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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 5 U 30/03
Rechtsgebiete: AktG
Vorschriften:
AktG § 186 IV | |
AktG § 186 V | |
AktG § 202 | |
AktG § 203 | |
AktG § 222 | |
AktG § 229 III | |
AktG § 243 | |
AktG § 245 Nr. 1 | |
AktG § 246 |
2. Eine Herabsetzung der Begründungsanforderungen für einen Bezugsrechtsausschluss im die Beschlussfassung der Hauptversammlung vorbereitenden Vorstandsbericht ist bei Schaffung genehmigten Kapitals (§§ 202 ff. AktG) gerechtfertigt (Anschluss an BGHZ 136, 133 = WM 1997, 1704 = ZIP 1997, 1499 = NJW 1997, 2815 - "Siemens/Nold"). Bei einer Beschlussfassung über eine aktuelle Kapitalerhöhung muss die Begründung eines gleichzeitigen Bezugsrechtsausschluss weiterhin den strengeren Anforderungen der sog. "Kali und Salz"-Entscheidung (BGHZ 71, 40 ff.) entsprechen.
3. Die durch einen Bezugsrechtsausschluss geschaffene Möglichkeit eines "squeeze out" (§§ 327 a ff AktG) rechtfertigt einen Bezugsrechtausschluss allein ebenso wenig, wie sie einem im Übrigen gerechtfertigten Bezugsrechtsausschluss entgegen steht. Angesichts der einschneidenden Konseqenzen für die Minderheitsaktionäre muss sich der Vorstandsbericht jedoch auch zur rechtlichen Möglichkeit und realen Wahrscheinlichkeit eines "squeeze out" als Folge eines Bezugsrechtsausschlusses verhalten.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerinnen wird - unter teilweiser Zurückweisung im Übrigen - das am 30. Januar 2003 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Kiel - 15 O 121/02/15 O 197/02 - wie folgt abgeändert:
Die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2002 gefassten Beschlüsse
- zu TOP 9 b) und c) über die Heraufsetzung des auf 5.060.000 € herabgesetzten Grundkapitals gegen Bareinlagen um 15.180.000 € auf 20.240.000 € bei gleichzeitigem Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts und Ermächtigung des Vorstands oder Zustimmung des Aufsichtsrats über weitere Einzelheiten zu entscheiden,
- zu TOP 10 über die Anpassung von § 4 Abs. 1 und 2 der Satzung der Beklagten an die Beschlussfassung zu TOP 9 b) und c)
werden für nichtig erklärt.
Die weitergehenden Klagen werden abgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Rechtszüge fallen den Klägerinnen zu jeweils 1/4 und der Beklagten zu 1/2 zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen aus beiden Rechtszügen hat die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten aus beiden Rechtszügen fallen den Klägerinnen jeweils zu 1/4 zur Last. Im Übrigen tragen die Parteien iher außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch können die Beklagte die Vollstreckung der Klägerinnen und die Klägerinnen die Vollstreckung der Beklagten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger bzw. die Beklagten Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Bekl. ist als Aktiengesellschaft in der Textilbranche tätig. Die Kl. sind Aktionäre und wenden sich im Wege der Beschlussanfechtung gegen eine auf der Hauptversammlung der Bekl. vom 29. Mai 2002 beschlossene Kapitalherabsetzung (Beschluss zu TOP 9 a) und die gleichzeitige Beschlussfassung über einerseits die Schaffung neuen genehmigten Kapitals unter gleichzeitiger Ermächtigung des Vorstands zum Ausschluss des Bezugsrechts für die neuen Aktien (TOP 11) und andererseits über eine weitere Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen unter gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss zugunsten des Alleinbezugsrechts der seinerzeitigen Großaktionärin E. S.A. (TOP 9 b).
Im mit den Einladungen zur Hauptversammlung versandten Vorstandsbericht wird die Schaffung neuen genehmigten Kapitals unter gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss (TOP 11) mit der hierdurch dem Vorstand gegebenen Möglichkeit des raschen Beteiligungserwerbs gegen Ausgabe neuer Aktien begründet. Dies liege im Interesse der Absicherung der Marktposition des Unternehmens. Im übrigen heißt es zur Kapitalherabsetzung und weiteren Kapitalerhöhung (TOP 9 a und b):
"Der J. Konzern musste im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang in Höhe von -6,9 % verkraften. Die Ausweitung des Filialnetzes auf 184 Filialen, umfangreiche Maßnahmen in der Kollektionsgestaltung sowie im Management der Ware konnten 59,1 Mio. Euro nicht kompensieren. Der Umsatzrückgang, erhöhte Kosten, die im Wesentlichen in der Logistik, im Personalaufwand sowie bei den Raumkosten entstanden sind, verursachten einen Konzernjahresfehlbetrag in Höhe von -18.0 Mio. Euro (Vorjahr: -5,3 Mio. Euro). Bei der J. AG entstand ein Jahresfehlbetrag in Höhe von -16,3 Mio. Euro.
Die Verunsicherung der Verbraucher im Rahmen der Euroumstellung, die hohe Arbeitslosigkeit und die insgesamt schwache Konjunktur und die daraus folgende Kaufzurückhaltung haben in den ersten zwei Monaten dieses Jahres einen Umsatzrückgang von annähernd -17,0 % im Vergleich zum Vorjahr verursacht. Dadurch ist bei der J. AG in diesem Zeitraum ein weiterer Verlust in Höhe von 8,5 Mio. Euro entstanden. Durch die aufgetretenen Verluste im Jahre 2001 sowie in den ersten beiden Monaten des Jahres 2002 ist das Grundkapital der J. AG um mehr als die Hälfte verbraucht. Die Liquiditätssituation des Unternehmens ist äußerst angespannt; bestehende Kreditlinien müssen kurzfristig prolongiert werden.
Um die Verluste zu decken und Wertminderungen auszugleichen sowie zur Verbesserung der Eigenkapital- und Liquiditätssituation der Gesellschaft sind schnellstmöglich entsprechende Kapitalmaßnahmen und Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durchzuführen. Daher soll das Grundkapital in vereinfachter Form herabgesetzt und gleichzeitig wieder gegen Bareinlagen unter Ausschluss des Bezugsrechts erhöht werden.
Die Großaktionärin der J. AG, die E. S.A., Luxemburg, ist trotz der schwierigen finanziellen Situation der Gesellschaft bereit, der Gesellschaft kurzfristig Eigenkapital und liquide Mittel zur Verfügung zu stellen, um damit den Fortbestand der Gesellschaft sowie deren Sanierung zu ermöglichen. In einem ersten Schritt hat sich die E. S.A. daher bereit erklärt, die im Zuge der zu beschließenden Barkapitalerhöhung ausgebenden 15.180.000 neuen Aktien zum Ausgabebetrag von Euro 1,00 je Aktie zu übernehmen.
Angesichts der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und des derzeitigen Börsenkurses der J. - Aktie hält der Vorstand den Ausgabebetrag von Euro 1,00 je Aktie für angemessen. Auch vor dem Hintergrund der schwierigen Situation des gesamten deutschen Einzelhandels geht der Vorstand davon aus, dass es nicht möglich sein wird, eine breite Streuung der neuen Aktien und einen höheren Ausgabebetrag zu erzielen. Auch die E. S.A. war nicht bereit, die Aktien zu einem höheren Ausgabebetrag zu übernehmen.
