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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: 4 U 2/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Ziffer 1
BGB § 278
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 635 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 a.F.
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Der das Werk arbeitsteilig herstellende Werkunternehmer hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass das Werk bei Ablieferung auf Mangelfreiheit untersucht wird. Unterlässt er eine solche Organisation und hat das Werk einen Mangel, der bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre, haftet der Werkunternehmer wie bei arglistigem Verschweigen des Mangels (vorhergehend BGH NJW 2005, 893).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 02/05 OLG Naumburg

verkündet am: 19.05.2005

In dem Rechtsstreit

wegen werkvertraglichen Schadensersatzes hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel und der Richter am Oberlandesgericht Feldmann und Corcilius

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. November 2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Halle wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Rechtshängigkeitszinsen erst seit dem 12. Juli 2002 zu zahlen sind.

II.

Die Kosten des Rechtsstreites in allen drei Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

IV.

Der Beklagten wird für den Zeitraum ab dem 08. März 2005 Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sch. aus H. bewilligt.

V.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.945,81 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem am 28. April 1998 geschlossenen Werkvertrag über das Richten einer verunfallten Karosse vom Typ Chrysler Voyager.

Der Kläger, der in H. einen Bosch - Dienst betreibt, hatte aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit dem schwerstbehinderten Herrn F. Bö. dessen durch einen Unfall im Frontbereich beschädigten Pkw, dessen Lenkung u.a. unfallbedingt gebrochen war, zu reparieren und zu lackieren. Das Fahrzeug war behindertengerecht umgebaut worden und verfügte über eine hydraulisch unterstützte Lenkanlage in Form einer Linearhebel - Lenkung, um es für den behinderten Fahrzeugführer nach dem Ausfall der serienmäßigen Lenkung noch für einen gewissen Zeitraum lenkfähig zu halten. Bestimmte Reparaturarbeiten, u.a. das Richten der Fahrzeugkarosse, übertrug der Kläger durch entgeltlichen Vertrag der Beklagten, die ihrerseits die Autohaus B. GmbH mit dem Richten der Karosse beauftragte, weil ihr der erforderliche Richtwinkel fehlte. Der Kläger vervollständigte dann die Reparatur an dem Fahrzeug. Bei dessen Abholung durch Herrn F. Bö. am 19. Juni 1998 brach die Lenkung noch während der Probefahrt erneut. Im Rahmen eines von ihm angestrengten selbständigen Beweisverfahrens stellte der beauftragte Sachverständige Dipl.- Ing. ( FH ) M. aus K. u.a. fest, dass trotz der von dem Autohaus durchgeführten Reparaturarbeiten der Rahmenlängsträger einen starken Knick aufweise. In einem weiteren Gutachten legte der Sachverständige dar, dass Ursache des Bruches der Lenkanlage die nicht vorgenommene oder mangelhafte Synchronisation zwischen der Original - Servolenkung und dem im Rahmen des Sonderumbaues erfolgten zusätzlich angebrachten Lenkzylinder sei. Weder seien der Knick im Motorträger, noch die nicht fach- und sachgerechten Instandsetzungsarbeiten Grund für den Bruch ( Bl. I/134 der Beiakte 4 O 238/01 ).

