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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 5 U 116/06
Rechtsgebiete: ScheckG
Vorschriften:
ScheckG Art. 29 | |
ScheckG Art. 31 |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
verkündet am: 31. Mai 2007
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 10.05.2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Juni 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Bank, Schadensersatz wegen des Verlustes von Forderungen aus einem Scheck.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten ein Kontokorrentkonto. Dem Girovertrag lagen die AGB der Beklagten in der Fassung von April 2000 zugrunde. (K1, Bl. 5 - 8 d. A.). In Nr. 11 Abs. 3 dieser AGB heißt es:
"(3) Besonderer Hinweis bei Eilbedürftigkeit der Ausführung eines Auftrags
Hält der Kunde bei der Ausführung eines Auftrags besondere Eile für nötig (zum Beispiel weil ein Überweisungsbetrag dem Empfänger zu einem bestimmten Termin gutgeschrieben werden muss), hat er dies der Bank gesondert mitzuteilen. Bei formularmäßig erteilten Aufträgen muss dies außerhalb des Formulars erfolgen."
Am Gründonnerstag, den 17. April 2003, reichte der Kläger bei der Beklagten mit einem Scheckeinreichungsformular zwei Schecks ein, darunter einen Verrechnungsscheck über 10.000,-- € (K3, Bl. 10 d. A.), welchen die A GmbH unter Angabe der Sparkasse B als Bezogener mit Datum vom 14. April 2003 auf die X GmbH "oder Überbringer" ausgestellt hatte. Die X GmbH hatte den Scheck an den Kläger weiter gereicht. Ob dieser im Gegenzug eine Barzahlung an die X vorgenommen hatte, ist streitig. Die Beklagte schrieb den Betrag noch am selben Tag dem klägerischen Konto gut und reichte den Scheck am 22. April 2003 bei der für sie zuständigen Filiale der Deutschen Bundesbank in C ein. Der Scheck wurde an die Sparkasse in B weiter geleitet, wo er am 24. April 2003 einging, aber mangels dort vorhandener Deckung nicht eingelöst wurde. Dies führte zu einer Rückbelastung des klägerischen Kontos durch die Beklagte am 29. April 2003 mit dem zuvor gutgeschriebenen Betrag von 10.000,-- € zuzüglich 5,-- € Rücklastschriftgebühren.
Ohne den genauen Ablauf zu kennen, trat der Kläger mit Hilfe seines Prozessbevollmächtigten zunächst an die A GmbH heran und versuchte vergebens, die Forderung ihr gegenüber durchzusetzen. Die A GmbH erklärte ihm mit Schreiben vom 5. Mai 2003 (K 7, Bl. 17 f. d. A.), dass der Scheck ohne ihr Wissen und abredewidrig an ihn weitergereicht worden sei und sie gegenüber der X GmbH am 25. April 2003 durch Überweisung gezahlt habe, was auch zutrifft. Da über das Vermögen der X GmbH zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, ließ der Kläger seine Forderung über seinen Prozessbevollmächtigten zur Insolvenztabelle anmelden. Weiter forderte er die Beklagte mit Schreiben vom 3. August 2004 unter Fristsetzung zum 17. August 2004 zur Schadensersatzleistung auf, nachdem er zwischenzeitlich erfahren hatte, dass der Scheck bei der Sparkasse B erst am 24. April 2003 vorgelegt worden war.
Insoweit hat der Kläger erstinstanzlich den Ersatz der nicht realisierten Scheckforderung in Höhe von 10.000,-- €, der Rückbelastungsgebühr in Höhe von 5,-- €, der Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Scheckforderung gegenüber der A GmbH in Höhe von 447,18 €, der Kosten der Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle in Höhe von 208,57 € und der nicht anrechenbaren Gebühr der außergerichtlichen Vertretung gegenüber der Beklagten in Höhe von 419,81 €, insgesamt also den Ersatz von 11.080,55 € gefordert.
Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich weiterer Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage in Höhe eines Teilbetrages in Höhe von 5.540,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5.330,37 € seit dem 18. August 2004 und auf weitere 209,90 € seit dem 24. Mai 2005 unter Abweisung der weitergehenden Klage stattgegeben. Die Beklagte habe ihre Sorgfaltspflichten gegenüber dem Kläger und damit Pflichten aus dem Girovertragsverhältnis dadurch verletzt, dass ihre Mitarbeiter bei der Scheckeinreichung nicht eine Fristenkontrolle vorgenommen und den Kläger darauf hingewiesen hätten, dass eine rechtzeitige Vorlage vor Ablauf der Vorlagefrist von 8 Tagen nach Ausstellung (Art. 29 Abs. 1 Scheckgesetz) nicht mehr mit Sicherheit gewährleistet werden könne. Eine derartige Fristenprüfung sei einem Kreditinstitut auch unter der Bedingung von Massengeschäften zuzumuten. Es reiche nicht aus, dass das Kreditinstitut lediglich den eingereichten Scheck unverzüglich weiterreiche. Ziff. 11 Abs. 3 AGB der Beklagten stehe keineswegs entgegen, da der Kläger die Einreichung nicht für besonders eilbedürftig habe "halten" müssen und die Beklagte sich nicht über Ziff. 11 Abs. 3 AGB-Banken ihrer Sorgfaltspflichten entledigen dürfe. Allerdings sei dem Kläger ein hälftiges Mitverschulden anzurechnen (§ 254 BGB). Wer einen Scheck als Zahlungsmittel annehme, müsse nämlich im eigenen Interesse die Grundzüge und -regeln des Scheckverkehrs kennen und unter diesen Voraussetzungen die Vorlagefrist berechnen und Risiken erkennen können. Ein ersatzfähiger Schaden in Höhe der Schecksumme sei dem Kläger deshalb entstanden, weil er bei rechtzeitiger Vorlage des Schecks diesen gegenüber der Ausstellerin hätte durchsetzen können. Auch die angefallenen Anwaltsgebühren seien ersatzfähig, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Beklagten die genauen Hintergründe noch gar nicht gekannt habe. Ersatzfähig seien schließlich der Anfall der Rückbelastungsgebühr und die Kosten der Anmeldung zur Insolvenztabelle.
Gegen dieses ihr am 6. Juli 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. Juli 2006 rechtzeitig Berufung eingelegt und diese fristgerecht wie folgt begründet:
Zu Unrecht habe das Landgericht eine Überprüfungspflicht ihrerseits angenommen. Es sei nicht ihre Aufgabe gewesen, eine besondere Fristenprüfung vorzunehmen, da in der Vorlagefrist von 8 Tagen stets mindestens ein Wochenende liegen müsse, bei jedem Scheckeinreichungsvorgang also mindestens 2 Nicht-Arbeitstage zu berücksichtigen seien. Hier habe wegen Ostern ein verlängertes Wochenende vorgelegen. Letztlich sei dies aber keine Besonderheit. Ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis sei allenfalls unter Berücksichtigung des Ausstellungsdatums (14.04.) erkennbar gewesen, das aber von der Beklagten nicht zu prüfen gewesen sei. Eine Prüfungspflicht sei unter den Bedingungen des Massengeschäfts auch nicht zu realisieren. Kein einziger Bankmitarbeiter kenne den Weg, den ein zum Inkasso weitergeleiteter Scheck bis zur Vorlage bei der bezogenen Bank noch zurücklegen müsse. Überdies sei es in der Praxis durchaus möglich, auch noch nach Ablauf der Vorlagefrist eine Scheckeinlösung vorzunehmen; die Verweigerung der Scheckeinlösung wegen Fristüberschreitung spiele im Massengeschäft des Scheckinkassos keine Rolle. Jedenfalls habe gemäß Ziff. 11 Abs. 3 AGB ein Eilhinweis erfolgen müssen.
