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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.11.2002
Aktenzeichen: 8 Wx 28/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 670 | |
BGB § 1835 Abs. 1 | |
BGB § 1835 Abs. 1 Satz 3 | |
BGB § 1836 Abs. 2 | |
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 4 | |
BGB § 1908 i |
Der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, § 1908 i BGB) entsteht mit jeder einzelnen Betreuungstätigkeit (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1836 Rdn. 10; OLG Schleswig, Beschl. v. 06.02.02 - 2 W 193/01 - [unter Bezugnahme auf § 614 BGB], jeweils m.w.N.), der Aufwendungsersatzanspruch (§ 1835 Abs. 1 Satz 1, § 1908 i BGB) mit jeder einzelnen Aufwendung (§ 1835 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1835 Rdn. 20). Allein von der Entstehung des Vergütungs- und des Aufwendungsersatzanspruchs macht das Gesetz den Fristbeginn abhängig; darauf, ob die Ansprüche fällig sind, insbesondere, ab wann dem Betreuer erstmals eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist, kommt es nicht an (§ 1836 Abs. 2 Satz 4, § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB; OLG Schleswig, a.a.O.).
Zur Fristwahrung bedarf es - soweit die Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalen Vergütung (§ 1836 b BGB) und eines pauschalen Aufwendungsersatzes (§ 1835 a BGB) nicht vorliegen - eines überprüfbaren Antrags (LG Dessau, FamRZ 2000, 1530 m. Anm. Bienwald). Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristbestimmung ist es nämlich, eine effektive zeitnahe Überprüfung der Ansprüche sicherzustellen und ein mehrjähriges Auflaufen von Zahlungsrückständen zu verhindern (OLG Schleswig, a.a.O., unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung [Bundestags-Drucksache 13/7158, S. 22 f.; Bundesrats-Drucksache 960/96, S. 27]).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
8 Wx 28/02 OLG Naumburg
In dem Betreuungsverfahren
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 17. Oktober 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt EUR 625,65.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 16. April 1998 bestellte das Vormundschaftsgericht die Beschwerdeführerin zur Berufsbetreuerin der (am 15. August 1952 geborenen) Betroffenen.
In der Folge beantragte die Betreuerin mehrfach die Festsetzung einer (bezifferten) Vergütung und von (beziffertem) Aufwendungsersatz gegen die Staatskasse.
Mit Schriftsatz vom 14. November 1999 begehrte sie die Festsetzung einer Vergütung von DM 2.000,-- und von Aufwendungsersatz in Höhe von DM 250,-- zzgl. USt. (für ihre Tätigkeit während der Zeit vom 01. Januar bis 31. Oktober 1999). Mit einem - am 13. Dezember 2000 eingereichten - Schriftsatz vom 29. November 2000 änderte sie ihren Antrag und forderte eine Vergütung von DM 1.944,-- sowie Aufwendungsersatz von DM 600,-- zzgl. USt. (für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1999).
Durch einen - am 12. April 2001 zugestellten - Beschluss vom 05. April 2001 wies das Amtsgericht den ursprünglichen Antrag vom 14. November 1999 ab. Zur Begründung führte es aus, dass die mit jenem Antrag geltend gemachten Pauschalbeträge - trotz entsprechender Hinweise - nicht nachvollziehbar begründet worden seien und die Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalen Vergütung (§ 1836 b BGB) und eines pauschalen Aufwendungsersatzes (§ 1835 a BGB) nicht vorlägen.
Als die Betreuerin mit Schriftsatz vom 17. April 2002 eine Vergütung von DM 1.341,-- und Aufwendungsersatz von DM 361,80 einschließlich USt. verlangte (für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1999) und die Begründung konkretisierte (Bl. 39 ff. d. A.), entschied das Amtsgericht über diesen Antrag und die Antragsänderung im Schriftsatz vom 29. November 2000. Durch Beschluss vom 06. Mai 2002 wies es beide Anträge bis auf einen Teilbetrag von insgesamt EUR 244,98 (für die Zeit ab September 1999) ab, da die Ansprüche für die Zeit bis August 1999 erloschen sein, weil sie von der Betreuerin erst mit dem am 13. Dezember 2000 eingegangenen Schriftsatz - und somit nicht innerhalb der Frist zur Geltendmachung der Vergütung (§ 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB) und des Aufwendungsersatzes (§ 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB), d. h. fünfzehn Monate seit der Entstehung der Ansprüche - erhoben worden seien, und der Zeitaufwand für den Kauf von Süßigkeiten (am 20. Dezember 1999) nicht erstattungsfähig sei.
