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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 30.08.2002
Aktenzeichen: 1 U 176/01
Rechtsgebiete: BGB, BSHG, SGB I
Vorschriften:
BGB § 164 | |
BGB § 242 | |
BGB § 1833 I | |
BGB § 1901 II | |
BGB § 1908 i I | |
BSHG § 5 I | |
BSHG § 11 I | |
SGB I § 60 I |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 30. August 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 9. August 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. Mai 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
A.
Die Klägerin verlangt aus eigenem oder abgetretenem Recht die Pflegekosten für ihren Patienten x für die Zeit vom 18. Juli 1994 bis zum 23. Februar 1995 sowie für die Zeit vom 10. März 1995 bis zum 31. August 1995.
Der 1940 geborene Patient leidet unter einem hirnorganischen Psychosyndrom bei chronischem Alkoholismus. Der Beklagte wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg/Holstein vom 7. Juni 1994 zum Betreuer von x bestellt mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsvorsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögensvorsorge" (Bl. 139 d.A.). Mit Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg/Holstein vom 2. März 1999 ist der Beklagte als Betreuer entlassen und zur neuen Betreuerin die Rechtsanwältin W bestellt worden.
Der Betreute ist zunächst aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses des Amtgerichtes Neumünster in der Fachklinik der Klägerin behandelt worden. Bis zum 17. Juli 1994 trug die AOK Neumünster die Behandlungskosten. Die Leistungspflicht der AOK endete mit Ablauf des 17. Juli 1994, weil der Betreute aufgrund vertrauensärztlicher Feststellungen ab dem 18. Juli 1994 als Pflegefall einzustufen war. Über diese Veränderung unterrichtete die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 20. Juli 1994 (Bl. 29 d.A.). Sie wies ihn in diesem Schreiben darauf hin, dass die Kosten für die Langzeitpflege von täglich 175,82 DM aus dem Vermögen des Betreuten gezahlt werden müssten. Falls er hierzu nicht in der Lage sei, müsse Sozialhilfe in Anspruch genommen werden. Das Schreiben endete mit dem Satz: "Falls Hilfsbedürftigkeit besteht, verständigen Sie uns bitte; anderenfalls wären wir Ihnen für die umgehende Rückgabe der beigefügten Aufnahme-Erklärung, die Sie bitte unterschreiben wollen, dankbar." Der Beklagte unterschrieb die Aufnahmeerklärung (Bl. 138 d.A.) nicht. Er beantragte für den Betreuten nicht alsbald Sozialhilfe, sondern erst am 24. November 1994 (Bl. 143 d.A.), ohne allerdings einen Formantrag auszufüllen. Das Sozialamt forderte den Beklagten mit Schreiben vom 15. Dezember 1994 (Bl. 144 d.A.) auf, den beigefügten Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe bis zum 31. Dezember 1994 ausgefüllt und unterschrieben einzureichen sowie die Richtigkeit der Angaben durch entsprechende Nachweise zu belegen. Der Beklagte übersandte am 29. Dezember 1994 den ausgefüllten Antrag nebst Vermögenserklärung (Bl. 145 - 147 d.A.). Das Sozialamt bat den Beklagten mit Schreiben vom 6. Januar 1995 (Bl. 32 d.A.), bestimmte Unterlagen nachzureichen sowie verschiedene Fragen zu beantworten. Mit Schreiben vom 1. Februar 1995 (Bl. 107 d.A.) und 22. Februar 1995 (Bl. 108 d.A.) forderte das Sozialamt unter Fristsetzung bis zum 31. März 1995 den Beklagten auf, die Angelegenheit zu erledigen. Mit Bescheid vom 11. April 1995 lehnte das Sozialamt den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe wegen fehlender Mitwirkung des Beklagten bzw. des Betreuten ab. Der hiergegen erfolgte Widerspruch des Betreuten und auch die am 24. Juli 1996 erhobene Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht auf Gewährung von Sozialhilfe für den Zeitraum bis einschließlich 31. August 1995 blieben erfolglos.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht auf Erstattung der Pflegekosten in Höhe von insgesamt 72.716,21 DM nebst Zinsen mit im Wesentlichen folgenden Begründungen in Anspruch: Der Beklagte selbst hafte für die Pflegekosten nach den Grundsätzen des Vertreters, der ein besonderes Vertrauen gegenüber dem Vertragspartner in Anspruch genommen habe. Im Übrigen habe der Beklagte schuldhaft seine Pflichten als Betreuer verletzt. Infolge seiner unzureichenden Mitwirkung habe der Betreute die ihm dem Grunde nach zustehende Sozialhilfe nicht erhalten. Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten sei dem Betreuten ein Schaden entstanden. Dieser bestehe darin, dass er wegen der entstandenen Pflegekosten mit erheblichen Verbindlichkeiten belastet sei. Die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfe hätten für die in Rede stehenden Zeiträume vorgelegen.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die Voraussetzungen eines Sozialhilfeanspruchs des Betreuten nicht in ausreichender Weise dargelegt habe. Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation komme nicht in Betracht. Eine der in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die im Wesentlichen geltend macht: Der Beklagte habe seine gegenüber dem Betreuten bestehenden Pflicht, Ansprüche des Betreuten auf Gewährung von Sozialhilfe rechtzeitig geltend zu machen und für deren Durchsetzung zu sorgen, schuldhaft verletzt. Bei rechtzeitiger Antragstellung durch den Beklagten und der vom Sozialamt geforderten Mitwirkung hätte der pflegebedürftige und vermögenslose Betreute Sozialhilfe erhalten. Im Übrigen habe das Landgericht die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt und unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte zunächst eine eigene Darlegungslast über die Vermögensverhältnisse des von ihm Betreuten gehabt habe.
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel weiterhin die Erstattung der aufgewandten Pflegekosten in Höhe von insgesamt 72.716,21 DM nebst Zinsen.
Der Beklagte hält die Berufung der Klägerin für unbegründet. Er tritt unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens den Ausführungen im angefochtenen Urteil bei. Er ist weiterhin der Auffassung, dass er keine Pflichtverletzung begangen habe. Im Übrigen habe die Klägerin die Voraussetzungen für einen aus abgetretenem Recht bestehenden Schadensersatzanspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach schlüssig dargelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (9. August 2002) zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 15. März 2002 (Bl. 175, 176 d.A.) und 9. August 2002 (Bl. 210, 211 d.A.) Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten weder ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung noch ein Schadensersatzanspruch in Höhe der für den Betreuten aufgewandten Pflegekosten aus eigenem Recht zu.
1.
Ein Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten, wonach sich der Beklagte verpflichtet hat, selbst für die entstehenden Pflegekosten aufzukommen, ist ersichtlich nicht zustande gekommen. Der Beklagte hat die ihm mit Schreiben vom 20. Juli 1994 zugesandte Aufnahmeerklärung nicht unterschrieben und hat sie auch nicht zurückgegeben. Andere rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, die auf einer eigenen Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Pflegekosten für den Betreuten hindeuten könnten, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen war der Beklagte gegenüber der Klägerin als Betreuer tätig und handelte erkennbar als Vertreter des Betreuten (§ 1902 BGB). Vertragspartner und Schuldner für Vergütungsansprüche aus einem möglicherweise konkludent geschlossenen Pflegevertrag wäre mithin allein der Betreute und nicht der Beklagte.
2.
Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten aus eigenem Recht zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes treffen die Verpflichtungen aus dem durch die Anbahnung von Vertragsverhandlungen eines Vertreters begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis grundsätzlich den Vertretenen und nur ausnahmsweise unter besonderen Umständen auch den Vertreter. Die Ausnahmefälle, in denen die Eigenhaftung des Vertreters eintreten kann, werden dahin umschrieben, dass der Vertreter ein besonderes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Vertrages oder - was hier allein in Betracht kommt - dass er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat (BGH NJW-RR 1991, 1312, 1313; NJW-RR 1991, 1241, 1242; NJW 1995, 1213, 1214). Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Eigenhaftung eines Vertreters sind auch in Fällen wie dem Vorliegenden anwendbar (vgl. BGHZ 100, 313, 317; NJW 1995, 1213, 1214).
