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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: 14 UF 71/01
Rechtsgebiete: BGB, SGB VI, EStG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1361 Abs. 1
BGB § 1361 Abs. 2
BGB § 1361 Abs. 1 Satz 1
SGB VI § 237 a
EStG § 22 Nr. 1 a
EStG § 39 a Abs. 1 Nr. 2
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 46 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 523
ZPO § 713
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
ZPO § 621 d Abs. 1
ZPO § 546 Satz 2 Nr. 1
ZPO § 546 Satz 2 Nr. 2
Die Streitfrage, ob der Unterhaltsgläubiger an der einkommensteuerlichen Entlastung des Unterhaltsschuldners auf Grund der Unterhaltsleistung an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten wiederum mittelbar durch eine entsprechende Erhöhung der Unterhaltsforderung zu partizipieren vermag, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Der Senat weicht insoweit von der Entscheidung des BGH (in FamRZ 1999, 372, 372) ab und lässt die Revision zu.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

14 UF 71/01 OLG Naumburg

verkündet am: 11.12.2001

In dem Familienrechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Materlik auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Amtsgerichts Dessau vom 10.04.2001, Az.: F 509/00, teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt,

a) an die Klägerin über den anerkannten Betrag von 900,00 DM monatlich hinaus ab Januar 2002 einen Trennungsunterhalt von weiteren 827,49 DM monatlich im Voraus bis zum 03. eines jeden Monats zu zahlen,

b) an die Klägerin für die Monate März 2000 bis Dezember 2001 rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 16.128,80 DM zu zahlen,

c) einen Betrag von insgesamt 1.598,88 DM (= 8 x 199,86 DM) an das Sozialamt der Stadt H. , R. platz 01, H. , Az.: 5003.1.6372, zu leisten.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen, die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen fallen dem Beklagten zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird zugelassen hinsichtlich der Frage, ob sich der Beklagte fiktive Einkünfte auf Grund der unterlassenen Beantragung eines auf der Lohnsteuerkarte einzutragenden Freibetrags für den seinerseits unstreitig geleisteten und anerkannten Trennungsunterhalt in Höhe von 900,00 DM monatlich ab März 2000 bei der Bemessung des Trennungsunterhaltes anrechnen lassen muss.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 18.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien schlossen am 04.07.1970 die Ehe, aus welcher zwei mittlerweile volljährige und wirtschaftlich selbständige Kinder hervorgegangen sind, nämlich der Sohn T. H. und die Tochter N. H. , letztere geboren am 23.03.1973. Seit dem 03.12.1997 leben die Parteien getrennt, sie sind noch nicht geschieden, eine Ehesache ist nicht anhängig. Die Klägerin ist österreichische Staatsbürgerin und gelernte Versicherungskauffrau. Seit der Eheschließung im Jahre 1970 war sie nicht mehr erwerbstätig, sondern kümmerte sich um den Haushalt und die Kindererziehung.

Während der Ehe hatten die Parteien ein Hausgrundstück in K. , K. weg 47, gemeinsam bewohnt. Dieses wurde, da die Parteien sich nach ihrer Trennung über einen freihändigen Verkauf nicht verständigen konnten, zwangsversteigert, und zwar im Februar 2000. Im Verteilungstermin vor dem Amtsgericht Köln, Az.: 92 K 44/99, am 31.03.2000 ergab sich ein Erlösüberschuss, welcher jeweils zur Hälfte = 27.661,19 DM an die Parteien ausgezahlt wurde. Die Klägerin zog sodann im April 2000 aus der bisherigen Ehewohnung aus. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnte sie mietfrei in dem Haus.

Der Beklagte war während der Ehe berufstätig, in dem Zeitraum vom 23.10.1997 bis 08.11.1998 wurde er arbeitslos, seit dem 09.11.1998 hat er eine Beschäftigung als Angestellter bei der Firma F. in A. inne, er selbst wohnt nunmehr in D. . Die Entfernung zwischen D. und A. beträgt 65 km, diese Wegstrecke zu seiner Arbeitsstätte legt der Beklagte mit seinem Pkw zurück. Wegen der Fahrtkostenbelastung hat er sich für das Jahr 2000 einen monatlichen Freibetrag in Höhe von 919,00 DM und für das Jahr 2001 einen solchen in Höhe von 918,00 DM auf der Lohnsteuerkarte eintragen lassen (vgl. die Gehaltsabrechnungen Bl. 190 bis 208, Bd. I d. A.).

Die Klägerin wiederum hat keinen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente, Kranken- oder Arbeitslosengeld. Am 23.03.2001 hat sie sich beim Arbeitsamt Af. arbeitslos gemeldet. Seit Mai 2001 erhält sie Sozialhilfe in Höhe von monatlich 199,86 DM (Bl. 14 des PKH - Heftes) und einen Wohnkostenzuschuss in Höhe von 348,14 DM monatlich, insgesamt somit 548,00 DM vom Sozialamt der Stadt H. . Unstreitig ist, dass sie seit der Trennung der Parteien keinerlei Erwerbsbemühungen entfaltet oder Bewerbungen geschaltet hat, um eine Beschäftigung zu erlangen.