Vorstand geht weiter davon aus, dass bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht die freien Aktionäre in der jetzigen Situation der Gesellschaft überwiegend nicht von ihrem Recht zur Zeichnung der neuen Aktien Gebrauch machen würden. Es wären darüber hinaus aber auf Grund der damit verbundenen kapitalmarktrechtlich erforderlichen umfangreichen Dokumentationen und Prüfungen von der Gesellschaft erhebliche Zeit- und Kostenaufwendungen zu tragen, die bei der jetzt zur Abstimmung vorgeschlagenen Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht in der Höhe nicht anfallen würden. Der Vorstand handelt damit kostenbewusst und zum Wohl der Gesellschaft und der Aktionäre. Das Verfahren der Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht hätte im Übrigen auch zur Folge, dass dem Unternehmen nicht kurzfristig dringend notwendige Liquidität und Eigenkapital zur Verfügung gestellt würden. Dies würde den Fortbestand des Unternehmens gefährden; eine Insolvenz könnte drohen.
Der Vorstand muss in dieser Situation seine Entscheidung abwägen zwischen einerseits dem Recht der Aktionäre, bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht entsprechend ihrem Aktienbestand an der Kapitalerhöhung zu partizipieren, und andererseits der kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung und Eigenkapitalsicherung des Unternehmens durch eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht. Der Vorstand entscheidet sich auch im Sinne der Aktionäre, wenn er an erster Stelle das Fortbestehen des Unternehmens sichert."
Die Klägerinnen halten die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss weder für hinreichend im Vorstandsbericht begründet noch für sachlich gerechtfertigt. Auch erlange die Mehrheitsaktionärin hierdurch die Möglichkeit eines "squeeze out" der Kleinaktionäre. Hieran könne auch ein - als solches unstreitiges - nachgängiges Verkaufsangebot der Mehrheitsaktionärin für die von ihr zu beziehenden Aktien an die Kleinaktionäre schon deshalb nichts ändern, weil dieses an untragbare Bedingungen geknüpft gewesen sei.
Das Landgericht hat die Anfechtungsklagen als unbegründet abgewiesen. Die Berufungen der Klägerinnen hatten zum Teil Erfolg.
Gründe:
I.
Die Klägerinnen, beide Aktionäre der Beklagten, die als Aktiengesellschaft in der Textilbranche tätig ist, wenden sich im Wege der Beschlussanfechtung gegen eine auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2002 beschlossene Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung und Ausgabe der neuen Aktien an eine Großaktionärin unter Ausschluss des Bezugsrechts für die übrigen Aktionäre.
Auf der ordentlichen Hauptversammlung vom 29. Mai 2002 der Beklagten - bei welcher von insgesamt 10.210.000 Stimmen zunächst 9.092.686, später 9.089.569 Stimmen anwesend waren - wurde gemäß Einladung im Bundesanzeiger vom 18. April 2002 zu TOP 9 zum einen beschlossen, das Grundkapital der Beklagten von ursprünglich 30.360.000 € im Verhältnis 6 : 1 auf 5.060.000 € in der Weise herabzusetzen, dass je 2 Stück Aktien mit einem rechnerischen Anteil im Grundkapital von je 3 € zu einer Stückaktie mit einem rechnerischen Anteil im Grundkapital von 1 € zusammengelegt werden (Beschluss zu TOP 9 a).
Gleichzeitig wurde (Beschluss zu TOP 9 b) beschlossen, das auf 5.060.000 € herabgesetzte Grundkapital gegen Bareinlagen um 15.180.000 € auf 20.240.000 € zu erhöhen durch die Ausgabe von 15.180.009 auf den Inhaber lautenden Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 1 € und Gewinnberechtigung ab 1. Januar 2002. Der Ausgabebetrag der neuen Aktien sollte 1 € pro Aktie betragen. Unter Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts sollten die neuen Aktien ausschließlich von der seinerzeitigen Mehrheitsaktionärin der Gesellschaft, der E. S.A., Luxemburg, gezeichnet und zum Ausgabebetrag von insgesamt 15.180.000 € übernommen werden. Zu TOP 9 c) wurde weiter der Vorstand ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats über die weiteren Einzelheiten der Kapitalherabsetzung und der Kapitalerhöhung zu entscheiden. Die Beschlussfassung zu TOP 9 wurde bei 19.805 Gegenstimmen und 200 Enthaltungen gefasst.
Unter TOP 10 wurde sodann die Anpassung der Satzung der Beklagten an das neue Grundkapital bei 19.137 Gegenstimmen ohne Enthaltungen beschlossen. Zu TOP 11 wurde danach bei 20.211 Gegenstimmen ohne Enthaltungen weiter beschlossen, die einer Hauptversammlung vom 31. Mai 2002 erteilte Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals um insgesamt 15.180.000 €, welche noch nicht ausgenutzt worden sei, aufzuheben und gleichzeitig ein neues genehmigtes Kapital bis zu 10.120.000 € unter maximaler Leistung durch Sacheinlagen bis 8.096.000 € zu schaffen. Insoweit wurde der Vorstand ermächtigt, dieses Kapital bis zum 28. Mai 2007 durch einmalige oder mehrmalige Ausgabe neuer Aktien zu beschaffen und außerdem das Bezugsrecht der Aktionäre unter näher bestimmten Voraussetzungen auszuschließen.
Vorangegangen und Bestandteil der Einladungen waren folgende schriftliche Berichte des Vorstandes (K 1, Bl. 12 f. d. A.):
1.
Zu TOP 9
"Der J. Konzern musste im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang in Höhe von -6,9 % verkraften. Die Ausweitung des Filialnetzes auf 184 Filialen, umfangreiche Maßnahmen in der Kollektionsgestaltung sowie im Management der Ware konnten 59,1 Mio. Euro nicht kompensieren. Der Umsatzrückgang, erhöhte Kosten, die im Wesentlichen in der Logistik, im Personalaufwand sowie bei den Raumkosten entstanden sind, verursachten einen Konzernjahresfehlbetrag in Höhe von -18.0 Mio. Euro (Vorjahr: -5,3 Mio. Euro). Bei der J. AG entstand ein Jahresfehlbetrag in Höhe von -16,3 Mio. Euro.
Die Verunsicherung der Verbraucher im Rahmen der Euroumstellung, die hohe Arbeitslosigkeit und die insgesamt schwache Konjunktur und die daraus folgende Kaufzurückhaltung haben in den ersten zwei Monaten dieses Jahres einen Umsatzrückgang von annähernd -17,0 % im Vergleich zum Vorjahr verursacht. Dadurch ist bei der J. AG in diesem Zeitraum ein weiterer Verlust in Höhe von 8,5 Mio. Euro entstanden. Durch die aufgetretenen Verluste im Jahre 2001 sowie in den ersten beiden Monaten des Jahres 2002 ist das Grundkapital der J. AG um mehr als die Hälfte verbraucht. Die Liquiditätssituation des Unternehmens ist äußerst angespannt; bestehende Kreditlinien müssen kurzfristig prolongiert werden.
Um die Verluste zu decken und Wertminderungen auszugleichen sowie zur Verbesserung der Eigenkapital- und Liquiditätssituation der Gesellschaft sind schnellstmöglich entsprechende Kapitalmaßnahmen und Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durchzuführen. Daher soll das Grundkapital in vereinfachter Form herabgesetzt und gleichzeitig wieder gegen Bareinlagen unter Ausschluss des Bezugsrechts erhöht werden.
Die Großaktionärin der J. AG, die E. S.A., Luxemburg, ist trotz der schwierigen finanziellen Situation der Gesellschaft bereit, der Gesellschaft kurzfristig Eigenkapital und liquide Mittel zur Verfügung zu stellen, um damit den Fortbestand der Gesellschaft sowie deren Sanierung zu ermöglichen. In einem ersten Schritt hat sich die E. S.A. daher bereit erklärt, die im Zuge der zu beschließenden Barkapitalerhöhung ausgebenden 15.180.000 neuen Aktien zum Ausgabebetrag von Euro 1,00 je Aktie zu übernehmen.
