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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 5 U 192/05
Rechtsgebiete: AGBG, BGB


Vorschriften:

AGBG § 3
BGB § 305 c Abs. 1

Entscheidung wurde am 20.10.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete, Orientierungssatz und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Die u.a. in Nr. 21 Abs. 3 Satz 2 Muster-AGB Sparkassen (Fassung 2002) enthaltene Klausel "Das Pfandrecht sichert auch Ansprüche gegen Dritte, für deren Erfüllung ihr der Kunde persönlich haftet" ist unwirksam.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 192/05

verkündet am: 4. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Oktober 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel (Az. 12 O 446/04) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, Insolvenzverwalter einer Komplementär-GmbH, wendet sich gegen die Verrechnung eines Guthabens der GmbH bei der Beklagten mit Verbindlichkeiten der insolventen verbundenen KG.

Ende 1998 wurde die nunmehr vom Kläger als Insolvenzverwalter vertretene B. & K. Verwaltungs GmbH (im Folgenden: GmbH) als Komplementär-GmbH der B. & K. Landtechnik GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) gegründet. Gleichberechtigte Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH wie auch Kommanditisten der KG waren die Gesellschafter B. und K.. Hausbank beider Gesellschaften war die Beklagte, bei der sie jeweils verschiedene Konten unterhielten. So war für die GmbH, die eine eigene operative Geschäftstätigkeit nicht entfaltete und auch nicht entfalten sollte, von den Gesellschaftern B. und K. neben einem am 30. November 1998 eröffneten Girokonto am 12. Januar 2001 ein Festgeldkonto eingerichtet worden zwecks Deponierung des Stammkapitals der GmbH in Höhe von 25.000,00 €. Ebenso hatte die KG bei der Beklagten verschiedene Giro- und Darlehenskonten, über welche die Beklagte der KG im Laufe der Zeit Kreditmittel in erheblicher Höhe zur Verfügung gestellt hatte. Die zum Zeitpunkt der Konteneröffnungen geltenden AGB der Beklagten entsprachen den AGB-Sparkassen, in denen es unter Nr. 21 (Pfandrechtsicherungsabtretung) heißt:

(1) "Umfang

Der Kunde räumt hiermit der Sparkasse ein Pfandrecht ein an Werten jeder Art, die im bankmäßigen Geschäftsverkehr durch den Kunden oder durch Dritte für seine Rechnung in ihren Besitz oder ihre sonstige Verfügungsmacht gelangen .... Erfaßt werden auch Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse (zum Beispiel aus Guthaben).

(...)

(3) Gesicherte Ansprüche

Das Pfandrecht sichert alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch gesetzlichen Ansprüche der Sparkasse gegen den Kunden, die sie im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. Das Pfandrecht sichert auch Ansprüche der Sparkasse gegen Dritte, für deren Verbindlichkeiten der Kunde persönlich haftet. Ansprüche gegen den Kunden aus übernommenen Bürgschaften werden erst ab deren Fälligkeit gesichert.

(...)

(5) Verwertung

Die Sparkasse ist zur Verwertung dieser Werte berechtigt, wenn der Kunde seinen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit trotz Mahnung mit angemessener Nachfrist und einer Androhung der Verwertung entsprechend § 1234 Abs. 1 BGB nicht nachkommt. ..."

(Hervorhebung in Absatz 3 durch den Senat)

Wegen negativer Geschäftsentwicklung der KG wurde am 10. Dezember 2003 für beide Gesellschaften Insolvenzantrag gestellt, zu welchem Zeitpunkt die Konten der GmbH ein Gesamtguthaben von über 29.000,00 € aufwiesen, während die Konten der KG im Rahmen der eingeräumten Kreditlinien mit einem Debet von über 1 Mio. € geführt wurden. Am 11./12. Dezember 2003 wurde zunächst die in der Kanzlei des Klägers tätige Rechtsanwältin L. zur vorläufigen Insolvenzverwalterin sowohl bezüglich der GmbH als auch der KG bestellt. Unter Berufung auf die eingeleiteten Insolvenzverfahren kündigte die Beklagte am 13. Januar 2004 beiden Gesellschaften die Geschäftsbeziehungen mit sofortiger Wirkung und teilte der GmbH im Kündigungsschreiben zugleich mit, daß sie hinsichtlich der bestehenden Guthaben von insgesamt 29.325,84 € die Aufrechnung erkläre und diese Guthaben mit den Verbindlichkeiten der KG verrechne. Dem trat die vorläufige Insolvenzverwalterin L. durch Schreiben vom 20. Januar 2004 entgegen, in welchem sie eine Auszahlung der Kontenguthaben an sich verlangte.

