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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 10.09.2009
Aktenzeichen: 1 U 36/09
Rechtsgebiete: HöfeO, BGB
Vorschriften:
HöfeO § 5 | |
HöfeO § 6 | |
BGB § 779 | |
BGB § 2385 Abs. 1 |
2. Eine solche Vereinbarung mit Vergleichscharakter kann regelmäßig nicht mit Erfolg wegen Irrtums angefochten werden und ist grundsätzlich auch einer Aufhebung oder Rückabwicklung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht zugänglich, wenn sich später eine gerichtliche Klärung der bei Vertragsschluss unklaren Erbrechtslage ergibt.
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 10. September 2009
In dem Rechtsstreit
(...)
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die erbrechtlichen Folgen hinsichtlich eines Hofes im Sinne der HöfeO nach dem Tod der am 15.08.2004 in R... verstorbenen Frau M... R... geb. .... Die Beklagte ist eine Tochter der Erblasserin. Der Kläger ist ein Enkel der Erblasserin und macht Ansprüche als Mitglied der Erbengemeinschaft nach dem Tod seines am 14.12.2008 verstorbenen Vaters A... R..., eines Sohnes der Erblasserin, geltend. Neben dem Vater des Klägers waren im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin drei weitere Kinder der Erblasserin vorhanden, und zwar Herr L... R..., Frau I... B... geb. ... und Frau A... K... geb. ....
Die Erblasserin war Eigentümerin eines Hofes zur Größe von circa 30 ha (eingetragen im Grundbuch von R... Blatt ...). Seit 1974 hatte sie den Hof mit den dazu gehörenden Flächen, sukzessiv nach Freiwerden der Flächen, an den verstorbenen Vater des Klägers verpachtet. Der Vater des Klägers gab 1995 die Eigenbewirtschaftung des Hofes auf. er verpachtete sodann die landwirtschaftlichen Flächen des Hofes mit Zustimmung der Erblasserin an andere Landwirte. Die Erblasserin hatte mit notariellem Testament vom 28.09.1973 den Vater des Klägers zum Erben und Hofeserben eingesetzt. Diese letztwillige Verfügung änderte sie nach dessen Scheidung von seiner Ehefrau mit notariellem Testament vom 15.12.1988 dahingehend, dass sie die Beklagte zur Erbin und Hofeserbin einsetzte. Für den Vater des Klägers und die übrigen Töchter waren gewisse Vermächtnisse vorgesehen. Aufgrund des letztgenannten Testaments wurde der Beklagten ein Hoffolgezeugnis erteilt, die Beklagte wurde sodann auch als Eigentümerin des Hofes im Grundbuch eingetragen.
Die Hoferbrechtsfolge wurde jedoch in der Familie nicht als erledigt angesehen. Es fanden hierzu verschiedene Gespräche zwischen den Familienmitgliedern statt, deren Inhalt teilweise streitig ist. Zur Umsetzung einer erzielten Einigung schlossen die Kinder der Erblasserin unter dem 28.12.2005 vor dem Notar K... in ... einen notariellen "Erbregelungs- und Auseinandersetzungsvertrag". Darin war vorgesehen, dass die Beklagte auf sämtliche Ansprüche aus dem erteilten Hoffolgezeugnis verzichtete und sich damit einverstanden erklärte, dass das Hoffolgezeugnis dem verstorbenen Vater des Klägers erteilt und der Vater damit als Hoferbe und Hofnachfolger ausgewiesen werden sollte. sodann sollte eine entsprechende Grundbuchberichtigung erfolgen. Weiterhin waren Ausgleichsansprüche für die Beklagte und die übrigen Geschwister vorgesehen. (...)
Der daraufhin unternommene Versuch des Vaters des Klägers, auf der Grundlage dieser Vereinbarung im Rahmen eines Feststellungsverfahrens vor dem Landwirtschaftsgericht feststellen zu lassen, dass er Hoferbe nach dem Tod seiner Mutter geworden sei, scheiterte. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bersenbrück wies seinen Feststellungsantrag zurück. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde vom Landwirtschaftssenat des OLG Oldenburg zurückgewiesen. (...)