Der Beklagte zahlt seit Anfang 1998 einen monatlichen Unterhalt an die Klägerin in Höhe von 900,00 DM.

Die Klägerin, geboren am 12.12.1940, hat von ihrem getrennt lebenden Ehemann, dem Beklagten, geboren am 27.02.1942, ab März 2000 Unterhalt in Höhe von 1.721,80 DM monatlich verlangt.

Erstinstanzlich sind die Parteien von einem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten für 1999 in Höhe von monatlich 4.544,83 DM ausgegangen. Die Klägerin hat ihren Anspruch wie folgt berechnet:

Nettoeinkommen des Beklagten 4.544,83 DM

abzüglich 5 % pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen - 247,24 DM

Kindesunterhalt für N. - 300,00 DM

Bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten 4.017,59 DM

davon 3/7 = Trennungsunterhalt der Klägerin von 1.721,81 DM

Sie hat behauptet, sie sei auf dem Arbeitsmarkt wegen ihres Alters und des Ausstiegs aus dem Erwerbsleben seit 1970 nicht mehr vermittelbar, sie hat ferner die Auffassung vertreten, die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses sei ihr angesichts der Dauer der Ehe und ihrer fehlenden Erwerbstätigkeit während der Ehe nicht zuzumuten. Sie habe sich nach der Trennung allein um das Hausgrundstück und die Zwangsversteigerung gekümmert und die gesamten Kosten getragen. Von Juni 1998 bis Dezember 1999 habe sie an einer Verhaltenstherapie teilgenommen, da sie Depressionen gehabt habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Dessau am 05.03.2001 (vgl. Protokoll vom 05.03.2001, Bl. 80 bis 83, Bd. I d. A.) haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der ab Oktober 2000 (= Klageingang) bis einschließlich März 2001 monatlich gezahlten 900,00 DM übereinstimmend für erledigt erklärt. Des Weiteren hat der Beklagte die Zahlung eines Trennungsunterhaltes in Höhe von 900,00 DM monatlich ab April 2001 anerkannt, insoweit hat die Klägerin den Erlass eines Teilanerkenntnisurteils begehrt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie ab Klageingang (= 23.10.2000) Elementarunterhalt in Höhe von 821,80 DM bis März 2001 sowie in Höhe von 1.721,80 DM ab April 2001 sowie rückständigen Unterhalt für die Monate März 2000 bis einschließlich Oktober 2000 in Höhe von 6.636,30 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat - soweit er den Unterhaltsanspruch nicht anerkannt hat - beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe ein höherer als der von ihm anerkannte Unterhaltsanspruch nicht zu. Denn sie sei verpflichtet, selbst erwerbstätig zu werden. Sie habe noch nicht einmal ansatzweise Erwerbsbemühungen entfaltet. Im Übrigen, so hat der Beklagte geltend gemacht, müssten ihm einkommensmindernd monatliche Fahrtkosten in Höhe von 1.419,60 DM ( 0,52 DM pro km bei 21 Arbeitstagen im Monat) zugebilligt werden, da er täglich die Strecke D. - A. und zurück bewältigen müsse. Ein Umzug sei ihm nicht zuzumuten, da er sich in D. einen neuen Lebensmittelpunkt aufgebaut und seine jetzige Lebensgefährtin gefunden habe, die ebenfalls in D. tätig sei. Dass die Klägerin psychisch erkrankt sei, bestreitet er mit Nichtwissen, die Klägerin habe ihm gegenüber eine solche Erkrankung nicht erwähnt. Ferner, so hat er behauptet, habe er einen Kredit bei der Stadtsparkasse D. über eine Summe von 5.693,75 DM aufnehmen müssen, da er ausweislich des Steuerbescheides vom 05.11.1999 (Bl. 2 bis 4, Bd. II d. A.) für das Jahr 1998 eine Steuernachzahlung bis zum 08.12.1999 in der Gesamthöhe von 5.693,75 DM (Einkommensteuer von 5.385,00 DM und Solidaritätszuschlag von 308,75 DM) habe entrichten müssen, wozu er jedoch ohne die Kreditaufnahme nicht in der Lage gewesen sei. Dieses Darlehen zahle er in monatlichen Raten von 520,00 DM zurück. Auch habe er bis Oktober 2000 an die gemeinsame Tochter N. einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 450,00 DM - nach Darstellung der Klägerin 300,00 DM - geleistet, Kindergeld in Höhe von 270,00 DM habe er nur bis März 2000 einschließlich erhalten.