Am 1. März 2004 wurde bei gleichzeitiger Bestellung der Rechtsanwältin L. zur Insolvenzverwalterin über die Vermögen beider Gesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet, in welchem die Beklagte die nach Verrechnung der Guthaben bestehende Forderung gegenüber der KG mit noch 1.130.968,85 € zur Tabelle anmeldete.

Da die Beklagte sich auch einer erneuten Forderung auf Auszahlung der mit der Schuld der KG verrechneten Guthaben der GmbH verweigerte, hat Rechtsanwältin L. schließlich am 10. November 2004 unter Geltendmachung der 29.375,41 € das vorliegende Klagverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf der nunmehrige Kläger statt der Rechtsanwältin L. zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH bestellt worden ist.

Der Kläger hat nun geltend gemacht, die Beklagte sei zur Verrechnung des Guthabens der GmbH mit dem Debet der KG nicht befugt gewesen. Der Passus der AGB der Beklagten, nach dem das ihr vom Kunden eingeräumte Pfandrecht auch zur Sicherung von Ansprüchen gegen Dritte diene, für deren Erfüllung der Kunde persönlich hafte, sei unwirksam. Zum einen seien die AGB mit der Beklagten nicht wirksam vereinbart worden. Zum anderen sei diese Klausel aber auch überraschend und wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Ohnehin unterliege ein - möglicherweise - von der Beklagten erlangtes Pfandrecht der Insolvenzanfechtung, da die Beklagte die Sicherung für ihre Forderung gegen die KG erst durch die Fälligstellung der Kredite der KG und damit durch eine Rechtshandlung ermöglicht habe, die sie in Kenntnis des Insolvenzeröffnungsantrages vorgenommen habe und die zur Gläubigerbenachteiligung führe.

Dagegen hat die Beklagte behauptet, ihre AGB seien wirksam mit den Gesellschaftern der Gesellschaft vereinbart worden. Auch sei das in Nr. 21 Abs. 3 S. 2 AGB vereinbarte Pfandrecht von ihr, der Beklagten, an den Guthaben der GmbH wirksam erworben worden. Das Pfandrecht sei schon mehrere Jahre vor Stellung des Insolvenzantrages erworben worden und daher insolvenzfest. Auch halte die einschlägige Klausel der Nr. 21 Abs. 3 S. 2 ihrer AGB den Bestimmungen des AGB-Gesetzes stand.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 ZPO hinsichtlich der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dazu im wesentlichen ausgeführt: Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, da die Beklagte die Aufrechnungslage erst durch eine anfechtbare Rechtshandlung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO herbeigeführt habe. Denn die Fälligkeit der Rückzahlungsforderung gegenüber der KG sei erst durch die nach Insolvenzantragstellung erfolgte Kündigung der Geschäftsbeziehung eingetreten. Durch die Aufrechnung seien im übrigen auch die Insolvenzgläubiger im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt worden.

Ohnehin habe die Beklagte kein Pfandrecht an den Guthaben der GmbH erworben. Denn die Bestimmung der Ziff. 21 Abs. 3 S. 2 der AGB der Beklagten sei gemäß § 3 AGBG überraschend und folglich unwirksam. Eine Haftung nach dieser Klausel erstrecke sich auch auf Verbindlichkeiten des Kunden, deren Ursprung gerade nicht im Verhältnis des Kunden zur Sparkasse hätten. Die Ansprüche, mit denen die Beklagte die Aufrechnung gegenüber der GmbH erklärt habe, seien aber gerade nicht aus einer Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien entstanden, da es sich allein um eine gesetzliche Haftung der Klägerin gemäß §§ 161, 128 HGB als Komplementärgesellschafterin der KG handele. Beide Haftungsmassen, die der KG und die der GmbH seien jedoch deutlich auseinander zu halten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und insbesondere meint, ein Verstoß dieser AGB-Klausel gegen die Bestimmungen des AGBG sei nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei sogar die formularmäßige Ausdehnung der Bürgenhaftung eines geschäftsführenden Alleingesellschafters für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten einer GmbH wirksam. Wenn in derartigen Fällen eine formularmäßige Ausdehnung selbst für Verbindlichkeiten Dritter wirksam sei, müsse dies erst recht für Fälle wie den vorliegenden gelten, in denen die GmbH für eigene Verbindlichkeiten gemäß §§ 161, 128 HGB hafte. Eine solche Erstreckung des Pfandrechtes sei auch nicht überraschend. Zudem sei den Insolvenzgläubigern auch kein beachtlicher Nachteil im Sinne des § 129 InsO entstanden, da das Pfandrecht an den hier streitigen Konten von Anfang an bestanden und daher das Vermögen der GmbH in entsprechender Höhe stets belastet habe, wobei zudem die gesicherte Forderung betragsmäßig unstreitig weit höher gewesen sei.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kiel dahingehend abzuändern, daß die Klage abgewiesen wird.