Der Scheck sei zunächst am Nachmittag des Einreichungstages, Gründonnerstag den 17. April 2003, von ihrer Filiale in E nach N gelangt. Dort sei er von ihren Mitarbeitern am Vormittag des nächsten Banktages, also am Dienstag, den 22. April 2003 bearbeitet worden. Anschließend sei der Scheck nachmittags zu der für sie zuständigen Filiale der Deutschen Bundesbank nach C gelangt. Dieser Weg sei banküblich. Der streitgegenständliche Scheck sei dann über die Deutsche Bundesbank auf einem internen, der Beklagten nicht bekannten Weg der Sparkasse B als bezogener Bank vorgelegt worden. Die Vorlage bei einer Abrechnungsstelle im Sinne des Art. 31 Abs. 2 ScheckG habe für die Fristenberechnung keine Rolle gespielt. Die Einlieferung eines Schecks in einer Abrechnungsstelle entsprechend Art. 31 ScheckG stehe der Scheckvorlage beim bezogenen Institut nämlich nur dann gleich, wenn die bezogene Bank bei dieser Abrechnungsstelle als Teilnehmer zugelassen sei. Die Sparkasse B als bezogene Bank sei aber zu keinem Zeitpunkt bei der Filiale C der Deutschen Bundesbank als Teilnehmer zugelassen gewesen.
Jedenfalls schließe das überwiegende Mitverschulden des Klägers einen Schadensersatzanspruch aus, habe sich doch dieser ohne Not auf das risikoreiche Geschäft des Scheckankaufs gegen sofortige Kaufpreiszahlung eingelassen.
Auch der geltend gemachte Schaden werde nach wie vor bestritten.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage nicht nur teilweise, sondern vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Beklagte habe im Laufe des Rechtsstreits konfus und stets wandelnd insbesondere zur Frage der Abrechnungsstelle vorgetragen. Der gesamte Vortrag müsse bestritten werden und sei auch für ihn, den Kläger, nicht mehr nachvollziehbar. Die Beklagte wisse ersichtlich nicht, was und warum sie es mache. Sie habe sich augenscheinlich niemals über Art. 31 ScheckG Gedanken gemacht, weshalb ihr der Vorwurf zu machen sei, dass sie sich jedenfalls nicht sorgfältig um die rechtzeitige Vorlage des Schecks unter Einhaltung der Vorlagefrist des Scheckgesetzes gekümmert habe. Zu einer sorgfältigen Scheckeinreichung sei sie aber aufgrund des Girovertrages ihm gegenüber verpflichtet gewesen.
Die Beklagte müsse ihren Geschäftsbetrieb so einrichten, dass sie die von ihr übernommene Geschäftsbesorgung des Scheckeinzugs auch tatsächlich ausführen könne. Wenn sie sehe, dass dies nicht fristgemäß möglich sei, müsse sie den Geschäftsherrn rechtzeitig informieren. Die Beklagte könne nicht eine Geschäftsbesorgung übernehmen und diese sich über Kontoführungsgebühren auch bezahlen lassen, gleichzeitig aber darauf bestehen, dass sie dafür nicht zu haften habe. Weder der Gesichtspunkt des Massengeschäftes noch der der routinierten Bearbeitung könne sie von Überprüfungsnotwenigkeiten freizeichnen.
Der Kläger beruft sich zum Beweis der von der A GmbH an die X GmbH vorgenommenen Zahlung ergänzend auf das Zeugnis des Prokuristen J der X GmbH und deren Insolvenzverwalters K.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen.
Der Senat hat aufgrund seines Beschlusses vom 27. Februar 2007 (Bl. 185 f d.A.) eine amtliche Auskunft der Deutschen Bundesbank - Filiale C - eingeholt, die diese unter dem 20. März 2007 (Bl. 190 f) erteilt hat. Darauf wird verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, ist dies - auch hinsichtlich der wesentlichen Gründe - nicht zu beanstanden.
Dem Kläger steht jedenfalls in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Verletzung hier bestehender Prüfungs- und Hinweispflichten aus dem Girovertragsverhältnis zu (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB).
1.
