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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.10.1999
Aktenzeichen: 2 W 146/99
Rechtsgebiete: BGB, ZSEG
Vorschriften:
BGB § 1835 | |
BGB § 1836 | |
BGB § 1836 a a. F. | |
BGB § 1835 Abs. 1 S. 3 u. 4 | |
BGB § 1835 a Abs. 4 | |
BGB § 1836 Abs. 2 S. 3 u. 4 | |
BGB § 1908 i | |
ZSEG § 15 Abs. 2 |
2 W 146/99 3 T 354/99 LG Kiel 3 XVII 1354 AG Bad Segeberg
Beschluß
In der Betreuungssache
betreffend den am geborenen Herrn, Station 11 C,
Beteiligte:
1. Herr, als früherer Betreuer,
2. die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Kiel,
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 23.07.1999 und die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 6.08.1999 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 19.07.1999 durch die Richter am Oberlandesgericht am 13.10.1999 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen der angefochtene Beschluß geändert.
Der dem Beteiligten zu 1. aus der Landeskasse zu zahlende Betrag wird auf insgesamt 2.234,26 DM festgesetzt.
Die gerichtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Beteiligte zu 1. nach einem Wert von 206,37 DM. Von seinen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens trägt der Beteiligte zu 1. 1/10, im übrigen trägt sie die Landeskasse.
Der Geschäftswert beträgt 2.440,63 DM.
Gründe
Der Beteiligte zu 1. war vom 28.10.1996 bis zu seiner Entlassung am 16.07.1999 zum Betreuer des mittellosen Betroffenen bestellt. Mit am 31.12.1998 beim Amtsgericht eingegangenem Telefax hat er für die Zeit vom Juli 1996 bis Dezember 1998 die Festsetzung von Aufwendungen und einer Vergütung über insgesamt 2.440,63 DM beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 17.06.1999 für November und Dezember 1998 Auslagenersatz und Vergütung in Höhe von insgesamt 172,84 DM festgesetzt. Einen weitergehenden Anspruch hat es für nicht gegeben erachtet, weil der Beteiligte zu 1. den Originalantrag erst am 30.04.1999 eingereicht habe und alle Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche, die nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Betreuungsjahres (Oktober bis Oktober) geltend gemacht würden, erloschen seien. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat das Landgericht den Beschluß geändert und den Betrag auf insgesamt 1.472,07 DM festgesetzt. Ferner hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die seit 1.01.1999 geltende Erlöschensregelung der §§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 1 Satz 3, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB habe (auch) verfahrensrechtlichen Charakter, so daß sie für künftig zu treffende Entscheidungen auch über vergangene Zeiträume gelte. Gegen diesen Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 223 bis 225 d.A.), richten sich die Rechtsmittel der Beteiligten.
Die Rechtsmittel sind nach §§ 69 e, 56 g Abs. 5 Satz 2, 27, 29, 22 FGG zulässig. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist weitgehend begründet, das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Zutreffend hat allerdings das Landgericht die Stellung des Antrags per Telefax am 31.12.1998 für wirksam angesehen. Für die einschränkenden Anforderungen des Amtsgerichts fehlt jegliche Grundlage. Wird davon ausgegangen, daß das Gesetz die Schriftform erfordert, können jedenfalls keine höheren Voraussetzungen gestellt werden, als sie nach allgemeiner Auffassung für bestimmende Schriftsätze - zum Beispiel Klage und Rechtsmittel sowie ihre Begründungen - gelten. Insoweit ist inzwischen einhellig anerkannt, daß die Einreichung derartiger Schriftsätze mittels Telefax grundsätzlich zulässig ist. Auch einer Bestätigung der Telefaxübermittlung auf dem Postweg bedarf es nicht. Das gilt sowohl für die ordentliche Gerichsbarkeit im Zivil- und Strafverfahren als auch für alle Fachgerichtsbarkeiten (Töpperwien, DRiZ 1999, 241, 242 m.w.Nw.).
Rechtsfehlerhaft hat aber das Landgericht die Erlöschensregelungen des seit 1.1.1999 in Kraft befindlichen Vergütungsrechts auf den davor liegenden Abrechnungszeitraum angewendet. Nach Auffassung des Senats sind diese Regelungen sowohl nach neuem wie nach altem Recht (§§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 4 Satz 2, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB a. F.; 15 Abs. 2 ZSEG) nicht dem Verfahrenssrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen, weil sie das Erlöschen privatrechtlicher Ansprüche des Betreuers bestimmen (im Ergebnis ebenso Chauvistré, BtPrax 1999, 100). Insoweit ist es bedeutungslos, daß der Erlöschenstatbestand von Amts wegen zu beachten ist und § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB a.F. die Vorschriften über das "Verfahren" bei der Entschädigung von Zeugen für sinngemäß anwendbar erklärte. Gehören diese Regelungen aber dem materiellen Recht an, so kann mangels abweichender Übergangsvorschriften - insbesondere hat der Gesetzgeber die Aufwendungsersatz- und Vergütungsvorschriften insgesamt nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet - schon aus Gründen des Vertrauensschutzes die materielle Neuregelung nicht auf Ansprüche aus davor liegenden Zeiträumen angewendet werden. Vielmehr muß die alte Regelung gelten (OLG Zweibrücken NJW 1999, 2125; Senat seit dem den Beteiligten bekannten Beschluß vom 30.06.1999 - 2 W 77/99; Chauvistré speziell für die Erlöschensregelungen a.a.O.; Palandt-Diedrichsen, BGB, 58. Aufl., § 1836 Rn. 3; Bienwald, Betreuungsrecht, 2. Aufl., Vorbem. vor Art 9 Rn. 4). Nach allem kann die Festsetzung durch das Landgericht keinen Bestand haben.