Dagegen stellt der Kläger den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für richtig und vertieft und ergänzt ebenfalls sein erstinstanzliches Vorbringen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Ein Erfolg der zulässigen Berufung ist nicht gegeben.

Mit dem Landgericht ist nämlich zunächst davon auszugehen sein, daß die Beklagte aufgrund der mit der GmbH bestehenden Kontoverträge zur Auszahlung der Guthaben an den Kläger verpflichtet ist.

Einem solchen Auszahlungsanspruch könnte lediglich die Wirksamkeit der von der Beklagten geltend gemachten Aufrechnung entgegenstehen. Als eigene Forderungen der Beklagten, gegen die sie die Guthabenforderungen zur Aufrechnung stellen könnte, kommen aber lediglich in Betracht die Forderung der Beklagten gegen die GmbH als Komplementärgesellschafterin gemäß §§ 161, 128 HGB sowie die Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten gegen die KG. Beide Aufrechnungsmöglichkeiten greifen jedoch nicht durch.

Eine Aufrechnungserklärung der Beklagten wird man in der durch Schreiben am 13. Januar 2004 erfolgten Ankündigung sehen müssen, den bestehenden Habensaldo von 29.325,84 € mit den Forderungen gegen die KG zu verrechnen. Fraglich ist dabei zunächst, ob aufgrund der Personenverschiedenheit zwischen GmbH und KG bezüglich beider Forderungen überhaupt eine grundsätzlich wirksame Aufrechnungserklärung in dieser Ankündigung gesehen werden kann. Denn die Beklagte hat lediglich die Guthabenforderung der GmbH den Darlehensrückzahlungsansprüchen gegenüber der KG gegenübergestellt, ohne auch nur eine mögliche Haftung der GmbH aus §§ 128, 161 HGB anzudeuten. Letztlich wird man diese Frage aber wohl bejahen müssen, da die Ankündigung der Verrechnung eindeutig eine persönliche Inanspruchnahme der GmbH beinhaltet, die aber insoweit erkennbar lediglich über die handelsrechtliche Haftung als Komplementär-GmbH möglich ist.

Diese Aufrechnung ist als solche jedoch gemäß § 96 Abs. 1 Ziff. 3 InsO unwirksam, da sie gemäß §§ 130 f. InsO anfechtbar ist. Dabei ergibt sich die Anfechtbarkeit hier ohne weiteres daraus, daß - wie das Landgericht bereits ausgeführt hat - die Aufrechnung durch ihre Erklärung vom 13. Januar 2004 bzw. die Aufrechnungslage durch die am gleichen Tage erfolgten Kündigungen der Geschäftsbeziehungen gegenüber der KG wie auch gegenüber der GmbH erst herbeigeführt hat, nachdem sie von der Insolvenzantragstellung über die Vermögen der Gesellschaften Kenntnis erlangt hatte (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Eine derartige Unwirksamkeit der Aufrechnungserklärung wird auch von der Beklagten letztlich ernsthaft gar nicht bestritten.

Dabei ist es hinsichtlich der Wirksamkeit der Anfechtung gemäß § 96 Abs. 1 Ziff. 3 InsO hier auch unschädlich, daß die von der Beklagten erklärte Aufrechnung bereits vor der am 01.01.2004 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist. Ist nämlich ein derartiger Fall gegeben, in dem die Aufrechnung bereits vor Verfahrenseröffnung erklärt worden ist, so wird die Erklärung mit der Eröffnung rückwirkend unwirksam (vgl. MK-Brandes, InsO, § 96 Rn. 37).

Die Beklagte beruft sich nun vor allem auf das ihr an den Guthabenforderungen der GmbH entsprechend Nr. 21 Nr. 1 u. 3 AGB zustehende Pfandrecht an den Guthabenforderungen, welches ihrer Ansicht nach jeweils seit Konteneröffnung an entsprechenden Guthabenforderungen bestand und von dessen Insolvenzfestigkeit sie ausgeht.