Gegen diesen - ihr am 21. Mai 2002 zugestellten - Beschluss legte die Betreuerin am 03. Juni 2002 sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht hat sich dem Amtsgericht angeschlossen und die weitere sofortige Beschwerde zugelassen.
II.
Die weitere sofortige Beschwerde der Betreuerin ist zulässig (§ 56 g Abs. 5 Satz 2, § 69 e Satz 1 FGG), aber unbegründet. Denn der angefochtene Beschluss des Landgerichts lässt - im Ergebnis - keinen Rechtsfehler erkennen (§ 27 FGG, § 546 ZPO n. F.):
1. Die Auffassung der Vorinstanzen, der Zeitaufwand für den Kauf von Süßigkeiten sei nicht erstattungsfähig, wird von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen. Die Wertung steht auch mit der gesetzlichen Regelung in Einklang, nach der nur Tätigkeiten vergütungspflichtig sind, die zum Geschäftsbereich des Betreuers gehören (§ 1836 Abs. 2, § 1908 i BGB), und Aufwendungsersatz lediglich für berufsspezifische Dienste geschuldet wird, die der Betreuer den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 670, § 1835 Abs. 1, § 1908 i BGB). Diese Voraussetzungen sind bei Einkäufen für den Betroffenen nicht erfüllt (BayObLG, FamRZ 1999, 463 unter Hinweis auf BayObLG, FamRZ 1998, 1050, 1051).
2. Auch soweit die Vorinstanzen der Beschwerdeführerin im übrigen keine Ansprüche zugesprochen haben, kann die weitere sofortige Beschwerde keinen Erfolg haben:
a) Dies ergibt sich im Wesentlichen schon aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 05. April 2001, mit dem der Antrag vom 14. November 1999 (Vergütung von DM 2.000,-- zzgl. Aufwendungsersatz von DM 250,-- zzgl. USt. für die Tätigkeit während der Zeit vom 01. Januar bis 31. Oktober 1999) abgewiesen wurde. Der - am 12. April 2001 zugestellte - Beschluss, gegen den keine sofortige Beschwerde (§ 56 g Abs. 5 Satz 1, § 69 e Satz 1 FGG) eingelegt wurde, ist nämlich nicht nur in formelle, sondern auch in materielle Rechtskraft erwachsen (entsprechend § 322 ZPO), da Verfahren wie das vorliegende, die auf eine Festsetzung einer Vergütung und von Aufwendungsersatz gegen die Staatskasse gerichtet sind (§§ 1835 ff., § 1908 i BGB), echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit so nahe kommen, dass es gerechtfertigt ist, Entscheidungen Bindungswirkung zuzusprechen (Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 56 g, Rdn. 14 unter Bezugnahme auf BayObLG, FamRZ 1998, 1055 ff. m. w. N.).
b) Soweit die Beschwerdeführerin Mehrforderungen (für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1999) geltend macht, die mit dem Beschluss vom 05. April 2001 nicht rechtskräftig abgewiesen und ihr auch nicht mit dem vom Landgericht bestätigten Beschluss des Amtsgerichts vom 06. Mai 2002 zugesprochen wurden - letzteres betrifft nur bis August 1999 entstandene Ansprüche -, geht der Senat mit den Vorinstanzen davon aus, dass diese Forderungen jedenfalls nicht innerhalb von fünfzehn Monaten seit ihrer Entstehung erhoben wurden (§ 1836 Abs. 2 Satz 4, § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB):
aa) Der Vergütungsanspruch der Berufsbetreuerin (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, § 1908 i BGB) entstand mit jeder einzelnen Betreuungstätigkeit (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1836 Rdn. 10; OLG Schleswig, Beschl. v. 06.02.02 - 2 W 193/01 - [unter Bezugnahme auf § 614 BGB], jeweils m. w. N.), der Aufwendungsersatzanspruch (§ 1835 Abs. 1 Satz 1, § 1908 i BGB) mit jeder einzelnen Aufwendung (§ 1835 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 670 BGB; Palandt/Diederichsen, a. a. O., § 1835 Rdn. 20). Allein von der Entstehung des Vergütungs- und des Aufwendungsersatzanspruchs macht das Gesetz den Fristbeginn abhängig; darauf, ob die Ansprüche fällig sind, insbesondere, ab wann dem Betreuer erstmals eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist, kommt es nicht an (§ 1836 Abs. 2 Satz 4, § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB; OLG Schleswig, a. a. O.).