Der Vater des Klägers hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 verpflichtet, ihm das Eigentum am Hof seiner Mutter zu übertragen. Der Wille der damaligen Vertragsbeteiligten sei eindeutig dahin gegangen, im Rahmen der Vereinbarung vom 28.12.2005, die einen vergleichsähnlichen Charakter gehabt habe, die Rechtsfolgen herbeizuführen, die sich bei einer Hoferbenstellung des Vaters ergeben hätten. Nachdem dies nicht auf dem in der Vereinbarung vorgesehenen Weg zu realisieren gewesen sei, müsse jedenfalls eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das von den Vertragsbeteiligten gewollte Ergebnis in der rechtlich zulässigen Weise herbeizuführen.
Der Vater des Klägers ist während des Prozesses in 1. Instanz am 14.12.2008 verstorben und ausweislich eines notariellen Testaments vom 04.12.2008 von seinen 3 Kindern, nämlich dem Kläger, Herrn S... R... und Frau W... M... geb. R..., beerbt worden.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte hinsichtlich des im Grundbuch eingetragenen Hofs zur Auflassung und zur Bewilligung einer entsprechenden Grundbucheintragung zu verurteilen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Hofs aus der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 verneint. Sie hat gemeint, eine solche Verpflichtung finde im Inhalt der genannten Vereinbarung keine Grundlage. (...) Vorsorglich hat die Beklagte eine Anfechtung der Vereinbarung wegen Irrtums erklärt und einen Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil sich nach dem Wortlaut des notariellen Vertrags vom 28.12.2005 der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Eigentumsübertragung nicht ergebe.
(...)
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung.
(...)
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat als Miterbe der Erbengemeinschaft nach seinem verstorbenen Vater einen Anspruch gegen die Beklagte auf Übertragung der Hofgrundstücke mit Ausnahme des Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung ..., das die Beklagte nach der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 haben sollte.
1. Der Kläger ist als Miterbe nach § 2039 BGB befugt, einen ursprünglich vom verstorbenen Vater aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 erworbenen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung der Hofgrundstücke geltend zu machen. Dieser Anspruch ist nach dem Tod des Vaters in den Nachlass gefallen und steht nunmehr seinen Erben zu. Dass der Kläger neben seinen Geschwistern Miterbe seines Vaters aufgrund notariellen Testaments vom 04.12.2008 geworden ist, ergibt sich aus dem unstreitig gebliebenen Sachverhalt.
Als Mitglied dieser Erbengemeinschaft ist der Kläger befugt, den Anspruch geltend zu machen. Er hat dann allerdings - was in der neuen Antragsfassung berücksichtigt wird - Leistung an die Erbengemeinschaft zu verlangen.
2. Der Vater des Klägers hat aufgrund des notariellen Vertrags vom 28.12.2005 einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Übertragung des Hofs und damit der zum Hof gehörenden Grundstücke erworben.
Der Vater des Klägers war nicht bereits nach dem Tod seiner Mutter Hoferbe und damit Hofnachfolger geworden, auch nicht aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005.
Nach dem aus dem Wortlaut sich unmittelbar ergebenden Regelungsinhalt dieses Vertrages war dieser zwar darauf gerichtet, dass die Beklagte und ihre übrigen Geschwister die notwendig erscheinenden Maßnahmen vornahmen und die angeblich notwendigen Erklärungen abgaben, um dem Vater des Klägers die Stellung als Hoferbe und ein entsprechendes Hoffolgezeugnis, das ihn entsprechend auswies, zu verschaffen. Eine nachträgliche Verschaffung einer solchen Erbenstellung nach Eintritt des Erbfalls mit dinglicher Wirkung durch Vertrag war aber aus zwingenden Rechtsgründen nicht möglich, wie das Landwirtschaftsgericht Bersenbrück sowie der Landwirtschaftssenat des OLG Oldenburg im Einzelnen dargestellt haben und worauf hier Bezug genommen wird. Ein Erbrecht (die Stellung als Hoferbe) kann nur durch Gesetz oder Verfügung von Todes wegen begründet werden, nicht aber nachträglich durch Vertrag, insbesondere auch nicht durch einen Vergleich zwischen Erbprätendenten (vgl. statt vieler Staudinger/Marburger, BGB, Stand 2009, § 779 BGB Rn. 9, m.w.N.).
