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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: 3 W 5/03
Rechtsgebiete: InsO
Vorschriften:
InsO § 140 |
Oberlandesgericht Rostock Beschluss
In dem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht
am 13.02.2003 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 21.08.2001 (7 O 131/01) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
1.
Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der G.gesellschaftmbH (nachfolgend Schuldnerin) will nach Anfechtung einer Rechtshandlung die Gemeinde R. auf Zahlung von 90.745,00 DM in Anspruch nehmen.
Die Schuldnerin kaufte am 21.11.1994 (UR-Nr. 3354/94, Notarin S. in C.) von der Gemeinde R. ein noch zu vermessendes, etwa 2.450 m² großes Teilstück aus dem im Grundbuch von R., Bl. 71 verzeichneten Flurstück 97/1 der Flur 1, Gemarkung R. Vor Zahlung des Kaufpreises an die Gemeinde R. verkaufte die Schuldnerin mit notariellem Vertrag vom 07.06.1995 (UR-Nr. 123/1995, Notar G. in L.) dieses Grundstücks an die G. S. GmbH für 122.500,00 DM. Ausweislich § 3 des notariellen Vertrages vom 07.06.1995 hatte die G. S. GmbH als Käuferin den Kaufpreis nach vier Wochen auf ein Anderkonto des amtierenden Notars zu überweisen. Ihn wiesen die Vertragsschließenden an, den Kaufpreis an die Schuldnerin bei Erfüllung folgender Bedingungen auszukehren:
(1) Die nachstehend bestellte Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers ist eingetragen oder nach Überzeugung des Notars zur Eintragung sichergestellt und nur noch von der Zahlung der Kosten abhängig. Käufer verpflichtet sich, die Kosten für die Eintragung der Auflassungsvormerkung auf Anforderung des Grundbuchamtes unverzüglich zu zahlen.
(2) Löschungsbewilligungen/Pfandhaftentlassungserklärungen für etwa zu löschende Grundbucheintragungen liegen dem Notar auflagenfrei oder allenfalls mit aus dem hinterlegten Kaufpreis zu erledigenden Auflagen vor;
(3) Die Teilungsgenehmigung, Genehmigung nach dem Grundstücks- verkehrsgesetz, und Vorkaufsrechtsverzichtserklärung bzw. Negativattest der Gemeinde liegen dem Notar vor;
(4) Rücktrittsrechte nach diesem Vertrag dürfen nicht mehr bestehen.
Die G. S. GmbH überwies diesen Betrag termingerecht. Am 06.02.1997 - zu diesem Zeitpunkt war der zuvor genannte Betrag noch auf dem Anderkonto des Notars G. hinterlegt - trat die Schuldnerin ihren Anspruch auf Auszahlung des Teilkaufpreises aus dem Kaufvertrag vom 07.06.1995 i. H. v. 90.745,00 DM an die Gemeinde R. ab. Die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kaufpreises an die Schuldnerin laut Vertrag vom 07.06.1995 traten am 15.06.1999 ein. Der Notar zahlte daraufhin 90.745,00 DM an die Gemeinde R. aus. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 30.06.1999 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet (AG Schwerin 580 In 32/99).
Der Antragsteller hat die Abtretung des Kaufpreisanspruches an die Gemeinde R. angefochten. Er trägt hierzu vor, die Schuldnerin sei schon am 06.02.1997 nicht in der Lage gewesen, den Kaufpreis mit liquiden Mitteln zu begleichen. Dass sie schon im Geschäftsjahr 1996 in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, beweise u. a. eine Sicherungsabtretung vom 11.07.1996 zugunsten des Finanzamtes Schwerin, bei dem zu diesem Zeitpunkt bereits Steuerrückstände von über 220.000,00 DM aufgelaufen seien. Die Abtretung gelte gem. § 140 Abs. 1 InsO erst als in den Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtliche Wirkung eintrete. Dies sei der 15.06.1999, weil der abgetretene Kaufpreisanspruch erst mit Auszahlungsreife entstanden sei. Letztlich sei Gegenstand der Abtretung weniger der Anspruch der Schuldnerin gegen die Günther Schilling GmbH, als vielmehr deren Anspruch gegen den Notar, bei dem der Kaufpreis hinterlegt war. Die Wirkung der Abtretung falle somit in den anfechtungsrelevanten Zeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Die Gemeinde R. bezweifelt, dass die von dem Antragsteller verwaltete Masse nicht zur Tragung der Prozesskosten in der Lage ist.