Angesichts der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und des derzeitigen Börsenkurses der J. - Aktie hält der Vorstand den Ausgabebetrag von Euro 1,00 je Aktie für angemessen. Auch vor dem Hintergrund der schwierigen Situation des gesamten deutschen Einzelhandels geht der Vorstand davon aus, dass es nicht möglich sein wird, eine breite Streuung der neuen Aktien und einen höheren Ausgabebetrag zu erzielen. Auch die E. S.A. war nicht bereit, die Aktien zu einem höheren Ausgabebetrag zu übernehmen.
Vorstand geht weiter davon aus, dass bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht die freien Aktionäre in der jetzigen Situation der Gesellschaft überwiegend nicht von ihrem Recht zur Zeichnung der neuen Aktien Gebrauch machen würden. Es wären darüber hinaus aber auf Grund der damit verbundenen kapitalmarktrechtlich erforderlichen umfangreichen Dokumentationen und Prüfungen von der Gesellschaft erhebliche Zeit- und Kostenaufwendungen zu tragen, die bei der jetzt zur Abstimmung vorgeschlagenen Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht in der Höhe nicht anfallen würden. Der Vorstand handelt damit kostenbewusst und zum Wohl der Gesellschaft und der Aktionäre. Das Verfahren der Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht hätte im Übrigen auch zur Folge, dass dem Unternehmen nicht kurzfristig dringend notwendige Liquidität und Eigenkapital zur Verfügung gestellt würden. Dies würde den Fortbestand des Unternehmens gefährden; eine Insolvenz könnte drohen.
Der Vorstand muss in dieser Situation seine Entscheidung abwägen zwischen einerseits dem Recht der Aktionäre, bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht entsprechend ihrem Aktienbestand an der Kapitalerhöhung zu partizipieren, und andererseits der kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung und Eigenkapitalsicherung des Unternehmens durch eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht. Der Vorstand entscheidet sich auch im Sinne der Aktionäre, wenn er an erster Stelle das Fortbestehen des Unternehmens sichert."
2.
Zu TOP 11
"Gemäß § 202 Abs. 3 AktG darf der Nennbetrag des Genehmigten Kapitals die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht überschreiten. Das Genehmigte Kapital soll daher unter Berücksichtigung der kapitalverändernden Maßnahmen unter Punkt 9 der Tagesordnung entsprechend reduziert werden. Im Übrigen soll die Ermächtigung bis zum 28. Mai 2007 verlängert werden.
Das Genehmigte Kapital soll den Vorstand in die Lage versetzen, zum bestmöglichen Zeitpunkt schnell und flexibel neues Eigenkapital zu beschaffen, um erfolgreich auf vorteilhafte Angebote oder sich ansonsten bietende Gelegenheiten zu reagieren und Möglichkeiten zur Unternehmenserweiterung im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre kurzfristig ausnutzen zu können.
Die vorgeschlagene Ermächtigung soll es dem Vorstand beispielsweise ermöglichen, im Rahmen des Gegenstandes des Unternehmens in geeigneten Fällen und soweit erforderlich, Beteiligungen oder Unternehmensanteile anderer Unternehmen gegen Ausgabe neuer Aktien zu erwerben. Derartige Transaktionen können kurzfristige Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse erfordern. Der Erfolg oder gar die Durchführbarkeit dieser Maßnahmen könnte jedoch durch die zeitintensive Vorbereitung und Einberufung einer Hauptversammlung beeinträchtigt oder gar verhindert werden. Weiter soll der Vorstand in die Lage versetzt werden, dem Unternehmen kurzfristig Liquidität über den Kapitalmarkt zu verschaffen. Auch dazu ist es erforderlich Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse zeitlich und kostenmäßig zu minimieren.
Der vorgeschlagene Beschluss sieht daher vor, dass das Bezugsrecht der Aktionäre durch den Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats für Spitzenbeträge ausgeschlossen werden darf. Diese Maßnahmen dienen der technischen Durchführung der Kapitalerhöhung und zur Herstellung eines glatten Bezugsverhältnisses.
Daneben soll der Vorstand ermächtigt werden, das Bezugsrecht der Aktionäre mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zu einem Betrag von Euro 2.024.000,000 auszuschließen, wenn Aktien der Gesellschaft gegen Bareinlage ausgegeben werden und der Ausgabepreis der Aktie den Börsenkurs nicht wesentlich unterschreitet. Diese Maßnahme dient der Erleichterung der Finanzierung der Gesellschaft durch Eigenkapitalaufnahme und ist im Hinblick auf das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft erforderlich, geeignet und angemessen. Insbesondere erwachsen den Aktionären durch diese Maßnahme keine relevanten Nachteile. Der Ausgabepreis der Aktien unterschreitet den Börsenkurs "nicht wesentlich", wenn er dem Durchschnittskurs der Börsenschlusskurse der letzten fünf Börsentage am Börsenplatz Frankfurt a. M. - inklusive eines Abschlags von 3 bis 5 % entspricht.
Des Weiteren soll der Vorstand ermächtigt werden, das Bezugsrecht mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zu einem Betrag von Euro 8.096.000,00 im Rahmen eines Erwerbs von Unternehmen oder Beteiligungen an Unternehmen gegen Sacheinlage auszuschließen. Zur Verfolgung der Unternehmensstrategie, insbesondere zur Absicherung der Marktposition der Gesellschaft ist in geeigneten Fällen auch der Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensteilen notwendig. Derartige Akquisitionen führen zu einer Wertsteigerung des Unternehmens und dienen der Verstärkung der eigenen Marktposition.
Darüber hinaus sind zu den jeweiligen Ausgabebeträgen im gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Angaben möglich, da offen ist, wann und inwieweit das Genehmigte Kapital in Anspruch genommen wird. Der Vorstand wird den Ausgabebetrag unter Berücksichtigung der Interessen unserer Gesellschaft und ihrer Aktionäre sowie des jeweiligen Zwecks angemessen festsetzen.
Die Nachteile der Kapitalerhöhung insbesondere eine Verwässerung der bisherigen Anteilsverhältnisse der Aktionäre, werden im Hinblick auf die beschriebenen Vorteile mehr als kompensiert. Die mit der Kapitalerhöhung verbundenen Maßnahmen dienen einer nachhaltigen Wertsteigerung der Gesellschaft. Von der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts wird der Vorstand nur Gebrauch machen, wenn das konkrete Vorhaben der vorangegangenen abstrakten Beschreibung entspricht, insbesondere im Zeitpunkt der Realisierung den Interessen der Gesellschaft entspricht. Dabei wird der Vorstand stets gewissenhaft prüfen, ob ein Ausschluss des Bezugsrechts erforderlich ist. Die Interessen der Aktionäre werden demzufolge insgesamt durch den Bezugsrechtsausschluss nicht unangemessen beeinträchtigt."