Es steht heute außer Streit, dass jedenfalls dann, wenn, wie hier, das Kreditinstitut kontoführende Bank für den Scheckeinreicher ist, die Verpflichtung zum Scheckinkasso bereits eine Nebenabrede des Girovertrages darstellt (OLG Bremen WM 1991, 1252, 1254). Die Inkassobank ist beim Scheckinkasso nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, den Scheck auf dem schnellsten und sichersten Weg der bezogenen Bank oder der für diese zuständigen Abrechnungsstelle - Art. 31 ScheckG - vorzulegen oder vorlegen zu lassen. Sie darf sich dabei allerdings grundsätzlich der banküblichen Einzugswege bedienen (BGH WM 1985, 1391 ff bei juris Rn. 21; WM 1988, 246 ff. bei juris Rn. 10; siehe auch OLG Hamm NJW-RR 1993, 427). Den banküblichen Weg hat die Beklagte letztlich beschritten, nachdem sie den Scheck am Nachmittag des 22.04.2003 - wenngleich erst am fünften Tag nach der Einreichung - bei der für sie zuständigen Filiale der Deutschen Bundesbank in C vorgelegt hat.
Dass es sich bei der Vorlage des Schecks in C und auch bei der Weiterleitung des Schecks von C aus um den banküblichen Weg handelt, hat die Deutsche Bundesbank in der vom Senat eingeholten amtlichen Auskunft vom 20.03.2007 bestätigt. Nach Darstellung der Deutschen Bundesbank ist der Scheck zunächst am 22.04.2003 von der Zentrale der Beklagten in N an die Deutsche Bundesbank Filiale C gelangt und am selben Tag weiter per Kurier an das Bundesbank-Bereichsrechenzentrum in Hamburg. Dort ist am 23.04.2003 ein Datensatz erzeugt und auf elektronischem Weg an die West-LB Düsseldorf weitergegeben worden, die die bezogene Sparkasse B als Verrechnungsstelle genannt hatte. Der Scheck selbst ist (von Hamburg aus) an die Sparkasse B versandt worden, weil die bezogene Sparkasse die eigene Hausanschrift als Versandadresse für Großbetragsschecks hinterlegt hatte.
2.
Die Deutsche Bundesbank hat in der eingeholten amtlichen Auskunft allerdings keine Ausführungen dazu gemacht, ob es auch banküblich war, dass der am 17.04.2003 in der Filiale E der Beklagten eingereichte Scheck bei dieser bis auf die körperliche Weiterleitung des Schecks in ihre Zentrale in N an diesem Tag keine weitere Bearbeitung erfahren und nicht auf den Weg zur bezogenen Bank gebracht worden ist, vielmehr die Bearbeitung des Schecks zur Weiterleitung über die deutsche Bundesbank bei der Beklagten erst am Vormittag des 22.04.2003 begonnen hat - also an jenem Tag, an dem die Vorlagefrist des Art. 29 Abs. 1 ScheckG bereits ablief. Wenn das wegen des Osterwochenendes der Fall gewesen sein sollte, hat die Beklagte aber jedenfalls eine dem Kläger gegenüber aus dem die Parteien verbindenden Girovertragsverhältnis unter den Besonderheiten des vorliegenden Falles obliegende Pflicht verletzt, ihn bei der Einreichung des Schecks am Gründonnerstag darauf hinzuweisen, dass der Scheck bis Dienstag-Morgen wegen des Osterwochenendes nicht auf den - banküblichen - Weg gebracht werden würde und deshalb die Vorlagefrist des Art. 29 Abs. 1 ScheckG auf diesem Weg nicht gewahrt werden würde.
Die Besonderheiten des vorliegenden Fall sind zunächst dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger den fraglichen Scheck persönlich über bei einem Mitarbeiter der Beklagten am Schalter eingereicht hat, er diesem Mitarbeiter dadurch Vertrauen entgegengebracht, aber auch Verantwortung für die weitere Bearbeitung auferlegt hat. Darauf hat bereits das Landgericht zu Recht abgestellt und zutreffend darauf hingewiesen, dass es dem Mitarbeiter angesichts des nicht zu übersehenden Ausstellungsdatums praktisch ohne zusätzlichen Zeitaufwand möglich gewesen wäre, den Fristablauf in fünf Tagen zu erkennen und einen Warnhinweis zu erteilen.
