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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 2 U 78/05
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 3 | |
UWG § 5 | |
UWG § 5 Abs. 1 | |
UWG § 8 Abs. 1 | |
UWG § 8 Abs. 2 |
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch
die Richterin am Oberlandesgericht Memmel, den Richter am Oberlandesgericht Labi und die w. A. f. Richterin am Amtsgericht Jeschonowski
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.04.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock - 3. Zivilkammer - abgeändert.
1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Rostock - 3. Zivilkammer - vom 10.12.2004 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet
Gründe:
Beide Parteien vertreiben Eigenheime im Bundesgebiet. Die Klägerin hatte im Wege einer einstweiligen Verfügung beantragt, der Beklagten zu untersagen, beim Verkauf von Eigenheimen mit dem Zusatz "Massivhäuser" und "zum Glück massiv" zu werben ohne dabei deutlich darauf hinzuweisen, dass der Außengiebel des angebotenen Hauses nur gegen Aufpreis in Massivbauweise errichtet wird.
Das Landgericht hat diesem Antrag zunächst durch Beschluss und dann nach mündlicher Verhandlung durch Urteil stattgegeben. Bezüglich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Gegen dieses am 11.04.2005 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 03.05.2005 eingegangenen und nach entsprechend gewährter Fristverlängerung am 26.07.2005 begründeten Berufung.
Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 08.04.2005 (3 O 470/04) dahingehend abzuändern, dass die einstweilige Verfügung vom 10.12.2004 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wird.
Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass keine Wiederholungsgefahr, aber eine Begehungsgefahr bestehe. Es habe zu der Frage, ob eine Irreführung vorliege, nicht ohne Sachverständigengutachten entscheiden dürfen. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass unter einem Massivhaus allgemein ein Gebäude verstanden werde, bei dem zumindest sämtliche Außenwände einschließlich der Giebelwände und tragenden Teile Stein auf Stein errichtet worden ist, ohne die Aussage des Zeugen P... zu berücksichtigen. Zudem habe das Landgericht die Frage, ob eine Irreführung i. S. d. § 5 UWG vorliege und ob die Bagatellklausel gem. § 3 UWG eingreife, rechtlich fehlerhaft gewürdigt.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der gerügten Werbung.
Die Werbung ist der Beklagten zurechenbar im Sinne von § 8 Abs. 1 und 2 UWG. Unstreitig ist die streitgegenständliche Anzeige von einem Makler der Beklagten aufgegeben worden. Der Inhalt dieser Anzeige stimmt mit den Angaben der Beklagten im Internet überein. Damit haftet sie für das wettbewerbswidrige Verhalten des Maklers, weil sie durch die eigene Internetpräsentation den Inhalt der Zeitungsanzeige des Maklers bestätigt und ermöglicht hat und mit der Verwertung ihrer Angaben rechnen musste. Die Beklagte kann direkt wegen Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, denn sie weigert sich, eine Unterlassungerklärung abzugeben, die einen Sachverhalt betrifft, der mit der eigenen Darstellung im Internet identisch ist.
Die von der Klägerin gerügte Werbung ist aber nicht irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG.
Die Bezeichnung Massivhaus ist, soweit der Senat ermitteln konnte, nicht geschützt. Das hat auch die Klägerin nicht vorgetragen. Nach allgemeiner Definition (z. B. in der Wikipedia) gilt ein Haus als Massivhaus, wenn seine stützenden und lasttragenden Wände aus Stein und mineralischen Stoffen errichtet wurden. Dies ist hier unstreitig der Fall. Auch die angesprochenen Verkehrskreise haben keine andere Erwartung. Dies kann der Senat beurteilen, denn es gehört zu den angesprochenen Verkehrskreisen. Insoweit ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Der potentielle Kaufinteressent geht davon aus, dass bei einem Massivhaus die wesentlichen, d. h. tragenden Teile gemauert sind, ohne sich konkrete Gedanken darüber zu machen, welche Teile nicht wesentlich, nicht tragend und unter Umständen davon ausgenommen sein könnten.
Selbst wenn man dieser Argumentation nicht folgt, so wird eine eventuelle andere Vorstellung eines Interessenten zu dem genannten Punkt für die letztendliche Kaufentschließung nicht relevant sein (§ 5 Abs. 2 UWG). Entweder kommt es dem Kaufinteressenten nicht darauf an, oder er wird die Baubeschreibungen einzelner Anbieter und die Preisgestaltung genau miteinander vergleichen. Die allgemeine Baubeschreibung der Beklagten weist die Giebelwände ausdrücklich als Holzständerwerk mit Mineralfaserdämmung aus und bietet als Zusatzleistung, die durch Ankreuzen einer Vertragsanlage ausdrücklich anzunehmen oder abzulehnen ist, also vor Vertragsschluss notwendig zur Kenntnis genommen wird, einen gemauerten Giebel an, mit dem Hinweis, dass dadurch Wohnraumverlust im Dachgeschoss entstehen wird.
Hinzu kommt, dass die Wesentlichkeitsgrenze des § 3 UWG nicht erreicht ist im Hinblick darauf, dass die Zusatzleistung für die Erstellung eines Giebels in Massivbauweise statt in der angebotenen Holzständerbauweise mit 2.500,00 EUR angeboten wird. Dieser Betrag ist im Verhältnis zum Wert des gesamten Hauses mit einem Preis von ab 77.000,00 EUR als nicht wesentlich anzusehen. Dass die Ausführung des Giebels als Holzständerwerk zu einer konkreten wesentlichen Minderung des Wertes und der Gebrauchstauglichkeit des Hauses führt, ist nicht behauptet und auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgericht nicht erfordern.
Ende der Entscheidung
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