Zur Leistung eines höheren Trennungsunterhalts als 900,00 DM monatlich sei er daher auch nach Oktober 2000 nicht leistungsfähig. Denn es seien folgende Abzüge zu berücksichtigen:

Durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen 4.544,83 DM

./. Ehegattenunterhalt - 900,00 DM ./. berufliche Aufwendungen - 1.419,60 DM . /. Darlehensbelastung bei der SSK D. (wegen Steuerschuld) - 520,00 DM

verbleibendes Einkommen 1.705,23 DM

Damit, so hat der Beklagte geltend gemacht, stehe ihm monatlich ein Einkommen zur Verfügung, das noch unter dem Selbstbehalt liege, ein über den von ihm bereits geleisteten und anerkannten Betrag in Höhe von 900,00 DM hinaus gehender Unterhaltsanspruch stehe der Klägerin daher unter keinen Umständen zu.

Mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 10.04.2001 (Bl. 118 bis 122, Bd. I d. A.) hat das Amtsgericht Dessau der Klage, soweit der Beklagte den Trennungsunterhaltsanspruch anerkannt hat, nämlich in Höhe von 900,00 DM ab April 2001, stattgegeben und diese im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Klägerin stehe darüber hinaus ein Trennungsunterhaltsanspruch gemäß § 1361 BGB nicht zu. Das eheprägende Einkommen des Beklagten betrage monatlich 4.544,83 DM, unter Zugrundelegung einer Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 227,24 DM errechne sich ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 4.317,59 DM, der durch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägte Bedarf der Klägerin betrage 3/7, mithin 1.850,40 DM.

Das Amtsgericht hat des Weiteren ausgeführt, dass die Klägerin nicht dargelegt habe, dass sie nicht in der Lage sei, die Differenz zwischen dem anerkannten Trennungsunterhalt in Höhe von 900,00 DM sowie dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus eigener Erwerbstätigkeit zu befriedigen. Sie habe keinerlei Tatsachen dargelegt, aus denen sich ergebe, dass sie ihrer Erwerbsobliegenheit genüge. Es sei der Klägerin auch im Hinblick auf die Zeitdauer seit der Trennung zuzumuten, sich intensiv und ernsthaft um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu bemühen, auch unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin sei nicht ersichtlich, dass mögliche Erwerbsbemühungen von vornherein aussichtslos seien. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie überhaupt Bewerbungen gefertigt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die von ihr behauptete Tätigkeit im Rahmen der Hausverwertung sie an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. an Bemühungen um die Erlangung einer solchen gehindert haben sollten. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin sich bis Ende 1999 in einer Verhaltenstherapie befunden habe, da sie jedenfalls selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt habe, nicht krank zu sein. Auch sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine bis 1999 durchgeführte Therapie die Klägerin an einer Erwerbstätigkeit ab März 2000 hätte hindern sollen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint, das Amtsgericht habe in fehlerhafter Weise verkannt, dass sie vor dem Hintergrund der langen Ehe der Parteien und vor allen Dingen in Anbetracht ihres Alters nicht mehr auf eine eigene Erwerbstätigkeit verwiesen werden könne. Auch wenn sie, die Klägerin, den hälftigen Anteil aus dem Zwangsversteigerungserlös erhalten habe, sei sie bedürftig, weil dieser mittlerweile verbraucht sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte über ein höheres Einkommen verfüge, aus den Abrechnungen ergebe sich ein monatliches Bruttoentgelt von mindestens 7.000,00 DM.

Im Übrigen habe, anders sei das erstinstanzliche Urteil nicht zu verstehen, das Amtsgericht ihr fiktive Einkünfte fälschlicherweise im Rahmen der Anrechnungsmethode zu Grunde gelegt; allein deswegen müsse das Urteil korrigiert werden. Für 1999 ergebe sich ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von mindestens 4.727,91 DM, ab Oktober 2000 falle der gezahlte Unterhalt an die Tochter N. , der ohnehin nicht zu berücksichtigen sei, da der Beklagte überhaupt nicht dargelegt habe, dass die sich in einer Ausbildung befindende volljährige Tochter bedürftig sei, ohnehin weg. Fahrtkosten in der vom Beklagten angegebenen Höhe seien nicht anzurechnen, da er unterhaltsrechtlich gezwungen sei, wegen dieser hohen Fahrtkosten von D. nach A. , seinem Arbeitsort, zu wechseln. Im Übrigen könne der Beklagte als Kilometerpauschale nicht 0,58 DM ansetzen, sondern maximal 0,45 DM. Dies ergebe einen Betrag von 834,17 DM monatlich an Fahrtkosten, und selbst dann verbleibe noch ein Nettoeinkommen von 4.241,89 DM.

