nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigt werden. Eine gegenüber der AWG erteilte Unterlassungserklärung sei vorliegend unerheblich, da nicht ersichtlich sei, dass sich diese auf den hiesigen Streitgegenstand beziehe. Zudem habe die Beklagte den Kläger erst im Verlaufe des hiesigen Rechtsstreits von der Unterlassungserklärung in Kenntnis gesetzt.
Auch habe der Kläger seine Klagebefugnis nicht rechtsmissbräuchlich ausgenutzt. Eine gewinnbringende Abmahn- oder Prozesstätigkeit des Klägers sei nicht ersichtlich. Auch stehe es der Beklagten frei, ihrerseits gegen Verletzer vorzugehen. Anders verhalte es sich womöglich, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe; vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig dulde. Auch hierfür lägen jedoch nicht ausreichende Anhaltspunkte vor. Die Beklagte habe den Nachweis, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich vorgehe, nicht geführt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lägen genügend Tatsachen vor, dass die im Verfügungsverfahren aufgeführten Tatsachen, gegen die sie verstoßen haben solle, durch den Verfügungsantrag verbraucht seien.
Unrichtig sei, dass sie weiterhin auf ihrer Homepage mit Ozontherapie geworben habe. Unstreitig sei, dass sie während des einstweiligen Verfügungsverfahrens ihre Internetseite mit einem Passwortschutz versehen habe und dieser fortbestehe. Insoweit sei die Internetseite eben nicht allgemein, sondern nur für die angemeldeten Fachkreise allgemein zugänglich. Insofern seien die im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens gemachten Vorwürfe verbraucht.
Ferner habe sie sich vor der Klageeinreichung gegenüber der Arbeitsgemeinschaft Wettbewerb für den selbständigen gewerblichen Mittelstand am 15. Juli 2004 einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unterworfen (Anlage B 20, Anlagenband Bl. 2 d. A.). Diese habe Zeitungsanzeigen zum Gegenstand, die Gegenstand der Klageanträge seien.
Durch diese strafbewehrte Unterlassungserklärung und die Einrichtung eines Passworts für Fachkreise, die vor Einleitung des Klageverfahrens erfolgt seien, sei die Wiederholungsgefahr beseitigt worden.
Die Weigerung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sei nur deshalb erfolgt, weil das Verhalten des Klägers rechtsmissbräuchlich sei. Es sei für sie unerträglich, von dem Kläger in Anspruch genommen zu werden, der das ihr vorgeworfene Verhalten bei seien Mitgliedern dulde oder gar fördere.
Nach § 8 Abs. 4 UWG sei die Geltendmachung der Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich seien und dazu dienten, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Das Landgericht sei auf die äußerst zahlreichen Verstöße, die sie erstinstanzlich dargelegt habe, nicht eingegangen. Nach den vorgelegten Beweismitteln habe der Kläger die Rechtsverletzungen durch seine eigenen Organe und Mitglieder im Internet geduldet. Deshalb sei sein Vorgehen gegen sie diskriminierend und rechtsmissbräuchlich und die Klage gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig.
Die Beklagte beantragt,
das am 14. Februar 2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Dessau abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 den Rechtsstreit für erledigt erklärt, soweit der Tenor zu Ziffer 1.1. des angefochtenen Urteils sich nicht auf folgende Begriffe bezieht:
Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, chronische Polyarthritis, Morbus Bechterew, Tumorerkrankungen, Colitis ulcerosa, begleitende Krebsbehandlung, stoffwechselbedingte Arthropathien, Hyperurikämie.
Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Kläger ist, von der Berufung nicht in Abrede gestellt, klagebefugt nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, denn ihm gehört eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden an, die gewerbliche Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
Die Klage ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig. Nach der genannten Vorschrift, ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Nach überwiegender Auffassung, der sich anzuschließen ist, führt der Missbrauchs-einwand wegen des Fehlens der Prozessführungsbefugnis schon zur Unzulässigkeit der Klage (BGH, GRUR 1996, 804, 806; 2002, 357, 359). Die Voraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens des Klägers sind vorliegend indes nicht erfüllt.
