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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.11.2004
Aktenzeichen: 8 UF 199/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 64 Abs. 3 S. 2
Gegen die Bestellung zum Ergänzungspfleger oder Vormund können sich nur das minderjährige Kind, seine Eltern und jetzigen Pflegeeltern sowie das Jugendamt wenden. Verwandte und Verschwägerte sind hiervon ausgeschlossen.
8 UF 189/04 8 UF 190/04 8 UF 199/04

OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

In der Familiensache

...

hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici und die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping am 23. November 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Haldensleben vom 25. August 2004 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Haldensleben vom 27. August 2004 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

3. Die Beschwerde des Antragstellers zu 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Haldensleben vom 27. August 2004 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

4. Die Beschwerde des Antragstellers zu 4 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Haldensleben vom 27. August 2004 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

5. Der Beschwerdewert beträgt jeweils EUR 3.000.

Gründe:

I.

Das minderjährige Kind ist am 28. Februar 1992 nichtehelich geboren. Am 31. Juli 1994 hat die Kindesmutter öffentliche Hilfe zur Erziehung in Anspruch genommen und das Kind ist bei G. und F. Sp. in Vollzeitpflege gegeben worden.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2001 hat das Familiengericht der Kindesmutter die Gesundheitsfürsorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Vermögenssorge entzogen und auf den Beteiligten zu 6 als Ergänzungspfleger übertragen (§§ 1666, 1666a BGB). Dieser hat das Kind am 06. September 2002 den bisherigen Pflegeeltern weggenommen und bei der Familie R. in Vollzeitpflege gegeben. Daraufhin hat die Antragstellerin zu 1 (Tochter der ehemaligen Pflegeeltern) am 10. September 2002 beantragt, sie als Vormund einzusetzen.

Mit einer einstweiligen Anordnung vom 07. Februar 2003 hat das Familiengericht den ehemaligen Pflegeeltern G. und F. Sp. ein Umgangsrecht eingeräumt, dieses allerdings mit Beschlüssen vom 04. und 17. September 2003 wieder ausgesetzt. Als die befristeten Beschwerden der ehemaligen Pflegeeltern mit Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. September 2003 zurückgewiesen wurden (14 UF 99/03 OLG Naumburg), hat die ehemalige Pflegemutter F. Sp. am 06. Oktober 2003 beantragt, sie als "Pflegerin" einzusetzen. Außerdem haben sich die Antragsteller zu 2 und 3 (Söhne der ehemaligen Pflegeeltern) am 10. bzw. 14. Oktober 2003 sowie der Antragsteller zu 4 (Freund der Familie Sp. ) am 10. November 2003 dem Antrag der Antragstellerin zu 1 auf Übertragung der Vormundschaft angeschlossen.

Das Familiengericht hat diese Anträge der Antragsteller zu 1 bis 4 mit den aus dem Tenor ersichtlichen Beschlüssen vom August 2004 abgewiesen. Gegen die - ihnen in der Zeit vom 03. bis 04. September 2004 zugestellten - Entscheidungen wenden sich die Antragsteller mit Rechtsmitteln, die sie in der Zeit vom 10. bis 30. September 2004 eingelegt haben.

Zuvor hatte das Familiengericht der Kindesmutter mit Beschluss vom 09. September 2004 die gesamte elterliche Sorge entzogen und auf den Beteiligten zu 6 als Vormund übertragen.

II.

1. Mit den angefochtenen Beschlüssen vom 25. und 27. August 2004 hat das Familiengericht nur an seinem Beschluss vom 17. Mai 2001 festgehalten, mit dem der Kindesmutter (§ 1626a Abs. 2 BGB) Teile der elterlichen Sorge entzogen (§§ 1666, 1666a BGB) und dem Beteiligten zu 6 als Ergänzungspfleger übertragen wurden (§ 1697, § 1909 Abs. 1, § 1791b BGB). Diese Entscheidung hat das Familiengericht mit Beschluss vom 09. September 2004 geändert (§§ 1666, 1666a i.V.m. § 1696 Abs. 1, § 1773, § 1791b BGB), bevor die Antragsteller in der Zeit vom 10. bis 30. September 2004 Rechtsmittel eingelegt haben. Die Rechtsmittel der Antragsteller zu 1 bis 4 können daher nur als befristete Beschwerden gegen die Sorgerechtsentscheidung vom 17. Mai 2001 und - möglicherweise - auch gegen die weitere Sorgerechtsentscheidung vom 09. September 2004 ausgelegt werden (§ 621e i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Für beide Sorgerechtsentscheidungen ist das Familiengericht - und nicht das Vormundschaftsgericht - sachlich zuständig gewesen (§ 64 Abs. 3 S. 2 FGG; vgl. auch Bamberger/Roth/Veit, BGB, § 1666 Rn 32 f., 36 m.w.N.).

2. Gegen die Bestellung des Beteiligten zu 6 zum Ergänzungspfleger (Beschluss des Familiengerichts vom 17. Mai 2001) und zum Vormund (Beschluss des Familiengerichts vom 09. September 2004) im isolierten Verfahren können sich nur das minderjährige Kind, seine Eltern und jetzigen Pflegeeltern (§ 20 FGG) sowie das Jugendamt (§ 64 Abs. 3 S. 3 FGG) wenden. Selbst Verwandte und Verschwägerte sind nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers von der Beschwerdebefugnis ausgeschlossen (Keidel/Kuntze/Weber, FGG, 15. Aufl., § 64 Rn 37b ff. m.w.N.). Dieser Ausschluss muss erst recht für Verwandte und Freunde von (ehemaligen) Pflegeeltern gelten, da diese Personen durch isolierte Sorgerechtsentscheidungen nicht beeinträchtigt werden (vgl. § 20 FGG). Die Beschwerden der Antragsteller zu 1 bis 4 sind daher als unzulässig zu verwerfen.

3. Im Übrigen sind die Rechtsmittel der Antragsteller auch unbegründet, weil durchgreifende Bedenken dagegen bestehen, dass die Antragsteller nach ihren persönlichen Verhältnissen geeignet sind, das Amt eines Vormundes im Interesse des minderjährigen Kindes zu führen (§ 1779 Abs. 2 BGB). Als Vormund ist nämlich nur geeignet, wer bereit ist, die persönlichen Bindungen des Kindes zu respektieren (§ 1779 Abs. 2 S. 2 BGB). Bei der Ausübung der Vormundschaft müssten die Antragsteller also die Pflege der jetzigen Pflegeeltern R. kontrollieren (§§ 1793 ff. BGB). Dadurch würden sie in einen Konflikt mit den ehemaligen Pflegeeltern geraten, die ihre Eltern und Freunde sind und sich mit dem Verlust der Pflegschaft nicht zufrieden gegeben haben.



Ende der Entscheidung

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