Der Kläger, der das Fahrzeug von der Beklagten am 30. April 1998 zurückerhalten hatte, wurde vom Landgericht Halle durch das am 14. Februar 2002 verkündete und in Rechtskraft erwachsene Urteil wegen der durch die Autohaus B. GmbH mangelhaft vorgenommenen Richtarbeiten zur Zahlung von 5.945,81 Euro an Herrn F. Bö. verurteilt ( Az. 4 O 238/01 [ Bl. I/19 - 28 d.A. ] ). Allein wegen dieser Mängel sah das Landgericht die Verjährungseinrede als nicht durchgreifend an, weil der Kläger ( und Beklagte in jenem Rechtsstreit ) seinen Betrieb nicht so organisiert gehabt habe, dass er Mängel der Beklagten nicht erkannt habe. Hinsichtlich der weiteren Positionen aus dem zur Bezifferung herangezogenen Kostenvoranschlag der Fa. H. Rehatechnik aus Kn. ( Bl. 20 - 23 der Beiakte 238/01 ), der für die Instandsetzung des Fahrzeuges nach der Reparatur durch den Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 40.826,20 DM ausweist, sah das Landgericht die Forderung als verjährt an. Der Kläger macht in diesem Rechtsstreit mit der am 04. Juli 2002 beim Landgericht Halle eingereichten und am 11. Juli 2002 zugestellten Klage genau den Betrag ( nebst Rechtshängigkeitszinsen ) geltend, zu dessen Zahlung er an Herrn F. Bö. durch das Landgericht Halle verurteilt worden ist.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles des Landgerichtes Halle Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 28. November 2002 zugestellte Urteil hat sie am 23. Dezember 2002 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 21. Januar 2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg hat die Klage nach Abänderung des angefochtenen Urteiles durch das am 28. Februar 2003 verkündete und unveröffentlicht gebliebene Urteil wegen Verjährung abgewiesen und ausgeführt, dass sich die in BGHZ 117, 318 veröffentlichte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf den Fall ausdehnen lasse, in dem der Subunternehmer nur mit einer einzelnen Aufgabe betraut worden sei ( Az. 7 U 144/02 ).

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat diese Entscheidung durch sein am 30. November 2004 verkündetes Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ( BGH NJW 2005, 893 ) ausgeführt, dass der Unternehmer dann im Sinne von § 638 Abs. 1 BGB a.F. Tatsachen arglistig verschweige, wenn er sich bewusst sei, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung des Vertragsgegners von Erheblichkeit sei, und er nach Treu und Glauben verpflichtet sei, diesen Umstand mitzuteilen, ihn aber gleichwohl nicht offenbare. Diese Kenntnis müsse entweder beim Unternehmer oder bei den Personen vorhanden sein, derer sich der Unternehmer im Hinblick auf seine Offenbarungspflicht bediene ( § 278 BGB ). Bei strenger Anwendung dieser Grundsätze könnte sich der Unternehmer der verlängerten Arglisthaftung entziehen, wenn er die Herstellung des Werkes durch Dritte ( Subunternehmer ) erledigen lasse, ohne deren Arbeitsleistung und deren Ergebnis entweder selbst zu prüfen oder sich hierzu eines anderen zu bedienen, und wenn er auch bei der Ablieferung des Werkes niemanden hinzuzöge. Die Dauer der Haftung eines Unternehmers wegen eines Mangels wäre also davon abhängig, ob der Unternehmer das Werk als Alleinunternehmer herstelle oder arbeitsteilig herstellen lasse und ferner davon, wie die arbeitsteilige Herstellung unternehmerseits organisiert sei. Das sei aber nicht in Einklang zu bringen mit der sonstigen Regelung der Mangelhaftung beim Werkvertrag. Bei einer arbeitsteiligen Herstellung trete deshalb zu der Hauptpflicht aus dem Werkvertrag die Pflicht hinzu, diesen Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor der Abnahme zu überprüfen. Der Werkunternehmer setzte sich in einen Widerspruch zu diesem Pflichtenkatalog, wenn er aus der arbeitsteiligen Herstellung und deren Organisation Vorteile bezüglich der Arglisthaftung ziehen könnte. Von daher sei eine Auslegung des § 638 Abs. 1 BGB a.F. vorzunehmen, nach der der Unternehmer, der keine Kenntnis von dem Mangel habe, wie ein Unternehmer, der Kenntnis von diesem Mangel habe, zu behandeln sei, wenn er nicht die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen habe, dass von ihm oder einem der oben genannten Erfüllungsgehilfen das Werk sachgerecht auf Mangelhaftigkeit überprüft werde. Hinzu komme noch das Erfordernis, dass der Mangel bei einer entsprechenden Organisation des Betriebes hätte entdeckt werden müssen. Diese Konsequenz habe der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung BGHZ 117, 318 gezogen. Die Grundsätze dieses Urteiles seien indessen nicht nur auf Verträge über die Herstellung von Bauwerken anwendbar, sondern generell auf alle Werkverträge. Allerdings ergäben sich je nach dem Inhalt des Werkvertrages unterschiedliche Anforderungen, denn die Frage der richtigen Organisation sei von der Art des herzustellenden Werkes abhängig. So würden andere Maßstäbe bei einem schwierig herzustellenden Werk gelten, als bei einem einfach, aber massenweise herzustellenden Werk. Jedenfalls könne im konkreten Fall die Arglisthaftung nicht einfach damit abgetan werden, dass die Beklagte keine Fahrzeugvermessung geschuldet habe.