§ 8 Abs. 4 UWG schützt die von einer Abmahnung oder Klage Betroffenen und mittelbar auch die Gerichte vor einer missbräuchlichen Inanspruchnahme (BGH, GRUR 1999, 509, 510). Dieser Schutz ist deshalb erforderlich, weil ein Wettbewerbsverstoß eine Vielzahl von Unterlassungsansprüchen unterschiedlicher Personen und Verbände auslösen kann. Die Vielzahl der Anspruchsberechtigten, die sich aus § 8 Abs. 3 UWG ergibt, führt naturgemäß dazu, dass der Verletzer unangemessen belastet wird, so dass § 8 Abs. 4 UWG eine Ausgleichsfunktion zu kommt. Insofern liegt es auf der Hand, dass der Missbrauchseinwand beispielsweise dann greifen würde, wenn der Verletzer wegen einer wettbewerbswidrigen Handlung bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist. Vorliegend macht die Beklagte geltend, dass sie wegen der streitgegenständlichen Werbemaßnahmen gegenüber der Arbeitsgemeinschaft Wettbewerb für den selbständigen gewerblichen Mittelstand bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben habe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Erklärung der Beklagten vom 15. Juli 2004 betrifft nämlich nicht sämtliche Wettbewerbshandlungen, die im hiesigen Verfahren streitgegenständlich sind, sondern nur einen Teil von diesen. Der Klageantrag zu Ziffer 1 umfasste eine Vielzahl von Erkrankungen, wohingegen Ziffer 2 der Unterlassungserklärung nur Stoffwechsel-, Geschwulstkrankheiten, Rheuma und begleitende Krebsbehandlung betrifft. Ferner sind die hier streitgegenständlichen Bilder der Anlagen A 8, A 9, A 10, A 11 und A 12 der Klageschrift und die damit verbundenen Verletzungsverstöße gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG nicht Gegenstand der Unterlassungserklärung der Beklagten. Umgekehrt sind die Handlungen gemäß den Ziffern 1., 3. und 4. der Unterlassungserklärung nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits.
Ferner greift der Missbrauchseinwand auch aus anderen Gründen nicht. Unstreitig hat der Kläger entsprechend der Sollvorschrift gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 UWG die Beklagte vor Klageerhebung aufgefordert, die in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 18. Juni 2004 enthaltenen Regelungen als verbindlich zu betrachten. Auf dieses Schreiben hat die Beklagte, jedenfalls kann den Akten nichts Entgegenstehendes entnommen werden, nicht reagiert. Insbesondere hat sie dem Kläger auch nicht mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht wegen der Unterlassungserklärung gegenüber dem AGW e. V. die Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise nicht bestehe.
Diese unstreitigen Umstände führen in der gemäß § 8 Abs. 4 UWG gebotenen Gesamtabwägung dazu, ein missbräuchliches Verhalten des Klägers nicht annehmen zu können. Der Kläger konnte durch das gesamte Verhalten der Beklagten nicht annehmen, dass diese ohne ein Klageverfahren bereit war, die wettbewerbswidrigen Handlungen künftig nicht mehr vorzunehmen.
Ferner beruft sich die Beklagte zur Begründung der Unzulässigkeit der Klage auf den Einwand der sogenannten "unclean hands". Dieser besagt, dass der Gläubiger eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich handele, wenn er seinerseits in gleicher oder vergleichbarer Weise wettbewerbswidrig gehandelt habe.
Es kann dahinstehen, ob dieser Einwand im Wettbewerbsprozess überhaupt erhoben werden kann (Großkommentar/Köhler, Vorbem. § 13 Rn. B 488). Wirklich schutzwürdige Interessen des Verletzten werden nämlich schon dadurch geschützt, dass ein Schadensersatzanspruch gegen einen Mitbewerber regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn beide Parteien im Wesentlichen gleichzeitig, in gleicher Art und Weise und in gleichem Umfang wettbewerbswidrig gehandelt haben (BGH, GRUR 1970, 53; 1971, 582, 584). Insofern wird eine Schadenskompensation gewährleistet. Dies kann vorliegend aber dahinstehen.