Auch nach den hier anzuwendenden erbrechtlichen Regelungen ist der Vater des Klägers nicht Hoferbe nach dem Tod seiner Mutter geworden, wie sich ebenfalls aus der rechtskräftigen, die damals beteiligten Geschwister bindenden Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts Bersenbrück und des Landwirtschaftssenats des OLG Oldenburg ergibt (...).
Aus der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2008 ist jedoch die schuldrechtliche Verpflichtung mit dem Inhalt abzuleiten, zugunsten des Vaters des Klägers und nunmehr zugunsten seiner Rechtsnachfolger die dingliche Rechtslage herbeizuführen, die von den damals beteiligten Parteien übereinstimmend gewollt war und herbeigeführt werden sollte.
Es ist in der Rechtsprechung (bereits vom RG) und in der Literatur anerkannt, dass eine unwirksame Vereinbarung über die Erbenstellung einer Person, insbesondere ein entsprechender Vergleich darüber, dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden kann, dass der andere Vertragspartner dem begünstigten Vertragsteil die bei entsprechender Erbenstellung bestehende Vermögenslage verschafft, d.h. diesem die Erbschaft durch Übertragung eines entsprechenden Miterbenanteils oder durch Einzelübertragung der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände zukommen lässt. In der entsprechenden Vereinbarung ist dann jedenfalls die Verpflichtung zur Verschaffung der Erbschaft (durch Rechtsgeschäft unter Lebenden) zu sehen. Die entsprechende Vereinbarung der Beteiligten wird als "anderer Vertrag" über die Erbschaft i.S.d. § 2385 Abs.1 BGB angesehen, der der notariellen Beurkundung bedarf. Insbesondere wird auch einem Vergleich über die Erbenstellung bei unklar erscheinender Erbrechtslage eine solche Bedeutung beigemessen (vgl. dazu BGH NJW 1986, 1812, 1813. RGZ 72, 209, 210. RG JW 1910, 998. BayObLGZ 1966, 233, 236. KG FamRZ 2004, 836 f.. MK/Musielak, BGB, 4.Aufl., § 2385 BGB Rn. 2. Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 45 I 3.. Palandt//Edenhofer, § 2385 BGB Rn. 2. § 2359 Rn. 19. Staudinger/Marburger, BGB, Stand 2009, § 779 BGB Rn. 9, m.w.N.). Der BGH hat jedenfalls einer vertraglichen Vereinbarung, mit der durch eine letztlich nicht zur Disposition der Parteien stehenden Auslegung einer Verfügung von Todes wegen (Auslegungsvereinbarung) der Erbe festgelegt werden sollte, entsprechende Wirkungen beigemessen und jedenfalls eine entsprechende schuldrechtliche Bindung angenommen (BGH, a.a.O.). Für andere Verträge und insbesondere Vergleiche, mit denen ebenfalls einvernehmlich auf die Erbrechtsfolge Einfluss genommen werden soll, kann dann nichts anderes gelten.
Erforderlich ist allerdings, dass der Vergleich oder die sonstige Vereinbarung, die nach §§ 2385 Abs. 1, 2371 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, den rechtsgeschäftlichen Willen der beteiligten Vertragsparteien erkennen lässt, dass die nach der Vereinbarung als Erbe (Hoferbe) vorgesehene Person in jedem Fall unabhängig von der tatsächlichen Erbrechtslage den zur jeweiligen Erbschaft gehörenden Nachlass erhalten sollte.
Von einem solchen Willen der Beteiligten muss im vorliegenden Fall nach der Einleitung der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 und den unter II. und III. folgenden vertraglichen Regelungen ausgegangen werden.