Maßgebend für die Festsetzung nach §§ 1908 i, 1835, 1836 BGB a.F. ist demnach weiterhin § 15 Abs. 2 ZSEG in entsprechender Anwendung. Nach dieser Vorschrift erlischt der Anspruch, wenn der Zeuge nicht binnen drei Monaten nach Beendigung der Zuziehung Entschädigung bei dem zuständigen Gericht verlangt. Bei der sinngemäßen Anwendung im Rahmen der Festsetzung von Auslagenersatz und Vergütung des Betreuers muß demgemäß darauf abgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die Zuziehung des Betreuers in einer Art und Weise beendet ist, wie sie der Beendigung der Zuziehung eines Zeugen im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift vergleichbar ist. Danach kann nicht zweifelhaft sein, daß dieser Zeitpunkt erst mit der tatsächlichen Beendigung der Betreuungstätigkeit anzunehmen ist (OLG Hamm RPfl 1999, 180,181). Für eine Aufteilung nach Zeitabschnitten - etwa nach Betreuungsjahren - läßt auch die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 2 ZSEG keinen Raum.
Soweit das Landgericht - wie dem Senat u.a. aus dem Verfahren bekannt ist, das dem erwähnten Senatsbeschluß vom 30.06.1999 zugrundelag - nach altem Recht auf Ansprüche aus §§ 1835, 1836 BGB a.F. kurzerhand die teilweise zum Anspruch auf Aufwandsentschädigung nach § 1836 a BGB a.F. vertretene Auffasssung angewendet hat, der Anspruch erlösche, wenn er nicht binnen drei Monaten nach Entstehung (Ablauf eines Betreuungsjahres) geltend gemacht werde, vermag der Senat auch dem aus mehreren Gründen nicht zu folgen. Einmal gilt die Regelung nach § 1836 a Satz 3 BGB a.F. (die Aufwandentschädigung ist jährlich zu zahlen, erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormunds), an welche diese Auffassung anknüpft, nur für diese Vorschrift, nicht für §§ 1835, 1836 BGB a.F.. Der Gesetzgeber hat diese Fälligkeitsregelung mit dem Betreuungsgesetz für den speziellen Fall deshalb eingeführt, weil eine monatliche Zahlungsweise wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht praktikabel und auch eine Zahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres nicht sinnvoll erschien, da das Gericht dann jeweils zum Jahreswechsel mit einer Vielzahl von Abrechnungen befaßt wäre (BT-Drucksache 11/4528 Seite 112). Zum anderen war diese Meinung umstritten (vgl. zum Meinungsstand BayObLG FamRZ 1997, 580; LG München FamRZ 1196, 1566, 1567), wobei ihr nach Auffassung des Senats überzeugende Argumente fehlten. Aus § 1836 a S. 3 BGB a.F. folgt lediglich, daß die Aufwandsentschädigung jährlich zu zahlen ist, nicht aber daß sie der Betreuer jährlich fordern muß. Ferner stellt § 15 Abs. 2 ZSEG - wie schon erwähnt - eindeutig nicht auf die Fälligkeit des Anspruchs, sondern auf die Beendigung der Zuziehung des Zeugen (entsprechend des Betreuers) ab (BayObL a.a.O).
Da die Ansprüche der Höhe nach hinreichend aufgeklärt sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Für die Zeit vor der Bestellung kann der Beteiligte zu 1. weder Aufwendungsersatz noch Vergütung verlangen (Senat FGPrax 1998,179,180). Das Amt beginnt erst mit der Bekanntmachung der Bestellung. Demnach erstreckt sich der maßgebliche Zeitraum von November 1996 bis Dezember 1998 (26 Monate). Ausgehend von den insoweit nicht beanstandeten Feststellungen des Landgerichts ist pro Monat eine Vergütung von 62,50 DM und ein Aufwendungsersatz von 12,- DM (30 km à 0,40 DM) gerechtfertigt. Ferner ist die Mehrwertsteuer - bis März 1998 15% (17 Monate), ab April 1998 16% (9 Monate) - zu berücksichtigen. Daraus folgt ein Gesamtbetrag von 2.234,26 DM (1.456,48 DM + 777,78 DM).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 GKG, § 13 a Abs. 1 FGG.
Ende der Entscheidung
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