Schließlich sei den vom Beklagten vorgelegten Einkommensabrechnungen für das Jahr 2000 und für das Jahr 2001 zu entnehmen, dass sein monatliches Einkommen gestiegen sei, und zwar für das Jahr 2000 auf 5.642,71 DM und für 2001 auf 6.063,21 DM. Die Arbeitgeberzahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung hinzurechnend und den Beitrag des Beklagten abziehend, verbleibe ein zu Grunde liegendes Nettoeinkommen im Jahr 2000 von 5.240,67 DM und im Jahr 2001 von 5.570,57 DM. Selbst bei Abzug fahrtbedingter Aufwendungen ergebe sich ein Nettobetrag für 2001 in Höhe von 4.569,57 DM und für das Jahr 2000 von 4.394,37 DM.

Hiervon noch abgesetzt die Zahlungen für N. , sofern deren Bedarf nachgewiesen sei, verbleibe mindestens ein Unterhaltsanspruch ihrerseits, der Klägerin, von März bis Oktober 2000 von (4.394,37 DM - 450,00 DM x 3/7 =) 1.690,44 DM, für November und Dezember 2000 von (4.394,37 DM x 3/7 =) 1.883,30 DM und ab Januar 2001 von (4.569,57 DM x 3/7 =) 1.958,39 DM.

Allerdings sei noch zu berücksichtigen, dass der Beklagte, wie es seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit entsprochen hätte, sich sowohl für das Jahr 2000 als auch für 2001 einen monatlichen Freibetrag nicht nur für den Fahrtkostenaufwand, sondern auch für den Trennungsunterhalt in Höhe von 900,00 DM monatlich hätte eintragen lassen können und müssen. Hätte er dies veranlasst und dementsprechend weitere Steuervorteile in Anspruch genommen, so hätte er - behauptet die Klägerin unter Bezugnahme auf von ihr zur Akte gereichte Computerberechnungen (Bl. 229 bis 232, Bd. I. d. A.) - im Jahr 2000 ein monatliches Nettoeinkommen von 5.642,71 DM und im Jahr 2001 von 6.063,21 DM erzielt. Unter Berücksichtigung eines Abzuges für den Beitrag des Beklagten zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergebe sich demnach ein monatliches Nettoeinkommen für das Jahr 2000 von 5.240,67 DM und im Jahr 2001 von 5.570,57 DM.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie über den anerkannten Betrag von 900,00 DM monatlich hinaus ab März 2000 weitere 900,00 DM Trennungsunterhalt monatlich im Voraus bis zum 03. eines jeden Monats mit der Maßgabe zu zahlen, dass davon für die Zeit von Mai bis Dezember 2001 ein Betrag von insgesamt 1.598,88 DM (= 8 x 199,86 DM) an das Sozialamt der Stadt H. , R. platz 01, H. , Az.: 5003.1.6372, zu leisten ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, dass das Amtsgericht in zutreffender Weise entschieden habe, dass der Klägerin ein über die anerkannten 900,00 DM hinaus gehender Trennungsunterhaltsanspruch nicht zustehe. Die Klägerin habe nämlich nicht dargetan, welche Bemühungen sie unternommen habe, um eine Erwerbstätigkeit zu finden. Er bestreite, dass die Klägerin so sehr mit dem Hausverkauf befasst gewesen sei, dass sie nicht eine Erwerbstätigkeit hätte finden können. Ganz im Gegenteil sei die Klägerin es gewesen, die einen freihändigen Verkauf boykottiert habe. Die von der Klägerin vorgenommenen Berechnungen seines Gehaltes für die Jahre 2000 und 2001 weise er als reine Spekulation zurück. Im Übrigen wiederhole er seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässig Berufung der Klägerin (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO) ist auch überwiegend begründet.

Denn der Klägerin steht gegenüber ihrem Ehemann, dem Beklagten, über den bereits anerkannten Betrag in Höhe von monatlich 900,00 DM hinaus ein weiterer Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 BGB für den Zeitraum März bis Dezember 2000 von monatlich 779,78 DM (insgesamt monatlich 1.679,78 DM) und ab Januar 2001 in Höhe von 827,49 DM (insgesamt monatlich 1.727,49 DM) zu. Die Höhe des geltend gemachten Trennungsunterhaltes wird nicht beeinflusst von fiktiven Einkünften der Klägerin (1), sondern bestimmt sich ausschließlich nach dem realen Einkommen des Beklagten (2).

1. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts und des Beklagten ist die Klägerin nicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu verweisen, eine solche ist vielmehr für sie nicht mehr zumutbar. Die Anrechnung fiktiver Einkünfte bei der Bemessung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin kommt demnach nicht in Betracht.

Nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Ehegatte von dem anderen, wenn sie getrennt leben, den nach den Lebensverhältnissen und Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

Bereits aus der Formulierung des § 1361 Abs. 2 BGB ("kann nur dann") ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Verweisung des bisher nicht erwerbstätigen Ehepartners auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als Ausnahmefall ansieht. Die Voraussetzungen eines solchen liegen hier jedoch nicht vor.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass nach einer Ehezeit von fast genau 27 Jahren und 5 Monaten bis zur Trennung Anfang Dezember 1997 der während der gesamten Ehezeit nicht erwerbstätigen Klägerin auf jeden Fall eine zweijährige Übergangszeit bis zum Beginn einer Erwerbsobliegenheit hätte zugebilligt werden müssen (ebenso für den Fall einer Trennung nach langjähriger Ehe: Büttner, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., 1989, § 1361 BGB, Rdnr. 25; KG, FamRZ 1991, 1188).

Nach Ablauf dieser Karenzphase stand die am 12. Dezember 1940 geborene Klägerin allerdings bereits ein Jahr vor der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres, das nach § 237 a SGB VI, bei Erfüllung der sonstigen rentenrechtlichen Voraussetzungen, einen Anspruch auf Altersrente für Frauen zu Gunsten der Klägerin zur Folge gehabt hätte. In Anbetracht dessen konnte und kann von der mittlerweile bald 61-jährigen Klägerin die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Maßgabe des § 1361 Abs. 2 BGB nicht mehr erwartet werden.

Im Übrigen dürfte es de facto auch in Anbetracht der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt völlig illusorisch sein, anzunehmen, eine 60-jährige oder bald 61-jährige Nur-Hausfrau, die seit mehr als 30 Jahren nicht mehr in ihrem Beruf tätig gewesen ist, wäre imstande, in diesem überhaupt noch eine Anstellung zu finden. Die Kenntnisse der Klägerin betreffend ihren erlernten Beruf als Versicherungskauffrau sind - Anderes anzunehmen wäre lebensfremd und abwegig - veraltet und nicht zuletzt auf Grund der radikal veränderten Struktur des mittlerweile von der elektronischen Datenverarbeitung beherrschten und sich immer schneller modernisierenden Büroalltags hoffnungslos überholt. Ohnedies wäre die Klägerin allein auf Grund des Umstandes, dass die Parteien bis zur Trennung fast 27 1/2 Jahre lang verheiratet gewesen sind und sie in dieser Zeit nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht mehr als verpflichtet anzusehen, eine - wie immer geartete - Erwerbstätigkeit aufzunehmen (§ 1571 BGB analog).

Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten, die als ausgesprochen wohlsituiert einzustufen sind und als zusätzliches Bewertungskriterium im Rahmen des § 1361 Abs. 2 BGB keine Erwerbsobliegenheit der mittellosen Klägerin gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. Büttner, a.a.O., § 1361, Rdnr. 24).

Im Übrigen sei der Vollständigkeit und Korrektheit halber angemerkt, dass selbst bei fiktiven Einkünften der Klägerin in Höhe von 950,40 DM, welche das Amtsgericht von einem grundsätzlichen Unterhaltsbedarf der Klägerin von 1.850,39 DM anrechnungshalber in Abzug gebracht hat, sich bei Anwendung der stattdessen richtigerweise zu Grunde zu legenden Differenzmethode ein weiterer Anspruch der Klägerin von wenigstens 543,08 DM ergeben müsste, der sich wie folgt errechnet:

Bereinigtes Einkommen des Beklagten 4.317,59 DM ./. fiktives Einkommen der Klägerin - 950,40 DM Differenz 3.367,19 DM davon 3/7 = 1.443,08 DM abzüglich anerkannter - 900,00 DM = Restanspruch 543,08 DM

2. Der Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt bemisst sich allerdings zutreffenderweise allein nach dem realen Einkommen des Beklagten.

a) Was dessen Einkommenssituation für das Jahr 2000 angeht, so ergibt sich aus der vom Beklagten vorgelegten Abrechnung für Dezember 2000 (Bl. 201, Bd. I d. A.), dass er ein Jahresnettoeinkommen von 58.324,40 DM erzielt hat, welcher Betrag allerdings bereits einen Abzug für die freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beinhaltet (Jahresnetto: 63.081,88 DM, freiwilliger Kranken- /Pflegeversicherungsbeitrag des Beklagten: 4.757,48 DM), sodass von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 4.860,36 DM auszugehen ist.

Ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Übersicht über die von ihm im Jahr 2000 geleisteten Arbeitstage (Bl. 46, Bd. II d.A.) hat er in diesem Jahr insgesamt 197 Arbeitstage realisiert, allerdings fallen hierunter auch die von ihm durch Zeitausgleich genommenen Tage, nämlich der 20.01., der 28.07., der 12.12. und der 20.12.2000. Daraus lässt sich nur die Schlussfolgerung ziehen, dass der Beklagte an diesen letztgenannten Tagen die Wegstrecke zu seiner Arbeitsstätte nicht zurückzulegen hatte, sodass für die Berechnung seines Fahrtkostenaufwandes nur 193 Tage berücksichtigungsfähig sind. Gemäß den Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg, Stand: 01.07.1999, Ziffer 2.1.2, waren - bis zum 30.06.2001 - berufsbedingte Fahrten bei einer notwendigen Pkw-Benutzung mit einer Pauschale pro Kilometer von 0,45 DM zu berücksichtigen. Von einer entsprechenden notwendigen Pkw-Benutzung ist hier zu Gunsten des Beklagten auszugehen, da er substantiiert und nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel für die von ihm zu bewerkstelligende Wegstrecke zu seinem Arbeitsplatz sehr beschwerlich und daher unzumutbar ist.