In der Einleitung der notariellen Vereinbarung wird festgehalten, dass nach Auffassung des Vaters des Klägers und der übrigen Geschwister mit Ausnahme der Beklagten die Erbrechtslage unklar und nicht abschließend geklärt sei. Für die Beklagte wird festgehalten, dass diese die nachstehenden Vereinbarungen jedenfalls im Interesse des Familienfriedens schließen wolle. Danach wollte die Beklagte zumindest zu diesem Zweck ebenfalls die nachfolgenden Festlegungen und hierzu von ihrer Position, die sich nach ihrer, von den anderen Beteiligten nicht geteilten Rechtsauffassung ergab, Abstriche machen und insoweit ebenfalls nachgeben. Der Vater des Klägers, der vielleicht doch noch als Hoferbe in Betracht kam (etwa aufgrund eines angeblich vorhandenen weiteren, aber zum damaligen Zeitpunkt nicht aufgefundenen Testaments oder als evtl. formlos bestimmter Hoferbe), hat den beteiligten Geschwistern und auch der Beklagten Zuwendungen versprochen, zu denen er bei der ihm damals (noch) möglich erscheinenden Hoferbenstellung kraft Erbfalls nicht verpflichtet gewesen wäre.
Die getroffene Vereinbarung diente der Regelung einer aus Sicht der Beteiligten unklaren Rechtslage und hatte danach Vergleichscharakter.
Die nachfolgenden Regelungen des Vertrags waren nach Wortlaut und Zweck eindeutig darauf gerichtet, dem Vater des Klägers die formale Stellung eines durch Hoffolgezeugnis ausgewiesenen Hoferben zu verschaffen und ihm damit letztlich den Hof mit den entsprechenden Grundstücken zukommen zu lassen, mit Ausnahme der unter IV. 1. genannten Teilflächen von 2,5638 ha, die die Beklagte erhalten sollte. Im Gegenzug waren entsprechende Abfindungszahlungen auch für die übrigen Geschwister vorgesehen.
Wenn aber der Vater des Klägers, unabhängig von der im Zeitpunkt der Vereinbarung offen gelassenen tatsächlichen Hoferbfolge, Hoferbe sein und den Hof erwerben sollte, ergibt sich daraus eindeutig und zweifelsfrei der rechtsgeschäftliche Wille der Beteiligten, dem Vater des Klägers in jedem Fall die ihm nach der Vereinbarung zugestandenen Hofgrundstücke zu verschaffen. Dieser klar erkennbare rechtsgeschäftliche Wille der Beteiligten schloss dann aber eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung ein. Die an dem damaligen notariellen Vertrag beteiligten Geschwister stimmten danach - wie dem notariellen Vertrag eindeutig zu entnehmen ist - letztlich darin überein, dass der Vater des Klägers als Nachfolger der Mutter den Hof haben sollte. Über den rechtstechnischen Weg, wie dieses Ergebnis bei der aus damaliger Sicht nicht geklärten Erbrechtslage zu erreichen war, haben sie sich als juristische Laien - was nahe liegt, aber auch dem Vorbringen der Parteien entnommen werden muss - keine konkreten Gedanken gemacht und dies dem mit der Sache befasst gewesenen Notar überlassen. Für einen juristischen Laien war diese nicht einfache juristische Frage auch gar nicht zu lösen. Wenn der vom Notar zur Umsetzung des Gewollten eingeschlagene Weg juristisch nicht gangbar war, muss nach den Umständen davon ausgegangen werden, dass der rechtsgeschäftliche Wille der Vertragsbeteiligten auch den anderen Weg mit einschloss, der allein rechtlich möglich war und zu dem von ihnen damals übereinstimmend gewollten Ergebnis führte. Den beteiligten Parteien kam es naturgemäß auf das von ihnen gewollte Ergebnis an und nicht auf die von ihnen als Laien nur schwer zu erfassenden juristischen Modalitäten, die zu diesem Ergebnis führten.
Nach alledem muss davon ausgegangen werden, dass die notariell beurkundete Vereinbarung vom 28.12.2005 jedenfalls im Wege der Auslegung dahingehend zu verstehen ist, dass die unabhängig von der damals unklaren, wahren Erbrechtslage vereinbarte Hofnachfolge und der damit verbundene Erwerb des Hofes durch den Vater des Klägers ggf. auch durch eine schuldrechtliche Übertragungsvereinbarung und deren Erfüllung erreicht werden sollte. Dass es den Beteiligten auf das dargestellte Ergebnis ankam, findet in dem notariellen Vertrag hinreichenden Ausdruck.
Das Vorbringen der Beklagten rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung.