Laut einer "Niederschrift über die außerordentliche Sitzung des Vorstandes vom 8. Mai 2002 in Mailand, Italien" der Beklagten soll deren Vorstand unter Ziffer II. weiter zuvor beschlossen haben, die gesetzliche Rücklage in Höhe von 1.224.980,46 € in Höhe von 718.980,46 € und die anderen Gewinnrücklagen in Höhe von 5.583.098,25 € zur Vorbereitung der Kapitalherabsetzung aufzulösen (B 13). Im Zusammenhang mit dem Vorstandsbericht auf der Hauptversammlung seien - so die Darstellung der Beklagten unter Bezugnahme auf das Zeugnis ihres Prokuristen P. - auch die seinerzeit aktuellen, aber noch nicht vollständig ausgewerteten - jedoch sich weiter verschlechternden Unternehmenszahlen gemäß den Anlagen B 4 und B 5 als sich fortentwickelnde Verluste von 8.449.000 € bzw. 11.334.000 € dargestellt worden. Auf der Hauptversammlung wurden außerdem von den Klägerinnen zu den beschlossenen Tagungsordnungspunkten Widersprüche zu Protokoll erklärt und außerdem vom Aktionärsvertreter H. als seiner Ansicht nach folgende unbeantwortete Fragen zu Protokoll gegeben: "Kann ich Bezugsrechte hinzuerwerben" (1.)? "Kann ich Bezugsrechte (Spitzenausgleich) an den Großaktionär verkaufen" (2.)? sowie "Wann ist Ex-Bezugsrechts-Tag" (3.)?. Im Übrigen - hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Hauptversammlung wird auf das Protokoll (B 2) verwiesen - wurde auf der Versammlung den Minderheitsaktionären von der Großaktionärin E. S.A. folgendes Angebot unterbreitet (K 2), in dem es u. a. heißt:
" Die Großaktionärin E. S.A. hat sich gegenüber der Gesellschaft bereit erklärt, die durch den Bezugsrechtsausschluss entstehende Verwässerung des Anteilsbesitzes der Minderheitsaktionäre auf deren Wunsch durch Abgabe von Aktien aus ihrem Bestand auszugleichen.
Dazu bietet die E. S. A. allen Aktionären an, diesen jeweils so viele Aktien zum Preis von 1,00 Euro je Aktie zu verkaufen, wie diese aufgrund ihres Bezugsrechts hätten zeichnen können.
Dies bedeutet, dass ein Aktionär, der zurzeit 2 Aktien hält, 3 Aktien von der E. S.A. zum Preis von je 1,00 Euro erwerben kann.
...
Die E. S.A. bietet daher an, aus ihrem eigenen Aktienbestand den Aktionären für je 2 derzeitige Aktien 3 Aktien zum Preis von je 1,00 zu verkaufen. Um die rasche Durchführung und Wirksamkeit der heute zu beschließenden Sanierungsmaßnahme und damit den Fortbestand unserer Gesellschaft zu gewährleisten, soll dieser Verkauf allerdings mit der Bedingung verbunden sein, dass die Beschlüsse der heutigen Hauptversammlung Wirksamkeit erlangen. Die E. S.A. wird daher die kaufwilligen Aktionäre verpflichten, keine Anfechtungsklage oder andere Rechtsbehelfe gegen die heutigen Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 11 zu erheben oder einzulegen.
Ich darf also diejenigen Aktionäre bitten, die von diesem Angebot Gebrauch machen möchten, sich unmittelbar im Anschluss an die Beendigung der Hauptversammlung hier vorne zu melden. Wir werden dann Ihren Namen, Adresse und Aktienzahl aufnehmen, damit Ihnen die E. S.A. die entsprechenden vertraglichen Unterlagen zusenden kann."
Im Nachgang teilte der Vorstand der Beklagten als "ad hoc-Mitteilung" zum 30. September 2002 ein weiteres Absinken des Rohergebnisses von 61,8 Mio. um ebenso mit wie eine Erhöhung des Konzernfehlbetrages von -10,6 Mio. € auf -35,5 Mio. €. Gleichzeitig sei die eingetretene bilanzielle Überschuldung zum 30. September 2002 in Höhe von -1,4 Mio. € durch entsprechende Rangrücktrittsvereinbarungen in Höhe von 13,6 Mio. € seitens der Großaktionäre gedeckt worden (B 22, Bl. 157 d. A.).
Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich weiterer Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Anfechtungsklagen insgesamt abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Kapitalherabsetzung lägen vor. Auch hätten die Kläger die Auflösung der Gewinnrücklagen durch Vorstandsbeschluss nicht hinreichend bestritten. Zudem habe auf der Grundlage des Vorstandsberichts der Beklagten und der vorgelegten aktuellen Zahlen bei vertretbarer Prognose davon ausgegangen werden dürfen, dass das zum 31. Dezember 2001 noch 16.327.769,38 € betragende Eigenkapital bis April 2002 durch Verluste von etwa 11,33 Mio. DM auf etwa 5 Mio. DM verbraucht worden sei. Weiter sei durch den Vorstandsbericht hinreichend deutlich gemacht worden, dass der Bezugsrechtsausschluss zum Zwecke der Sanierung erforderlich und angemessen gewesen sei. Denn das gesetzliche Bezugsrecht habe deshalb ausgeschlossen werden müssen, weil die Großaktionärin nur auf diese Weise kurzfristig einen Gesamtbetrag von 15,18 Mio. € neu in das Unternehmen hätte einbringen wollen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation sei auch der Ausgabebetrag von lediglich 1 € hinreichend begründet worden. Im Übrigen könne die Beschlussanfechtung allein wegen zu geringen Ausgabebetrages nach § 255 AktG nicht greifen, weil dieser Anfechtungsgrund durch das gemachte Bezugsangebot ausgeschlossen gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sei das Angebot auch nicht nur bedingt abgegeben und daher unwirksam. Nach dem Wortlaut habe nämlich nicht das Angebot, sondern der Verkauf der Aktien davon abhängen sollen, dass keine Anfechtungsklage erhoben würde. Hieran habe die Großaktionärin aber ein schutzwürdiges Interesse gehabt. Schließlich sei die Erhöhung des Grundkapitals unter Bezugsrechtsausschluss auch nicht deshalb unzulässig, weil der Hauptaktionär dadurch die für ein "squeeze out" nach § 327 a AktG erforderlichen Anteil von 95 % des Grundkapitals erlange. Schließlich hätten die Kläger auch keine Verletzung von Auskunftspflichten hinreichend darlegen können.
Gegen dieses der Klägerin zu 1) am 26. Februar 2003 und der Klägerin zu 2) am 7. März 2003 zugestellte Urteil haben beide beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht in Schleswig rechtzeitig Berufung eingelegt und diese nachfolgend form- und fristgerecht wie folgt begründet:
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Verlust für die Monate Januar und Februar 2002 mit lediglich unverifizierten Zahlen nicht hinreichend dargelegt worden. Auch sei die seinerzeitige Argumentation durch die als Anlage B 22 vorgelegt ad-hoc-Mitteilung zum 30. September (vom 22. November 2002) in sich zusammengebrochen, da nach dortiger Lesart die bilanzielle Überschuldung durch entsprechende Rangrücktrittsvereinbarung in Höhe von 13,6 Mio. € gedeckt worden sei. Schon von daher sei auch nicht zu sehen, dass und warum es zur Kapitalbeschaffung nicht ausgereicht hätte, wenn die Großaktionärin E. S.A. die auf ihre Beteiligung entfallenden 89 % der neuen Aktien gezeichnet hätte. Argumente dafür, dass es zur Sanierung zugleich eines Bezugsrechtsausschlusses der Minderheitsaktionäre bedurft hätte, seien nicht ersichtlich. Auch sei die Kapitalherabsetzung im Verhältnis 6 : 1 zu weitgehend gewesen, eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 3 : 1 hätte ausgereicht.
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Ausgabekurs der neuen Aktie in Höhe von 1 € allein durch die von den Aktionären nicht überprüfbare Darstellung der schlechten finanziellen Situation durch den Vorstand der Beklagten nicht hinreichend begründet worden.
- Insgesamt sei der Bezugsrechtsausschluss aber auch deshalb unverhältnismäßig, weil er letztlich die Mitgliedschaftsrechte der freien Aktionäre in massiver Weise verletzt und nur dazu gedient habe, der Mehrheitsaktionärin den Erwerb weiterer Anteile und damit die Möglichkeit eines Hinauswurfs der Minderheitsaktionäre gemäß § 327 a AktG zu ermöglichen.
