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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 15 UF 23/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 1587 a I 2
BGB § 1587 b I
Eine Scheidungsfolgenvereinbarung, mit welcher im Zuge einer Gesamtregelung - hier: Ausschluss vom Bezug von Versorgungsansprüchen gegenüber dem Versorgungswerk für Rechtsanwälte - niedrigere Rentenanwartschaften auf das Konto des über höhere Anwartschaften verfügenden anderen Ehegatten übertragen werden sollen, ist unwirksam.
15 UF 23/05

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 2. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Flensburg vom 17. Januar 2005 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - teilweise abgeändert:

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei dem Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte ( Mitglieds-Nr. 10318 ) werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ( Versicherungs-Nr. 59 040849 J 522 ) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 72,89 € , bezogen auf das Ehezeitende am 31. Oktober 1990, begründet.

Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug werden gegeneinander aufgehoben.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerderechtszugs.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien waren seit 11. Oktober 1974 verheiratet. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Flensburg vom 14. November 1990 ist die Ehe der Parteien geschieden worden. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 2. November 1990 zugestellt worden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich ist aus dem Scheidungsverbundverfahren abgetrennt worden.

Die Parteien hatten am 4. Oktober 1990 eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen, die hinsichtlich des Versorgungsausgleichs im angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - zutreffend zitiert wird. Darauf wird verwiesen.

Die Scheidungsfolgenvereinbarung ist vom Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 9. August 1996 familiengerichtlich genehmigt worden. Auf den Beschluss zu 64 F 190/90 des AG Flensburg (Bl. 35 d.A. 64 F 190/90 ) wird Bezug genommen.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht - Familiengericht - den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er trägt vor, zu Unrecht habe das Amtsgericht - Familiengericht - ohne nähere Begründung den Standpunkt eingenommen, die Scheidungsfolgenvereinbarung bezüglich des Versorgungsausgleichs sei insgesamt unwirksam. Selbst bei einer Undurchführbarkeit einer Übertragung von Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin beim Land Schleswig-Holstein bleibe der wechselseitig erklärte Verzicht auf einen Ausgleich der Rentenanwartschaften der Parteien beim Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte bzw. beim Land Schleswig-Holstein wirksam Dies ergebe sich aus Ziffer VII Abs. 3 der Scheidungsfolgenvereinbarung, die auch insoweit familiengerichtlich genehmigt worden sei. Diese Genehmigung sei bindend. Der Wille der Parteien sei es, einen Versorgungsausgleich unter Ausschluss der beim Versorgungswerk für Rechtsanwälte erworbenen Versorgungsansprüche durchzuführen. Die Antragsgegnerin solle allein seine Anwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erhalten. Bei Kenntnis einer möglichen Undurchführbarkeit des Versorgungsausgleichs auf die vereinbarte Weise wäre eine Übertragung seiner Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin vereinbart worden. Er könne aus den bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworbenen Anwartschaften keine eigenen Rentenansprüche erwerben, wohingegen die Begründung von Rentenanwartschaften zu Lasten seiner Versorgung beim Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte zu einer Verringerung seiner Rente führe. Vorsorglich werde geltend gemacht, die Versorgungsanwartschaften beim Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte seien nicht dynamisch.

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluss zu ändern und über den Versorgungsausgleich anderweitig zu entscheiden.

Diesem Begehren schließt sich die Antragsgegnerin für den Fall an, dass die Durchführung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs unwirtschaftlich sei, weil sie, die Antragsgegnerin bei entsprechender Durchführung nicht die erforderlichen Mindestwartezeiten erreiche.

Im Übrigen tritt die Antragsgegnerin dem Vorbringen des Antragstellers entgegen.

Wegen des weiter gehenden Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Bezug genommen wird ferner auf die Schreiben der Versorgungsträger in diesem Verfahren, die sich zum Teil in der Akte des Scheidungsverfahrens 64 F 190/90 AG Flensburg befinden.

Das Landesbesoldungsamt Schleswig-Holstein hat eine aktuelle Berechnung der ehebezogenen Versorgungsanwartschaften der Antragsgegnerin unter dem 31. Oktober 2006 vorgenommen. Danach sind Versorgungsanwartschaften in Höhe von monatlich 346,50 € ( = 677,70 DM ) bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs der Parteien zu berücksichtigen ( Bl. 213 ff d.A.) .

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist in der Sache überwiegend unbegründet.

Die Scheidungsfolgenvereinbarung der Parteien vom 4. Oktober 1990 hinsichtlich der Regelungen zum Versorgungsausgleich ist insgesamt unwirksam. Indem die Parteien eine Vereinbarung dahin trafen, im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Rentenanwartschaften des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (vormals Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) auf das Konto der Antragsgegnerin beim Landesbesoldungsamt Schleswig-Holstein zu übertragen, ist eine gem § 1587 a Abs 1 Satz 2 BGB verstoßende Regelung des Versorgungsausgleichs angestrebt worden. Ferner kann gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB die angestrebte Regelung nicht getroffen werden, weil die Höhe der gesetzlichen Rentenanwartschaften des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung geringer ist als die Summe der Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung. Ein erforderliches Rentensplitting kann nach der zwingenden gesetzlichen Regelung nicht durchgeführt werden. Die Scheidungsfolgenvereinbarung der Parteien verstößt damit gegen geltendes Gesetz und ist nach § 134 BGB unwirksam. Es handelt sich hierbei nicht um eine teilweise Nichtigkeit der Vereinbarung der Parteien, sondern die Regelung zum Versorgungsausgleich ist insgesamt nichtig und damit unwirksam. Den Parteien war bei Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung bekannt, dass auf Seiten des Antragstellers höhere Anwartschaften ehezeitbezogen angefallen waren als bei der Antragsgegnerin. Von daher wird aus der Vereinbarung deutlich, dass zu Lasten des Antragstellers ein Ausgleich für die Altersversorgung hin zu Gunsten der Antragsgegnerin erfolgen sollte. Der Vereinbarung ist nicht zu entnehmen, dass für den Fall, dass die angestrebte Ausgleichsregelung undurchführbar sein sollte, der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich nicht stattfinden solle. Eine solche Auslegung liefe auch den Interessen der Antragsgegnerin zuwider. Der Vereinbarung ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Übrigen gänzlich auf einen Versorgungsausgleich verzichten wollte.