Das Landgericht Schwerin wies das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers mit der Begründung zurück, der abgetretene Kaufpreisanspruch sei ungeachtet der Absprachen der Vertragsschließenden zur Fälligkeit und Zahlungsweise mit Abschluss des wirksamen Kaufvertrages entstanden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung trägt er vor, die Schuldnerin habe an die Gemeinde R. eine zukünftig entstehende Forderung im Voraus abgetreten, da der Anspruch gegen den Notar erst mit Auszahlungsreife entstanden sei. Dies komme auch im Wortlaut der Abtretungserklärung zum Ausdruck, denn dort werde der Anspruch auf "Auszahlung des Teilkaufpreises" abgetreten.
2.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die die Masse benachteiligende Rechtshandlung ist die am 06.02.1997, also mehr als zwei Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollzogene Abtretung der Teilkaufpreisforderung an die Gemeinde R. Deren Wirkung trat schon vor Erfüllung der Voraussetzungen für die Auskehrung des Kaufpreises an die Gemeinde R. ein.
a) Der Grundsatz, dass die Abtretung einer künftigen Forderung mit deren Entstehung wirksam wird, gilt auch im Rahmen des § 140 InsO (Begr. des Regierungsentwurfs, abgedruckt in Kübler/Prütting, RWS-Dokumentation 18, S. 356). Nach dem Grundgedanken dieser Bestimmung ist für die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Anfechtungsgegner durch die Rechtshandlung eine Stellung erlangt, die im Fall der Insolvenzeröffnung - ohne die Anfechtung - gegen die Masse wirkte (vgl. Kirchhof in MünchKomm-InsO, § 140 Rz. 1). Demgemäß ist für den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung auf die Entstehung des Rechtsverhältnisses abzustellen, nicht etwa auf Fernwirkungen wie z. B. die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts.
Vor Abtretung war die Kaufpreisforderung wirksam entstanden und gem. § 3 Abs. 2 des notariellen Vertrages vom 07.06.1995 vier Wochen nach dessen Beurkundung fällig. § 3 Abs. 3 des notariellen Vertrages regelt zur Absicherung der vorleistungspflichtigen Käuferin lediglich die Auszahlungsmodalitäten. Dass die Schuldnerin als Gläubigerin der zedierten Forderung den Kaufpreis erst nach Erfüllung der unter § 3 Abs. 3 der notariellen Urkunde vom 07.06.1995 genannten Voraussetzungen erlangen konnte, berührt weder die Entstehung noch die an den Eintritt des in § 3 Abs. 2 der notariellen Urkunde vom 07.06.1997 genannten Termins geknüpfte Fälligkeit der Forderung. Die Entstehung der zedierten Forderung zerfällt demgemäß nicht in ein mehrgliedriges Geschehen, das nicht vor der letzten Rechtshandlung abgeschlossen ist (vgl. Kirchhof, a.a.O., § 140 Rz. 21).
b) Diesem Ergebnis steht der Wortlaut der Abtretungserklärung nicht entgegen. Die Formulierung unter II., dass die Schuldnerin aus dem Kaufvertrag vom 07.06.1995 mit der Günther Schilling GmbH u. a. einen Zahlungsanspruch i. H. v. 90.745,00 DM habe und dass dieser Betrag auf dem Anderkonto des Notars Gerhardt hinterlegt sei, stellt zweifelsfrei klar, dass der Verkäufer seinen aus dem Kaufvertrag vom 07.06.1995 folgenden Zahlungsanspruch abtritt und dass Schuldner dieser Forderung die G. S. GmbH ist. Dass unter III. auch der Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des Teilkaufpreises abgetreten wird, trägt lediglich den im Kaufvertrag vereinbarten Zahlungsmodalitäten Rechnung.
c) Schließlich hing die Entstehung der Kaufpreisforderung nicht von der Erteilung der Teilungsgenehmigung, der Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung und sonstiger öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen ab. Diese lagen ausweislich der notariellen Urkunde vom 07.06.1995 vor. Privatrechtliche Zustimmungen Dritter waren ebenfalls nicht erforderlich.
3.
Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO.
Anlass, die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 ZPO zuzulassen, besteht nicht.
Ende der Entscheidung
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