Die Voraussetzungen einer solchen Vertrauenshaftung des Beklagten für einen der Klägerin etwaig entstandenen Schaden sind jedoch nicht gegeben. Allein der Umstand, dass den Beklagten aufgrund eines staatlichen Hoheitsaktes das Recht und die Pflicht getroffen hat, Aufgaben der Personen - oder Vermögensvorsorge für einen anderen wahrzunehmen, begründet nach der ständigen Rechtsprechung des BGH keine Vertrauenshaftung gegenüber Dritten (vgl. BGHZ 100, 313, 317; NJW 1987, 1333; NJW 1995, 1213, 1214). Eine drittschützende Zielrichtung der Betreuertätigkeit ist dem Gesetz (§§ 1901, 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB) gerade nicht zu entnehmen (vgl. BGH NJW 1995, 1213, 1214). Auch der Umstand, dass der Beklagte Rechtsanwalt ist, vermag eine Sachwalterhaftung nicht zu begründen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass für die Entscheidung, ob jemand mit einer Person vertragliche Beziehungen eingehen und fortsetzen will, die von einem Betreuer vertreten wird, typischerweise die berufliche Stellung des Vertreters von besonderer Bedeutung ist (BGH NJW 1995, 1213, 1214).
Für die Frage, ob der Beklagte der Klägerin gegenüber als Sachwalter haftet, ist allein entscheidungserheblich, ob er durch sein Verhalten auf die Entscheidung der Klägerin, den Betreuten weiter zu pflegen, Einfluss genommen hat, und zwar so, dass er der Klägerin gegenüber über das allgemeine Vertrauen hinaus eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und Erfüllung des Geschäftes geboten hat (vgl. BGH NJW 1989, 293; NJW-RR 1992, 605, 606; NJW-RR 1993, 342, 344).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann kein besonderes Vertrauen i.S. der Rechtsprechung angenommen werden. Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin durch sein Verhalten nicht die Vorstellung hervorgerufen, dass die Bezahlung der Pflegekosten ohne weiteres sichergestellt sei. Gerade dadurch, dass er die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Aufnahmeerklärung nicht unterschrieben und an sie zurückgesandt hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass eine Zahlung der Pflegekosten nicht ohne weiteres gesichert war. Die behauptete Zusage des Beklagten gegenüber Mitarbeiterinnen der Klägerin, für den Betreuten einen Sozialhilfeantrag zu stellen, vermag ebenfalls kein besonderes Vertrauen der Klägerin in die Person des Beklagten zu rechtfertigen. Der Beklagte hat damit lediglich das getan, was als Betreuer seines Amtes war. Er hat mithin nur das normale Verhandlungsvertrauen in Anspruch genommen, das bei der Anbahnung oder Fortsetzung von Geschäftsbeziehungen immer vorauszusetzen ist.
Da die Voraussetzungen für eine Eigenhaftung des Beklagten nicht vorliegen, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob dem Beklagten eine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten und ob und welcher erstattungsfähige Schaden der Klägerin hieraus entstanden ist.
II.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch auch nicht aus abgetretenem Recht zu.
Die Klägerin ist infolge der durch das Amtsgericht Bad Segeberg genehmigten Abtretung eventueller Schadensersatzansprüche des Betreuten gegen den Beklagten vom 10. Januar 2000 (Bl. 13 d.A.) nur Gläubigerin eines Schadensersatzanspruches geworden, wenn der Beklagte seine Pflichten gegenüber dem Betreuten schuldhaft verletzt (§§ 1833 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB) und die Pflichtverletzung zu einem Schaden des Betreuten geführt hat.
1.