Des Weiteren hält es der Senat, nicht zuletzt auch im Hinblick auf das Alter des Beklagten, für unbillig und nicht angemessen, diesen, nachdem er in D. einen neuen Lebensmittelpunkt nach dem Wegzug aus K. gefunden hat, auf einen - erneuten - Umzug von D. nach A. zu verweisen.

Es ergibt sich nach alledem folgende Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin für das Jahr 2000:

durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten 4.860,36 DM ./. Fahrtkosten (65 km x 2 x 0,45 DM x 193 Arbeitstage: 12) - 940,87 DM berücksichtigungsfähiges Nettoeinkommen des Beklagten = 3.919,49 DM Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin (davon 3/7) = 1.679,78 DM . /. bereits gezahlt - 900,00 DM Restanspruch 779,78 DM

aa) Weitere das Einkommen des Beklagten mindernde Abzüge sind mangels schlüssiger Darlegung und mangels Vorlage geeigneter Belege nicht vorzunehmen.

(1) Was die angeblichen Unterhaltszahlungen an die gemeinsame Tochter N. bis Oktober 2000 in Höhe von monatlich 450,00 DM anbelangt, so hat der Beklagte schon nicht schlüssig dargelegt, dass es sich insoweit auf Grund einer Unterhaltsbedürftigkeit um erforderliche und nicht nur freiwillige Leistungen an die Tochter gehandelt hat. Die seit März 2000 bereits 27 Jahre alte N. befindet sich zumindest seit 1998/1999 in einer Ausbildung, auf Grund deren sie eigene - im Übrigen auch von der Klägerin behauptete - Einkünfte erzielt, zu deren Höhe der Beklagte allerdings bislang nichts vorgetragen, geschweige denn irgendwelche Belege vorgelegt hat. Aus dem von ihm vorgelegten Steuerbescheid für das Jahr 1998 (Bl. 2 bis 4, Bd. II d. A.) ergibt sich indes, dass N. über eigene Einkünfte verfügen muss. Dort heißt es nämlich wörtlich auf Seite 3 des Bescheides: "Der Ausbildungsfreibetrag für das am 23.03.1973 geborene Kind konnte wegen dessen anzurechnender Einkünfte, Bezüge und Zuschüsse nicht/nicht in voller Höhe berücksichtigt werden." Nicht notwendige Unterhaltsleistungen des Beklagten an seine Tochter wären bei deren fehlender Bedürftigkeit jedoch unterhaltsrechtlich im Verhältnis zu dem geltend gemachten Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Davon ist auszugehen, da der Beklagte hierzu keine näheren Angaben gemacht hat und sich insbesondere auch aus dem von ihm vorgelegten Kontoauszug nur die Leistung einer "Unterhaltsergänzung" an die Tochter N. ergibt (Bl. 22, Bd. I d.A.), deren Zweck und insbesondere Erforderlichkeit er zumindest hätte erläutern müssen.

(2) Des Weiteren sind auch die Darlehensraten für einen Kredit bei der Stadtsparkasse D. mit monatlich 520,00 DM nicht zu berücksichtigen. Denn der Beklagte hat den von der Klägerin bestrittenen Kreditvertrag zur Rückführung der Steuerschuld für 1998 überhaupt nicht vorgelegt. Gemäß Ziffer 2.2 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg sind aber nur angemessene Zins- und Tilgungsraten auf Schulden, die aus der Zeit des ehelichen Zusammenlebens herrühren oder deren Begründung als Folge der Trennung oder aus sonstigen Gründen unumgänglich waren, einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Hierzu fehlt jeglicher substantiierter Vortrag des Beklagten. Für die Minderung seiner Leistungsfähigkeit ist aber der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweisverpflichtet (vgl. Büttner, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 1361, Rdnr. 158). Der Verweis auf die von ihm zur Akte gereichten Kontoauszüge reicht nicht aus. Denn diesen lässt sich gerade nicht der Zweck der Überweisung von 520,00 DM (Bl. 22, Bd. I d.A.) entnehmen, sondern nur, dass diese offensichtlich eine Rückzahlungsrate auf ein Darlehen darstellt. Welcher Vertrag oder Zweck wiederum diesem zu Grunde liegt, ist nicht ersichtlich.