Dabei ist insgesamt mit der Beklagten und zu ihren Gunsten davon auszugehen, daß die Geltung der AGB zwischen den Parteien grundsätzlich vereinbart war. Selbst wenn bei Eröffnung des Giro- wie auch des Festgeldkontos eine körperliche Übergabe der entsprechenden AGB jeweils nicht erfolgt ist, so ergibt sich doch aus den Kontoeröffnungsanträgen jeweils unter Ziff. 5 bzw. 7 (Anlagen B 1 und 2, Bl. 58, 59 d. A.) die ausdrückliche Einbeziehung der AGB der Beklagten unter Hinweis auf den Aushang in ihren Kassenräumen, an welcher Verweisung gerade angesichts der Kaufmannseigenschaft der GmbH Zweifel nicht bestehen können.

Hebt man nun aber ausschließlich auf ein AGB-Pfandrecht der Beklagten gemäß Ziff. 21 Abs. 3 S. 1 auf den vereinbarten Sicherungszweck ab, so sind bereits nach dem Wortlaut dieser Vorschrift Forderungen der Beklagten aus §§ 128, 161 HGB hierdurch nicht gesichert, da es sich bei derartigen Ansprüchen gerade nicht um solche handelt, die die Beklagte "im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung" erworben hat; vielmehr sind ihr diese Ansprüche qua Gesetzes zugefallen, wobei es letztlich lediglich ein Zufall ist, daß die GmbH als Komplementärin der KG ihre Konten auch bei der Beklagten geführt hat. Jedenfalls hat die handelsrechtliche Haftung der GmbH gegenüber der Beklagten mit der zwischen den Parteien bestehenden bzw. zwischenzeitlich erledigten Geschäftsverbindung nichts zu tun.

Im Ergebnis war die Beklagte daher, stellt man allein und unmittelbar auf ihre Ansprüche gegenüber der Klägerin aus §§ 128, 161 BGB ab, nicht zu einer Aufrechnung befugt.

Die Frage der Wirksamkeit der erklärten Aufrechnung ist dementsprechend schließlich an Nr. 21 Abs. 3 Ziff. 2 der AGB der Beklagten zu messen, wonach das Pfandrecht der Beklagten an Guthabenforderungen der Klägerin auch Ansprüche gegen die KG sichern soll, für deren Erfüllung ihr die GmbH persönlich haftet. Insoweit steht daher im Streit, ob durch die Kontenguthaben der GmbH unmittelbar auch die Debetsalden der KG abgesichert sind, weil die GmbH der Beklagten als Komplementärin der KG persönlich hierfür haften muß. Dabei ist mit dem Landgericht davon auszugehen, daß diese AGB-Klausel wenigstens gemäß § 3 AGBG unwirksam ist, weil sie überraschend erscheinen muß. Wie bereits in anderem Zusammenhang angesprochen, besteht zwischen der persönliche Haftung der GmbH als Komplementär-Gesellschaft und ihrer Geschäftsverbindung zur Beklagten kein haftungsrechtlicher Zusammenhang. Daß sie als Komplementär-GmbH ihre Konten bei dem selben Institut führt wie die KG ist zwar nicht ungewöhnlich, muß aber aufgrund der Personenverschiedenheit beider Gesellschaften als eine "bankrechtliche Zufälligkeit" erscheinen. Ein derart weitreichender Sicherungszweck, wie er in der streitigen Vorschrift zu Tage tritt, muß daher durchaus als überraschend für den Kunden i.S.d. § 3 AGBG angesehen werden, da dieser nicht damit rechnen muß, derart weitgehend auch solche Forderungen formularmäßig verhaften zu müssen, die die mit der bestehenden Geschäftsverbindung zum Kreditinstitut nicht in Zusammenhang stehen. Auch würde bei Wirksamkeit eines entsprechenden Pfandrechtes der Beklagten gegenüber allen anderen Geschäftspartnern der GmbH und der KG ein Sondervorteil zufallen, durch den die wirtschaftliche und finanzielle Flexibilität beider Gesellschaften von vornherein eingeschränkt wäre. Denn es kann als sicher davon ausgegangen werden, daß die von den Gesellschaften getroffenen wirtschaftlichen und finanziellen Entscheidungen jeweils nicht unbeeinflußt davon sind und waren, ob das Haftungskapital im Ergebnis allen Geschäftspartnern oder - wie die Beklagte es wünscht - nur einem Geschäftspartner zur Sicherung zur Verfügung steht. Zwar kann keineswegs ausgeschlossen werden, daß eine derartige Sicherungszweckvereinbarung von einem Kreditinstitut mit - nur - einem Geschäftspartner geschlossen wird. Erfolgt eine derartige Vereinbarung jedoch individuell und ausdrücklich, so steht dem Sicherungsgeber diese Tatsache bei allen Entscheidungen und Vereinbarungen, die auch andere Geschäftspartner betreffen, stets deutlich vor Augen. Diese "Warnfunktion" kann jedoch nicht als gegeben angenommen werden, wenn eine derartige Sicherungsvereinbarung im Rahmen eines mehrseitigen AGB-Normenwerkes eingeführt werden soll.

