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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 05.09.2005
Aktenzeichen: 15 UF 63/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1579 Nr. 2
BGB § 1579 Nr. 4
BGB § 1579 Nr. 6
1. Das unterhaltsrelevante Einkommen kann wegen der Kosten des Umgangs gemindert werden, wenn die notwendigen Kosten nicht aus den Mitteln bestritten werden können, die dem Unterhaltspflichtigen über dem notwendigen Selbstbehalt verbleiben.

2. Zum unberechtigten Vorwurf sexuellen Missbrauchs und zur Vereitelung des Umgangs als Verwirkungstatbestand im Sinn des § 1579 BGB.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

15 UF 63/05

verkündet am: 5. Sept. 2005

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 21. Februar 2005 und das Versäumnisurteil desselben Gerichts vom 18.Oktober 2004 teilweise geändert und im ganzen wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) für die Zeit vom 6.1.2004 bis zum 31.3.2004 rückständigen Geschiedenenunterhalt in Höhe von 1.976,85 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 5.3.2004 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin zu 2) folgenden monatlichen Geschiedenenunterhalt zu zahlen:

 4 - 12/04696,39 €
1 - 6/05654,44 €
ab 7/05647,56 €

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten erster Instanz trägt der Beklagte die Kosten seiner Säumnis. Im übrigen tragen die Klägerin zu 1) die Gerichtskosten zu 3%, die Klägerin zu 2) zu 29% und der Beklagte zu 68%. Die Klägerin zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt der Beklagte 74%; 26% trägt die Klägerin zu 2) selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin zu1) 3%, die Klägerin zu 2) 29% und der Beklagte 68%.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 2) zu 10%, der Beklagte zu 90%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 2) und der Beklagte waren verheiratet. Ihre Ehe ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 28.8.2003 (125 F 6/02) geschieden worden. Der Scheidungsausspruch ist seit dem 6.1.2004 rechtskräftig. Aus der Ehe ist die Tochter J. M. , geboren am 2000, hervorgegangen. J. lebt bei der Klägerin zu 2), der die elterliche Sorge mit Ausnahme der Gesundheitsfürsorge übertragen worden ist. Der Beklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 2.12.2002 (125 F 93/01) verurteilt worden, an die Klägerin zu 1) einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages gemäß § 1 der Regelbetragsverordnung für die jeweilige Altersstufe abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen.

Die Klägerin fordert vom Beklagten Geschiedenenunterhalt. Der Beklagte ist Krankenpfleger. Die Klägerin ist Krankenschwester, aber zurzeit nicht berufstätig. Der Beklagte wohnt in einer Wohnung in einem Haus in E. , das ihm zur hälftigem Miteigentum gehört; in der weiteren Wohnung wohnen seine Eltern.

Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin zu 2) einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 746,00 € zu zahlen. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, das Gericht habe den Pkw-Kredit zu Unrecht nicht berücksichtigt. Er mache in seiner Unterhaltsberechnung keine Fahrtkosten geltend. Daher könne der Pkw-Kredit nicht abgelehnt werden. Er fahre an 240 Tagen im Jahr zur Arbeit und lege dabei täglich 4 km zurück. Er sei auch auf den Pkw angewiesen, da er auch in Nachtschichten und an den Wochenenden arbeite. Zumindest seien die normalen Fahrtkosten zu berücksichtigen.

Das Gericht habe den Quadratmeterpreis der Eigentumswohnung geschätzt, obwohl sämtliche Voraussetzungen für eine Schätzung fehlten. Dem Gericht sei weder die Größe noch die weiteren wertbildenden Faktoren wie Alter, Ausstattung und Lage der Wohnung bekannt. Selbst in einem Ort, der den Zusatz "Bad" trage, gebe es Gegenden, in denen kein hoher Wohnwert erzielt werde. Darüber hinaus sei dem Gericht noch nicht einmal bekannt, wie die Wohnsituation in E. aussehe. Es handele sich um einen kleinen in ländlicher Gegend gelegenen Ort, in dem schon deshalb das Mietpreisniveau nicht hoch sei. Hinzu komme, dass derzeit ein Überhang an Wohnungsangeboten bestehe, wodurch der Preis gedrückt werde.