(3) Schließlich sind entsprechend den Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg vom 01.07.1999 (ebenso wie gemäß den nunmehr seit dem 01.07.2001 anzuwendenden) pro gefahrenem Kilometer auch nicht 0,58 DM, sondern für das Jahr 2000 0,45 DM und für das Jahr 2001 - und zwar ab dem 01.07.2001 - 0,42 DM anzusetzen. Zwar sehen die Unterhaltsleitlinien vor, dass neben der Kilometerpauschale auch angemessene Finanzierungskosten abgezogen werden können. Letzteres setzt aber eine entsprechende Darlegung des Unterhaltsverpflichteten voraus. Zu etwaigen Finanzierungskosten hat der Beklagte jedoch nichts vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, ob und wie er den von ihm genutzten Pkw finanzieren muss bzw. finanziert, sind weder von ihm dargelegt noch ersichtlich.

bb) Weitere das Einkommen des Beklagten erhöhende Faktoren sind entgegen der Auffassung der Klägerin zu ihren Gunsten ebenso wenig zu berücksichtigen.

Denn der Argumentation der Klägerin, der Beklagte hätte sich - fiktiv - so behandeln zu lassen, als habe er sich für die Jahre 2000 und 2001 einen weiteren monatlichen Freibetrag - neben demjenigen für den Fahrtkostenaufwand - auf der Lohnsteuerkarte für den unstreitig gezahlten Trennungsunterhalt von 900,00 DM monatlich eintragen lassen, sodass er sich weitere steuerliche Vorteile einkommenserhöhend anrechnen lassen müsste (vgl. die von ihr vorgelegten, per Computerprogramm berechneten Einkommen des Beklagten für die Jahre 2000 und 2001 auf der Grundlage eingetragener Freibeträge von 1.819,00 DM bzw. 1.818,00 DM, Bl. 229 bis 231, Bd. I d.A.), ist nach der Einschätzung des Senats nicht zu folgen.

Zwar ist der Unterhaltsverpflichtete grundsätzlich gehalten, seine Einkommensquellen bestmöglich auszunutzen. Dazu gehört auch die Obliegenheit, sämtliche Steuervorteile wahrzunehmen, wenn sie zumutbarerweise erzielt werden können, etwa durch Eintragung von Freibeträgen, die zu einer zeitnahen Verminderung der Steuerlast und damit zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit führen (vgl. Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl., Rdnr. 674 und 857; Palandt/Brudermüller, BGB, 60. Aufl., § 1361, Rdnr. 46; Büttner, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 1361, Rdnr. 142).

Die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte nach § 39 a Abs. 1 Nr. 2 EStG für das so genannte Realsplitting betreffende Sonderausgaben in Form von Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder, wie hier, dauernd getrennt lebenden Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann jedoch weder vom Unterhaltsschuldner verlangt werden, noch können daraus, unter Berücksichtigung des zivilrechtlich notwendigen Ausgleiches für eventuelle Steuerlasten des Unterhaltsempfängers gemäß § 22 Nr. 1 a EStG, dem Unterhaltsschuldner zuteil werdende Steuervorteile überhaupt bei der Bemessung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens in Ansatz gebracht worden. Denn die unterhaltsrechtlich feststehende Belastung ist stets Voraussetzung für die einkommensteuerrechtliche Entlastung hinsichtlich der Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten. Dieser gesetzgeberisch beabsichtigte und auch einzig sinnvoll erscheinende einseitige Bedingungszusammenhang darf nicht, durch Berücksichtigung des Steuervorteils wiederum bei dem unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen des Unterhaltsschuldners in einen wechselseitigen, gleichsam zirkulären Bedingungszusammenhang, mit der - ad libitum wiederholbaren - Folge eines erhöhten Unterhalts infolge Einkommenserhöhung durch Real-Splitting und einem daraus wiederum resultierenden erhöhten Sonderausgaben-Abzugsbetrag, umfunktioniert werden. Anderenfalls bliebe gerade die mittels der Sonderausgaben-Regelung für Unterhaltsleistungen im Einkommensteuerrecht ausschließlich verfolgte Entlastung des Unterhaltsschuldners, wenigstens teilweise, auf der Strecke. Auch die zugleich mittelbar angestrebte Begrenzung der Steuerausfälle für die Allgemeinheit auf Grund des Sonderausgabenabzugs für Unterhaltsleistungen würde ebenso in Frage gestellt wie die unterhaltsrechtliche Praktikabilität des so genannten Realsplittings.

Auch in Bezug auf den unstreitigen Teil einer Unterhaltsforderung, wie hier bei dem vom Beklagten geleisteten und anerkannten Betrag von 900,00 DM, besteht daher keine Obliegenheit zur Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf die Lohnsteuerkarte (a. A. BGH, FamRZ 1999, 372), zumal anderenfalls die Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist, dass gerade der rigoros, jedoch zu Unrecht jedwede Unterhaltsverpflichtung in Abrede stellende Unterhaltsschuldner begünstigt werden könnte.