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts zu § 255 Abs. 2 AktG habe das im Rahmen der Hauptversammlung und nur den anwesenden Aktionären vorgelegte Angebot des Großaktionärs auch keine hinreichende unbedingte Verpflichtung enthalten, die Aktien den übrigen Aktionären zum Bezug anzubieten. Da das Bezugsangebot ohnehin bis zum 31. Dezember 2002 befristet und durch ein Rücktrittsrecht des Verkäufers im Hinblick auf nicht zurückgenommene Anfechtungsklagen bedingt gewesen sei, sei letztlich jeder Erwerber mit einem Rückabwicklungsrisiko konfrontiert worden, ohne dass es einen Grund gegeben habe, mit dem Bezugsangebot zugleich die Berechtigung für eine Anfechtungsklage auszuschließen. Zudem sei das Angebot erst mit Schreiben vom 25. Juni 2002 (B 9 zum SS der Beklagten vom 03.11.2003) auf die nicht auf der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre erweitert worden.
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien zudem die Informationsinteressen der Aktionäre verletzt worden.
- Auch habe die Großaktionärin gesetzliche Stimmverbote aufgrund § 20 Abs. 7 AktG und § 28 Wertpapierhandelsgesetz nicht beachtet, da sich die von der Beklagten vorgelegten Meldungen nicht über den Hauptgesellschafter der W. S.A. verhalten hätten.
Die Klägerinnen beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Kiel
1. den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2002 unter Tagesordnungspunkt 9 zu a) und b) gefassten Beschluss über die Herabsetzung des Grundkapitals in vereinfachter Form und gleichzeitiger Erhöhung des herabgesetzten Grundkapitals unter Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts,
2. den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2002 unter Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschluss über die Anpassung von § 4 Abs. 1 und 2 der Satzung an die Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 9 sowie
3. den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2002 unter Tagesordnungspunkt 11 gefassten Beschluss über die Aufhebung des bisher genehmigten Kapitals bei gleichzeitiger Schaffung neuen genehmigten Kapitals
für nichtig zu erklären,
hilfsweise die Nichtigkeit, äußerst hilfsweise die Unwirksamkeit der erwähnten Beschlüsse festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft ihr bisheriges Vorbringen insbesondere auch dahin, dass die von den Klägerinnen angemahnten Auskünfte sämtlich auf der Hauptversammlung erteilt worden seien (Beweis: Zeugnis Prokurist Bernhard P.).
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen.
II.
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen haben zum Teil Erfolg.
Auf die von den in der Hauptversammlung der Beklagten hinreichend vertretenen Klägerinnen zulässigerweise erhobenen Anfechtungsklagen (§§ 241 Nr. 5, 243 Abs. 1 und Abs. 2, 245 Nr. 1 und 246 Abs. 1 bis 3 AktG) waren nämlich unter entsprechender Abänderung des landgerichtlichen Urteils die von der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 29. Mai 2002 gefassten Beschlüsse gemäß § 248 AktG insoweit für nichtig zu erklären, als auf der Hauptversammlung zu TOP 9 unter b) eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen unter gleichzeitigem Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts und zu TOP 9 unter c) sowie zu TOP 10 sich auf diese Kapitalerhöhung beziehende Durchführungs- bzw. Anpassungsmaßnahmen beschlossen worden sind. Demgegenüber auch im zweiten Rechtszug erfolglos mussten die Klägerinnen bleiben, soweit sie mit ihren Anträgen auch die Nichtigkeitserklärung der zu TOP 9 unter a) beschlossenen Kapitalherabsetzung und der zu TOP 11 erfolgten Beschlussfassung über die Aufhebung des bisher genehmigten Kapitals bei gleichzeitiger Schaffung neuen genehmigten Kapitals begehren.
1. Zu Unrecht haben die Klägerinnen zunächst die zu TOP 9 a) beschlossene Herabsetzung des Grundkapitals von 30.360.000 € im Verhältnis 6 : 1 auf 5.060.000 € bei angegebenem Ziel, hiermit "Wertminderungen auszugleichen und sonstige Verluste zu decken" angegriffen. Denn die derart erfolgte Beschlussfassung erfolgte mit dem erforderlichen Quorum (a) und begegnet auch keinen inhaltlichen Bedenken (b).
a) Das gemäß §§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 1 und 2 AktG erforderliche Quorum von 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals war entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht dadurch berührt, dass auf Seiten der Großaktionäre E. S.A und W. S.A. der Beklagten möglicherweise einschlägige Mitteilungspflichten betreffend bestimmter Anteilsverhältnisse verletzt worden sein könnten. Denn soweit gemäß § 20 Abs. 8 AktG in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung (Gesetz vom 24. März 1998, BGBl. I. S. 529) Mitteilungspflichten nach § 21 ff. WpHG in Betracht kommen, muss sowohl der Stimmrechtsdatenbank der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (www.bafin.de/database/stimmrechte) als auch den Anlagen B 14, B 15, B 16, B 17, B 18 entnommen werden, dass die E. S.A. und W. S.A. selbst ihren diesbezüglichen Meldepflichten deutlich vor der Hauptversammlung am 29. Mai 2002 nachgekommen sind. Steht nunmehr lediglich noch ein möglicher Verstoß des hinter der W. S.A. stehenden B. in Rede, kann jedoch offenbleiben, ob die W. S.A. als Tochterunternehmen des B. im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG betrachtet werden muss. Da Folge eines denkbaren Verstoßes gemäß § 28 WpHG lediglich der Ausschluss der betroffenen 8.986.106 Aktion E. S.A. (vgl. Stimmkartenliste B 21) von der Stimmberechtigung wäre, andererseits aber weder die Satzung der Beklagten (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 3. November 2003) noch das Aktiengesetz selbst besondere Anforderungen an die Beschlussfähigkeit stellen, wäre der Beschluss bei - laut Protokoll der Hauptversammlung - 19.805 Gegenstimmen und 200 Enthaltungen bei Präsenz von 9.089.569 Aktien (B 2, S. 11 des Protokolls) immerhin noch mit 83.458 Stimmen von dann noch insgesamt 103.463 stimmberechtigten Aktien und damit mit einem Quorum von 80,66 % des anwesenden stimmberechtigten Kapitals zustande gekommen.
b) Im Übrigen bedarf die Kapitalherabsetzung als solche keiner gesonderten sachlichen Rechtfertigung und auch keines gesonderten schriftlichen Vorstandsberichts (BGH ZIP 1998, 692, 693), da bereits das in § 222 Abs. 1 Satz 1 AktG vorgesehene und mit der satzungsändernden Mehrheit identische Quorum ebenso wie die begrenzten Rechtsfolgen (§ 222 Abs. 4 AktG: Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien und - lediglich hilfsweise - Zusammenlegung der Aktien) vor Missbräuchen hinreichend schützen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist damit lediglich, dass ausgleichungsbedürftige finanzielle Verluste tatsächlich bestehen oder zumindest tatsächlich drohen (BGHZ 119, 305, 321 f.; BGH ZIP 1998, 692, 694) und der tatsächliche oder drohende Verlust auch insoweit von nachhaltiger Natur ist, als nach kaufmännischer Prognose eine dauernde Herabsetzung des Grundkapitals angezeigt ist (OLG Frankfurt, WM 1989, 1688, 1689 f.). Entgegen der Auffassung der Klägerinnen müssen damit gerade nicht förmlich festgestellte Jahresabschlüsse oder in anderer Weise wirklich "gesicherte" Zahlen vorliegen. Ausreichend ist vielmehr lediglich eine erfolgreich bestandene "Plausibilitätskontrolle" (BGH ZIP 1998, 692, 694 f.) daraufhin, dass nicht - wie es das OLG Frankfurt formuliert hat - "die gesetzlich vorausgesetzten Verhältnisse ... durch Manipulation geschaffen werden" (OLG Frankfurt WM 1989, 1688, 1689). Insbesondere ändert eine im Verhältnis zur ursprünglichen Prognose später günstigere wirtschaftliche Entwicklung an einer zulässigen Kapitalherabsetzung bereits deshalb nichts, weil insoweit entsprechend § 232 AktG Kapitalrücklagen gebildet werden könnten (vgl. bereits BGHZ 119, 305, 322). Notwendig ist allerdings gemäß § 229 Abs. 2 AktG die Auflösung der gesetzlich gebildeten Kapitalrücklagen.