Zur Verwirkung nach § 1579 BGB sei vorgetragen worden, dass die einstweilige Verfügung vom 23.8.2004 nicht beachtet worden sei. Die Klägerin habe jahrelang, auch noch vor dem OLG Schleswig, behauptet, er begehe sexuellen Missbrauch an J. . Darüber hinaus habe die Klägerin durch ihre diversen Absagen insgesamt 860,38 € an Fahrtkosten verursacht, ohne dass er seine Tochter habe sehen können. Auch in der Folgezeit habe die Klägerin die Besuchstermine vereitelt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 21.2.2005 und das Versäumnisurteil vom 18.10.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin erwidert, die Berechnung des Einkommens des Beklagten sei zu aktualisieren. Der Senat habe die richtigen Auflagen mit der Terminsverfügung erteilt. Daraus werde sich ergeben, dass das Einkommen des Beklagten 2.000,00 € betrage. Aus den Steuerbescheiden ergäben sich weitere 150,00 € monatlich.

Entgegen der Auffassung der Berufung seien die Pkw-Kreditkosten nicht zu berücksichtigen. Wenn er Fahrtkosten für 4 km habe, dann müsse er die Fahrtkosten für 4 km geltend machen, aber keine Pkw-Kosten daneben.

Zum Wohnwert müsse der Beklagte vortragen. Sie habe vorgetragen, was sie wissen könne. Ein Quadratmeterpreis von 5 € monatlich liege an der unteren Grenze dessen, was möglich sei. Nach Rechtskraft der Scheidung sei mit der objektiven Marktmiete zu rechnen. Diese liege auch im Kassler Bereich nicht unter 5 €. E. liege 25 km von Kassel entfernt, die Gemeinde habe 6.500 Einwohner, sei ein Kurort und bevorzugter Wohnort darüber hinaus. Im Übrigen sei es Sache des Beklagten, weil es um Gegenstände seiner eigenen Wahrnehmung gehe, hier näher vorzutragen.

Zu Unrecht meine der Beklagte, ihre Unterhaltsansprüche, die nicht einmal den Mindestunterhalt von 820,00 €, jetzt 890,00 € erreichten, seien verwirkt. Der Senat wisse, dass die Klägerin in Sorge um ihre Tochter gehandelt habe. Zwar möge nach dem Sachverständigengutachten angenommen werden, dass ihre Befürchtungen nicht objektivierbar seien. Das ändere jedoch nichts daran, dass sie aus ihrer Sicht Anhaltspunkte gehabt habe, möge sie diese auch nicht optimal interpretiert haben. Jedenfalls liege ein vorsätzliches Verhalten, was bei allen Einzeltatbeständen im § 1579 BGB erforderlich sei, nicht vor. Nichts anderes gelte für die "Umgangshistorie". Sie habe keineswegs vorsätzlich Besuche boykottiert.

Die Akten 120 F 139/05 und 128 F 158/05 Amtsgericht Lübeck sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Die Klägerin zu 2) hat gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB, da sie J. betreut. J. ist erst 5 Jahre alt, so dass die Klägerin zu 2) noch nicht die Obliegenheit trifft, eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese waren bestimmt durch den Beruf des Beklagten als Krankenpfleger. Der Senat geht von folgendem Einkommen des Beklagten aus:

2004

 VB 12/04 (Bl. 139) 22.837,67 € : 12 =1.903,14 €
Steuererstattung für 2003 674,03 € : 12 =56,17 €
 1.959,31 €
Beitrag zum Pflegeverband- 14,60 €

Fahrtkosten: Die monatlichen Kreditraten für die Anschaffung des Pkws übersteigen erheblich die Fahrtkosten. Der Beklagte hat nur 4 km insgesamt pro Arbeitstag zurückzulegen. Der Pkw wird also im wesentlichen nicht berufsbedingt benutzt. Es ist daher nur gerechtfertigt, Fahrtkosten abzusetzen. 240 x 4 x 0,26 : 12|- 20,80 €

Der Senat hält es nicht für gerechtfertigt, einen Wohnvorteil des Beklagten anzunehmen. Die Hauslasten betragen 419,04 € monatlich. Die Wohnfläche der vom Beklagten bewohnten Wohnung beträgt einschließlich der Flurflächen 98,38 qm. Eine Kaltmiete, die höher als 4,26 €/qm ist, kann nicht zugrunde gelegt werden. Denn das Haus liegt 1 km vom Ortsteil E. und 1 1/2 km vom nächsten Lebensmittelmarkt entfernt.