Auf die Frage, ob der Beklagte eventuell - mit Zustimmung der Klägerin - die Unterhaltsleistungen noch bei der gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 EStG schon wegen des Freibetrags für die Werbungskosten durchzuführenden Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen wird oder vielleicht auch schon geltend gemacht hat, kommt es demnach nicht an.

Nach alledem steht der Klägerin für den Zeitraum März 2000 bis Dezember 2000 monatlich lediglich ein weiterer Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von 779,78 DM zu.

b) Für das Jahr 2001 ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 4.677,75 DM, errechnet auf der Grundlage der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen des Beklagten für den Zeitraum Januar 2001 bis Juli 2001 (Bl. 202 bis 208, Bd. I d.A.: insgesamt für diesen Zeitraum ergibt sich ein Nettoeinkommen von 36.192,73 DM abzüglich eines freiwilligen Krankenversicherungsbetrages des Beklagten von 3.448,48 DM = 32.744,25 DM netto : 7 Monate = 4.677,75 DM). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beklagte unstreitig ein 13. Monatsgehalt erzielt, errechnet sich auf das Jahr 2001 verteilt - hochgerechnet - ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 5.067,56 DM. Für den Anspruch der Klägerin bedeutet dies folgende Ermittlung: Einkommen des Beklagten 5.067,56 DM ./. Fahrtkosten (65 x 2 x 0,45 DM - bis 30.06.2001 -x 110) - 1.036,75 DM plus (65 x 2 x 0,42 DM x 110) Berücksichtigungsfähiges Nettoeinkommen des Beklagten 4.030,81 DM Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin (davon 3/7) 1.727,49 DM ./. bereits gezahlt - 900,00 DM Restlicher Anspruch auf Trennungsunterhalt 827,49 DM

Ab Januar 2001 steht der Klägerin daher ein monatlicher Trennungsunterhaltsanspruch gegen den Beklagten in Höhe von weiteren 827,49 DM, insgesamt somit von 1.727,49 DM zu.

3. Zusammengefasst ergeben sich nach alledem folgende Ansprüche der Klägerin:

* für den Zeitraum März 2000 bis Dezember 2000 monatlich jeweils weitere 779,78 DM, somit insgesamt (= 10 x 779,78 DM) 7.797,80 DM,

* für das Jahr 2001 monatlich jeweils weitere 827,49 DM, somit insgesamt (= 12 x 827,49 DM) 9.929,88 DM,

* ab Januar 2002 monatlich jeweils weitere 827,49 DM.

Es errechnet sich somit für den Zeitraum März 2000 bis Dezember 2001 insgesamt ein Unterhaltsrückstand zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 17.727,68 DM (= 7.797,80 DM plus 9.929,88 DM), welcher jedoch auf Grund der auf den Sozialhilfeträger für den Zeitraum Mai 2001 bis Dezember 2001 in monatlicher Höhe von 199,86 DM übergegangenen Ansprüche im Gesamtumfang von 1.598,88 DM nicht mehr gänzlich, sondern nur noch in Höhe von 16.128,80 DM unmittelbar an die Klägerin, wie von ihr beantragt, zu leisten ist.

In diesem Umfang ist die Berufung der Klägerin begründet. Die weiter gehende Berufung ist damit ebenso zurückzuweisen, wie die in zweiter Instanz zulässigerweise gemäß den §§ 523, 264 Nr. 2 ZPO zugleich geltend gemachte erweiterte Klage (erstinstanzlich weitere 821,80 DM monatlich, zweitinstanzlich weitere 900,00 DM monatlich) der Abweisung zu unterliegen hat.

4. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 07.12.2001 gibt, abgesehen von dem per se nicht mehr berücksichtigungsfähigen neuen Sachvortrag (§§ 523, 296 a ZPO), keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat in beiden Instanzen keine besonderen Kosten verursacht, sodass die Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO zu ihren Gunsten gerechtfertigt erscheint.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO in Verb. mit § 713 ZPO.

Die aus dem Tenor ersichtliche teilweise Zulassung der Revision beruht auf § 621 d Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 546 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Streitfrage, ob der Unterhaltsgläubiger an der einkommensteuerrechtlichen Entlastung des Unterhaltsschuldners auf Grund der Unterhaltsleistungen an der geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten wiederum mittelbar durch eine entsprechende Erhöhung der Unterhaltsforderung zu partizipieren vermag, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Das Urteil weicht zudem in dieser - vom Senat uneingeschränkt verneinten - Frage von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab (BGH, FamRZ 1999, 372, 374 f. sub II 4).

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 18.000,00 DM (§§ 14, 17 Abs. 1 und 4 GKG: rückständiger Unterhalt: März 2000 bis Oktober 2000 = 8 x 900,00 DM plus laufender Unterhalt = 12 x 900,00 DM).

Ende der Entscheidung

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