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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 08.07.2005
Aktenzeichen: 2 W 125/05
Rechtsgebiete: AufenthaltsG, AsyslVfG
Vorschriften:
AufenthaltsG § 57 | |
AufenthaltsG § 62 Abs. 2 Nr. 5 | |
AsyslVfG § 14 Abs. 3 Satz 3 |
2 W 125/05
Beschluss
In der Abschiebehaftsache
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 4. Juli 2005 gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichtes Kiel vom 29. Juni 2005 durch die Richter ........................................ am 8. Juli 2005 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Rendsburg vom 9. Juni 2005 werden geändert.
Der Antrag der Beteiligten auf Verlängerung der Abschiebungshaft bis zum 15. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen im Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach einem Geschäftswert von 3.000,00 €.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Oldenburg in Holstein hat auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 16. März 2005 angeordnet, dass der Betroffene längstens bis zum 15. Juni 2005 in Zurückschiebungshaft zu nehmen sei. Am 3. Mai 2005 stellte der Betroffene aus der Haft heraus beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag. Mit Beschluss vom 9. Juni 2005 hat das Amtsgericht Rendsburg auf Antrag der Beteiligten aufgrund der §§ 57, 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthaltsG die "Dauer der Abschiebungshaft bis zum 15. Juli 2005 einschließlich verlängert". Die gegen den Beschluss vom 9. Juni 2005 gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 29. Juni 2005 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen wird auf die Beschlüsse vom 9. Juni 2005 und 29. Juni 2005 Bezug genommen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Betroffene form- und fristgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß §§ 3, 7 FEVG, 22, 27, 29, 20 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Die Anordnung der Haftverlängerung war nach § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG unzulässig. Nach dieser Vorschrift endet eine gemäß §§ 57, 62 AufenthaltsG angeordnete Rückschiebungshaft im Falle der Asylantragstellung des Betroffenen mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts, spätestens jedoch vier Wochen nach dem Eingang des Asylantrags beim Bundesamt, es sei denn, der Asylantrag wurde als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet abgelehnt. Im vorliegenden Fall endete die Abschiebungshaft vier Wochen nach dem Eingang des Asylantrags des Betroffenen beim BAMF, weil das BAMF noch keine wirksame Entscheidung über den Asylantrag des Betroffenen getroffen hat. Der mit Schriftsatz der Beteiligten vom 8. Juli 2005 übersandte Bescheid des BAMF vom 5. Juli 2005 mit der Feststellung, dass dem Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe, und der Anordnung der Abschiebung nach Griechenland ist noch nicht zur Zustellung an den Betroffenen übersandt und damit noch nicht wirksam geworden. Die 4-Wochen-Frist des § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG war daher am 9. Juni 2005 bereits abgelaufen und eine Haftverlängerung nicht mehr zulässig.
Unerheblich ist demgegenüber, dass Griechenland nach der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II, Amtsblatt der EU vom 25. Februar 2003 L 50/1) für das Asylverfahren zuständig ist. Denn das ändert nichts daran, dass das Asylverfahren durch den Asylantrag des Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet worden und deshalb auch bis zur Rückschiebung des Betroffenen nach Griechenland nach dem hier geltenden Recht zu behandeln ist. § 14 AsylVfG findet daher Anwendung, solange sich der Betroffene in der Bundesrepublik Deutschland in Haft befindet. Die Anwendung dieser Vorschrift ist insbesondere nicht schon dadurch ausgeschlossen worden, dass das BAMF das Konsultationverfahren nach Dublin II mit Griechenland eingeleitet hat; dadurch ist die Frist des § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift auch nicht gehemmt worden (vgl. auch BayobLGNVwZ 2001, Beilage, Nr. 2, 23; KG Beschluss vom 8. März 2004, 25 W 20/04 - bei Melchior, Abschiebungshaft, Anhang; Brandenburgisches OLG Beschluss vom 30. September 2004, 11 Wx 38/04 - bei Melchior aaO; OLG Celle Beschluss vom 3. Januar 2005, 16 W 195/04 - bei Melchior aaO; OLG Dresden Beschluss vom 3. Dezember 2004, 3. Dezember 2004 - bei Melchior aaO). Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG gilt die 4-Wochen-Frist vielmehr gerade auch dann unbeschränkt, wenn ein Asylantrag letztlich als unbeachtlich zurückgewiesen wird, weil aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages ein anderer Vertragsstaat, der ein sicherer Drittstaat ist, für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG scheitert auch nicht etwa daran, dass das BAMF kein den Aufenthalt des Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland gestattendes "Asylverfahren i.S.d. § 55 AsylVfG eingeleitet" hat, sondern nur ein Konsultationsverfahren mit den griechischen Behörden. Ein Asylverfahren i.S.d. § 55 AsylVfG ist vielmehr schon allein durch den Asylantrag des Betroffenen eingeleitet worden. Dadurch hat er nach dem eindeutigen Wortlaut des § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ungeachtet seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat insbesondere auch die erforderliche Aufenthaltsgestattung erlangt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 16 FEVG, 30 f KostO.
Ende der Entscheidung
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