Der Rechtsstreit sei nicht entscheidungsreif. Eine Haftung der Beklagten komme nach dem zuvor Ausgeführten nur unter zwei Voraussetzungen in Betracht. Die Beklagte müsse die zu erwartende und zumutbare Organisation des Herstellungsprozesses und der Überprüfung unterlassen haben. Es müsse zweitens ferner davon ausgegangen werden können, dass die Mängel, deretwegen der Kläger Gewährleistung begehre, bei richtiger Organisation von der Beklagten oder von der insoweit als deren Erfüllungsgehilfen in Betracht kommenden Person entdeckt worden wären. Für beide Voraussetzungen sei der Kläger darlegungs- und erforderlichenfalls beweisbelastet. Allerdings könnten für den Kläger gegebenenfalls bewiesene oder unstreitige Indizien sprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei es anerkannt, dass aus einem gravierenden Mangel an besonders wichtigen Gewerken oder aus einem besonders auffälligen Mangel an weniger wichtigen Bauteilen der Rückschluss auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung gerechtfertigt sein könne. Dies gelte auch für die zweite Voraussetzung der Arglisthaftung, nämlich die voraussichtliche Kenntniserlangung auf Seiten des Unternehmers.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und meint weiter, dass die streitgegenständliche Schadensersatzforderung verjährt sei. Ihr, der Beklagten, sei zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die der Autohaus B. GmbH übertragenen Richt- und Rückverformungsarbeiten mangelhaft ausgeführt worden seien. Sie müsse sich auch nicht aufgrund eines Organisationsverschuldens so behandeln lassen, als ob sie Kenntnis von den Mängeln gehabt habe. Es sei nicht so, wie von dem Kläger behauptet, dass dieser erst am 21. Januar 1999 Kenntnis von der Beauftragung eines Subunternehmens erhalten habe. Bereits bei der Besprechung der Reparaturannahme sei der Kläger von ihr darauf hingewiesen worden, dass sie keinen Richtsatz für ein Fahrzeug vom Typ Chrysler Voyager vorrätig habe. Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers sei das Fahrzeug dann an die Autohaus B. GmbH weitergegeben worden. Eine mangelhafte Richtung der Karosse hätte der Beklagten allenfalls bei einer Gesamtvermessung des Fahrzeuges auffallen können. Die Durchführung einer solchen Gesamtvermessung sei von ihr, der Beklagten, aber nicht geschuldet gewesen, noch sei ihr eine solche möglich gewesen, weil sich das Fahrzeug nur in einem teilreparierten Zustande befunden habe. Bei der tatsächlich durchgeführten Vorderachsvermessung und Einstellung habe der Mangel nicht festgestellt werden können. Eine Probefahrt, bei der die fehlerhafte Vermessung der Vorderachse aufgefallen wäre, sei ihr nicht möglich gewesen, da sich das Fahrzeug in einem teilreparierten Zustande ohne Stoßstange, Scheinwerferblinkleuchten und Zusatzteilen befunden habe. Die nicht ordnungsgemäß durchgeführten Richtarbeiten hätten erst bei der Endmontage des Fahrzeuges auffallen können, weil erst dann die erheblich größeren Spaltmaße