Von einer Auflösung derartiger Rücklagen und einer entsprechenden wirtschaftlichen Situation der Beklagten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ist aber auszugehen. Schon jegliche Substanz fehlt dem Vortrag der Klägerinnen, soweit diese die von der Beklagten vorgetragene Auflösung der Kapitalrücklagen mit Vorstandsbeschluss vom 8. Mai 2002 (B 13) bestreiten wollen. Auch kann dem Geschäftsbericht für 2001 (B 9) ein Bilanzverlust von 40.761.459 DM und ein Eigenkapitalbestand in Höhe von nur noch 16.327.769,38 € ebenso entnommen werden wie den betriebswirtschaftlichen Auswertungen für Februar 2002 und April 2002 (B 4) weitere Verluste von 8.449.000 € bis einschließlich Februar 2002 und von 11.334.000 € bis einschließlich April 2002, Angaben, die durch die im Geschäftsbericht 2002 (B 24, S. 34) per 31. Dezember 2002 ausgewiesenen Verluste von 21.966.000 € erhärtet werden. Auf der Grundlage der schon bis zur Hauptversammlung am 29. Mai 2002 vorliegenden Zahlen - deren Manipulation die Klägerinnen schlechthin nicht behaupten können - war eine Herabsetzung des Grundkapitals auf 5.060.000 € damit ohne weiteres gerechtfertigt. Soweit die Klägerinnen nunmehr unter Berufung auf eine ad hoc-Mitteilung vom 22. November 2002 wegen dort dargestellter Rangrücktrittsvereinbarungen in Höhe von 13,6 Mio. € die finanzielle Situation der Beklagten für Frühjahr 2002 bestreiten, ist bereits nicht dargelegt, dass entsprechende Rangrücktrittserklärungen bereits im Frühjahr 2002 zur Verfügung gestanden hätten. Im Übrigen verhindern Rangrücktrittserklärungen lediglich die Notwendigkeit, wegen bilanzieller Überschuldung Insolvenz anzumelden, schaffen für sich genommen aber keine gesicherte kapitalmäßige Grundlage.
2. Ebenso keinen Erfolg haben die Klägerinnen, soweit sie sich gegen die Beschlussfassung zur Schaffung neuen bedingten Kapitals zu TOP 11 wenden. Zunächst ist auch diese Beschlussfassung ausweislich des Protokolls (B 2, S. 15) bei 20.211 Gegenstimmen ohne Enthaltungen, also mit 83.252 von 103.463 stimmberechtigten Stimmen und deshalb mit einem für einen Ermächtigungsbeschluss gemäß § 202 Abs. 2 S. 2 AktG notwendigen satzungsändernden Quorum von - im konkreten Fall - 80,47 % zustande gekommen. Aber auch der der Beschlussvorbereitung dienende und im Hinblick auf die Ermächtigung des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechts neu ausgegebener Aktien gemäß §§ 203 Abs. 2 S. 2, 186 Abs. 4 S. 2 AktG erforderliche Vorstandsbericht begegnet letztlich ebenso wenig Bedenken wie der Sache nach die Beschlussfassung selbst.
a) Was die Anforderungen an den zu TOP 11 in Zusammenhang mit der Einladung zur Hauptversammlung erstatteten Vorstandsbericht anbelangt, muss zwar dieser Bericht auch in den Fällen der Beschlussfassung über die Schaffung genehmigten Kapitals grundsätzlich die Hauptversammlung in die Lage versetzen, "die Interessen der Gesellschaft an einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss gegenüber anderen Alternativen zu bewerten, die Nachteile für die ausgeschlossenen Aktionäre zu erkennen und beides gegeneinander abzuwägen" (BGHZ 83, 319, 326). Ein auf der Grundlage eines insoweit mangelhaften Vorstandsberichts zustande gekommener Beschluss ist unwiderruflich und unheilbar verfahrensfehlerhaft (Senat NZG 2003, 176, 180; OLG Oldenburg WM 1995, 924, 927 und Wiedemann in Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. (1995), § 186, Rn. 130-132). Dies muss auch gelten, soweit auf der Hauptversammlung der Vorstand die erforderlichen Informationen mündlich nachreicht, da andererseits durch einen vordergründig "unscheinbaren" schriftlichen Vorstandsbericht die Präsenz des Kapitals auf der Hauptversammlung manipuliert werden könnte.
Gleichwohl dürfen die Begründungsanforderungen an den Vorstandsbericht in der hier zu beurteilenden Konstellation der mit einer Handlungsermächtigung des Vorstands einhergehenden Schaffung genehmigten Kapitals schon deshalb nicht überspannt werden, weil - was für die Hauptversammlung auch erkennbar ist - mittels einer derartigen Beschlussfassung der Vorstand zur Durchführung einer Kapitalerhöhung nur ermächtigt werden soll, diese somit aktuell noch gar nicht ansteht und daher auch nicht in concreto beurteilt zu werden vermag. Enthalten somit sowohl Beschlussfassung als auch Vorstandsbericht notwendigerweise perspektivische Elemente, bedingen sowohl die Sachnatur dieses Entscheidungshorizonts als auch das Unternehmensinteresse an der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, dass zur Erfüllung der Anforderungen des § 186 Abs. 4 AktG neben einer konkreten Umschreibung der Vorstandsermächtigung in aller Regel lediglich eine abstrakte Umschreibung der von diesem bei ihrem Gebrauch zu beachtenden situativen Voraussetzungen verlangt werden kann (BGH WM 1997, 1704, 1705 f.; BGH ZIP 2000, 1162, 1164). Ob die bloße Rechtfertigung der Schaffung neuen Kapitals mit einer "strategischen Neuorientierung" generell ausreichen wird, kann zwar zweifelhaft erscheinen (gegen formelhafte Vorstandsberichte insoweit OLG München ZIP 2002, 1580, 1582). Anders liegt es jedoch dann, wenn angesichts der auch für die Aktionäre erkennbaren wirtschaftlichen Situation das Bedürfnis nach geschäftlicher Neuorientierung und der Möglichkeit raschen Handelns evident ist.
So lag es aber hier, da die Hauptversammlung spätestens durch den Vorstandsbericht zu TOP 9 hinsichtlich der erforderlichen Kapitalherabsetzung über die wirtschaftliche Situation der Beklagten unterrichtet und aus dieser heraus die mit der Neufassung von § 4 Abs. 3 S. 2 c) der Satzung beabsichtigte Schaffung neuen Kapitals von 8.096.000 € unter Ausschluss des Bezugsrechts zum Zweck der Eingehung neuer Unternehmensbeteiligungen durch Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Sacheinlagen ("genehmigtes Kapital II") erkennbar sinnhaft war. Entsprechendes gilt für den in der beabsichtigten Fassung des § 4 Abs. 3 S. 2 a) und b) der Satzung der Beklagten vorgesehenen Bezugsrechtsausschluss zum Ausgleich von Spitzenbeträgen oder zur raschen Kapitalbeschaffung eines Kapitals von 2.024.000 € ("genehmigtes Kapital I").
