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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: 14 WF 54/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 3 | |
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 568 Satz 2 | |
ZPO § 569 | |
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9 |
Die sofortige Kündigung langfristig abgeschlossener Verträge ist mit ökonomisch unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden, die zwecks Finanzierung der Prozesskosten in Kauf zu nehmen einer Partei grundsätzlich nicht angesonnen werden kann.
Es kann nicht Sinn und Zweck der PKH sein, verdienstvolle private Initiativen und Vorkehrungen, die andererorts gerade mit besonderen staatlichen Mitteln gefördert werden, im Nachhinein zu konterkarieren, indem überspannte Anforderungen an die zumutbare Verwertung solcher erworbenen Vermögenswerte gestellt werden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
14 WF 54/06 OLG Naumburg
In der Familiensache
hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 568 Satz 2 ZPO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und die Richterin am Amtsgericht Engelhard am
19. Mai 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 1. Februar 2006, Az.: 222 F 68/04 UE, aufgehoben.
Gründe:
I.
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 1. Februar dieses Jahres (Bl. 43 PKH-Beiheft) hat in der Sache Erfolg.
Entgegen der Annahme des Amtsgerichts kann in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers keine wesentliche Veränderung festgestellt werden, die es gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO rechtfertigen könnte, den Antragsteller nunmehr, entgegen dem ohne Zahlungsverpflichtung ergangenen Beschluss des Amtsgerichts vom 22. Juni 2004 zur Prozesskostenhilfe (Bl. 10 PKH-Beiheft), darauf zu verweisen, sein angeblich das Schonvermögen gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII um einen - nicht näher erläuterten noch ohne weiteres nachvollziehbaren - Betrag von 2.195,70 € übersteigendes Vermögen für die Prozesskosten in Höhe von 372,22 € zu verwenden.
Die Vermögenswerte des Antragstellers in Höhe von insgesamt 5.627,21 € (Bl. 18 Rs. PKH-Beiheft) resultieren allesamt aus so genannten Rückkaufswerten vier privater Versicherungen, einer Lebensversicherung und dreier Rentenversicherungen (Bl. 18 Rs., Bl. 32 - 35 PKH-Beiheft), deren Einsatz für die Prozesskosten ihm weder unmittelbar möglich noch mittelbar via Kündigung eines Vertrages gemäß § 115 Abs. 3 ZPO zumutbar ist.
Die sofortige Kündigung der langfristig abgeschlossenen Verträge ist erfahrungsgemäß mit ökonomisch unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden, die zwecks Finanzierung der Prozesskosten in Kauf zu nehmen einer Partei grundsätzlich nicht angesonnen werden kann (zum Meinungsstand im Einzelnen Philippi, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., 2005, § 115, Rdnr. 58 c mit weiteren Nachweisen).
Hinzu kommt, dass in Zeiten des fortschreitenden Abbaus der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergänzende Maßnahmen auch einer vollschichtig erwerbstätigen Partei zur privaten, eigens steuerrechtlich geförderten Altersvorsorge nicht nur vernünftig und ratsam sind, sondern zwecks Wahrung eines halbwegs adäquaten Lebensstandards im Alter mittlerweile geradezu unerlässlich erscheinen. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn, wie hier, infolge Arbeitslosigkeit seit geraumer Zeit keine nennenswerten Beiträge mehr in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden und von daher die private Absicherung notgedrungen den wesentlichen Pfeiler der Altersvorsorge bildet. Der diesbezügliche Aufwand des Antragstellers bewegt sich mit insgesamt 93,83 € monatlich (Bl. 18 PKH-Beiheft) in einem relativ bescheidenen und keinesfalls unangemessenen Rahmen.
Es kann schließlich nicht Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe sein, verdienstvolle private Initiativen und Vorkehrungen dieser Art, die anderenorts gerade mit besonderen staatlichen Mitteln gefördert werden, im Nachhinein zu konterkarieren, indem überspannte Anforderungen an die zumutbare Verwertung solcherart erworbener Vermögenswerte gestellt werden.
II.
Gerichtsgebühren fallen bei einer erfolgreichen Beschwerde zur Prozesskostenhilfe nicht an (§ 1 Nr. 1 GKG in Verb. mit Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG)
Außergerichtliche Kosten sind, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattungsfähig.
Eine Kostenentscheidung war somit nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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