aufgefallen wären. Diese Endmontage ( Befestigung von Anbauteilen ) sei aber von dem Kläger durchzuführen gewesen. Der Kläger habe in Kenntnis der Durchführung der Richtarbeiten durch einen Subunternehmer und in Kenntnis der beschränkten Prüfungsmöglichkeiten nicht erwarten können, dass der Beklagten mangelhafte Richtarbeiten hätten auffallen können. Die Entdeckung dieser Mängel sei ihr aus technischen Gründen weder zumutbar noch möglich gewesen. Eine fehlerhafte Organisation der Überwachung und Überprüfung fremder Leistungen liege nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Halle vom 26. November 2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, dass die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen habe. Er habe der Beklagten als Inhaberin der Fa. Kfz - Karosserie und Fahrzeugbau K. P. das Richten der Chrysler Voyager Karosse sowie die notwendigen Lackierungsarbeiten übertragen. Die Beklagte habe ihre Leistungen erbracht und im Schreiben vom 24. April 1998 ( Bl. I/9 - 12 d.A. ) in Rechnung gestellt. In dem Rechnungsschreiben seien ausdrücklich folgende Leistungen enthalten gewesen: "Richtbank umrüsten, Fahrzeug auf Richtbank setzen, Vorderachse nach Reparatur vermessen und einstellen, Front rückverformen, Zusatzarbeit, Längsträger VR in Stand setzen". Die Beklagte habe erst im Schreiben vom 21. Januar 1999 offenbart, dass die Leistungen von der Autohaus B. GmbH erbracht worden seien. Das im selbständigen Beweisverfahren 4 OH 14/98 eingeholte Gutachten der DEKRA Automobil AG - Niederlassung K. - vom 21. März 2000 ( Bl. I/13 - 18 d.A. ) führe auf Seite vier ( Bl. I/16 d.A. ) aus, dass der Rahmenlängsträger auf der rechten Seite im Bereich des Radhauses einen starken mit Unterbodenschutz übersprühten Knick aufweise. Auf Seite fünf ( Bl. I/17 d.A. ) fahre der Sachverständige fort, dass der festgestellte Mangel am Fahrzeugrahmen auf eine nicht sach- und fachgerechte Reparatur zurückzuführen sei. Die Instandsetzung eines Längsträgers vorne rechts, die Rückverformung des Frontbereiches und das Richten eines Fahrzeuges auf einer Richtbank sowie die Einstellung und Vermessung der Vorderachse eines PKWs vom Typ Chrysler Voyager seien besonders wichtige Gewerke im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in BGHZ 117, 318 ( 322 ). Selbst wenn dem nicht so sein sollte, wären die Mängel doch so gravierend, dass sie der Beklagten hätten auffallen müssen. Es seien ein Teil der Richtarbeiten auch nicht erbracht worden, was der Beklagten hätte auffallen müssen, weil ihr kein branchenübliches Vermessungsprotokoll für Richtarbeiten überreicht worden sei. Bei den von der Beklagten zu erbringenden Leistungen ( Kotflügel Ein- und Ausbau für Lackierarbeiten; Instandsetzungsarbeiten; Lackierarbeiten ) habe sie festgestellt, dass die Karosserieteile nicht hätten montiert werden können, weil die vorangegangenen Richtarbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden seien. Diese Mängel hätte sie dem Kläger offenbaren müssen.