Die Beklagte hat das von den Vertragsbeteiligten Gewollte, wie es in der Einleitung des notariellen Vertrags festgehalten worden ist und in der nachfolgend beurkundeten Vereinbarungen zum Ausdruck kommt, letztlich nicht oder zumindest nicht nachvollziehbar bestritten. Ein rechtserheblicher abweichender Tatsachenvortrag findet sich hierzu nicht.
Der Senat hat die Beklagte, die zum Verhandlungstermin persönlich geladen worden war, aber nicht erschienen ist, zu den bei Abschluss des notariellen Vertrags vorhandenen damaligen Vorstellungen und Motiven nicht persönlich anhören können. Der von ihr nach § 141 Abs. 3 ZPO bevollmächtigte anwaltliche Vertreter hat jedoch für sie erklärt, dass es ihr um die - auch im Interesse des Familienfriedens liegende - Beseitigung der Unklarheiten hinsichtlich des Erbrechts gegangen sei, die damals angeblich bestanden hätten bzw. die anderen Geschwister ihr so dargestellt hätten. nur unter diesen damaligen Umständen sei sie auch bereit gewesen, die Hofnachfolge dem Kläger zu überlassen.
Im Wesentlichen ist damit die in der Einleitung des notariellen Vertrages enthaltene Umschreibung der damaligen Vorstellungen und Motive bestätigt worden. Dass auch die Beklagte die Vorstellung und den Willen hatte, dass ihr Bruder Hofnachfolger werden sollte, dokumentiert sich insbesondere auch in ihrer von ihrem damaligen Bevollmächtigten abgegebene Stellungnahme am 14.11.2006 im Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht Bersenbrück (vgl. Anlage der Klageschrift). Darin heißt es, dass die damals beantragte Feststellung ihres Bruders als Hoferbe dem Vollzug des notariell beurkundeten Erbregelungs- und Auseinandersetzungsvertrags diene und dies auch in ihrem Interesse liege.
Soweit die Beklagte weiterhin vorträgt, sie habe sich zwar zur Beendigung der damaligen Unsicherheit und im Interesse des Familienfriedens damit einverstanden erklärt, auf die Geltendmachung der eigenen Hoferbenstellung zu verzichten und ihrem Bruder die Hofnachfolge zu überlassen, sie sei aber in keinem Fall bereit gewesen, ihrem Bruder den Hof unter Lebenden im Rahmen einer Schenkung zu übertragen, verkennt die Beklagte den Rechtscharakter der damaligen notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 und vermischt ihre damaligen Vorstellungen mit heute vorhandenen Erkenntnissen und Erwägungen.
Es versteht sich nach der wirtschaftlichen Interessenlage von selbst, dass die Beklagte natürlich nicht zu einer Übertragung des Hofvermögens auf den Vater des Klägers bzw. nunmehr auf die Erbengemeinschaft bereit ist, nachdem sie weiß, dass die Hoferbfolge durch die Entscheidung der Landwirtschaftsgerichte geklärt und sie danach Hoferbin ist. Es ist auch nachvollziehbar, dass sie sich zu einer solchen Übertragung des Hofs im Dezember 2005 nicht bereit gefunden hätte, wenn sie den heutigen Kenntnisstand und die durch die Entscheidungen der Landwirtschaftsgerichte geschaffene Sicherheit gehabt hätte.
Auf eine solche Betrachtungsweise kommt es jedoch nicht an. Nach den damaligen Vorstellungen der Parteien und ihrer rechtlichen Berater war die Erbrechtslage unklar und dies entsprach im Übrigen nicht einer fehlerhaften subjektiven Einschätzung der Beteiligten (bzw. ihrer Berater), sondern der objektiven Lage bei durchaus zweifelhaften Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und einer damals noch nicht vorhandenen verbindlichen Gerichtsentscheidung.
Der damalige notarielle "Erbregelung und Auseinandersetzungsvertrag" hatte danach - wie bereits ausgeführt - Vergleichscharakter. Ein Vergleich wird aber nicht im Nachhinein zu einer Schenkung, wenn später - wider Erwarten - eine Klärung der Rechtslage eintritt und dann in der Retrospektive erkennbar wird, dass der Vergleich für einen Beteiligten mehr Vorteile gebracht hat als für den anderen.