Ein Schadensersatzanspruch scheidet nicht schon deshalb aus, weil, wie der Beklagte geltend macht, der Betreute vermögenslos und nicht in der Lage sei, der Klägerin vertragliche oder bereicherungsrechtliche (§§ 892 f. BGB) zustehende Ansprüche für die erbrachten Betreuungsleistungen zu erfüllen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 59, 148, 149 f.; BGHZ 66, 1, 4; BGH NJW 1986, 581, 582 f.), die von der überwiegenden Literatur (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., vor § 249 Rdn. 46; Ermann/Kuckuck, BGB, 10. Aufl., § 249 Rdn. 61; MüKo-Oetker, BGB, 4. Aufl., § 249 Rdn. 14 m.w.N.; aA RGZ 147, 248, 251) und dem Senat geteilt wird, dass die Belastung mit einer Verbindlichkeit einen Schaden darstellt, und zwar selbst dann, wenn der Geschädigte wegen seiner Vermögenslage nicht imstande ist, die Verbindlichkeit zu erfüllen.
2.
Gleichwohl ist die Klage unbegründet, weil die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz nicht gegeben sind.
Der Betreuer ist allerdings innerhalb des ihm übertragenen Aufgabenkreises zu allen Tätigkeiten verpflichtet, die dem Wohl des Betreuten dienen (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Beklagte war daher im Rahmen des ihm übertragenen Wirkungskreises "Vermögensvorsorge" verpflichtet, für einen zu deckenden Bedarf seines Betreuten, der durch eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen des Betreuten nicht erfüllt werden konnte, Sozialhilfe zu beantragen. Ob der Aufgabenkreis "Vermögensvorsorge" auch die Geltendmachung von Sozialhilfeansprüchen umfasst, könnte im Hinblick auf die Anlehnung des aus dem Minderjährigenrecht übernommenen Globalbereichs Vermögenssorge nicht unproblematisch sein. Der Begriff Vermögenssorge legt die Auslegung nahe, dass damit lediglich die Sorge um die Verwendung, Verwaltung und Vermehrung bestehenden Vermögens, nicht jedoch die Geltendmachung künftiger vermögensrechtlicher Ansprüche gemeint sein soll (vgl. LG Köln, FamRZ 1998, 919; Flysener/Rausch, NJW 1993, 617, 618). In der Rechtsprechung und Literatur wird jedoch überwiegend die zutreffende Ansicht vertreten, dass die Geltendmachung von künftigen Ansprüchen unter den Aufgabenkreis "Vermögenssorge" fällt und entsprechende Versäumnisse des Betreuers eine Pflichtverletzung darstellen (vgl. OLG Stuttgart DAV 1966, 115; LG Essen DAV 1997, 318; LG Berlin BtPrax 2001, 215, 216; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1896 Rdn. 47; Meier, BtPrax 1999, 5788; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 1999, Anhang zu § 1908 i BGB, Rdn. 8 f., 11).
a.
Der Beklagte hat zunächst schuldhaft versäumt, unverzüglich nach Hinweis der Klägerin im Schreiben vom 20. Juli 1994 über die aus eigenen Mitteln des Betreuten aufzubringenden Pflegekosten den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe zu stellen. Hierzu wäre er verpflichtet gewesen, denn die Sozialhilfe setzt nach § 5 Abs. 1 BSHG in der Regel erst ein, wenn dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass eine Notlage bestehen könnte. Der Beklagte hat die Hilfsbedürftigkeit des Betreuten jedoch erst mit Schreiben vom 24. November 1994 (Bl. 143 d.A.) dem Sozialamt angezeigt. Die unterlassene unverzügliche Beantragung der Sozialhilfe hätte allerdings nur dazu geführt, dass wegen der fehlenden Kenntnis des Sozialhilfeträgers Sozialhilfe für die Zeit bis zum 12. August 1994 nicht gewährt worden wäre. Das Sozialamt hatte nämlich die nach § 5 BSHG erforderliche Kenntnis bereits mit Beantragung einer Kostenbürgschaft durch die Klägerin am 12. August 1994 (Bl. 30, 33 d.A.) erhalten.