Zur Fristwahrung bedurfte es - soweit die Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalen Vergütung (§ 1836 b BGB) und eines pauschalen Aufwendungsersatzes (§ 1835 a BGB) nicht vorlagen - eines überprüfbaren Antrags (LG Dessau, FamRZ 2000, 1530 m. Anm. Bienwald). Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristbestimmung ist es nämlich, eine effektive zeitnahe Überprüfung der Ansprüche sicherzustellen und ein mehrjähriges Auflaufen von Zahlungsrückständen zu verhindern (OLG Schleswig, a. a. O., unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung [Bundestags-Drucksache 13/7158, S. 22 f.; Bundesrats-Drucksache 960/96, S. 27]).
bb) Im vorliegenden Fall fehlt es an den Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalen Vergütung (§ 1836 b, 1908 i BGB), da sich die Beschwerdeführerin nicht darauf stützen kann, das Amtsgericht habe in der Vergangenheit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihr für einzelne zukünftige Betreuungstätigkeiten eine Pauschale zu gewähren (§ 1836 b Satz 1 Nr. 1 Satz 1 BGB; vgl. Palandt/Diederichsen, a. a. O., § 1836 b, Rdn. 1). Auch die Voraussetzungen für die Gewährung pauschalen Aufwendungsersatzes (§ 1835 a, § 1908 i BGB) sind nicht gegeben, weil es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine ehrenamtliche Betreuerin handelt, der keine Vergütung nach § 1836 BGB zusteht (§ 1835 a Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern um eine Berufsbetreuerin, die eine Vergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB verlangen kann (vgl. v.Staudinger/Engler, BGB, 13. Aufl., § 1835 a, Rdn. 1 ff., 5; Schmidt/Böcker, Betreuungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 512 f.). Demnach bedurfte es für eine positive Sachentscheidung eines überprüfbaren Antrags.
Da der Antrag vom 14. November 1999 rechtskräftig abgewiesen wurde und der Antrag vom 29. November 2000 keine überprüfbare Begründung enthält, ist auf den Antrag vom 17. April 2002 abzuheben. Als dieser Antrag beim Amtsgericht einging, war die fünfzehnmonatige Frist zur Geltendmachung der bis Dezember 1999 entstandenen Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche bereits abgelaufen.
cc) Dem steht - abweichend von der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht entgegen, dass auf einzelne gesetzliche Ausschlussfristen die Verjährungsvorschriften entsprechende Anwendung finden können (Palandt/Heinrichs, a. a. O., Überbl. v. § 194, Rdn. 7 f. m. w. N.). Eine Anwendung der Vorschriften, die eine Unterbrechung und Hemmung der Verjährung vorsehen, würde nämlich dem erwähnten Sinn und Zweck der Fristbestimmung zu § 1836 Abs. 2 Satz 4 und § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB zuwiderlaufen, eine effektive zeitnahe Überprüfung der Ansprüche sicherzustellen und ein mehrjähriges Auflaufen von Zahlungsrückständen zu verhindern. Letzteres ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zuletzt deshalb geboten, um die Leistungsfähigkeit des Mündels bzw. Betroffenen nicht zu überfordern und keine Ersatzhaftung der Staatskasse auszulösen (OLG Schleswig, a. a. O., unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung [Bundestags-Drucksache 13/7158, S. 22 f.; Bundesrats-Drucksache 960/96, S. 27]). Die bloße Ersatzhaftung der Staatskasse ist in den Bestimmungen zu §§ 1836 a, 1835 Abs. 4, 1908 i BGB verankert. Sie ist zwingender Natur und kann von Betreuern nicht unterlaufen werden. Die dadurch bedingte Auslegung der Fristbestimmung zu § 1836 Abs. 2 Satz 4 und § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB hat generellen Charakter. Sie ist daher auch im vorliegenden Fall zu beachten.
Ende der Entscheidung
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