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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 10.09.2002
Aktenzeichen: 16 W 90/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 349 II | |
ZPO § 568 S. 1 |
2. Zur Abgrenzung zweier zeitgleich erlassenen Unterlassungsverfügungen gegen eine GmbH und gegen ihren Geschäftsführer persönlich.
16 W 90/02
Beschluss
In dem Zwangsvollstreckungsverfahren
wegen Antrages auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO
hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 16. Juli 2002 gegen den Beschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Itzehoe vom 5. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Chlosta, den Richter am Oberlandesgericht Meinert und den Richter am Oberlandesgericht Haack am 10. September 2002 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Gläubigers nach einem Beschwerdewert von 500,- Euro zurückgewiesen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO statthaft. Durchgreifende Bedenken gegen die Formgerechtigkeit der eingelegten sofortigen Beschwerde im Sinne von § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestehen nicht. Zwar enthält die Beschwerdeschrift wiederum, wie schon der zunächst eingereichte Bestrafungsantrag vom 8. April 2002, ein falsches Rubrum. Aus dem Inhalt der Beschwerdeschrift wie auch aus der Angabe des zutreffenden Aktenzeichens ist indes zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Beschwerdeschrift in diesem Verfahren, nicht aber im Parallelverfahren gegen die KvA-Handels-GmbH eingereicht werden sollte. Im übrigen ist die sofortige Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, weil der Schuldner dieses Verfahrens gegen die ihm durch einstweilige Verfügung vom 17. Januar 2002 auferlegten Unterlassungspflichten nicht verstoßen hat.
1. Der angefochtene Beschluss ist zu Recht vom Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen allein ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Handelsrichter erlassen worden. Das folgt ohne weiteres aus dem Umstand, dass auch die genannte einstweilige Verfügung vom Vorsitzenden allein gemäß § 944 ZPO erlassen werden durfte und erlassen worden ist (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 349 RdNr. 17).
2. Über das Rechtsmittel des Gläubigers hatte der Senat in seiner vollen Besetzung zu entscheiden. Eine Entscheidung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen gemäß § 349 Abs. 2 ZPO ist nämlich keine Einzelrichterentscheidung im Sinne von § 568 Satz 1 ZPO. Für das erstinstanzliche Verfahren unterscheidet die Zivilprozessordnung durchgängig zwischen der Entscheidungsbefugnis "des Einzelrichters" und derjenigen des "Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen", §§ 350, 349 Abs. 4 ZPO. Die Neuregelungen in §§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 Satz 2 ZPO für das Berufungsverfahren, aufgrund derer der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter im gesetzestechnischen Sinne bestimmt oder tätig werden kann, hat den Reformgesetzgeber nicht dazu veranlasst, die hergebrachte Unterscheidung zwischen dem Einzelrichter einer Zivilkammer und den gesetzlich zugewiesenen Vorsitzendenfunktionen in der Kammer für Handelssachen aufzugeben. Dann besteht auch keine Veranlassung, den Begriff des Einzelrichters in § 568 Satz 1 ZPO anders als im gesetzestechnischen Sinne zu verstehen. Der Amtsrichter ist Einzelrichter gemäß § 22 Abs. 1 GVG. Mitglieder von Zivilkammern des Landgerichts sind Einzelrichter nach Maßgabe der §§ 348, 348 a ZPO. Andere Einzelrichter kennt die Zivilprozessordnung für das erstinstanzliche Verfahren nicht (zu allem zutreffend OLG Karlsruhe NJW 2002, 1962, 1963 mit Nachweis der abweichenden Ansichten).
3. Der Bestrafungsantrag des Gläubigers gegen den Schuldner dieses Verfahrens ist unbegründet, weil das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung vom 17. Januar 2002 bei der gebotenen Berücksichtigung des zeitgleich gegenüber der GmbH erlassenen Verbotes, die Abberufung des Gläubigers von der Geschäftsführung zur Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Pinneberg anzumelden, diese Handlung überhaupt nicht umfasste. Schuldner und Gläubiger sind sich einig, dass die Anmeldung zum Handelsregister vom Schuldner nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der KvA-Handels-GmbH vorgenommen werden konnte und auch vorgenommen worden ist (LG-Protokoll vom 28. Juni 2002, Bl. 143). Dann ergibt die gebotene wertende Betrachtung aus der Sicht des Schuldners dieses Verfahrens, dass ihm durch die einstweilige Verfügung vom 17. Januar 2002, die gegen ihn persönlich gerichtet war, alle anderen Verbreitungsformen der untersagten Behauptung im Geschäftsverkehr untersagt werden sollten. Dass dies auch das Antragsinteresse des Gläubigers war, folgt aus der Begründung seines Antrages in diesem Verfahren vom 7. Januar 2002. Dass auch das ausgesprochene Verbot diese Reichweite hatte, ergibt sich aus der Begründung des Landgerichts zum Verfügungsgrund.
Die Auslegung des Gläubigers, der das Landgericht gefolgt ist, durch die einstweilige Verfügung dieses Verfahrens sei dem Schuldner ein weiteres Mal dasselbe verboten worden, was ihm bereits in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH im Parallelverfahren untersagt worden ist, ist bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise aus der Sicht des Schuldners unzutreffend.
Es geht somit nicht, wie das Landgericht im angefochtenen Beschluss gemeint hat, um ein Problem der Doppelbestrafung, sondern der Abgrenzung der zeitgleich an den Schuldner gerichteten Verbote einmal in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH und zum anderen als Teilnehmer am Geschäftsverkehr.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat der Senat nach dem Bestrafungsinteresse des Gläubigers geschätzt, § 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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