Gleichwohl kann die Klägerin den dem Betreuten für den Zeitraum vom 18. Juli 1994 bis 11. August 1994 möglicherweise entstandenen Schaden in Höhe von 4.395,50 DM (175,82 DM x 25 Tage) nicht ersetzt verlangen. Dem Betreuten wäre ein Schaden nur entstanden, wenn er für diesen Zeitraum einen Anspruch auf Sozialhilfe gehabt hätte, er mithin die Pflegekosten nicht aus seinem Einkommen und Vermögen hätte decken können (vgl. § 11 Abs. 1 BSHG). Für die schlüssige Darlegung eines so begründeten Schadens wäre es erforderlich, im Einzelnen die Voraussetzungen darzutun, aus denen sich das Bestehen desjenigen Anspruches ergibt, dessen Vereitelung den Schaden erst herbeigeführt hat. Nur wenn nämlich nachvollziehbar dargestellt wäre, dass dem Betreuten ein Anspruch zugestanden hätte, dessen Durchsetzung allein wegen einer unzureichenden Antragstellung gescheitert wäre, ließe sich ein hierdurch entstandener Vermögensschaden des Betreuten bejahen. Die für den Schaden und die Kausalität darlegungs- und beweispflichtige Klägerin (vgl. Meier, BtPrax 99, 57, 59) hat nicht dargelegt, dass dem Betreuten Hinrichs ein Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe zugestanden hätte. Auf die insoweit zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Weitergehende ausreichende Darlegungen zur Bedürftigkeit des Betreuten sind von der Klägerin auch nicht nach Einsichtnahme der hinzugezogenen Betreuungsakten (3 XVII 1885 AG Bad Segeberg) und Akten des Verwaltungsgerichts (10 A 209/96 VG Schleswig) erfolgt.
b.
Der vom Beklagten erst am 29. Dezember 1994 eingereichte Formantrag auf Gewährung von Sozialhilfe (Bl. 145 - 147 d.A.) hätte der Bewilligung von Sozialhilfe für die folgenden Zeiträume ab 12. August 1994 bis 23. Februar 1995 sowie 10. März 1995 bis 31. August 1995 nicht entgegengestanden. Dem Antrag kommt nämlich nur formelle Bedeutung zu (vgl. Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl., § 5 Rdn. 5). Sozialhilfe setzt ohne weiteres ein, wenn dem Sozialhilfeträger die Notwendigkeit der Hilfe erkennbar ist. Diese Kenntnis hat das Sozialamt durch den Antrag der Klägerin vom 10.8.1994 auf Übernahme einer Kostenbürgschaft erhalten.
Ein Schadensersatzanspruch käme dann in Betracht, wenn der Beklagte die ihm im Rahmen der Vermögenssorge ebenfalls obliegende Mitwirkungspflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I) schuldhaft verletzt hätte.
Das Urteil des Einzelrichters der 10. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 18. Januar 1999 hat allerdings die Klage des Betreuten, gerichtet auf die Verpflichtung des Sozialamtes, die Kosten für die Unterbringung in der Klinik der Klägerin für den Zeitraum von Dezember 1994 bis August 1995 zu übernehmen, nicht nur mit der Begründung abgewiesen, dass Sozialhilfe wegen der unklaren Vermögenslage des Betreuten ab Antragstellung bis August 1995 nicht bewilligt werden könne. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Verweigerung von Sozialhilfe (hilfsweise auch) damit begründet, dass der Betreute über seinen Betreuer nicht der Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I nachgekommen sei. Die Klägerin ist hierdurch der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Pflichtverletzung des Beklagten nicht enthoben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts entfaltet für sie keine Tatbestands- oder Rechtskraftwirkung. Diese besteht allenfalls zwischen den Parteien des Verwaltungsstreitverfahrens, an dem die Klägerin nicht beteiligt war.