Der Senat hat die Akten des Landgerichtes Halle mit den Aktenzeichen 4 O 238/01 ( Vorprozess Bö. ./. F. ) und 4 OH 14/98 ( selbständiges Beweisverfahren Bö. ./. F. ) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.- Ing. ( FH ) G. M. von der DEKRA Automobil GmbH - Niederlassung K. -. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Termines zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 12. Mai 2005 verwiesen ( Bl. II/98f d.A. ).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das am 26. November 2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Halle ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO ).

Sie hat aber in der Sache bis auf einen Zinstag keinen Erfolg.

III.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 5.945,81 Euro gemäß § 635 BGB a.F. nebst Rechtshängigkeitszinsen zu.

1.) Auf das Schuldverhältnis der Parteien findet gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung.

2.) Die Werkleistungen der Beklagten waren mangelhaft und die Mangelhaftigkeit ist von der Beklagten zu vertreten. Der Senat nimmt zur Begründung seiner Entscheidung insoweit Bezug auf die angefochtene Entscheidung des Landgerichtes Halle.

3.) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt, weil die Beklagte aufgrund eines Organisationsverschuldens so zu behandeln ist, als ob sie die Mängel arglistig verschwiegen hätte ( § 638 Satz 1 BGB a.F. ).

a) Arglistig verschweigt, wer sich im Zeitpunkt der Abnahme bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung des Vertragspartners von Erheblichkeit ist, und nach Treu und Glauben verpflichtet ist, diesen Umstand mitzuteilen, ihn aber gleichwohl nicht offenbart. Ist ein Werkmangel betroffen, setzt das an sich die Kenntnis vom Mangel voraus. Diese Kenntnis muss allerdings nicht der Unternehmer selbst haben. Da er gemäß § 278 BGB für Verhalten von Erfüllungsgehilfen einzustehen hat, reicht es aus, wenn die Kenntnis vom Mangel bei einer der Personen vorhanden ist, derer sich der Unternehmer im Hinblick auf seine Offenbarungspflicht bedient. Das sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes diejenigen Hilfspersonen, die der Unternehmer mit der Ablieferung des Werkes an den Besteller betraut hat oder die für den Unternehmer dabei mitgewirkt haben ( zum Beispiel bei einer förmlichen Abnahme ), soweit sie hierbei nicht nur eine untergeordnete Funktion haben, wie zum Beispiel ein Kraftfahrer. Zugerechnet wird auch das Wissen der Personen, die vom Unternehmer ( auch ) mit der Prüfung des Werkes auf Mangelfreiheit betraut worden sind, wenn allein deren Wissen und ihre Mitteilung den Unternehmer in den Stand versetzen, seine Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller zu erfüllen ( BGHZ 117, 318 [ 320f ]; 66, 43 [ 45f ]; 62, 63 [ 68 ]; BGH NJW 2005, 893; MüKo - Soergel, BGB, 3. Auflage, § 638 RdNr. 32; Staudinger - Peters, BGB, Neubearbeitung 2000, § 638 RdNr. 30f; Neuhaus MDR 2002, 131 [ 133 ] ).