Die Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, lässt den Einwand nämlich von vornherein nicht zu, wenn durch den Verstoß zugleich die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt werden, und im Übrigen nur dann, wenn sich der Kläger bei wechselseitiger Abhängigkeit der beiderseitigen Wettbewerbsverstöße zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen würde. Auf die letztgenannte Variante kommt es vorliegend schon nicht an, da die Verstöße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 HWG die Interessen der Allgemeinheit in erheblichem Umfang beeinträchtigen.
Der Schutzzweck der genannten Bestimmungen ist darauf gerichtet, einer unsachlichen Beeinflussung bei oberflächlicher und flüchtiger Betrachtung sowie einer daraus resultierenden Irreführungsgefahr auf Seiten des Laienpublikums entgegenzuwirken.
Die Werbung für ärztliche Verfahren und Behandlungen etc. ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG außerhalb der Fachkreise in erster Linie untersagt, weil die Seriösität der Verbraucherinformation gewährleistet werden soll.
Die Abbildung von Heilpraktikern und anderen Mitgliedern ärztlicher Heilberufe in Berufskleidung ist deshalb gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG bei der Laienwerbung untersagt, weil damit latent die Gefahr einer Beeinflussung dahingehend geschaffen wird, dass es sich um besonders kompetente und erfolgsversprechende Maßnahmen handele, und somit unterschwellig die fachliche Empfehlung angenommen werden könne. § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG will deshalb die Beeinflussung der Werbeadressaten durch die suggestive Kraft des Bildes ausschließen. Eine konkrete Gefährdung des angesprochenen Publikums ist nicht erforderlich, denn der Schutzzweck der Vorschrift setzt bereits dabei an, dass die Entscheidung des Laien in einer für die Gesundheit wesentlichen Frage nicht der Beeinflussung durch Abbildungen des in ihrem Tatbestand beschriebenen Inhalts ausgesetzt werden soll.
Es verstößt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, noch bedeutet es Rechtsmissbrauch, wenn jemand sich gegen die Allgemeinheit betreffende unlautere Wettbewerbsmethoden eines Mitbewerbers wendet, obwohl sein eigenes wettbewerbliches Verhalten ebenfalls nicht einwandfrei ist. Die entgegengesetzte Auffassung würde zu dem nicht hinzunehmenden Ergebnis führen, dass Gerichte ein unlauteres wettbewerbliches Verhalten deswegen bestehen lassen müssten, weil mehrere Wettbewerber sich dieser Handlungsweise in gleicher Weise bedienen (BGH, GRUR 1967, 430, 432; 1977, 494, 497; Großkomm.UWG/Köhler, Teil B vor § 13 Rn. 487).
Auch aus der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 13. Januar 2005 (GRUR 2005, 659 ff.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. In diesem Rechtsstreit ging es um die Auslegung einer von der dortigen Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung. Das Oberlandesgericht München hat festgestellt, dass sich die dortige Beklagte durch die Unterlassungserklärung nicht verpflichten wollte, einen Passwortschutz im Sinne einer Zugangskontrolle einzuführen. Keinesfalls ist damit vom Oberlandesgericht zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Passwortvergabe für die Informationszugangsbeschränkung bei Werbung im Internet nicht in Betracht komme. Es ist nur klargestellt worden, dass der dortige Beklagte nicht verpflichtet sei, die Angaben der Person, die Zugang begehrt, zu überprüfen.
Die Klage ist auch begründet.