Die Verletzung einer letztlich dem Beklagten als Betreuer obliegende Mitwirkungspflicht gemäß § 60 SGB I kann jedoch aufgrund der von der Klägerin in Bezug genommenen Schriftstücke und ihres Vortrages nicht festgestellt werden. Der Beklagte war allerdings gemäß § 60 Abs. 1 verpflichtet, Tatsachen anzugeben, Beweismittel zu bezeichnen und Beweisurkunden vorzulegen, wenn dies der zuständige Leistungsträger verlangte.
Das Sozialamt hat den Beklagten, nachdem er am 29. Dezember 1994 (Bl. 33 d.A.) den Formantrag gestellt hatte, mit Schreiben vom 6. Januar 1995 (Bl. 33 d.A.) aufgefordert, folgende Unterlagen einzureichen: Betreuerausweis, Girokontoauszüge für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis laufend, Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Januar 1995, Scheidungsurteil. Ferner hat das Sozialamt den Beklagten gebeten mitzuteilen, wann der Betreute in der Fachklinik Neustadt aufgenommen worden ist, ob ein Bezugsrecht zu Lasten der Lebensversicherung Gerling-Konzern bestehe und ob die Gewährung von Wohngeld beantragt worden sei. Letztlich sollte der Beklagte ein Gutachten des behandelnden Arztes vorlegen, aus dem zu entnehmen sei, für welchen Zeitraum eine stationäre Betreuung des Betreuten angezeigt sei. An die Erledigung der Auflagen hat das Sozialamt den Beklagten mit weiteren Schreiben vom 1. Februar 1995 (Bl. 107 d.A.) und vom 22. Februar 1995 unter Fristsetzung bis zum 31. März 1995 aufgefordert. Der Beklagte ist dem schriftlich zum Ausdruck gebrachten Verlangen des Sozialamtes innerhalb der zuletzt mit Schreiben vom 22. Februar 1995 gesetzten Frist am 15. März 1995 nachgekommen. Ausweislich des Schreibens vom 15. März 1995 (Bl. 206 d.A.) hat er dem Sozialamt die erbetenen Unterlagen übersandt, die gestellten drei Fragen beantwortet und wegen des Gutachtens die behandelnden Ärzte der Fachklinik Neustadt/Holstein von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Möglicherweise vor dem Hintergrund, dass die im Schreiben vom 15. März 1995 genannten Anlagen nicht bei dem Sozialamt angekommen sind, hat der Beklagte mit dem Widerspruch vom 19. Mai 1995 (Bl. 208 d.A.) nochmals alle vom Sozialamt angeforderten Unterlagen übersandt und die gestellten Fragen beantwortet. Der Beklagte ist mithin dem ausdrücklichen Verlangen des Sozialamtes, wenn auch spät, jedoch noch so nachgekommen, dass die Aufrechterhaltung der Verweigerung von Sozialhilfe nach dem Widerspruch des Betreuten, vertreten durch den Beklagten, nicht gerechtfertigt war. Die Klägerin hat weder durch Vorlage des ablehnenden Sozialhilfebescheides noch durch andere Schriftstücke des Sozialamtes belegt, dass über das im Schreiben des Sozialamtes vom 6. Januar 1995 (Bl. 33 d.A.) konkret geäußerte Verlangen der Beklagte aufgefordert wurde, über die am 13. Januar 1994 bzw. 28. Januar 1994 (Bl. 169 d.A.) von der Schwester des Betreuten durchgeführten Barabhebungen vom Konto des Betreuten in Höhe von insgesamt 12.500,- DM und über den Verbleib der Rentenbezüge im Zeitraum April 1993 bis August 1995 Auskunft zu erteilen. Insoweit hat die Klägerin eine möglicherweise andere schuldhaft begangene Mitwirkungspflicht des Beklagten nicht in ausreichender Weise vorgetragen.
III.
Steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung des Beklagten zu, so kann die Aufklärung des Streits der Parteien bezüglich der Betreuungsbedürftigkeit und der Höhe der Betreuungssätze dahingestellt bleiben.
IV.
Eine Haftung des Betreuers aus den deliktischen Vorschriften der §§ 823, 826 BGB kommt ersichtlich nicht in Betracht.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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