b) Wendete man diese Grundsätze, die allein auf die Kenntnis des Werkunternehmers bzw. auf die Kenntnis der vorstehend beschriebenen Hilfspersonen abstellen, uneingeschränkt auf den arbeitsteilig agierenden Werkunternehmer an, dann könnte sich dieser der verlängerten Arglisthaftung alleine dadurch entziehen, dass er das Werk durch einen Dritten ( Subwerkunternehmer ) erstellen lässt und dessen Werkleistung nicht selbst auf Mangelfreiheit prüft bzw. nicht durch Hilfspersonen prüfen lässt, die wiederum bei der Abnahme durch seinen Besteller mitwirken. Die Dauer der Verjährungsfrist wäre also davon abhängig, ob der Werkunternehmer das Werk selbst herstellt oder arbeitsteilig herstellen lässt. Die Haftung wäre weiterhin davon abhängig, ob der Werkunternehmer seinen Betrieb so organisiert hat, dass Mängel des Werkes bei dessen Entgegennahme entdeckt werden oder ob diese schon durch dessen Organisation regelmäßig unentdeckt bleiben. Ein solches Zwischenergebnis ist unvereinbar mit dem allgemeinen Grundsatz im Gewährleistungsrecht, dass es ohne Belang ist, ob Werkunternehmer das Werk selbst herstellen oder herstellen lassen. Dem arbeitsteilig agierenden Werkunternehmer obliegt deshalb zur Überwindung der Konsequenz der uneingeschränkten Anwendung der allgemeinen Grundsätze als Hauptpflicht die angemessene Überwachung des Herstellungsprozesses und die Prüfung des Werkes vor der Abnahme. Kommt er der vertraglichen Verpflichtung zur richtigen Organisation seines Betriebes nicht nach und wäre der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden, wird der beweisbelastete Besteller verjährungsrechtlich so gestellt, als ob der Werkunternehmer Kenntnis von dem Mangel bei Abnahme gehabt hat. Der Werkunternehmer ist zwar frei in der Organisation seines Betriebes, allerdings kann die Art des Mangels bereits ein so überzeugendes Indiz für einen Organisationsmangel sein, dass es weiterer Darlegungen nicht bedarf. Insbesondere kann ein gravierender Mangel an einem besonders wichtigen Gewerk oder ein besonders auffälliger Mangel an einem weniger wichtigen Bauteil den Schluss auf eine mangelhafte Organisation der Überwachung und Überprüfung rechtfertigen. Diese Grundsätze dürfen auf der anderen Seite aber auch nicht überspannt werden und dazu führen, dass der Werkunternehmer bei jedem augenfälligen Mangel am Gewerk seines Subunternehmers wie ein arglistig handelnder Werkunternehmer haftet, wenn er tatsächlich Maßnahmen zur Qualitätskontrolle ergriffen hat. In der Praxis ist der Ausnahmetatbestand daher nur von geringer Bedeutung, soweit nicht die besonders dargestellten Mängel vorliegen ( BGH NJW 2005, 893 [ 894 ]; OLG Braunschweig BauR 2000, 109 [ 111 ]; Brandenburgisches OLG BauR 1999, 1191 [ 1193f ]; MüKo - Soergel, BGB, 3. Auflage, § 638 RdNr. 37; zur Relevanz der Rechtsprechungsgrundsätze im neuen Werkvertragsrecht Erman - Schwenker, BGB, 11. Auflage, § 639 RdNr. 5; Werner / Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage, RdNr. 2333 - 2336; Neuhaus MDR 2002, 131 [ 134 ]; Schudnagies NJW 2002, 396 [ 400 ]; teilweise abweichend Bamberger / Roth - Voit, BGB, 1. Auflage, § 639 RdNr. 6, wonach die Arglisthaftung erst bei einer groben Verletzung der Organisationspflicht anwendbar sein soll; a.A. Rutkowsky NJW 1993, 1748 ).

c) Da es in dieser Fallgruppe tatsächlich nicht um Arglist mit der dafür erforderlichen subjektiven Komponente geht, sondern nur um einen Werkunternehmer, der den Mangel tatsächlich nicht erkannt hat und aufgrund der fehlerhaften Organisation seines Betriebes auch nicht erkennen konnte, geht es im Kern um einen Rückschluss von den äußeren Tatsachen ( Mängel ) auf die Feststellung eines Fehlverhaltens. Indiziell sprechen folgende von der Rechtsprechung bereits behandelte Konstellationen für die Bejahung eines Organisationsfehlers ( Aufzählung nach Neuhaus MDR 2002, 131 [ 134 ] ):

- besonders krasse Mängel

- besonders gravierende, augenfällige Mängel an wichtigen Gewerken

- besonders augenfällige Mängel an weniger wichtigen Gewerken

- besonders schwierige konstruktive Anforderungen

- deutlich sichtbare und wesentliche Mängel, die während der Ausführungsarbeiten bei hinreichender Organisation und Prüfung ohne weiteres bemerkbar gewesen wären, bei Abnahme aber nicht mehr festgestellt werden können