Hinsichtlich des gemäß § 186 Abs. 4 S. 2, 2 HS. AktG ebenfalls zu begründenden Ausgabebetrages liegt es in der Struktur der Ermächtigung und der beabsichtigten Maßnahme, dass - was der Vorstandsbericht auch dargestellt hat - für das "genehmigte Kapital II" zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch kein Ausgabebetrag genannt oder gar ermächtigungsbegrenzend festgesetzt werden kann. Wie der Vorstandsbericht ebenfalls selbst zum Ausdruck bringt, wird der Vorstand allerdings - unter Beachtung seiner aus § 93 AktG folgenden Haftung - insoweit allerdings die Gesellschaftsinteressen angemessen zu wahren haben. Im Übrigen enthält der Vorstandsbericht durchaus entsprechende Angaben, insbesondere zu Ziffer b) ("genehmigtes Kapital I") die Angabe, dass und in welchem Sinne die Ausgabe "nicht wesentlich" unter dem Börsenkurs erfolgen soll.
b) Auch inhaltlichen Bedenken begegnet diese Beschlussfassung nicht, da nicht ersichtlich ist - insoweit tragen die Klägerinnen allerdings auch nichts Relevantes vor -, dass und warum die Schaffung genehmigten Kapitals unter gleichzeitigen Bezugsrechtsausschluss unter den erwähnten Bedingungen sachwidrig ist oder einen unverhältnismäßigen oder zur Verschaffung unzulässiger Sondervorteile führenden Eingriff in die Aktionärsrechte darstellen könnte.
c) Die von den Klägerinnen behauptete Verletzung von Auskunftsrechten spielt schon deshalb keine Rolle, weil nicht ersichtlich ist, dass und warum die begehrten Auskünfte gerade im Zusammenhang mit der Beschlussfassung zu TOP 11 (Schaffung genehmigten Kapitals) in Zusammenhang stehen konnten.
3. Deutlich anders verhält es sich indessen, soweit auf der Hauptversammlung der Beklagten am 29. Mai 2002 nicht nur zu TOP 9 a) eine Herabsetzung des Kapitals, sondern zu TOP 9 b) "zugleich" auch eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen um 15.180.000 € auf 20.240.000 € unter Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts und Zeichnung der neuen Aktien durch die Großaktionärin E. S.A. zum Ausgabebetrag von 1 € je Aktie beschlossen worden ist.
Wiederum ist die Beschlussfassung selbst zwar mit der schon zu Ziffer 1 hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 9 a) erörterten Mehrheit von 83,66 % des stimmberechtigten Kapitals und deshalb auch dann mit dem erforderlichen Quorum erfolgt, wenn aufgrund der Verletzung von Meldepflichten das anwesende Kapital der E. S.A. gemäß § 28 WpHG nicht stimmberechtigt gewesen wäre. Jedoch genügt insoweit der Vorstandsbericht ebenso nicht den gesetzlichen Anforderungen wie zumindest erhebliche Bedenken gegen die inhaltliche Verhältnismäßigkeit des beschlossenen Bezugsrechtsauszugs zu Gunsten einer alleinigen Zeichnung der neu ausgegebenen Aktien durch den Großaktionär bestehen. War die Beschlussfassung der Hauptversammlung folglich schon deshalb für nichtig zu erklären, kam es vor diesem Hintergrund auf eine - allerdings wenig wahrscheinliche - zusätzliche Verletzung von Informationsrechten einzelner Aktionäre nicht mehr an.
a) Eine Begründung nicht nur des für die neuen Aktien vorgesehenen Ausgabebetrages, sondern insbesondere bereits der Erforderlichkeit des Bezugsrechtsausschlusses war gemäß § 186 Abs. 4 AktG schon deshalb erforderlich, weil auf der Hauptversammlung ein echter Bezugsrechtsausschluss zu Gunsten der allein bezugsberechtigten Mehrheitsaktionärin E. S.A. beschlossen wurde.
(1) Hieran ändert deren Verkaufsangebot an zunächst die auf der Hauptversammlung anwesenden, spätere aber auch an die anderen Aktionäre der Beklagten nichts. Denn zum einen stellte diese Mehrheitsaktionärin keineswegs ein Kreditinstitut oder anderes Unternehmen im Sinne des § 186 Abs. 5 AktG dar, welches die Aktien nur deshalb bezogen hätte, um sie sogleich den Aktionären wieder zum Bezug anzubieten. Nur eine derartige Konstellation nimmt das Aktienrecht aber von den für den Bezugsrechtsauschluss im Übrigen geltenden Rechtsfolgen aus. Zum anderen wäre jedoch - wie § 186 Abs. 5 S. 1 AktG entnommen werden kann - weitere Voraussetzung, dass gerade dieser baldige Verkauf selbst Inhalt der Beschlussfassung ist. Aber auch hiervon kann vorliegend nicht die Rede sein.
(2) Insbesondere aber müssen die Begründungsanforderungen an die unmittelbare Kapitalerhöhung unter gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss deutlich strenger ausfallen als bei der Schaffung genehmigten Kapitals durch einen hierzu ermächtigten Vorstand, weil bei dieser Form der Kapitalerhöhung anders als in den Fällen der bedingten Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG) und des genehmigten Kapitals (§ 202 ff. AktG) weder situative noch quantitative Begrenzungen bestehen und auch nicht lediglich über eine perspektivische, sondern über eine aktuelle Maßnahme beschlossen wird. Soweit - wie bereits unter Ziffer 2. erwähnt - Begründungsanforderungen für den Bezugsrechtsausschluss in neuerer Zeit gelockert worden sind (BGH WM 1997, 1704 ff.; BGH ZIP 2000, 1162 ff. im Gegensatz noch zu BGHZ 93, 319, 326), betreffen die erwähnten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs allein die Situation der Schaffung genehmigten Kapitals. Für den - hier zu beurteilenden - Grundfall der Kapitalerhöhung ist nichts dafür ersichtlich, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung insbesondere von den seit der sog. "Kali und Salz"-Entscheidung (BGHZ 71, 40, 44 ff.) zu berücksichtigenden strengen sachlichen Anforderungen an die Rechtfertigung eines Bezugsausschlusses hätte abweichen wollen, Anforderungen, denen naturgemäß auch die Begründung des gemäß § 186 Abs. 4 S. 2 AktG zu erstattenden Berichtes Rechnung zu tragen hat. Maßstabsprägend wirkt insbesondere, dass das gesetzliche Bezugsrecht des Aktionärs eines der wesentlichen Grundrechte des Aktionärs darstellt (vgl. nur Senat WM 2002, 859, 860) und dessen Beeinträchtigung deshalb einer gesonderten Rechtfertigung bedarf (BGHZ 71, 40, 44, 46).
Dies widerspricht der verbreiteten - und nicht unberechtigten - Forderung nach der Akzeptanz eines kontrollfesten unternehmerischen Gestaltungsspielraums keinesfalls. Im Gegenteil: Gerade wenn die gerichtliche Nachprüfung von Hauptversammlungsbeschlüssen deshalb grundsätzlich auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt sein soll, muss - im Sinne eines funktionalen Äquivalents - bereits der Vorstandsbericht in seiner Begründung des Beschlussvorschlages den zum Vorschlag führenden Abwägungsvorgang sichtbar werden lassen (Senat NZG 2003, 176, 170). Dann aber reicht es nicht mehr aus, für den Vorschlag des Vorstands einfach zu "werben". Erforderlich ist vielmehr, den Aktionär sowohl an der Wertung des Vorstands als auch an deren Erarbeitung durch schriftliche Information über deren sachliche Basis, den Wertungsmaßstab und denkbare, aber nicht verfolgte Alternativen und die Gründe hierfür teilhaben zu lassen.