Dabei macht sich der Senat derartige Bedenken gegen die Vereinbarung einer derartigen Klausel zu eigen, die bereits seit langem von der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur geäußert worden sind und geäußert werden. Schon 1983 ist in der Literatur diese Problematik einer formularmäßigen Verpfändung persönlicher Forderungen eines Gesellschafters an eine Bank für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aufgezeigt und darauf hingewiesen worden, daß es zwar bedenkenfrei sei, "wenn sich eine Bank durch Individualvertrag ein Pfandrecht an Wertgegenständen des Bankkunden auch für jene Forderungen bestellen läßt, für deren Verbindlichkeit der Kunde persönlich haftet. Fraglich [sei es] aber, ob eine solche Pfandrechtsbestellung Gültigkeit erlangt wenn sie durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, also formularmäßig erfolgt" (so Clemente in DB 1983, 1531). Dabei ist dies vor allem damit begründet worden, daß

- die Interessen eines Gesellschafters und der Gesellschaft durchaus unterschiedlich sein können,

- damit die begründete Gefahr gegeben ist, daß Rückgriffsansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft abgeschnitten werden,

- daß gleichwohl bestehende Rückgriffsansprüche im Vergleichsfalle nur in Quotenhöhe bestehen und hierdurch dem Gesellschafter im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern ein Sonderopfer abverlangt wird und

- vor allem, daß dem Gesellschafter hierdurch eine Haftungsverpflichtung im Verhältnis zur Gesellschaft auferlegt wird, die einer Erhöhung des vereinbarten Gesellschaftsbeitrages gleichkommt, zu der er nicht verpflichtet ist.

Auch der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 09.03.1987 erhebliche Zweifel daran angemeldet, ob eine derartige Sicherungsabrede mit einer Sparkasse, durch die auch der Anspruch der Sparkasse gegen den Kunden als persönlich haftende Gesellschafter der späteren Gemeinschuldnerin erfaßt werden können und "ob eine derart weit gefaßte formularmäßige Sicherungsabrede einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz (insbesondere §§ 3 u. 9) standhalten könnte" (BGH ZIP 1987, 572 f.). Zwar ist in jenem Verfahren diese Frage vom BGH letztlich nicht ausdrücklich entschieden worden, da es in jener Entscheidung hierauf nicht ankam. Es handelt sich jedoch erkennbar um ein so deutliches obiter dictum, dass der Bankenverband dies unstreitig zum Anlaß genommen hat, eine entsprechend gefaßte Klausel in den AGB-Banken bei deren Überarbeitung und Neufassung nicht mehr aufzunehmen. Auch in der Literatur wird eine derartige Klausel weiterhin erkennbar als für zu weitgehend angesehen (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl., S. 1337 Rn. 2671; Clemente in ZIP 1990, 969, 975; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., AGB-Banken Ziff. 14 Rn. 8; Bunte in Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 19 Rn. 7, 59). Dieser geschilderte Gedanke ist im übrigen in der Rechtsprechung - wenn auch in anderem Zusammenhang - nochmals in einer Entscheidung des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 23.05.2000 bestätigt worden, indem die Wirksamkeit einer entsprechenden formularmäßigen Erstreckung einer Sicherungsgrundschuld für alle persönlichen Verbindlichkeiten des jeweiligen Sicherungsgebers geht (BGH WM 2000, 1328 f.); auch dort wird ausgeführt, daß nach ständiger Rechtsprechung des BGH die formularmäßige Ausdehnung der dinglichen Haftung auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten eines Dritten in der Regel überraschend im Sinne des § 3 AGBGB und ein Überraschungs- oder Überrumpelungseffekt lediglich dann zu verneinen sei, wenn es jeweils um bestehende oder künftige Verbindlichkeiten des Sicherungsgebers selbst gehe.

Alles in allem ist daher davon auszugehen, daß das Pfandrecht der Beklagten und ihr damit verbundenes Verwertungsrecht an der Unwirksamkeit der hier streitigen AGB-Klausel scheitert, so daß die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung nicht durchsteht und der Kläger die Auszahlung des Betrages an sich verlangen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO; die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage nach der Wirksamkeit der hier streitigen AGB-Klausel zugelassen.

Ende der Entscheidung

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