- Mängel werden so schnell durch Nachfolgearbeiten überdeckt, dass eine effektive Kontrolle hätte gewährleistet werden müssen

d) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger den Beweis dafür erbracht, dass der Betrieb von der Beklagten bei der Abnahme des durch die Autohaus B. GmbH erbrachten Werkes mangelhaft organisiert war. Sie ist demzufolge verjährungsrechtlich wie ein arglistig handelnder Werkunternehmer zu behandeln.

aa) Der Sachverständige Dipl.- Ing. ( FH ) G. M. von der Niederlassung K. der DEKRA Automobil GmbH hat im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vor dem Senat ausgeführt, dass sich unter dem Grundrahmen des Fahrzeuges vom Typ Chrysler Voyager Längs- und Querrahmen eingebaut fänden. Der Sinn der Rahmenlängsträger liege darin, dass bei einem Verkehrsunfall einwirkende Kräfte unter der Karosse übertragen würden und es dadurch zu einer geringeren Verformung der Karosse komme. Die DEKRA habe vor etwa zwei Jahren eine entsprechende Versuchsreihe durchgeführt, bei der Fahrzeuge unter Verwendung von Originalersatzteilen ( willentlich ) nicht fachgerecht repariert worden seien. Diese Fahrzeuge seien dann Unfalltests ausgesetzt worden und das Ergebnis seien Schäden am Gesamtfahrzeug gewesen, deren Umfänge deutlich größer gewesen seien, als bei fachgerecht reparierten Rahmenlängsträgern zu erwarten gewesen seien. Der von ihm festgestellte Knick im Rahmenlängsträger ( oberer gelber Pfeil auf dem unteren Lichtbild auf Bl. 108 der Beiakte 4 OH 14/98; das Automobil ist von unten fotografiert worden ) führe daher nicht zu einer Einschränkung der Nutzbarkeit des Fahrzeuges, solange es nicht zu einem Verkehrsunfall komme. Werde das Fahrzeug jedoch in einen Verkehrsunfall verwickelt, bestehe eine deutlich höhere Gefährdung für die Fahrzeuginsassen. Von diesen Testergebnissen ausgehend, bewerte er den Rahmenlängsträger daher als ein sehr wichtiges Bauteil für die Sicherheit des Kraftfahrzeuges und den konkret festgestellten Knick als einen gravierenden Mangel. Dagegen handele es sich bei dem rechten Kotflügel und dem rechten Innenkotflügel um untergeordnete Bauteile.

Der gravierende Mangel hätte bemerkt werden können und müssen, wenn ein versierter Kraftfahrzeugmechaniker als Maßstab genommen werde. Zwar lasse sich der Knick optisch nur feststellen, wenn entweder das Fahrzeug mittels einer Hebebühne soweit angehoben werde, dass es von unten angesehen werden könne, oder wenn die Vorderräder nach rechts eingeschlagen bzw. wenn die Vorderräder demontiert werden würden. Allerdings hätten der rechte Kotflügel wie auch der rechte Innenkotflügel nicht mehr gepasst, weshalb zusätzliche Bohrungen angebracht worden seien. Gerade der Innenkotflügel, bei dem es sich um ein Plastikteil handele, habe nicht mehr das richtige Spaltmaß gehabt, was das obere Lichtbild auf Bl. 108 der Beiakte 4 OH 14/98 deutlich zeige. Ein versierter Kfz - Mechaniker hätte diese Umstände nicht auf sich beruhen lassen, sondern wäre dem nachgegangen und wäre dann auch auf den Knick im Rahmenlängsträger gestoßen.