Insoweit ist aber von entscheidender Bedeutung, dass sich dem Kläger als Bankkunden keineswegs aufdrängen musste, der Scheck würde erst fünf Tage später weiterbearbeitet werden, weil von Donnerstag Abend bis Dienstag Morgen keinerlei Banktätigkeit bei der Beklagten stattfand. Er musste insbesondere nicht damit rechnen, dass der Scheck vor Ablauf des Osterwochenendes in keiner Weise in Richtung auf die bezogene Bank befördert werden, dieser dort vielmehr erst sieben Tage später eintreffen würde. Der bankübliche Weg - wenn er denn eingehalten wäre - erwies sich somit als ein sehr langsamer Beförderungsweg, der etwa alle üblichen postalischen Laufzeiten um ein Vielfaches übertraf. Das alles konnte der Kläger nicht wissen, während der Bankmitarbeiter hätte wissen müssen und wissen können, dass die Weiterbearbeitung des Schecks erst am Dienstag, dem 22.04.2003, stattfinden würde und die Vorlagefrist daher nicht eingehalten werden könnte.
Der Argumentation der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 14.05.2007, es sei offensichtlich, dass sich über die Ostertage jegliche Bearbeitung von Bankvorgängen verzögere, weshalb dies dem Kläger nicht hätte mitgeteilt werden müssen, vermag der Senat nicht zu folgen. Es geht nicht um eine Verzögerung, sondern um eine vollständige Untätigkeit der Beklagten von Donnerstag Abend bis Dienstag Morgen. Dabei ist zu bedenken, dass die wesentliche zu erbringende Leistung gerade auch nach der Auskunft der Deutschen Bundesbank die körperliche Beförderung des Schecks zu dem bezogenen Bankinstitut war. Es ist aber unter den Bedingungen der modernen Dienstleistungsgesellschaft keineswegs offensichtlich - und hat vielmehr auch den Senat überrascht - dass eine Beförderung über das Osterwochenende und damit über fast 5 Tage vollständig unterblieb, der Scheck vielmehr erst 7 Tage nach Einreichung bei der bezogenen Bank eintraf. Mit einer derart langen Beförderungsdauer musste der Kläger bei Einreichung des Schecks keineswegs rechnen.
Dem Kläger, der bereits mehrfach Schecks bei der Beklagten ohne Probleme eingereicht hatte, musste auch nicht wegen der bereits abgelaufenen 3 Tage der insgesamt 8-tägigen Vorlagefrist Bedenken haben, dass die Vorlagefrist nicht mehr würde gewahrt werden können. Er musste weder damit rechnen, dass der Scheck erst 5 Tage später am Dienstag nach Ostern auf den Weg gebracht werden würde, noch damit, dass im vorliegenden Fall dieser Weg nicht über die Vorlage des Schecks bei einer Abrechnungsstelle nach Art. 31 ScheckG abgekürzt würde, weil die bezogene Bank bei der Filiale der Deutschen Bundesbank in C als Teilnehmer nicht zugelassen war. Auch darauf hätte die Beklagte ihn vielmehr hinweisen müssen.
Gegenüber ihrer Pflicht aus dem Girovertrag zum Hinweis darauf, dass unter den Besonderheiten des vorliegenden Falles eine rechtzeitige Vorlage auf dem banküblichen Weg nicht würde erreicht werden können, kann die Beklagte den Gesichtspunkt des Massenverkehrs nicht mit Erfolg einwenden. Zum einen gehen nämlich gerade mit den Massenverkehr Standardisierungen der Abwicklung und der Übermittlung einher, die dem Kunden Vertrauen in die Beherrschbarkeit derartiger Vorgänge suggerieren. Zum anderen weiß die Bank besser als der Kunde um die Bedingungen des Massenverkehrs und muss diesen von daher darauf hinweisen, dass im besonderen Falle gerade unter diesen Bedingungen - welche nur sie kennt - eine rechtzeitige Übermittlung gefährdet erscheint.
Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Übrigen angelegt, dass sich die Pflichten aus dem Girovertragsverhältnis gegenüber dem Scheckeinreicher nicht stets und ohne jedes Eingehen auf etwaige Besonderheiten in der Weiterleitung des Schecks auf banküblichem Weg erschöpfen. Unter besonderen Umständen muss die Bank vielmehr auch einen ungewöhnlichen Weg auf seine Zweckmäßigkeit prüfen und diesen gehen, oder dem Scheckkunden entsprechende Hinweise geben (BGHZ 22, 304 ff bei juris Rn. 12, 14; BGHZ 6, 55 ff und BGHZ 13, 127 ff).
3.
Einen Haftungsausschluss gemäß Nr. 11 Abs. 3 der AGB der Beklagten hat das Landgericht zu Recht verneint. Dass eine derartige Eilbedürftigkeit bestand, welche den Kläger zu einem Eilauftrag hätte animieren müssen, konnte dieser nämlich - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - nicht ohne Weiteres erkennen; hierüber hätte die Beklagte ihn gerade informieren müssen.
4.
Die Pflichtverletzung ist auch schadensursächlich geworden. Insoweit greift zu Gunsten des Klägers die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens, wie das Landgericht bereits dargelegt hat. Beratungsgerechtem Verhalten hätte es entsprochen, für die rechtzeitige Vorlage noch am 22.04.2003 bei der bezogenen Bank dadurch zu sorgen, dass ein Sonderkurier in Anspruch genommen oder der Kläger selbst sich um den Transport nach B und die dortige Vorlage des Schecks gekümmert hätte.
5.
Ein Schaden ist dem Kläger jedenfalls in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe auch entstanden.
Der Schaden besteht zunächst in Höhe der Schecksumme von 10.000,-- €. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger dem Prokuristen der X GmbH für diesen Scheck seinerseits 10.000 € gegeben hat, ob die Scheckausstellerin diese Summe an die X GmbH gezahlt hat oder ob die Weitergabe des Schecks abredewidrig war. Denn von all diesen Fragen unabhängig hätte die bezogene Bank innerhalb der Vorlagefrist von Art. 29 Abs. 1 ScheckG zahlen müssen, während sie sich nach Ablauf auf mangelnde Deckung berufen konnte. Auch haftet gemäß Art. 12 ScheckG der Aussteller für die Zahlung des Schecks nur, soweit der Bezogene zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre. Dies war er nach Ablauf der Vorlagefrist aber nicht mehr.
Ersatzfähig sind auch die Rückbelastungskosten und die nicht anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 419,80 €, da diese adäquat kausal durch die Pflichtverletzung verursacht worden sind. Gerade angesichts des gezeigten Verhaltens der Beklagten war die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich. Dies gilt aber auch hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Scheckforderung gegenüber der Firma A, weil zu diesem Zeitpunkt der Kläger noch nicht wusste, dass die Vorlagefrist verstrichen war, und für die Kosten von 208,57 € für die Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle der X GmbH.
6.
Das Landgericht hat bereits ein Mitverschulden des Klägers von 50 % durchgreifen lassen. Ob ein Mitverschulden vorliegt, kann letztlich dahinstehen. Der Senat hat insoweit Zweifel, weil ein Solches anderenfalls angesichts der Kürze der Vorlagefrist von 8 Tagen fast stets angenommen werden müsste. Ein Mitverschulden lässt sich jedenfalls nicht schon daraus ableiten, dass der Kläger sich überhaupt auf einen Scheckankauf eingelassen hat. Die Problematik braucht der Senat allerdings nicht weiter zu vertiefen, weil eine Mitverschuldensquote über 50 % jedenfalls unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt wäre.
7.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nach § 543 ZPO zugelassen, weil der Rechtssache im Hinblick auf die nicht abschließend geklärte Frage, ob der Bank bei der Einreichung von Schecks am Schalter Prüfungs- und Hinweispflichten im Hinblick auf die Einhaltung der Vorlagefrist obliegen, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Ende der Entscheidung
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