Entsprechend den Ausführungen des angefochtenen Urteils ist davon auszugehen, dass die Beklagte jedenfalls in der Vergangenheit mit ihren Veröffentlichungen auf ihrer Internetseite und in Zeitungsanzeigen nicht bloß Werbung für ihre Praxis, sondern krankheitsbezogene Werbung für Behandlungen in ihrer Praxis vorgenommen hat, so dass der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG eröffnet ist. Diese Werbung erfolgte unstreitig außerhalb der Fachkreise und die angegriffenen Aussagen und Abbildungen verstießen gegen die Verbote nach der Anlage A zu § 12 HWG, § 11 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 6 HWG. Damit waren sogleich die Voraussetzungen des § 3 UWG erfüllt.
Ein Verstoß gegen §§ 11, 12 HWG stellt zugleich einen Verstoß gegen § 3 UWG dar, ohne dass es des Hinzutretens weiterer objektiver und subjektiver Merkmale bedarf.
Diese Verstöße begründen für den Kläger den Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG.
Dass die Verstöße jedenfalls in der Vergangenheit durch sie erfolgt sind, stellt die Beklagte mit der Berufung auch nicht in Abrede.
Sie beruft sich aber darauf, dass die Wiederholungsgefahr entfallen sei, weil schließlich alle Vorwürfe aus der Vergangenheit resultierten. Dabei verkennt sie, dass die durch die oben genannte Verstöße begründete tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr in erster Linie nur dann entfallen könnte, wenn der Verletzer gegenüber dem Verletzten uneingeschränkt, bedingungslos und unwiderruflich und unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung erklärt, weitere Verletzungshandlungen zu unterlassen. Dies ist vorliegend nicht erfolgt; vielmehr hat die Beklagte noch nicht einmal auf eine entsprechende vorprozessuale Anfrage reagiert. Zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr genügen im Übrigen weder der bloße Wegfall der Störung - wie vorliegend - noch die Zusage des Verletzers, von Wiederholungen künftig Abstand zu nehmen, die die Beklagte indes noch nicht einmal ausgesprochen hat (BGH, GRUR 1055, 342, 345 und seither in ständiger Rechtsprechung). Selbst die Aufgabe jeder Geschäftsbetätigung lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, es sei denn, es ist auszuschließen, dass der Verletzter den Geschäftsbetrieb oder einen ähnlichen Geschäftsbetrieb nicht wieder aufnimmt (BGB, GRUR 2001, 453). Die strengen Anforderungen der Rechtsprechung zeigen, dass das gegenwärtige, wettbewerbskonforme Verhalten der Beklagten vorliegend unerheblich ist. Solange sie als Heilpraktikerin tätig sein kann, ist es unter Berücksichtigung ihres vorprozessualen und prozessualen Verhaltens nicht auszuschließen, dass sie erneut Wettbewerbsverstöße der hier in Rede stehenden Art begehen wird.
Sonstige Gründe, welche der Berufung der Beklagten zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich. Es mag für die Beklagte entsprechend ihren Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift unerträglich sein, dass Mitglieder des Klägers in gleicher Weise wettbewerbswidrig handeln; dies ist jedoch ohne Belang, denn zunächst müsste sie sich bewusst machen, was offenbar immer noch nicht geschehen ist, dass ihr eigenes Verhalten schon wettbewerbswidrig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 a ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713.
Im Rahmen der gemäß § 91 a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung für den zwischenzeitlich übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der klägerischen Ansprüche ist zu berücksichtigen, dass die Erledigungserklärung vor dem Hintergrund einer Gesetzesänderung des Heilmittelwerbegesetzes erfolgt ist, und zwar durch Artikel 2 des 14. Gesetzes des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005 (BGBl. I 2005, 2570). Dieses Gesetz ist nach seinem Artikel 8 ohne Übergangsvorschrift am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten, so dass die damit erfolge Änderung der Anlage zu § 12 HWG auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist. Entsprechend den Ausführungen des angefochtenen Urteils hätte auf der Grundlage der alten Rechtslage die Verurteilung der Beklagten erfolgen müssen, so dass die Beklagte nach der Erledigungserklärung auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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