Sowohl für die rechtliche Einordnung der Vereinbarung als auch für deren Auslegung kommt es maßgebend auf den bei Vertragsschluss vorhandenen rechtsgeschäftlichen Willen der beteiligten Parteien und ihre damaligen Vorstellungen an. Diese gingen hier jedoch - wie zuvor im Einzelnen dargestellt - auf eine vergleichsweise Regelung der Erbrechtsfolge mit dem Inhalt, dass der Vater des Klägers den Hof haben, er folglich Eigentümer der Hofgrundstücke sein sollte und die übrigen Geschwister durch bestimmte Leistung abgefunden werden sollten.
Es ist auch davon auszugehen, dass die vergleichsweise Vereinbarung in dem notariellen Vertrag vom 28.12.2005 rechtswirksam geworden ist.
Die hier wohl nach § 2385 Abs. 1 BGB erforderliche Form der notariellen Beurkundung ist eingehalten worden.
Da der notarielle "Erbregelungs- und Auseinandersetzungsvertrag" vom 28.12.2005 auf die Übertragung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke gerichtet war, bedurfte er - soweit ersichtlich - der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG. Ohne eine entsprechende Grundstücksverkehrsgenehmigung wäre der Vertrag nach der Rspr. des BGH schwebend unwirksam (vgl. BGH NJW 1993, 648. Palandt/Bassenge, Überbl. v. § 873 BGB Rn. 23) und käme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.
Die erforderliche Genehmigung ist hier aber von der zuständigen Behörde mit Bescheid vom 20.02.2006 erteilt worden. Der Kläger hat nach entsprechendem Hinweis des Senats zur Genehmigung vorgetragen und das Original der Genehmigungsurkunde im Verhandlungstermin vor dem Senat vorgelegt. Die Echtheit der Urkunde und die Existenz der Genehmigung sind unstreitig geworden.
3. Der danach wirksame Vertrag, aus dem sich die dargestellte Übertragungsverpflichtung der Beklagten ergibt, ist auch nicht später durch eine Anfechtung oder einen Rücktritt unwirksam geworden und ist auch nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzupassen.
Zwar hat die Beklagte im Rahmen des vorliegenden Prozesses durch ihren Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 12.06.2008 (S. 5) die Anfechtung wegen Irrtums erklärt. Da die Anfechtungserklärung nicht unverzüglich (§ 121 Abs. 1 BGB) erfolgt ist, fehlt es aber bereits an der Rechtzeitigkeit der Anfechtungserklärung.
In jedem Fall ist auch ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum der Beklagten nicht erkennbar.
Ein Erklärungs- oder ein Inhaltsirrtum, für den falsche Vorstellungen über die Erklärungshandlung oder den Inhalt der abgegebenen Willenserklärung kennzeichnend ist, ist von der Beklagten nicht dargetan worden. Sie hat die rechtsgeschäftliche Erklärung abgegeben, die sie auch abgeben wollte, und hat auch über den Inhalt bzw. die Bedeutung ihrer abgegebenen Erklärung keine Fehlvorstellungen gehabt. Ihr Vorbringen, sie habe sich über ihre uneingeschränkte Erbeneigenschaft im Irrtum befunden gehabt, betrifft allein die der Abgabe der entsprechenden Willenserklärungen vorgelagerte Motivation und die Einschätzung der Rechtslage bei für alle Seiten erkennbarer und ersichtlich erkannter Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung. Insoweit geht es eindeutig um einen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Solche Unsicherheiten, die jeder bei unklarer Rechtslage vergleichsweise getroffenen Vereinbarung immanent sind und von den Beteiligten getragen werden müssen, können nicht über eine Irrtumsanfechtung auf die anderen Vertragsbeteiligten verlagert werden.
Auch eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung scheidet aus.
Eine entsprechende widerrechtliche Drohung kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass auf die Beklagte nach ihrer Behauptung vor Abschluss der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 eingewirkt und sie vom Notar unter Hinweis auf eine sonst drohende Prozesslawine unter Druck gesetzt worden sein soll.
Eine Drohung liegt darin nicht. Diese setzt die Ankündigung eines empfindlichen Übels voraus, die den Adressaten in eine Zwangslage bringt. Außerdem muss vom Drohenden der Eindruck vermittelt werden, dass der Eintritt des Übels von seinem Willen abhängt (vgl. zu allem Palandt/Ellenberger, § 123 BGB Rn. 15f.).