(3) Diesen Anforderungen genügt der Vorstandsbericht zu TOP 9 - soweit er sich zur Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss verhält - ersichtlich nicht.
Neben einer - noch ausreichenden - Darstellung der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Beklagten und der hieraus grundsätzlich auch resultierenden Schwierigkeit, neu auszugebende Aktien in breiter Streuung an der Börse zu plazieren, finden sich lediglich pauschale Hinweise auf einen - behaupteten - Zeit- und Kostenaufwand bei der Umsetzung des Bezugsrechts und darauf, dass angesichts dieser Schwierigkeiten und dem Ziel der Sicherung des Fortbestandes der Unternehmens der Vorstand sich für eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht entscheiden müsse und auch die Großaktionärin E. S.A. lediglich zur Übernahme der neu auszugebenden Aktien zum Ausgabebetrag von 1 € je Aktie bereit gefunden habe.
Erscheinen bereits die Ausführungen zum Ausgabepreis als lediglich kursorisch und daher zu knapp - selbst wenn der Ausgabepreis sich in etwa in Nähe des seinerzeitigen Börsenkurses befunden haben dürfte -, so fehlen damit insbesondere Ausführungen dazu, dass und warum nicht andere Formen der Kapitalbeschaffung möglich gewesen wären - gerade auch unter Einschaltung des Großaktionärs und ggf. unter Abgabe von (später auch offensichtlich abgegebenen) Rangrücktrittserklärungen zwecks bilanzieller Konsolidierung - und aus welchen Gründen der Großaktionär angesichts des entsprechend schon seines bisherigen Kapitalbesitzes auf ihn entfallenden umfangreichen Bezugsrechts nicht willens gewesen sein sollte, dieses zu gebrauchen und einen bis zur Zeichnung neuen Kapitals bestehenden Zeitraum finanziell zu überbrücken. Dieses Begründungsdefizit kann nicht schon durch formelhafte Wendungen kompensiert werden, die sich in ähnlichen Situationen beliebig wieder verwenden ließen.
Gerade angesichts des nicht nur kapitalmäßigen, sondern sich offensichtlich auch im Willensbildungsprozess des Vorstandes manifestierenden dominanten Einflusses der Großaktionärin durften die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre weiter zu Recht auch Einschätzungen darüber erwarten, in welcher Weise die Großaktionärin mit ihrem nach Durchführung der Kapitalerhöhung noch gewachsenen Einfluss die künftigen Geschicke des Unternehmens würde bestimmen wollen. Zwar stellt die nach weiterer Konzentration von Kapitalbesitz geschaffene Möglichkeit eines "squeeze out" angesichts seiner nunmehr gesetzlichen Anerkennung durch §§ 327 a ff. AktG kein triftiges Gegenargument gegen einen im Übrigen im Gesellschaftsinteresse liegenden Bezugsrechtsausschluss dar. Doch richtig bleibt auch, dass selbst nach Schaffung der §§ 327 a ff AktG die Erreichung der Möglichkeit eines "squeeze out" allein noch kein zulässiges Ziel eines Bezugsrechtsausschlusses darstellen kann. Dass aber die durch einen Bezugsrechtsausschluss konkret erreichte Realisierbarkeit eines "squeeze out" die Interessen der Streubesitzaktionäre beeinträchtigt, liegt ebenso auf der Hand wie deren berechtigtes Interesse daran, schon vor der Beschlussfassung über einen eine weitere Kapitalkonzentration herbeiführenden und ein "squeeze out" ermöglichenden Bezugsrechtsausschluss im Rahmen des Möglichen über dessen diesbezügliche Folgen informiert zu sein. Es ist aber nicht erkennbar, dass sich der Vorstandsbericht zu TOP 9 zu diesen Folgen auch nur in irgendeiner Weise verhält.
b) Ist die Beschlussfassung hinsichtlich der Kapitalerhöhung zu TOP 9 b) bereits aufgrund unzureichenden Vorstandsberichts unheilbar verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, so bestehen überdies - ohne dass dies noch abschließend entschieden werden müsste - nach Auffassung des Senats selbst bei bloßer Plausibilitätskontrolle auch erhebliche Bedenken hinsichtlich der inhaltlichen Verhältnismäßigkeit der beschlossenen Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss.
Denn mag auch angesichts der prekären wirtschaftlichen Situation der Beklagten ein wirtschaftlicher Kapitalzufluss einschließlich einer die bilanzielle Überschuldung vermeidenden bilanziellen Konsolidierung dringend erforderlich gewesen sein, so ist bisher nichts dafür ersichtlich, dass der Bezugsrechtsausschluss der Streubesitzaktionäre hierbei der einzig denkbare Weg gewesen wäre. Vielmehr drängt sich tatsächlich der Eindruck auf, dass es der Großaktionärin neben der durchaus von ihr beabsichtigten Sanierung des Unternehmens gerade auch um den weiteren Ausbau ihrer beherrschenden Stellung in dem Unternehmen gegangen sein könnte. Dass die Großaktionärin den Streubesitzaktionären aus ihrem Aktienbesitz ein Verkaufsangebot unterbreitete, ändert an dieser Einschätzung nichts, weil dieses Verkaufsangebot anstelle des gesetzlichen Bezugsrechts allein eine schuldrechtliche Verpflichtung beinhaltete und schon nach den bisher ersichtlichen Bedingungen von den Streubesitzaktionären abverlangte, sich weitgehend dem Willen der Großaktionärin zu unterwerfen.
c) Ebenso offen bleiben kann, ob und inwieweit Auskunftsrechte von Aktionären auf der Hauptversammlung verletzt worden sein könnten. Nur anzumerken ist insoweit jedoch, dass die Klägerinnen bisher nicht substantiiert dem Vortrag der Beklagten entgegengetreten sind, dass auf entsprechende - und für die angegriffene Beschlussfassung relevante - Fragen hinreichende Antworten erteilt worden seien.
4. Infolge bereits der Verfahrensfehlerhaftigkeit des Beschlusses über die Kapitalerhöhung unter gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss (TOP 9 b) war gleichfalls die Beschlussfassung zu TOP 10 für nichtig zu erklären, weil die dort vorgesehene Anpassung von § 4 Abs. 1 und 2 der Satzung inhaltlich eine wirksame Beschlussfassung für die Kapitalerhöhung voraussetzt und mit deren Unwirksamkeit folglich ihre inhaltliche Rechtfertigung verliert.
Demgegenüber berührt die Nichtigkeit des Beschlusses über die Kapitalerhöhung die in gleichzeitiger Abstimmung gefasste Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung (TOP 9 a) selbst unter Anwendung der aus § 139 BGB folgenden Grundsätze nicht, weil die zu TOP 9 b) beabsichtigte Kapitalerhöhung hinsichtlich des angestrebten Kapitalziels zwar sachlich die vorherige Herabsetzung voraussetzt, nicht unbedingt aber die - nicht das in § 7 AktG genannte Mindestkapital unterschreitende - Kapitalherabsetzung (TOP 9 a) zugleich auch die Kapitalerhöhung (TOP 9 b). Zudem muss angesichts der wirtschaftlichen Situation der Beklagten davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen der Aktionäre die durch die Kapitalherabsetzung gegebenen Möglichkeiten des Verlustausgleichs einschließlich der Möglichkeiten der Verwendung von verbleibenden Gewinnen für die Gesellschaft (§§ 230, 231 AktG) in jedem Falle genutzt werden sollten.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die den Rechtsstreit prägenden aktienrechtlichen Fragen bereits durch die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung als hinreichend geklärt angesehen werden können und daher der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Rechtsfortbildung und die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
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