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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 02.05.2003
Aktenzeichen: 13 U 2/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 85 II | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 236 II 2 |
13 U 2/03
Beschluss
In dem Rechtsstreit
In der Familiensache
hat der 13. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Alpes, den Richter am Oberlandesgericht Hansen und die Richterin am Oberlandesgericht Jantzen am 2. Mai 2003 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, wird als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Januar 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.622,43 € festgesetzt.
Gründe:
Der Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung des Klägers haben keinen Erfolg.
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass diese ihn zur Hälfte wegen gesamtschuldnerisch eingegangener Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag freizustellen habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagziel weiter.
Das erstinstanzliche Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. Januar 2003 zugestellt worden (Bl. 109 d. A.). Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2003, als Fax am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen (Bl. 120, 121 d. A.), ist von dem Kläger gegen das angefochtene Urteil Berufung eingelegt worden. In demselben Schriftsatz ist die Berufung begründet worden. Der Schriftsatz ist unterzeichnet worden von dem im Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers angestellten Rechtsanwalt Martin E. mit dem Zusatz "i. V.". Rechtsanwalt E. ist weder am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht noch an einem anderen Oberlandesgericht zugelassen. Der Vorsitzende des Senats hat Rechtsanwalt E. telefonisch am 10. April 2003 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 24. April 2003, als Fax beim Oberlandesgericht an demselben Tag eingegangen, hat Frau Rechtsanwältin V. im Einzelnen dargelegt, warum Rechtsanwalt E. den Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz versehentlich unterzeichnet hat. Auf den Inhalt des Schriftsatzes (Bl. 142 ff d. A.) wird verwiesen. Für den Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt worden. Die Prozesshandlungen der Berufung und der Berufungsbegründung sind nicht nachgeholt worden. Der Wiedereinsetzungsschriftsatz enthält auch keine inhaltliche Bezugnahme auf den Berufungsschriftsatz vom 28. Februar 2003.
II.
Das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers ist unzulässig.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger ohne sein Verschulden verhindert war, innerhalb der Notfrist des § 517 ZPO von einem Monat ordnungsgemäß Berufung gegen das angefochtene Urteil einzulegen. Zwar kommt grundsätzlich eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Frist auch dann in Frage, wenn die fristgebundene Prozesshandlung - wie hier - zwar rechtzeitig, jedoch unwirksam vorgenommen worden ist (BGH Beschluss vom 18.5.2000 - XIII ZB 25/99, MDR 2000, 1092 = NJW 2000, 3286). Hier ist die Einlegung der Berufung unwirksam, weil sie von einem Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, der weder beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht noch bei einem anderen Oberlandesgericht zugelassen ist. Vor den Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien aber durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, § 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Ein nicht beim Oberlandesgericht zugelassener Rechtsanwalt, der dort als Vertreter eines zugelassenen Rechtsanwalts tätig wird, handelt schuldhaft, wenn er sich nicht persönlich vergewissert, ob er postulationsfähig ist (BGH, Urteil vom 9.1.2003 - VIII ZR 103/02, BGH-Report 2003, 451 = NJW RR 2003, 569). Die Prüfung der Postulationsfähigkeit gehört zu den wesentlichen Aufgaben eines Rechtsanwalts.
Ob sich der Kläger das Versäumnis des Rechtsanwalts E. zurechnen lassen muss, mag zweifelhaft sein. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei, hier Frau Rechtsanwältin V. , bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss sich die Partei dessen Verschulden über § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes zurechnen lassen, wenn dem angestellten Rechtsanwalt der Rechtsstreit vom Prozessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist. Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und damit der Partei selbst. Bestand dagegen seine Aufgabe nur aus vorbereitenden und unselbständigen Tätigkeiten, ist er als bloßer juristischer Hilfsarbeiter anzusehen, dessen Verschulden dem Prozessbevollmächtigten bzw. der Partei ebenso wenig zugerechnet werden kann wie das von Büropersonal (BGH Beschluss vom 1.4.1992 - XII ZB 21/92, NJW RR 1992, 1019, 1020 m.w.N.). In der Berufung und Berufungsbegründungsschrift ist als Sachbearbeiter "C.... V..... / M. E." angegeben. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass Rechtsanwalt E. nicht die eigenständige Bearbeitung des Berufungsverfahrens übertragen worden ist und lediglich als unselbständiger juristischer Mitarbeiter gehandelt hat, dessen Verschulden der Partei grundsätzlich nicht anzulasten ist (Kammergericht Beschluss vom 20.9.1994 - 2 U 2767/94, KG-Report 1995, 47 m.w.N.).
Es kann auch unterstellt werden, dass die Darlegungen der Prozessbevollmächtigten im Wiedereinsetzungsschriftsatz ein eigenes Organisationsverschulden hinsichtlich nicht eindeutiger Vertreterbestimmung im Falle eigener Verhinderung bei Unterzeichnung fristwahrender Schriftsätze ausschließen.
Das Wiedereinsetzungsgesuch ist bereits deswegen unzulässig (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 236 RZiff. 1), weil entgegen § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 234 ZPO, deren Lauf hier spätestens mit dem Anruf des Senatsvorsitzenden vom 10. April 2003 begann, die versäumte Prozesshandlung nicht nachgeholt worden ist. Eine von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnete Berufungsschrift und eine diesen Anforderungen genügende Berufungsbegründungsschrift sind innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht eingereicht worden.
Von einer erneuten, formgerechten Einlegung der Berufung konnte der Kläger nicht absehen. Die versäumte Prozesshandlung ist nur dann nicht nachzuholen, wenn sie bereits vor Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegenüber dem Gericht vorgenommen worden ist (BGH Beschluss vom 18.5.2000 - VII ZB 25/99, MDR 2000, 1092 = NJW 2000, 3286 m.w.N.). So würde es eine überflüssige Förmelei bedeuten, die Nachholung einer Prozesshandlung zu verlangen, wenn lediglich die Berufung nicht formgerecht eingelegt worden wäre, aber dem Gericht eine Berufsbegründung innerhalb der Frist bereits vorläge (BGH a.a.O. m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Mit dem Wiedereinsetzungsschriftsatz vom 24. April 2003 wird die versäumte formgerechte Einlegung der Berufung auch nicht konkludent nachgeholt. Inhaltlich beschäftigt sich der Schriftsatz nur mit den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung. Er enthält keine auf eine Genehmigung der unwirksamen Berufung und Berufungsbegründung gerichtete Willenserklärung, mit der zum Ausdruck gebracht worden wäre, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Ausführungen des Rechtsanwalts E. geprüft und sich zu eigen gemacht hätte.
Selbst wenn der Wiedereinsetzungsschriftsatz eine inhaltliche Verweisung auf den Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz vom 28. Februar 2003 enthielte, wäre damit die versäumte Prozesshandlung nicht ordnungsgemäß nachgeholt. Durch Bezugnahme können im Anwaltsprozess nach ständiger Rechtsprechung nur solche Schriftstücke zum Inhalt bestimmender Schriftsätze über die Berufung und Berufungsbegründung gemacht werden, die von einem beim angerufen Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben worden sind (BGH Beschluss vom 10.12.1998 - IX ZB 88/98, VersR 2000, 337, 338 m.w.N.).
III.
Gemäß § 522 Abs. 1 ZPO ist die Berufung zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Wie vorstehend ausgeführt worden ist, sind die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift entgegen den Anforderungen der §§ 519, 520, 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht von einem bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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