Beides liegt hier nicht vor. Die angesprochene Gefahr von Prozessen und langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzungen, wie sie sich nunmehr wohl tatsächlich realisiert hat, lag ersichtlich außerhalb des Einflussbereichs des Notars. Außerdem kann darin nicht die Ankündigung eines empfindlichen Übels gesehen werden, mit der auf die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit unzulässig eingewirkt wird. Der Hinweis auf die Gefahr prozessualer Auseinandersetzungen stellt einen sachbezogenen Gesichtspunkt dar, der bei der Frage einer möglichen vergleichsweisen Vereinbarung und der dazu zu treffenden Entscheidung durchaus von Bedeutung ist.
Mangels einer widerrechtlichen Drohung scheidet eine darauf gestützte Anfechtung aus.
Auch der für die Beklagte von ihrem damaligen anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 28.09.2007 (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 28.08.2008) erklärte Rücktritt von der notariellen Vereinbarung, der auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt worden ist, greift nicht durch.
Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage sind hier nicht erfüllt.
Bei einem Vergleich kommt nach der speziellen Regelung des § 779 Abs. 1 BGB ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, wenn der nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
Dass der Vater des Klägers in jedem Falle Hoferbe geworden war oder dass umgekehrt die Beklagte in jedem Fall Hoferbe war oder nicht war, haben die Parteien nicht als feststehend angesehen. Im Gegenteil gehörte dies gerade zu den Ungewissheiten, deren sich die Parteien bewusst waren und die gerade durch das gegenseitige Nachgeben mit der Vergleichsregelung beseitigt werden sollten. Der diesbezügliche Streit und die diesbezügliche Ungewissheit der Parteien sollte durch den Vergleich gerade beendet werden. Die Parteien waren sich dabei darüber einig, dass die Vergleichsregelung statt der tatsächlichen Rechtslage gelten sollte.
Auch die allgemeinen Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, die nach heutigem Verständnis noch neben § 779 BGB heranzuziehen sind und in Ausnahmefällen eingreifen können (z.B. bei beiderseitigem Irrtum über geschäftsrelevante Umstände, die nicht Vergleichsgrundlage gewesen sind. vgl. dazu Palandt/Sprau, § 779 BGB Rn. 13), rechtfertigen auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten keine Anpassung und erst recht keine Beendigung der Vereinbarung vom 28.12.2005 durch Rücktritt.
Eine bestimmte hoferbrechtliche Lage war hier ersichtlich in keiner Weise Geschäftsgrundlage der vergleichsweisen Regelung vom 28.12.2005 und ist von den Beteiligten nicht als feststehend vorausgesetzt worden. Vielmehr ist in der bereits oben dargestellten Einleitung der genannten Vereinbarung vorausgesetzt worden, dass die Frage nach dem Hoferben nicht abschließend geklärt war. Die tatsächliche Hoferbfolge war hier gerade für alle am Vertrag beteiligten Parteien die erkennbare und tatsächlich erkannte Unsicherheit, die es durch den Vertragsschluss zu beseitigen galt. Eine Klärung dieser Unsicherheit sollte gerade nicht erfolgen und dementsprechend sollte auch selbstverständlich der Vergleich nicht von einer bestimmten tatsächlichen Hoferbfolge abhängen. Dass der Vergleich die offen gelassene, wahre Rechtslage nicht abbildet, ist das für alle daran beteiligten Parteien erkennbare Risiko, das zwangsläufig bei einem Vergleichschluss anfällt. Dieses bewusst übernommene Risiko müssen die beteiligten Parteien jeweils selber tragen und darf nicht unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf eine andere beteiligte Partei verlagert werden.
Nach alledem hat die Beklagte sich auch nicht wirksam von der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2005 gelöst.
Sie ist nach der oben dargestellten interessengerechten Auslegung dieser vergleichsweisen Vereinbarung zur Übertragung der Hofgrundstücke an den Vater des Klägers verpflichtet gewesen und hat nunmehr diese Verpflichtung gegenüber der Erbengemeinschaft zu erfüllen.
Ende der Entscheidung
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