Zutreffend hat das Amtsgericht - Familiengericht - in der angegriffenen Entscheidung darauf abgestellt, dass auch die familiengerichtliche Genehmigung im Beschluss vom 9. August 1996 nicht zu einer Heilung der Nichtigkeit und damit der Unwirksamkeit führte. An unwirksame Vereinbarungen und eine der Gesetzeslage zuwiderlaufende familiengerichtliche Genehmigung durch das Familiengericht sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen nicht gebunden. Die Versicherungsträger können sich gegenüber den Ehegatten auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen. Durch die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung werden unwirksame Vereinbarungen nicht wirksam (vgl. Kunze in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 53 d Rn. 15 ff.).

Mithin ist der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen.

Im Verlauf des Verfahrens ist die Problematik der Unwirtschaftlichkeit des Versorgungsausgleichs thematisiert worden. Anlass dafür ist das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund (BfA) vom 6. Dezember 1999 gewesen. Zutreffend wird in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass ggf. die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren auch bei Begründung von Rentenanwartschaften nicht dazu führt, dass die Antragsgegnerin tatsächlich eine Rente wird beziehen können. Auf die Ausführungen auf Seite 3 des vorgenannten Schreibens wird Bezug genommen.

Die Rechtslage hat sich inzwischen durch die Änderung der Anrechnung von Wartezeitmonaten geändert. Gemäß § 52 SGB VI wird geregelt, inwieweit der Versorgungsausgleich beim Ausgleichsberechtigten zu einer Anrechnung von Wartezeitmonaten führt. Durch Artikel 1 Nr. 9 des Altersversorgungsergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I, 403) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2002 der Anrechnungsfaktor von bisher 0,0625 für die gesetzliche Rentenversicherung durch den Rechenfaktor 0,0313 ersetzt worden. Dies führt im Ergebnis zu einer Verdoppelung der Zahl der auf die Wartezeit anrechenbaren Monate. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei zu berücksichtigenden Entgeltpunkten in Höhe von 3,6018 allein durch diesen Wert, der zugunsten der Antragsgegnerin auf dem Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ( Vers-Nr. 59 040849 J 522 ; vgl. Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 26. Juli 2000 ) zu begründen ist, die Wartezeit von 60 Monaten überschritten wird. Mithin stellt sich die Durchführung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht als unwirtschaftlich und damit unzumutbar dar.

Der Umstand, dass die erforderliche Wartezeit des Antragstellers von 60 Monaten in der gesetzlichen Rente bislang nicht erfüllt ist, führt nicht dazu, vom gesetzlichen Versorgungssausgleich abzusehen,

Die erreichte Wartezeit von 50 Monaten bleibt unverändert.

Der Versorgungsausgleich ist davon unabhängig gemäß § 1587 a Abs. 7 BGB zu berechnen ( vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1989, 189 ; Brudermüller im Palandt, BGB 65. Aufl. § 1587 a Rdnr. 122 )

Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind die Anwartschaften beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte als dynamisch anzusehen. Einer Umrechnung bedarf es nicht ( vgl. BGH FamRZ 1996, 97 f.; OLG Schleswig, SchlHA 1992, 34 ).

Nach alledem ist aus den zutreffenden Gründen des angegriffenen Beschlusses der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich, bezogen auf eine Ehezeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Oktober 1990, durchzuführen. Die Einholung aktueller Versicherungsdaten der Deutschen Rentenversicherung Bund und des Landesbesoldungsamtes Schleswig-Holstein führt zu einer geringen Abänderung der vom Amtsgericht nach den vormals gegebenen Daten zutreffend vorgenommenen Berechnung.

Der Versorgungsausgleich ist durch analoges Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG mit einer Begründung von Versorgungsansprüchen des Antragstellers beim Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Höhe von monatlich 72,89 € zugunsten des Kontos der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund durchzuführen. Auf die Berechnung im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - wird zunächst verwiesen. Allerdings ist auf Seiten der Antragsgegnerin von einem monatlichen Wert der Versorgung von 677,70 DM auszugehen. Dies führt zu einer Verringerung der zu ihren Gunsten zu begründenden Rentenanwartschaften auf einen Betrag von monatlich 72,89 €.

Für eine vom Antragsteller angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist kein Raum. Die Vorrausetzungen des § 621 e Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO für den ersten Rechtszug, und aus § 92 Abs. 2 Nr. Satz 1 ZPO für den Beschwerderechtszug.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 49 Nr. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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