Die Achsvermessung gebe für die Feststellung der unsachgemäßen Reparatur nichts her. Das Fahrzeug müsse für eine solche Vermessung nur etwas nach oben angehoben werden, so dass man es nicht zwangsläufig von unten sehe. Das Ergebnis einer Achsvermessung sei für die Feststellung des Mangels nicht von Bedeutung. Der Knick im Rahmenlängsträger hätte nur bei einer Rahmenvermessung festgestellt werden können.

bb) Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Letztlich hat auch die Beklagte die Erheblichkeit des Mangels bei der Befragung des Sachverständigen eingestanden. Sie führte aus, dass in ihrem Betrieb zwei Meister angestellt gewesen seien und sie es sich nicht vorstellen könne, dass eine solch mangelhafte Reparaturleistung der Autohaus B. GmbH von den Meistern unbeanstandet geblieben wäre. So etwas wie auf den Lichtbildern habe sie während ihrer beruflichen Tätigkeit zu keiner Zeit gesehen. Dies bestätigte der Sachverständige, der ebenfalls erklärte, dass er einen solchen Knick am Rahmenlängsträger eines als repariert geltenden Fahrzeuges vor der Augenscheinseinnahme des streitgegenständlichen Fahrzeuges noch nicht gesehen habe. Das bedeutet, dass es sich bei dem Knick am Längsträger um einen besonders augenfälligen Mangel an einem wichtigen konstruktiven Teil eines Fahrzeuges handelt. Das von der Subunternehmerin Autohaus B. GmbH zurückgenommene Fahrzeug hätte nach den umfangreichen Richtarbeiten, die auch sicherheitsrelevante Teile der Karosse betrafen, von einem Meister geprüft und dann zurückgewiesen werden müssen. Dabei ist es nicht von Belang, dass der Knick nicht sofort augenfällig war. Der Beklagten war bekannt, dass die Richtarbeiten u.a. den sicherheitsrelevanten Rahmenlängsträger betrafen. Nach Auffassung des Senates gehörte es in diesem Fall auch ohne einen besonderen Anlass zur richtigen Organisation des Betriebes, sich die Fahrzeugkarosse auf der Hebebühne von unten anzuschauen. Der Mangel wäre dann von einem der Meister entdeckt worden. Im konkreten Fall bestand hier ferner ein zu großes Spaltmaß des Innenkotflügels, was in jedem Fall Anlass für die Suche nach dessen Ursache hätte sein müssen. Der Knick im Rahmenlängsträger wäre dann aufgefallen. Der Kläger hat damit einen Mangel bewiesen, der als Indiz für eine fehlende oder grob fehlerhafte Organisation wirkt. Zwar bedeutet ein festgestellter gravierender Mangel zur Vermeidung einer ausufernden Arglisthaftung nicht zwingend, dass der Betrieb falsch organisiert war, denn auch in einem richtig organisierten Betrieb können fehlerhafte Leistungen bei der Prüfung des Subunternehmergewerkes auftreten. Ein solcher Indizmangel führt jedoch dazu, dass die Betriebsorganisation von dem Werkunternehmer darzulegen ist, wie auch die Möglichkeit, weshalb genau dieser Mangel unentdeckt geblieben ist. Die Beklagte hat dies jedoch nicht getan, was darauf schließen lässt, dass ihr eine Entlastung nicht möglich ist.

cc) Es ist ausgeschlossen, dass der Knick am Rahmenlängsträger erst bei der Abholung des Kraftfahrzeuges nach der Gesamtreparatur durch den Kläger entstanden ist. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist bei der Abholung vom Anhänger abgerutscht, wodurch im Bereich des Tanks mechanische Verformungen eingetreten waren ( Bl. I/62 d.A. ). Der Sachverständige bestätigte, dass ihm dieser Vorfall bei der Lektüre der Akte bekannt geworden sei und er ihn bei der Erstattung seines Gutachtens berücksichtigt habe. Die Kräfte, die dabei auf das Fahrzeug gewirkt hätten, hätten nicht zu einer Verformung des Längsträgers führen können.

4.) Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Halle zu entscheiden.

IV.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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