Dem Beklagten ist ein angemessener Betrag wegen der Ausübung seines Umgangsrechts mit J. anrechnungsfrei zu belassen.

Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2005, 706 ff.) können die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.

 Der Beklagte muss bei einem Umgangstermin J. in Lübeck abholen und am Ende eines Umgangstermins J. wieder zur Mutter zurückbringen. Es fallen Pkw-Kosten für die Fahrten zum Bahnhof, die Kosten für die Fahrkarte zuzüglich der Kosten für die Bahncard, Park- und Reservierungsgebühren an. Der Senat hält einen monatlichen Betrag in Höhe von 100,00 € für angemessen.- 100,00 €
 1.823,91 €
Unterhalt für J. : Wegen des Bedarfskontrollbetrages ist die Einkommensgruppe I der Düsseldorfer Tabelle zugrunde zu legen. Der zu zahlende Kindesunterhalt verändert sich nicht durch die Verurteilung zur Zahlung von 135 % des Regelbetrages. - 199,00 €
 1.624,91 €
x 3/7696,39 €

Der Beklagte ist in der Lage, unter Wahrung des großen Selbstbehaltes von 920,00 € 696,39 € Betreuungsunterhalt an die Beklagte zu zahlen. Für die Zeit vom 6.1.2004 bis 31.3.2004 ergibt sich ein rückständiger Unterhalt in Höhe von 1.976,85 €.

1 - 6/05

Der Senat schreibt das Einkommen des Beklagten aus dem Jahr 2004 fort. Die im Jahr 2005 erhaltene Steuererstattung für 2004 beträgt allerdings nur 256,94 €. Das anrechenbare Einkommen des Beklagten beläuft sich daher auf nur 1.789,15 €. Unterhalt für J.|- 199,00 € |1.590,15 € x 3/7|681,49 € Es liegt ein Mangelfall vor.| Einsatzbeträge für J.|269,00 € für die Klägerin zu 2)| 820,00 € |1.089,00 €

Über dem großen Selbstbehalt sind 869,15 € frei. Die Kürzungsquote beträgt 79,81 %.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin zu 2) beträgt 654,44 €.

ab 7/05

Die neue Düsseldorfer Tabelle ist zugrunde zu legen. Die Regelbeträge für den Kindesunterhalt, die Kilometerpauschale für die berufsbedingten Fahrtkosten und die Selbstbehalte haben sich verändert (Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, SchlHA 2005, 134ff.).

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten1.789,15 €
Die Fahrtkosten betragen 240 x 4 x 0,30 :12 = 24,00 €. Zusätzlich sind also 3,20 € zu berücksichtigen. - 3,20 €
 1.785,95 €

Es liegt ein Mangelfall vor.

 Einsatzbeträge für J. 204,00 €
für die Klägerin zu 2) 890,00 €
 1.094,00 €

Über dem großen Selbstbehalt sind 795,95 € frei. Die Kürzungsquote beträgt 72,76 %.

Der Klägerin zu 2) steht ein Unterhalt in Höhe von 647,56 € zu.

Die Klägerin zu 2) hat ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt.

Die Klägerin zu 2) hat behauptet, der Beklagte missbrauche J. sexuell. Die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 BGB i.V.m. § 187 StGB liegen aber nicht vor.

Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ist am 28.2.2001 eingestellt worden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 7.2.2005 (15 UF 200/03 OLG Schleswig) gibt es keinerlei Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch durch den Beklagten. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass man bei der Klägerin von einer ängstlichen, vermeidenden, selbstunsicheren Persönlichkeitsorganisation sprechen könne. Bei ihr bestünden eher wenige adäquate Verhaltensweisen und Kompetenzen in Bezug auf Autonomie, Durchsetzungsfähigkeit und Stärke. Weiter sei von Selbstunsicherheit, Unterwürfigkeit und Nachgiebigkeit geschrieben und berichtet worden. Das Glaubenssystem der Mutter sei eher psychodynamisch zu erklären. Die Annahme des Missbrauchs dürfe eher als indirekte Aggressivität (als Ausdruck von unbewussten Rache- und Vergeltungswünschen) sowie Abwehr von Schuld- und Versagensgefühlen als auch Selbstzweifeln dienen. Die Annahme eines Missbrauchs erscheine momentan zur Aufrechterhaltung des psychischen Gleichgewichts notwendig. - Diese Ausführungen des Sachverständigen sprechen nicht dafür, dass die Klägerin wider besseres Wissen handelte. Es ist nicht vorgetragen, dass die Klägerin nach dem Sorgerechtsbeschluss des Senats den Beklagten weiter des sexuellen Missbrauchs bezichtigt hat.

Die Klägerin hat in der Vergangenheit immer wieder das Umgangsrecht des Beklagten behindert, indem sie es kurzfristig absagte, z.B. wegen eigenen Urlaubs oder angeblicher Erkrankung von J. .

Eine fortgesetzte, massive Vereitelung des Umgangsrecht kann in gravierenden Fällen als schwerwiegendes Fehlverhalten nach § 1579 Nr. 6 BGB gewertet werden (Wendl/Staudigl, Rn. 726 zu § 4; OLG München FamRZ 1998, 750; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 614). Der Beklagte hat seine Tochter aber immer wieder an Besuchswochenenden mit nach E. nehmen können. Für die Zeit ab 1.10.2004 liegt eine Darstellung der Klägerin vor, wann J. jeweils bei ihrem Vater war. Unter diesen Umständen kann nicht von einer massiven Vereitelung des Umgangsrechts gesprochen werden.

Der Beklagte beruft sich darauf, 880,38 € für vergebliche Fahrten zu Umgangsterminen aufgewandt zu haben. Selbst wenn die Klägerin nicht rechtzeitig abgesagt haben sollte, reicht dieser Umstand auch nicht, um eine massive Vereitelung des Umgangsrechts annehmen zu können. Ebenso liegt darin nicht das Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Beklagten nach § 1579 Nr. 4 BGB.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verfahren 128 F 139/05 AG Lübeck. Der Beklagte hätte das verlängerte Besuchswochenende vom 20.5. bis 23.5.2005 ausüben können, wenn er J. am Sonntagabend, 18.00 Uhr, zurückgebracht hätte, weil J. am 23.5.2005 in Pelzerhaken behandelt werden sollte. Das Umgangswochenende vom 10. bis 13. Juni 2005 hätte der Beklagte ausüben können, wenn die Klägerin zu 2) es ermöglicht hätte, dass der Beklagte J. bei der Pflegefamilie abholen konnte. Dies ist dem Beklagten zwar nicht ermöglicht worden. Möglicherweise ist dies der Klägerin zu 2) anzulasten, wenn sie nicht die entsprechenden Vorkehrungen getroffen haben sollte. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass es der Klägerin zu 2) schlecht ging und sie sich wegen einer Operation ins Krankenhaus begeben musste. Der Beklagte hat J. vom 5.7. bis 12.7.2005 bei sich gehabt und auch über den 12.7.2005 hinaus.

Eine Verwirkung ergibt sich auch nicht nach § 1579 Nr. 1 BGB. Die Ehezeit vom 13.7.2000 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags am 7.2.2002 kann zwar noch als kurz angesehen werden. Die Hinzurechnung von Kindererziehungszeiten erfolgt in verfassungskonformer Auslegung nicht schematisch, sondern im Rahmen einer Billigkeitsprüfung (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6.Aufl., Rn. 639 zu § 4). Diese ergibt, dass die Inanspruchnahme des Beklagten nicht grob unbillig ist. Der Klägerin zu 2) wird nicht einmal der notwendige Eigenbedarf zugesprochen. Unter Wahrung der Belange von J. ist der Klägerin zu 2) ungekürzter und unbefristeter Unterhalt zuzusprechen.

Eine Befristung nach den §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht möglich, da die Klägerin zu 2) J. nicht nur vorübergehend betreut hat und heute noch betreut.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 344 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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